Urteil des BSG vom 18.02.2010

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Bundessozialgericht
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Kassel, den 18. Februar 2010
Medieninformation Nr. 4/10
Absenkung des Arbeitslosengeldes II bei Weigerung, einen "Ein-Euro-
Job" auszuführen, nur zulässig bei vorheriger Belehrung über die
Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung
Der Absenkungsbescheid, mit dem die Beklagte die der Klägerin gewährten
Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 1. März bis 31. Mai 2007 herabgesetzt hatte, ist
rechtswidrig, weil die Beklagte die Klägerin nur unzulänglich über die Rechtsfolgen belehrt
hat, die sich aus der Weigerung ergeben würden, die zusätzliche Arbeitsgelegenheit im
Projekt "Job for Junior" weiter auszuführen. Zwar hat die Klägerin damit ihre in der
Eingliederungsvereinbarung übernommene Verpflichtung verletzt. Die Sanktionstatbestände
des § 31 Abs 1 Satz 1 Nr b und c SGB II setzen jedoch voraus, dass der Hilfebedürftige
über die Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung belehrt worden ist. Die Belehrung über die
Rechtsfolgen muss konkret, verständlich, richtig und vollständig sein. Erforderlich ist
insbesondere eine Umsetzung der in Betracht kommenden Verhaltensanweisungen und
möglicher Maßnahmen auf die Verhältnisse des konkreten Einzelfalls. Diese strengen
Anforderungen an den Inhalt der Rechtsfolgenbelehrung sind vor allem deshalb geboten,
weil es sich bei der Herabsetzung der Grundsicherungsleistungen, wie aus der
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1/09, 3/09, 4/09)
hervorgeht, um einen schwerwiegenden Eingriff handelt.
Die
der
Klägerin
bei
Abschluss
der Eingliederungsvereinbarung
erteilte
Rechtsfolgenbelehrung genügt den genannten Anforderungen nicht. Die Klägerin wurde nicht
konkret über die Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung belehrt; die Belehrung bestand
vielmehr im Wesentlichen aus einer Wiedergabe des Gesetzestextes. Sie führte eine
Vielzahl von Sanktionstatbeständen und möglichen Rechtsfolgen auf, ohne die konkret in
Betracht kommenden deutlich zu machen. Auch im Schreiben vom 4. Januar 2007, das der
Klägerin zuging, nachdem sie angekündigt hatte, die Maßnahme nicht fortsetzen zu wollen,
findet sich keine Belehrung, die den genannten Anforderungen genügt. Da der Absenkungs
bescheid schon wegen der unzulänglichen Rechtsfolgenbelehrung aufzuheben war, war
nicht darüber zu entscheiden, ob die im Bescheid angeordnete völlige Streichung der
Regelleistung für einen Zeitraum von drei Monaten zulässig war.
Der 14. Senat des Bundessozialgerichts hat die Revision der beklagten
Arbeitsgemeinschaft im Verfahren B 14 AS 53/08 R am 18. Februar 2010 nach mündlicher
Verhandlung zurückgewiesen und das angefochtene Urteil des Sozialgerichts bestätigt.
Az.: B 14 AS 53/08 R W. ./. Arbeitsgemeinschaft ME-aktiv