Urteil des BSG vom 12.11.2003

BSG: mitgliedschaft, ambulante behandlung, arbeitsamt, vertragsarzt, patient, abgabe, versicherteneigenschaft, bedingung, einwendung, zusage

Bundessozialgericht
Urteil vom 12.11.2003
Sozialgericht Köln S 19 KR 132/98
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 5 KR 46/00
Bundessozialgericht B 3 KR 1/03 R
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 12. November 2002
geändert. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 8. November 1999 wird
zurückgewiesen. Die Klägerin hat der Beklagten die außergerichtlichen Kosten in allen Rechtszügen zu erstatten.
Gründe:
I
Der im November 1997 verstorbene D. G. (G) war bei der beklagten Krankenkasse (KK) ab 1. Januar 1996 wegen des
Bezugs von Arbeitslosenhilfe (Alhi) versichert. Am 15. Juli 1997 erfolgte eine rückwirkende Abmeldung durch das
Arbeitsamt zum 25. Juni 1996. Der Bezug der Alhi war zu diesem Zeitpunkt eingestellt worden, nachdem G eine
Erwerbsunfähigkeitsrente zuerkannt worden war. Ab 26. Juni 1996 war G nicht mehr gegen Krankheit versichert, weil
er die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner nicht erfüllte. In der Zeit
vom 20. Mai 1997 bis zum 13. Juni 1997 wurde G in der Klinik, deren Trägerin die Klägerin ist, wegen einer
Krebserkrankung stationär behandelt.
Auf Grund der Aufnahmeanzeige des Krankenhauses erteilte die Beklagte am 23. Juni 1997 eine "Zusage über die
Übernahme der Krankenhauskosten" ab 20. Mai 1997 bis längstens zum 30. Juni 1997. Die Mitteilung endet mit
folgender Klausel: "Diese Kostenzusage gilt vorbehaltlich eines Widerrufs, sofern und solange eine Mitgliedschaft bei
unserer Kasse besteht. Sie verliert ferner ihre Gültigkeit, wenn ein anderer Kostenträger zuständig ist oder ein
Pflegefall vorliegt."
Die Beklagte lehnte die Begleichung der Rechnung der Klägerin vom 27. Juni 1997 über 16.342,55 DM (8.355,81 EUR)
durch Schreiben vom 23. Juli 1997 ab, weil G während seines stationären Aufenthalts nicht mehr bei ihr versichert
gewesen sei. Sie habe das Kostenanerkenntnis nur vorbehaltlich eines Widerrufs abgegeben, nämlich sofern und
solange eine Mitgliedschaft bestehe. Demgegenüber vertrat die Klägerin die Ansicht, die Beklagte sei an die erteilte
Kostenzusage gebunden. Die Beklagte sei nach den landesvertraglichen Vereinbarungen gemäß § 112 Abs 2 Nr 1
Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) über die Allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung
(Sicherstellungsvertrag) nicht berechtigt gewesen, die Zusage nur vorbehaltlich des Widerrufs für den Fall des
Nichtbestehens einer Mitgliedschaft zu erteilen.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 8. November 1999). Auf die Berufung der Klägerin hat
das Landessozialgericht (LSG) diese Entscheidung geändert und die Beklagte zur Zahlung von 8.355,81 EUR nebst 4
% Zinsen ab 7. August 1998 verurteilt (Urteil vom 12. November 2002). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, die
Beklagte sei auf Grund der Kostenzusage vom 23. Juni 1997 mit der Einwendung der fehlenden Mitgliedschaft des
Patienten ausgeschlossen, weil in § 6 des Sicherstellungsvertrags eine abschließende Regelung darüber getroffen
worden sei, unter welchen - hier nicht vorliegenden - Voraussetzungen eine Kostenzusage ausnahmsweise
zurückgenommen bzw widerrufen werden könne. Das Risiko des unerkannt nicht bestehenden
Versicherungsverhältnisses werde danach der jeweiligen KK aufgebürdet; ein darauf abzielender genereller oder auf
den Einzelfall bezogener Widerrufsvorbehalt der Kostenzusage sei nicht zulässig und daher unwirksam.
Mit der Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 109 Abs 4 SGB V iVm § 31 Sozialgesetzbuch Allgemeiner
Teil (SGB I) sowie den Verstoß gegen allgemein anerkannte Regeln über die Auslegung von Verträgen. Weder der
Wortlaut des § 6 des Sicherstellungsvertrags noch dessen Sinn und Zweck schlössen den erklärten
Widerrufsvorbehalt aus. Auch die Parteien des Sicherstellungsvertrags seien nicht von einer umfassenden und
abschließenden Regelung der Kostenübernahme und der Möglichkeit ihrer Rücknahme in § 6 ausgegangen. Die
Auslegung durch das LSG berücksichtige auch nicht, dass Rechte und Pflichten in den Sozialleistungsbereichen des
SGB nur begründet oder festgestellt werden dürfen, soweit ein Gesetz es vorschreibt oder zulässt (§ 31 SGB I), und
KKn dementsprechend Leistungen grundsätzlich nur für bei ihnen versicherte Personen erbringen dürfen, was sich
aus den §§ 2, 11 und 70 SGB V ergebe.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 12. November 2002 zu ändern und die Berufung
der Klägerin gegen das Urteil des SG Köln vom 8. November 1999 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Revisionsverfahrens durch Urteil ohne mündliche Verhandlung
nach den §§ 165, 153 Abs 1 und 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
II
Die Revision der Beklagten ist begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von
8.355,81 EUR nebst Zinsen nicht zu.
Die Klage ist als (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG zulässig. Bei einer auf Zahlung der
Behandlungskosten eines Patienten gerichteten Klage eines Krankenhauses gegen eine KK geht es um einen sog
Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (vgl
BSGE 86, 166, 167 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 1). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung
einer Klagefrist nicht geboten.
Rechtsgrundlage des geltend gemachten und der Höhe nach unstreitigen Vergütungsanspruchs der Klägerin ist § 109
Abs 4 Satz 3 SGB V iVm dem am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Vertrag nach § 112 Abs 2 Nr 1 SGB V vom 6.
Dezember 1996 über die Allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung (Sicherstellungsvertrag) zwischen der
Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen, den Landesverbänden der KKn und den Verbänden der Ersatzkassen.
Wie der Senat bereits mehrfach (vgl zB BSGE 86, 166, 168 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1) entschieden hat, entsteht die
Zahlungsverpflichtung einer gesetzlichen KK unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit Inanspruchnahme
der Leistung durch den bei ihr versicherten Patienten. Der Behandlungspflicht der zugelassenen Krankenhäuser iS
des § 109 Abs 4 Satz 2 SGB V steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, der auf der Grundlage der gesetzlichen
Ermächtigung in den §§ 16, 17 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) nach Maßgabe der
Bundespflegesatzverordnung (BPflV) in der Pflegesatzvereinbarung zwischen der KK und dem Krankenhausträger
festgelegt wird (vgl Peters/Hencke, HdB der KV, SGB V, Bd 3, Stand 1. Oktober 2001, § 109 RdNr 10). Die
Zahlungsverpflichtung setzt aber voraus, dass der Patient während der stationären Behandlung versichert gewesen
ist; dabei dürfen gesetzliche KKn Leistungen grundsätzlich nur an ihre Mitglieder und deren mitversicherte
Familienangehörige erbringen (vgl §§ 5, 9, 10 SGB V; Ausnahme: § 19 Abs 2 und 3 SGB V). G war hier aber nach den
nicht angegriffenen und für das Revisionsgericht daher bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG nur bis zum
25. Juni 1996 Mitglied der Beklagten. Seit dem 26. Juni 1996 war G überhaupt nicht mehr gegen das Risiko der
Krankheit versichert. Die Eintrittspflicht der Beklagten endete damit jedenfalls einen Monat später, also am 25. Juli
1996 (§ 19 Abs 2 SGB V) und damit lange vor Beginn der Krankenhausbehandlung, die erst etwa ein Jahr später (20.
Mai bis 13. Juni 1997) stattgefunden hat.
Der Vergütungsanspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus der "Kostenzusage" vom 23. Juni 1997. Die Beklagte
ist durch diese Erklärung nicht mit ihrem Einwand der fehlenden Versicherung des G ausgeschlossen.
Mit einer vorbehaltlosen Kostenübernahmeerklärung erkennt die KK gegenüber einem Leistungserbringer ihre
Zahlungspflicht für eine Behandlungsmaßnahme dem Grunde nach an. Die Erklärung ist allerdings für die Entstehung
der Zahlungspflicht in der Regel nicht konstitutiv; denn diese entsteht bei stationären Behandlungsmaßnahmen bereits
mit der Inanspruchnahme der Leistungen des Krankenhauses durch den Versicherten. Aus der Tatsache, dass die
Partner des Sicherstellungsvertrags eine besondere Kostenübernahmeerklärung (§ 6) für erforderlich hielten, wird aber
deutlich, dass sie ihr eine eigenständige Bedeutung beigemessen haben. Mit der Kostenübernahmeerklärung einer KK
soll schon frühzeitig geklärt werden, ob und in welchem Umfang die KK für die Behandlungskosten aufkommt. Damit
wird das Vorliegen bestimmter, den Vergütungsanspruch des Krankenhauses gegen die KK begründender
Voraussetzungen bestätigt; dazu zählt insbesondere die Versicherteneigenschaft des Patienten. Die
Kostenübernahmeerklärung hat damit die Wirkungen eines sog deklaratorischen Schuldanerkenntnisses im Zivilrecht
(BSGE 86, 166, 170 = SozR 3-2500 § 112 Nr 1). Folge des Schuldanerkenntnisses ist im Verhältnis des
Krankenhauses zur KK vor allem, dass die KK mit solchen Einwendungen ausgeschlossen ist, die sie bei Abgabe
kannte oder mit denen sie zumindest rechnen musste (Palandt/Sprau, BGB, 61. Aufl 2002, § 781 RdNr 4). Die
Kostenübernahmeerklärung schließt damit in der Regel auch die spätere Einwendung aus, ein Versicherungsverhältnis
habe tatsächlich nicht bestanden, weil gerade dies außer Zweifel gestellt werden soll und von der KK vor der Abgabe
einer Kostenzusage zu klären ist. Insoweit ist sogar von einer ersetzenden Wirkung der Kostenzusage auszugehen,
weil sie eine Zahlungsverpflichtung auch für Nichtversicherte begründet.
Eine solche vorbehaltlose Kostenübernahmeerklärung hat die Beklagte im vorliegenden Fall aber nicht abgegeben.
Eine solche vorbehaltlose Kostenübernahmeerklärung hat die Beklagte im vorliegenden Fall aber nicht abgegeben.
Das LSG ist zu Unrecht davon ausgegangen, die Beklagte habe mit ihrer "Kostenzusage" vom 23. Juni 1997 die
Versicherteneigenschaft des G gegenüber der Klägerin konkludent bestätigt, sodass sie nun mit dem Einwand der
fehlenden Mitgliedschaft ausgeschlossen sei. Das LSG hat gemeint, dies aus der Auslegung des
Sicherstellungsvertrags ableiten zu können. § 6 Abs 5 des Sicherstellungsvertrags sei als umfassende und
abschließende Regelung über die Möglichkeit der Rücknahme bzw des Widerrufs einer Kostenzusage auszulegen.
Der Widerruf wegen fehlender Mitgliedschaft des Patienten sei dort nicht vorgesehen. Die Beklagte habe vielmehr die
Möglichkeit gehabt, sich nach Eingang der Aufnahmeanzeige des Krankenhauses durch eine Nachfrage beim
zuständigen Arbeitsamt über die Fortdauer des Leistungsbezugs des G zu vergewissern und somit vorab Klarheit über
das Ende seiner Mitgliedschaft zum 25. Juni 1996 zu verschaffen. Daraus hat das LSG gefolgert, dass der im letzten
Absatz des Schreibens vom 23. Juni 1997 niedergelegte Widerrufsvorbehalt nicht zulässig gewesen und daher
unbeachtlich sei.
An die Auslegung des § 6 Abs 5 des Sicherstellungsvertrags durch das LSG ist das Revisionsgericht zwar gebunden,
weil der Sicherstellungsvertrag auf das Gebiet des Landes Nordrhein-Westfalen beschränkt ist und damit zum nicht
revisiblen Recht (§ 162 SGG) gehört (BSG SozR 3-2500 § 115 Nr 1). Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Art und
Weise der Auslegung mit allgemeinen Maßstäben zur Methodik der Auslegung, also insbesondere mit allgemeinen
Auslegungsregeln, Erfahrungssätzen oder Denkgesetzen, nicht vereinbar ist und das Auslegungsergebnis aus diesem
Grunde gegen bundesrechtliche Normen verstößt. Nicht gebunden ist der Senat hingegen an die rechtliche Prämisse
des LSG, es liege eine wirksame, die Versicherteneigenschaft des G (konkludent) bestätigende "Kostenzusage" iS
des § 6 des Sicherstellungsvertrags vor. Das LSG hat sich nämlich mit der vorrangigen Frage, wie die Erklärung der
Beklagten vom 23. Juni 1997 in ihrer Gesamtheit nach Wortlaut, Sinn und Zweck aus der Sicht eines objektiven
Dritten (objektiver Erklärungswert) auszulegen ist und von dem Krankenhaus als Erklärungsempfänger verstanden
werden musste (§§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)), nicht beschäftigt. Dabei handelt es sich nicht um die
Feststellung einer Tatsache, sondern um eine Rechtsfrage in Anwendung von Bundesrecht. Daher ist der Weg für
eine Auslegung dieser Erklärung durch das Revisionsgericht offen (BSG SozSich 80, 217; Meyer-Ladewig, SGG, 7.
Aufl 2002, § 162 RdNr 3b).
Die "Kostenzusage" vom 23. Juni 1997 ist zwar für eine Behandlungszeit bis längstens zum 30. Juni 1997 erteilt
worden, jedoch ausdrücklich nur "vorbehaltlich eines Widerrufs, sofern und solange Mitgliedschaft bei unserer Kasse
besteht". Damit hat die Beklagte trotz des insoweit unklaren Wortlauts in hinreichender, Missverständnisse
ausschließender Form deutlich gemacht, dass die Kosten nur übernommen werden, wenn G während des
Krankenhausaufenthalts bei ihr versichert ist. Die Kostenzusage steht mithin unter der Bedingung des Bestehens (bei
Beginn der Behandlung) und der Fortdauer (bis zum Ende der Behandlung) der Mitgliedschaft des G. Es handelt sich
durch die Bedingung (§ 158 BGB) um eine unteilbare Erklärung mit der Folge, dass der letzte Absatz der Erklärung
nicht isoliert betrachtet und für sich genommen für unwirksam erklärt, die bedingte Zusage daher nicht zu einer
unbedingten umgedeutet werden kann. Es fehlt mithin an einer unbeschränkten, unbedingten, vorbehaltlosen
Kostenzusage, wie sie in § 6 Abs 5 des Sicherstellungsvertrags vorausgesetzt wird.
Eine Kostenzusage unter der Bedingung, dass sie nur für den Fall des Bestehens eines Versicherungsverhältnisses
gilt, verfehlt allerdings ihren eigentlichen Zweck, dem Krankenhaus Gewissheit über den Kostenträger zu verschaffen.
Sie kommt in ihrer rechtlichen Bedeutung einer fehlenden Kostenzusage nahe. Wird eine solche Erklärung
routinemäßig in jedem Behandlungsfall abgegeben, wird der Sinn der vertraglichen Vereinbarung über die Abgabe einer
Kostenzusage regelmäßig verfehlt. Es kann dahinstehen, ob die Beklagte im vorliegenden Fall die Einschränkung der
Kostenzusage erst nach der Feststellung einer Unklarheit über das Bestehen eines Versicherungsverhältnisses oder
ohne Rücksicht auf die Besonderheit des Falles und damit in Ausübung einer vertragswidrigen Praxis vorgenommen
hat. Auch eine auf Grund routinemäßiger Verfahrensweise vorgenommene Einschränkung der Kostenzusage ist dann
nicht rechtswidrig, wenn sie in der konkreten Sache geboten ist; die eingeschränkte Kostenzusage wird dadurch nicht
- wie das LSG gemeint hat - zu einer uneingeschränkten.
Bei objektiv bestehender Ungewissheit über das Versicherungsverhältnis ist die KK rechtlich nicht verpflichtet, eine
Kostenzusage trotz möglicherweise fehlender Leistungspflicht abzugeben. Im vorliegenden Fall wäre es deshalb
angemessen und weniger missverständlich gewesen, wenn die Beklagte vorerst überhaupt keine Kostenzusage erteilt
und der Klägerin lediglich als Zwischennachricht übermittelt hätte, dass die Versicherteneigenschaft noch geklärt
werden müsse.
Dies wäre allerdings für die Entscheidung des Krankenhauses zur Durchführung der Behandlung bereits ohne
Bedeutung gewesen, weil der Patient zum Zeitpunkt der "Kostenzusage" bereits entlassen war. Das LSG hat nicht
näher aufgeklärt, worauf es zurückzuführen war, dass es länger als einen Monat nach Aufnahme des Patienten
gedauert hat, bis die "Kostenzusage" erteilt worden ist, während nach dem Sicherstellungsvertrag vorgesehen ist,
dass die Anzeige des Krankenhauses über die Aufnahme des Patienten innerhalb von drei Arbeitstagen und die
Kostenzusage der KK möglichst innerhalb weiterer drei Arbeitstage erfolgt (§ 6 Abs 2). Die Klägerin hat insoweit
allerdings kein vertragswidriges Verhalten der Beklagten behauptet. Dass das LSG die Beklagte aber für verpflichtet
gehalten hat, sich beim Arbeitsamt über das Fortbestehen des Leistungsbezugs von G zu vergewissern, könnte nur
dann von Bedeutung sein, wenn die Beklagte eine vorbehaltlose Kostenzusage abgegeben hätte; die Einwendung der
Unkenntnis des beendeten Leistungsbezugs wäre der Beklagten dann möglicherweise abgeschnitten. Die Beklagte
hat aber nur eine bedingte Kostenzusage abgegeben, die der Substanz nach einer fehlenden Kostenzusage
gleichkommt. Eine Rückfrage beim Arbeitsamt war frühestens zu dem Zeitpunkt veranlasst, als die Anzeige über die
Krankenhausaufnahme bei der Beklagten einging. In diesem - vom LSG nicht festgestellten - Zeitpunkt war der
wesentliche Teil der Krankenhausbehandlung - die Operation - jedenfalls bereits abgeschlossen. Die alsbaldige
Rückfrage beim Arbeitsamt hätte nur zu dem Ergebnis führen können, dass die Beklagte eine Kostenzusage
abgelehnt hätte. Die Ungewissheit der Klägerin über die Zahlungsbereitschaft der Beklagten hätte dann womöglich
eher beseitigt werden können; eine Zahlungspflicht der Beklagten wurde dadurch aber nicht begründet. Es ist weder
ein positives Handeln, hier in Form einer Kostenzusage, noch ein Unterlassen der Beklagten erkennbar, das
zurechenbare Grundlage für das Vertrauen der Klägerin auf das Bestehen eines Versicherungsverhältnisses hätte sein
können.
Allerdings hat das LSG, weil es von seinem Rechtsstandpunkt nicht darauf ankam, auch nicht näher festgestellt,
worauf sich die Annahme der Klägerin stützte, G sei bei der Beklagten krankenversichert. Die Klägerin hat dazu
nichts vorgetragen. Es ist denkbar, dass G bei der Aufnahme seine nicht mehr gültige Krankenversichertenkarte
vorgezeigt hat, oder dass die Annahme der Klägerin darauf beruhte, dass der behandelnde Vertragsarzt die Beklagte
als KK auf dem Überweisungsschein vermerkt hat; Grundlage dafür könnte wiederum gewesen sein, dass die
Krankenversichertenkarte, wie es gesetzlich vorgeschrieben ist (§ 15 Abs 2 SGB V), vor Beginn der Behandlung dem
Vertragsarzt ausgehändigt worden ist. Der Beklagten könnte bei jedem dieser denkbaren Geschehensabläufe aber
nicht vorgeworfen werden, dass sie die unberechtigte Benutzung der Krankenversichertenkarte geduldet und deshalb
für den dadurch verursachten Rechtsschein einzutreten habe. Denn von dem Ende der Versicherung hat sie erst
durch die Mitteilung des Arbeitsamtes erfahren, als die Krankenhausbehandlung bereits beendet war. Die Gründe für
die Verzögerung der Abmeldung durch das Arbeitsamt sind hier ohne Belang; ein Verschulden dieser Behörde müsste
sich die Beklagte nicht zurechnen lassen, da sie auf deren Verwaltungshandeln keinen Einfluss hat.
Unabhängig von einem Fehlverhalten der KK wird ein Vertragsarzt allerdings bei unberechtigter oder missbräuchlicher
Benutzung einer Krankenversichertenkarte in der Weise geschützt, dass er seinen Honoraranspruch behält. Vom
Vertragsarzt wird lediglich verlangt, dass er sich über die Identität des Karteninhabers durch einen
Unterschriftenvergleich vergewissert. Der Versicherte hat sowohl die Krankenversichertenkarte als auch den
Abrechnungsschein des Arztes zu unterschreiben (§ 291 Abs 1 Sätze 2 und 5 SGB V). Bei einem formal
einwandfreien Abrechnungsschein erhält der Vertragsarzt sein Honorar von der Kassenärztlichen Vereinigung; gegen
eine Rückforderung bei Nichtbestehen eines Versicherungsverhältnisses ist er geschützt, weil die Vertragspartner in §
19 Abs 9 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) vereinbart haben, dass die KK für den Vergütungsanspruch bei
Benutzung einer falschen Krankenversichertenkarte nur dann nicht haftet, wenn der Vertragsarzt einen
offensichtlichen Missbrauch hätte erkennen können.
Ein solcher Vertrauensschutz kommt einem behandelnden Krankenhaus nicht zu. Es ist ihm zwar nicht verboten, sich
zum Nachweis der Versicherung von dem jeweiligen Patienten die Krankenversichertenkarte vorlegen zu lassen. Ein
Anspruch darauf besteht aber nicht, weil § 15 Abs 2 SGB V nur für die ambulante Behandlung gilt und § 291 Abs 1
Satz 3 SGB V eine Verwendung der Krankenversichertenkarte, insbesondere zu Zwecken der Datenverarbeitung, nur
im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung sowie für die Abrechnung mit den sonstigen Leistungserbringern
erlaubt.
Für den Krankenhausbereich hat es der Gesetzgeber den Vertragspartnern auf Landesebene übertragen, das Nähere
über die Aufnahme der Versicherten, die Kostenübernahme und die Abrechnung der Entgelte vertraglich zu regeln (§
112 SGB V). Die Vertragspartner in Nordrhein-Westfalen haben zur Dokumentation der vertraglichen Beziehungen im
Einzelfall lediglich die Abgabe einer Kostenzusage vereinbart und näher geregelt. Die Aufgabe, schon vor Beginn der
stationären Behandlung Klarheit über die Kostenträgerschaft der KK zu erbringen, kann sie aber nicht erfüllen, weil bei
Eingang der Kostenzusage die Behandlung im Regelfall schon begonnen hat, selbst wenn die jeweiligen Fristen von
drei Arbeitstagen eingehalten werden. Bei einer Verzögerung wie im vorliegenden Fall ist der Patient häufig schon
wieder entlassen, insbesondere wenn die durchschnittlichen Verweildauern noch weiter zurückgehen sollten, als dies
seit einigen Jahren zu beobachten ist.
Unter diesen Umständen trägt das Krankenhaus jedenfalls in den ersten Tagen der Behandlung das Risiko, einen
Schuldner zu finden, der für die Bezahlung aufkommt. Dieses Risiko ließe sich allenfalls vermindern, wenn zur
Klärung der Kostenfrage verstärkt auf elektronische Nachrichtenübermittlung zurückgegriffen würde. Bei einer
Kostenübernahmeverweigerung der KK hätte das Krankenhaus dann aber die Möglichkeit, den Patienten noch selbst
zur Übernahme der Kosten zu verpflichten oder bei seinem finanziellen Unvermögen den notleidenden Behandlungsfall
dem Sozialamt anzuzeigen, das grundsätzlich nur für akute Notlagen eintritt (§ 5 Bundessozialhilfegesetz). Schon
diese Beschleunigung des Verfahrens bedürfte aber einer vertraglichen Vereinbarung. Erst recht gilt dies zur
Begründung eines Vertrauensschutzes des Krankenhauses für den Fall, dass ein Patient bei der
Krankenhausaufnahme eine nach Beendigung des Versicherungsverhältnisses ungültige Krankenversichertenkarte (§
291 Abs 1 Satz 4 SGB V) vorweist, deren rechtzeitige Einziehung die KK nicht zu vertreten hat (vgl nunmehr § 291
Abs 4 SGB V idF durch das GKV-Modernisierungsgesetz vom 14. November 2003 - BGBl I 2190).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG aF.