Urteil des BSG vom 02.09.2009

BSG (versorgung, zulassung, plastische chirurgie, verhältnis zwischen, arzt, kapitel, chirurgie, präambel, eintragung, weiterbildung)

BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 2.9.2009, B 6 KA 36/08 R
Parallelentscheidung zu dem BSG-Urteil vom 2.9.2009 - B 6 KA 35/08 R.
Tatbestand
1 Umstritten ist die Zulassung von Herzchirurgen zur vertragsärztlichen Versorgung.
2 Der zu 5. beigeladene Arzt für Herzchirurgie beantragte im Mai 2006 beim
Zulassungsausschuss für Ärzte in Köln seine Zulassung als Facharzt für Herzchirurgie in B.
Der Zulassungsausschuss lehnte den Antrag mit der Begründung ab, Herzchirurgen seien in
der vertragsärztlichen Versorgung nicht niederlassungsfähig. Auf den Widerspruch des
Beigeladenen zu 5. ließ der beklagte Berufungsausschuss ihn antragsgemäß zu (Beschluss
vom 22.11.2006).
3 Klage und Berufung der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) sind erfolglos geblieben. Das
Landessozialgericht (LSG) ist der Auffassung, Herzchirurgen seien unter dieser
Fachgebietsbezeichnung zulassungsfähig. Die gegenteilige Ansicht des zu 10. beigeladenen
Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA), die dieser in einer Neufassung der "Richtlinie
über die Bedarfsplanung sowie … in der vertragsärztlichen Versorgung" vom 20.12.2007
(ÄBedarfsplRL) zum Ausdruck gebracht habe, sei nicht zutreffend. Zu Recht habe das
Bundesministerium für Gesundheit (BMG) als Aufsichtsbehörde einen dahin gehenden
Beschluss des GBA beanstandet, sodass dieser nicht wirksam geworden sei. Der GBA
verfüge nicht über die Kompetenz, Arztgruppen zu bezeichnen, die wegen ihres
Leistungsspektrums nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen werden könnten.
Auch dem Bewertungsausschuss fehle eine entsprechende Befugnis. Soweit dieser zum
1.10.2006 - möglicherweise in direkter Reaktion auf das anhängige Streitverfahren - die
Präambel zum Kapitel 7 des EBM-Ä in der ab 1.4.2005 geltenden Fassung so geändert habe,
dass dort die Herzchirurgie nicht mehr erwähnt sei, sei das rechtswidrig und unbeachtlich. Der
Bewertungsausschuss sei nicht berechtigt, durch die Streichung von Leistungspositionen für
eine bestimmte Arztgruppe mittelbar deren Behandlungsmöglichkeiten in der
vertragsärztlichen Versorgung einzuschränken bzw aufzuheben. Solange weder im SGB V
noch in der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) eine gesetzliche Regelung
des Inhalts enthalten sei, dass Ärzte mit bestimmten, nach dem Weiterbildungsrecht
anerkannten Facharztbezeichnungen nicht zulassungsfähig seien, ergebe sich zumindest aus
Art 12 Abs 1 GG ein Anspruch aller weitergebildeten Ärzte auf Zulassung zur
vertragsärztlichen Versorgung (Urteil vom 13.8.2008) .
4 Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 95 Abs 2 und 3 SGB V. Der
Beigeladene zu 5. sei als Arzt für Herzchirurgie nicht zulassungsfähig. Die Teilnahme an der
ambulanten vertragsärztlichen Versorgung setze voraus, dass die Leistungen, zu deren
Erbringung der Arzt mit der Zulassung berechtigt und verpflichtet werde, in nennenswertem
Umfang überhaupt ambulant erbracht werden könnten. Das sei bei der Herzchirurgie nicht der
Fall. Aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ergebe sich, dass der
Vertragsarzt die wesentlichen Leistungen seines Fachgebiets im Rahmen der
vertragsärztlichen Versorgung auch tatsächlich anbieten und erbringen müsse. Die
wesentlichen Leistungen des Fachgebietes der Herzchirurgie seien jedoch operative
Interventionen, die ganz überwiegend im stationären Bereich durchgeführt würden. Deshalb
sei der GBA durchaus berechtigt, im Rahmen seiner Kompetenz zur Regelung der
Einzelheiten der vertragsärztlichen Bedarfsplanung zu bestimmen, dass Fachärzte für
Herzchirurgie nicht zur Gruppe der Chirurgen im bedarfsplanungsrechtlichen Sinne gehören
und generell nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen werden könnten.
Unzutreffend sei im Übrigen die Auffassung des Berufungsgerichts, alle Ärzte mit
abgeschlossener Weiterbildung könnten zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen
werden. Das sei ersichtlich für Ärzte für Anatomie, Arbeitsmedizin, Hygiene- und
Umweltmedizin, klinische Pharmakologie, öffentliches Gesundheitswesen, Physiologie und
Rechtsmedizin nicht der Fall. Diesen Arztgruppen gehörten Ärzte an, die auf Gebieten
weitergebildet seien, deren Leistungen nicht oder nur in einem ganz untergeordneten Umfang
im ambulanten Versorgungsbereich anfielen. Deshalb habe der Beklagte nicht Recht mit
seiner Auffassung, allein aus dem Umstand, dass die Herzchirurgie seit 1994 ein
eigenständiges Fachgebiet im Sinne des Weiterbildungsrechts sei, ergebe sich ein
Rechtsanspruch auf Zulassung aller entsprechend weitergebildeten Ärzte.
5 Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13.8.2008 und des
Sozialgerichts Köln vom 12.9.2007 abzuändern und den Beschluss des Beklagten vom
22.11.2006 aufzuheben und diesen zu verpflichten, den Widerspruch des Beigeladenen zu 5.
gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 22.8.2006 zurückzuweisen.
6 Der Beigeladene zu 5. beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
7 Er verweist zur Begründung auf das angefochtene Berufungsurteil und sein Vorbringen in den
Vorinstanzen.
8 Die Beigeladenen zu 7. (GKV-Spitzenverband), zu 10. (GBA) und zu 11. (Kassenärztliche
Bundesvereinigung) schließen sich der Auffassung der Klägerin an. Auch sie halten
Herzchirurgen nicht für zulassungsfähig.
9 Der Beklagte und die übrigen Beteiligten äußern sich nicht.
Entscheidungsgründe
10 Die Revision der Klägerin hat im Sinne der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG
(§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG) Erfolg. Die Feststellungen des LSG reichen nicht aus, um
beurteilen zu können, ob der Beklagte den Beigeladenen zu 5. zu Recht als Facharzt für
Herzchirurgie zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen hat.
11 1. Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, dass der beigeladene Arzt grundsätzlich die
Voraussetzungen für eine Zulassung erfüllt, weil er in das von der Klägerin geführte
Arztregister als Arzt für Herzchirurgie eingetragen ist, nachdem er die Weiterbildung auf
diesem Fachgebiet (§ 95a Abs 1 Nr 2 SGB V) absolviert hat. Nach § 95 Abs 2 Satz 1 SGB V
kann sich um eine Zulassung jeder Arzt bewerben, der seine Eintragung in ein Arztregister
nachweist. Daraus folgt aber noch nicht, dass er zur vertragsärztlichen Versorgung
zugelassen werden könnte bzw müsste.
12 An die Eintragung in ein Arztregister sind die Zulassungsgremien nach der Rechtsprechung
des Senats allerdings grundsätzlich gebunden (BSG SozR 3-2500 § 95a Nr 2 S 5 f) . Diese
Bindungswirkung ist indessen begrenzt. Sie erfasst die Qualifikation des jeweiligen Arztes,
insbesondere den Nachweis der Approbation und den Abschluss der für die Eintragung
erforderlichen Weiterbildung. Das hat zur Folge, dass die Zulassungsgremien auch
rechtswidrige Eintragungen in das Arztregister hinnehmen müssen und eine Zulassung nicht
mit der Begründung versagen dürfen, der Zulassungsbewerber hätte mangels einer
erfolgreich abgeschlossenen Weiterbildung nicht in das Register eingetragen werden dürfen.
Eine entsprechende Bindungswirkung geht von der Approbation als Psychologischer
Psychotherapeut sowohl für die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) als Registerstelle (BSG
SozR 3-2500 § 95c Nr 1) als auch für die Zulassungsgremien aus, soweit diese unmittelbar
die Qualifikation eines Zulassungsbewerbers beurteilen müssen (BSG SozR 4-2500 § 95 Nr
4). Nicht durch die von der Arztregistereintragung ausgehenden Bindungswirkung erfasst, ist
indessen die Zulassungsfähigkeit von Ärzten, die nach § 95a Abs 1 Nr 2 SGB V ihre
Weiterbildung "in einem anderen Fachgebiet" als der Allgemeinmedizin erfolgreich
abgeschlossen haben und zur Führung der entsprechenden Gebietsbezeichnung berechtigt
sind. Weder dieser Bestimmung noch dem damit weitgehend übereinstimmenden § 3 Ärzte-
ZV ist zu entnehmen, dass im Verfahren der Arztregistereintragung schon geprüft wird, ob
Ärzte mit der von ihnen nachgewiesenen Gebietsbezeichnung in der vertragsärztlichen
Versorgung zugelassen werden können. Obwohl die statusbegründende Registereintragung
praktische Bedeutung nur für Ärzte hat, die vertragsärztlich tätig werden wollen, ist nach der
Kompetenzverteilung im vertragsärztlichen Zulassungswesen die Entscheidung darüber, ob
Ärzte mit abgeschlossener Weiterbildung auf einem Fachgebiet mit dieser Bezeichnung zur
vertragsärztlichen Versorgung zugelassen werden können, den Zulassungsgremien und
nicht der KÄV als Registerstelle zugewiesen.
13 Aus dem Umstand, dass ein Arzt mit einer Gebietsbezeichnung, die er nach dem ärztlichen
Weiterbildungsrecht führen darf, in das Arztregister eingetragen ist, folgt nicht, dass er mit
dieser Bezeichnung auch zur vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen ist. Die
Bezeichnung im Arztregister muss nicht mit derjenigen einer Arztgruppe im
Bedarfsplanungsrecht nach § 101, § 103 Abs 2 Satz 3 SGB V iVm § 12 Abs 3 Satz 1 Ärzte-
ZV übereinstimmen (BSG SozR 3-2500 § 101 Nr 3 S 17) . Aus den ÄBedarfsplRL ergibt sich,
welcher Arztgruppe im planungsrechtlichen Sinne ein Zulassungsbewerber zuzuordnen ist;
nur dann können die Zulassungsgremien beurteilen, ob Zulassungsbeschränkungen im
Sinne des § 103 Abs 1 und 2 SGB V der begehrten Zulassung entgegenstehen. Untrennbar
verbunden mit dieser Beurteilung ist die Frage, ob für Ärzte mit einer bestimmten
Gebietsbezeichnung im Rahmen der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung ein
Tätigkeitsfeld eröffnet ist. Dem Gesetz ist kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass diese
Entscheidung allein der KÄV als Registerstelle übertragen wäre und die
Krankenkassenverbände, die an der Bedarfsplanung und am Zulassungsverfahren beteiligt
sind, insoweit von jeder Mitwirkung ausgeschlossen wären. Zudem hat der Gesetzgeber
durch das GMG die Bedeutung der Eintragung in das Arztregister auch sonst abgeschwächt.
Er hat diejenigen Vorschriften beseitigt, die nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats
im Sinne einer (begrenzten) Eingliederung aller (nur) in das Arztregister eingetragenen Ärzte
in die vertragsärztliche Versorgung gedeutet werden konnten. Die Neufassung des § 77
SGB V hat das außerordentliche Mitgliedschaftsrecht der "nur" eingetragenen und noch nicht
zugelassenen Ärzte aufgehoben und damit auch deren Wahlrecht zur Vertreterversammlung
entfallen lassen (vgl BSG SozR 3-2500 § 95a Nr 2 S 9) . Auch als Grundlage einer
vorrangigen Berücksichtigung für die Zulassung im Rahmen einer Praxisnachfolge nach §
103 Abs 4 SGB V spielt die Eintragung in das Arztregister selbst keine maßgebliche Rolle.
Nicht die Eintragung in das Register selbst, sondern diejenige in die für jeden
Planungsbereich geführte Warteliste ist nach der geltenden Fassung des § 103 Abs 5 SGB
V für die Rangfolge der Zulassungsbewerber von Bedeutung; nicht die Dauer der
Registereintragung selbst, sondern die Dauer der Eintragung in die Warteliste müssen die
Zulassungsgremien bei der Auswahl nach § 103 Abs 4 SGB V berücksichtigen. Soweit
Ausführungen in der Entscheidung des Senats vom 13.12.2000 (BSG SozR 3-2500 § 95a Nr
2 S 9) weitergehend verstanden werden könnten, hält der Senat daran nicht fest.
14 Danach hat die von der Eintragung des zu 5. beigeladenen Arztes in das von der Klägerin
geführte Register ausgehende Bindungswirkung lediglich zur Folge, dass im
Zulassungsverfahren die Richtigkeit der Eintragung des beigeladenen Arztes als "Arzt für
Herzchirurgie" nicht überprüft werden kann. Seine Zulassungsfähigkeit ist dadurch jedoch
nicht präjudiziert. Diese bedarf der Klärung, weil Zulassungsbeschränkungen dem Begehren
des Beigeladenen zu 5. nicht entgegenstehen.
15 2. Für die Arztgruppe der Herzchirurgen (zum planungsrechtlichen Begriff der Arztgruppe
näher BSG SozR 3-2500 § 101 Nr 3 S 17) sind Zulassungsbeschränkungen iS des § 103
Abs 2 SGB V, § 16b Abs 2 Ärzte-ZV nicht angeordnet. Die für den Planungsbereich B.
angeordneten Zulassungsbeschränkungen für die Arztgruppe der Chirurgen erfassen die
Herzchirurgen nicht. In § 4 Abs 2 Nr 6 Satz 1 ÄBedarfsplRL ist bestimmt, dass zur Arztgruppe
der Chirurgen die Fachärzte für Chirurgie, die Fachärzte für Allgemeine Chirurgie, die
Fachärzte für Kinderchirurgie, für Plastische Chirurgie, für Plastische und Ästhetische
Chirurgie, die Fachärzte für Gefäßchirurgie sowie die Fachärzte für Viszeralchirurgie zählen.
Nach Satz 2 dieser Vorschrift gehören nicht zur Arztgruppe die Fachärzte für Herzchirurgie,
die Fachärzte für Thoraxchirurgie sowie die Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie.
16 Diese Fassung erhielten die ÄBedarfsplRL des GBA durch Beschluss vom 19.7.2005 (BAnz
Nr 192 S 14984 vom 11.10.2005) . In der veröffentlichten Beschlussbegründung wird dazu
ausgeführt, der Bundesausschuss habe bereits zu einem früheren Zeitpunkt festgestellt,
dass Herzchirurgen nicht in der vertragärztlichen Versorgung niederlassungsfähig sind, da
Leistungen aus diesem Fachgebiet nicht ambulant erbracht werden können. Gleiches gelte
für Thoraxchirurgen; dem werde durch die Neufassung der Richtlinien Rechnung getragen.
Daraus ist abzuleiten, dass die bewusste Nichtzuordnung der Fachärzte für Herzchirurgie
zur bedarfsplanungsrechtlichen Gruppe der Chirurgen allein darauf zurückzuführen ist, dass
der GBA als Richtliniengeber der Auffassung gewesen ist, Herzchirurgen seien in der
vertragsärztlichen Versorgung generell nicht zulassungsfähig. Der Umstand, dass der GBA
Herz- und Thoraxchirurgen nicht mehr der Gruppe der Chirurgen zugeordnet hat, beruht
danach allein darauf, dass der GBA diese Arztgruppen generell nicht für zulassungsfähig
und ihre Einbeziehung in die Bedarfsplanung daher für entbehrlich hielt. Dieses Motiv ändert
indessen nichts an dem normativen Befund, dass zur Zeit Zulassungsbeschränkungen für
Herzchirurgen nicht angeordnet sind. Sollte der GBA seine Beurteilung ändern und -
zumindest für den Fall, dass seine Einschätzung der fehlenden Zulassungsfähigkeit der
Herzchirurgen am Ende keinen Bestand hat - diese gleichsam hilfsweise der Gruppe der
Chirurgen im planungsrechtlichen Sinne zuordnen, könnte das dem Zulassungsbegehren
des Beigeladenen zu 5. nach § 19 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV nicht entgegengehalten werden.
Bei Antragstellung im Jahr 2006 waren nämlich für diese Gruppe im Planungsbereich B.
noch keine Beschränkungen angeordnet.
17 3. Entgegen der Auffassung des LSG folgt jedoch aus dem Umstand, dass der Beigeladene
zu 5. die formalen Zulassungsvoraussetzungen erfüllt und Zulassungsbeschränkungen nicht
eingreifen, noch nicht zwangsläufig, dass er beanspruchen kann, zur vertragsärztlichen
Versorgung zugelassen zu werden. Soweit das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit
dem Beigeladenen zu 5. davon ausgeht, dass Ärzte, die mit einer bestimmten
Gebietsbezeichnung in das Arztregister eingetragen sind, beim Fehlen von
Zulassungsbeschränkungen unter dieser Gebietsbezeichnung stets auch zur
vertragsärztlichen Versorgung zugelassen werden müssen, tritt der Senat dem nur für den
Regelfall, nicht aber für Ausnahmefälle der hier vorliegenden Art bei.
18 Aus der Systematik des Zulassungsrechts und dessen Ausrichtung auf die vertragsärztliche
Versorgung, wie sie insbesondere in § 73 SGB V näher geregelt ist, ergibt sich, dass nur
Angehörige solcher Fachgebiete zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen werden
können, deren Inhalt Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung ist. Das folgt aus § 95
Abs 3 Satz 1 SGB V, weil die Zulassung bewirkt, dass der Arzt im Umfang des von ihm
übernommenen Versorgungsauftrags zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung
verpflichtet ist. Diese Teilnahmeverpflichtung hat zur Folge, dass er die wesentlichen
Leistungen seines Fachgebietes im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung auch
tatsächlich anbieten und erbringen muss (BSGE 88, 20, 25 = SozR 3-2500 § 75 Nr 12 S 71) .
Das ist bislang vorwiegend im Zusammenhang mit Bestrebungen von Vertragsärzten
angesprochen worden, wichtige Leistungen des Fachgebietes aus Gründen (vermeintlich)
unzureichender Honorierung nicht zu erbringen. Im Zusammenhang mit der
Zulassungsfähigkeit von Arztgruppen ist die Zulassungsfähigkeit in der Rechtsprechung des
Senats wie auch der Instanzgerichte bisher nicht thematisiert worden, weil sich bislang keine
Ärzte um eine Zulassung bemüht haben, bei denen im Hinblick auf die von ihnen geführte
Gebietsbezeichnung Zweifel daran bestehen konnten, ob der durch das landesrechtliche
Weiterbildungsrecht beschriebene Inhalt dieses Gebiets Bestandteil der vertragsärztlichen
Versorgung ist. Dass eine solche Prüfung entgegen der Auffassung des LSG in besonders
gelagerten Fällen geboten ist, folgt schon daraus, dass es zahlreiche ärztliche Fachgebiete
gibt, die keinen Bezug zur vertragsärztlichen Versorgung iS des § 73 SGB V haben. Die
Klägerin weist in diesem Zusammenhang zu Recht auf die Gebiete der Anatomie, der
Arbeitsmedizin, der Hygiene- und Umweltmedizin, der klinischen Pharmakologie, der
Physiologie, der Rechtsmedizin und den Bereich öffentliches Gesundheitswesen hin. Auch
ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung unterliegt es keinem vernünftigen Zweifel, dass
Ärztinnen und Ärzte, die die Weiterbildung auf diesen Fachgebieten, die zum Teil schon seit
Jahrzehnten fester Bestandteil des ärztlichen Weiterbildungsrechts sind, erfolgreich
abgeschlossen haben, nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen werden können.
Rechtsmedizin und Anatomie zB sind wichtige ärztliche Disziplinen, deren Gegenstände
aber keinen Bezug zu der in § 73 SGB V näher beschriebenen, in eine hausärztliche und
eine fachärztliche Versorgung gegliederten vertragsärztlichen Versorgung aufweisen.
19 Die danach zwingend erforderliche Abgrenzung der zulassungsfähigen von den nicht
zulassungsfähigen Arztgruppen im Sinne des ärztlichen Weiterbildungsrechts kann nicht in
der Weise vorgenommen werden, dass zur vertragsärztlichen Versorgung von vornherein
nur Ärzte solcher Fachgebiete zugelassen werden können, die unmittelbar
patientenbezogen tätig werden. Das trifft nämlich ersichtlich nicht zu, wie die
selbstverständliche und seit Jahrzehnten unbestrittene Zulassungsfähigkeit von Pathologen
und Laborärzten belegt. Ärzte dieser Arztgruppen sind nicht unmittelbar patientenbezogen
tätig und können nur auf Überweisung von patientenbezogen arbeitenden Vertragsärzten in
Anspruch genommen werden (vgl BSG SozR 3-2500 § 72 Nr 7; BSG SozR 3-2500, § 95 Nr
16 S 54). Danach steht fest, dass nicht allein die abgeschlossene Weiterbildung - auf
welchem Fachgebiet auch immer - einen Rechtsanspruch auf Zulassung zur
vertragsärztlichen Versorgung begründet, und dass weiterhin der Kreis der
zulassungsfähigen Arztgruppen nicht nach dem Kriterium des unmittelbaren
Patientenbezuges der ärztlichen Tätigkeit abgegrenzt werden kann.
20 Eine sinnvolle Abgrenzung ist vielmehr nur danach möglich, ob der Gegenstand des
Fachgebietes, in dem der betreffende Arzt seine Weiterbildung abgeschlossen hat,
überhaupt Bestandteil der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung ist. Wenn sich - wie
etwa möglicherweise bei der Herz- und der Viszeralchirurgie - ergeben sollte, dass einzelne
ärztliche Leistungen, die den Ärzten dieses Fachgebiets berufsrechtlich zugewiesen oder
sogar vorbehalten sind, Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sind, während andere
Untersuchungs- und Behandlungsverfahren aus diesem Fachgebiet nur im Rahmen einer
stationären Behandlung durchgeführt werden können, ist die Abgrenzung der
zulassungsfähigen von den nicht zulassungsfähigen Arztgruppen nach dem Verhältnis
dieser Anteile zueinander vorzunehmen. Soweit die deutlich überwiegende Zahl von
fachgebietsbezogenen Behandlungen nicht Bestandteil der ambulanten vertragsärztlichen
Versorgung ist, für die allein die Zulassung nach § 95 Abs 2 iVm Abs 3 SGB V Bedeutung
hat, ist die Zulassungsfähigkeit der entsprechenden Arztgruppe zu verneinen. Es
widerspräche der Systematik des Zulassungsrechts, Ärzte zur vertragsärztlichen Versorgung
zuzulassen, die nur einen ganz kleinen Teil der Leistungen des Fachgebiets, für das sie
weitergebildet sind, im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung anbieten bzw erbringen
können.
21 Ob die so zu verstehende Zulassungsfähigkeit gegeben ist, haben die Zulassungsgremien
und im Streitfall die Gerichte unter Auswertung des maßgeblichen Weiterbildungsrechts
sowie des Leistungsangebotes der vertragsärztlichen Versorgung aufzuklären. Ein der
gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglicher Beurteilungsspielraum steht den
Zulassungsgremien insoweit nicht zu, weil die Gesichtspunkte, die den Senat veranlasst
haben, diesen im Zusammenhang mit der Beurteilung eines Versorgungsbedarfs einen
solchen Spielraum zuzubilligen (zuletzt BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, jeweils
RdNr 27, und BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, jeweils RdNr 14), hier nicht
eingreifen. Was Gegenstand des Fachgebietes zB der Herzchirurgie ist, und welche
herzchirurgischen Leistungen Bestandteil der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung
sein können sowie schließlich, wie sich beides quantitativ und qualitativ zueinander verhält,
sind Umstände im Grenzbereich von tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen, die
gerichtlich überprüft werden können.
22 a) Die Zulassungsfähigkeit der Ärzte für Herzchirurgie ist unmittelbar in Anwendung des
Gesetzesrechts (§ 95 Abs 2 und 3, § 73 iVm § 87 Abs 2 SGB V) zu klären. Der GBA ist nicht
ermächtigt, darüber abstrakt eine verbindliche Entscheidung zu treffen. Insoweit trifft die
Rechtsauffassung der Beanstandung des Beschlusses des GBA vom 20.12.2007 durch das
BMG (Bescheid vom 20.2.2008) zu. Soweit der Beanstandung des BMG und dem
Berufungsurteil die weitergehende Auffassung zugrunde liegt, der GBA dürfe sich keine
Überzeugung zur Zulassungsfähigkeit von Arztgruppen bilden und diese seinen
Festlegungen in den ÄBedarfsplRL zugrunde legen, ist das allerdings nicht richtig. Aus §
101 SGB V ergeben sich verschiedene Kompetenzen des GBA, die auf die einzelnen
Arztgruppen ausgerichtet sind. Die Vorschriften über einen allgemeinen bedarfsgerechten
Versorgungsgrad (Abs 1 Satz 1 Nr 1) , über mehrere Facharztbezeichnungen innerhalb
desselben Fachgebietes (Satz 2) und über die "Änderung" der fachlichen Ordnung der
Arztgruppen (Abs 2 Satz 1 Nr 1) lassen erkennen, dass der Gesetzgeber von der klaren
Vorstellung einer nach einzelnen ärztlichen Fachgebieten gegliederten ambulanten
vertragsärztlichen Tätigkeit ausgegangen ist und sich insoweit auf die landesrechtlichen
Vorschriften zur Abgrenzung der Arztgruppen stützt (BSG SozR 3-2500 § 101 Nr 3 S 17).
23 Der GBA kann vor diesem Hintergrund die ihm übertragene Aufgabe der Bedarfsplanung nur
wahrnehmen, wenn er die Arztgruppen im planungsrechtlichen Sinne festlegt und diesen die
Arztgruppen im Sinne des Weiterbildungsrechts, wie sie in § 101 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V
angesprochen sind, zuordnet. Es ist unvermeidbar und sogar geboten, dass der GBA sich
insoweit eine Überzeugung darüber bildet, welche Arztgruppen in diesem Sinne für eine
vertragsärztliche Tätigkeit in Betracht kommen. Dieser Vorgang stellt aber lediglich einen Akt
der Nachvollziehung geltenden Gesetzesrechts dar und ist selbst nicht Teil der
Normsetzung, die dem GBA ua in § 101 SGB V aufgegeben ist. Daraus folgt, dass dem GBA
insoweit kein Gestaltungsspielraum zukommt, wie er für jede Normsetzung prägend ist. Ob
dagegen die Herzchirurgen im Sinne des ärztlichen Weiterbildungsrechts - ihre
Zulassungsfähigkeit unterstellt - planungsrechtlich zu den Chirurgen zählen, bestimmt der
GBA im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung des § 101 SGB V. Insoweit kann seine
Entscheidung gerichtlich nur nach den Maßstäben überprüft werden, die die
Rechtsprechung zur gerichtlichen Kontrolle der Richtlinien des GBA entwickelt hat (zB
BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, jeweils RdNr 67 ff). Danach hat weder der
Beschluss des GBA vom 20.12.2007 zum expliziten Ausschluss der Herzchirurgen von der
vertragsärztlichen Versorgung noch dessen Beanstandung durch das BMG Einfluss auf die
Rechtslage. Ob die Herzchirurgen zulassungsfähig sind, beurteilt sich unmittelbar in
Anwendung der genannten gesetzlichen Vorschriften.
24 b) Die Prüfung, ob für das im ärztlichen Weiterbildungsrecht umschriebene Fachgebiet der
Herzchirurgie ein relevanter Tätigkeitsbereich im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung
zur Verfügung steht, wird hier nicht deshalb entbehrlich, weil - nach Einschätzung des
Berufungsgerichts - der Bewertungsausschuss im Zuge der Neufassung des EBM-Ä zum
1.4.2005 durch die Fassung der Präambel zu Kapitel 7 zum Ausdruck gebracht habe, dass
es spezifisch herzchirurgische Leistungen innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung gebe.
In der Präambel zu Kapitel 7 EBM-Ä war in der Zeit vom 1.4.2005 bis zum 30.9.2006 unter
der Überschrift "Chirurgische, kieferchirurgische und plastisch-chirurgische und
herzchirurgische Leistungen" bestimmt: "Die in diesem Kapitel aufgeführten Leistungen
können ausschließlich von Fachärzten für Chirurgie, Kinderchirurgie, Plastische Chirurgie
und Herzchirurgie berechnet werden" (DÄ 2004, A 2554 f mit Verweisung auf die dem DÄ
beigefügte CD-ROM; zur Aufhebung s DÄ 2006, A 1848). Diese Regelung stützt den
Zulassungsanspruch des Beigeladenen zu 5. nicht.
25 Der Bewertungsausschuss hat die seit dem 1.4.2005 in der Präambel zu Kapitel 7 EBM-Ä
enthaltene Verweisung auf die Herzchirurgie in der 114. Sitzung aufgehoben (DÄ 2006, A
1848) . Er hat damit ausweislich der veröffentlichten Entscheidungsbegründung (DÄ 2006, A
1848) auf die Änderung der ÄBedarfsplRL durch den GBA reagiert. Die vom
Bewertungsausschuss in Bezug genommene Änderung dieser Richtlinie meint den oben
erwähnten Beschluss vom 19.7.2005, mit dem der GBA festgelegt hat, dass Herzchirurgen
nicht zur Gruppe der Chirurgen im Sinne des Bedarfsplanungsrechts zählen. Dieser
Beschluss ist vom BMG nicht beanstandet worden und gilt bis heute. Für den Umfang der
Abrechnungsmöglichkeiten von Herzchirurgen in der vertragsärztlichen Versorgung ist der
EBM-Ä in der Fassung der Beschlüsse der 114. Sitzung, also in der ab 1.10.2006 im Kern -
soweit hier von Bedeutung - bis heute unverändert geltenden Fassung, und nicht in
derjenigen Fassung maßgeblich, die zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des
Berufungsausschusses im Juli 2005 gegolten hat.
26 Soweit das Berufungsgericht der Auffassung ist, bei Zulassungsbegehren sei für die
Beurteilung des geltend gemachten Anspruchs auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der
Entscheidung durch den Berufungsausschuss abzustellen, trifft das nach der vom LSG
selbst erwähnten Rechtsprechung des Senats nicht zu. Der Senat hat in ständiger
Rechtsprechung zur Zulassung eines Arztes ausgeführt, dass für das Vornahmebegehren
des klagenden Arztes grundsätzlich alle Tatsachenänderungen bis zur mündlichen
Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz und alle Rechtsänderungen bis zum Abschluss
der Revisionsinstanz zu berücksichtigen sind (vgl zB BSGE 94, 191 = SozR 4-2500 § 103 Nr
2, jeweils RdNr 5; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 2 RdNr 12) . Dasselbe gilt dann, wenn
Gegenstand des Rechtsstreits nicht die Vornahmeklage des Arztes auf Erlangung der
Zulassung ist, er vielmehr die Zulassung durch den Berufungsausschuss erhalten hat und er
diese gegen die Klage einer KÄV oder von KKn(-Verbänden) verteidigt (zu deren
Rechtsmittelbefugnis s BSG SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 13 mwN) . Dann liegt zwar formal
eine andere Konstellation vor, nämlich die Anfechtung durch einen Drittbeteiligten. Der
Sache nach handelt es sich aber ebenfalls um eine Vornahmeklage des Arztes. Dieser muss
sein Zulassungsbegehren sowohl gegenüber den Zulassungsgremien als auch gegenüber
den für die Sicherstellung der Versorgung mitverantwortlichen KÄV und KKn(-Verbänden)
durchsetzen. Er muss zur Erlangung einer bestandskräftigen Zulassung sowohl eine positive
Entscheidung der Zulassungsgremien erhalten als auch eventuelle Rechtsmittel von KÄV
und KKn(-Verbänden) erfolgreich abwehren. Beides zusammen ist die Voraussetzung für ein
erfolgreiches Vornahmebegehren auf Erlangung der Zulassung (insoweit in der Diktion
missverständlich - und hiermit klargestellt - BSG SozR 4-2500 § 117 Nr 2 RdNr 8) . Die so
gegebene Nähe bzw Einheit von Zulassungsgremien und den für die Sicherstellung der
Versorgung mitverantwortlichen KÄV und KKn(-Verbänden) entspricht auch der sonstigen
Rechtsprechung des BSG. So hat der Senat im Rahmen seiner Rechtsprechung zu § 63
SGB X die Kostenerstattungspflicht, die nach dem Gesetz den Fall der
Widerspruchsstattgabe durch Berufungs- bzw Beschwerdeausschuss betrifft, auf den -
gleichwertigen - Fall eines erfolglosen Widerspruchs von KÄV bzw Krankenkasse erstreckt
(s BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, jeweils RdNr 14 mwN) .
27 Die mithin grundsätzliche Beachtlichkeit aller Tatsachenänderungen bis zur mündlichen
Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz und aller Rechtsänderungen bis zum Abschluss
der Revisionsinstanz führt dazu, dass im Regelfall sowohl dem zulassungsbegehrenden Arzt
vorteilhafte als auch ihm nachteilige Sach- und Rechtsänderungen zu berücksichtigen sind
(zu einem Fall vorteilhafter Veränderungen s Senatsurteil vom heutigen Tag - B 6 KA 34/08
R - mit Berücksichtigung späterer Änderungen des EBM-Ä zugunsten der ihre
Sonderbedarfszulassung gegen die KÄV verteidigenden Ärztin) . In Ausnahmefällen kann
allerdings die Berücksichtigung nachteiliger Änderungen verwehrt sein, wenn nämlich ein
Arzt auf eine Entscheidung aufgrund einer früheren bestimmten Sach- und Rechtslage, die
ihm Zulassungschancen bot, vertrauen durfte (vgl hierzu BSGE 95, 94 RdNr 5 = SozR 4-
2500 § 95c Nr 1 RdNr 10; BSG, Urteil vom 28.1.2009 - B 6 KA 61/07 R - SozR 4-2500 § 118
Nr 1 RdNr 12 mwN, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen) . Ein solcher Fall kann
etwa dann gegeben sein, wenn sich ein anderer Arzt als Konkurrent auf denselben, nur
vorübergehend frei gewordenen Vertragsarztsitz bewarb, bald danach aber wieder
Zulassungsbeschränkungen angeordnet worden sind (vgl dazu BSGE 94, 181 = SozR 4-
2500 § 103 Nr 2, jeweils RdNr 4) . Derartige Vertrauensschutzaspekte spielen vorliegend
indessen keine Rolle. Die zwischenzeitliche Einführung eines Abschnitts im EBM-Ä, der die
Herzchirurgen erwähnte (Präambel zu Kapitel 7 EBM-Ä in der vom 1.4.2005 bis zum
30.9.2006 geltenden Fassung: DÄ 2004, A 2554 f mit Verweisung auf die dem DÄ
beigefügte CD-ROM, und DÄ 2006, A 1848) , konnte für das Zulassungsbegehren von
Herzchirurgen keine günstigere Rechtslage begründen, weil es sich um
Leistungstatbestände handelte, die nur unter anderem auch von Herzchirurgen abrechenbar
waren. Nur wenn die Leistungen dieses Abschnitts allein den Herzchirurgen vorbehalten
gewesen wären (zu einem solchen Fall vgl das Senatsurteil vom heutigen Tag - B 6 KA
34/08 R - betr EBM-Ä-Abschnitt mit Vorbehalt allein für Kinder- und Jugendmediziner mit
Zusatzweiterbildung Kinder-Pneumologie) , hätte in Betracht kommen können, aus diesen
Regelungen des (damaligen) EBM-Ä abzuleiten, dass ein maßgebliches Leistungsspektrum
von Herzchirurgen ambulant erbringbar sei. Das war jedoch nicht der Fall, wie unten näher
ausgeführt wird.
28 Soweit das LSG in einer Hilfserwägung zum Ausdruck gebracht hat, die Herausnahme der
Herzchirurgen aus der Überschrift und Präambel zu Kapitel 7 EBM-Ä in der ab dem 1.4.2005
geltenden Fassung durch die Beschlüsse der 114. Sitzung des Bewertungsausschusses
zum 1.10.2006 sei unwirksam und nichtig, folgt der Senat dem nicht. In der Rechtsprechung
des Senats ist geklärt, dass der Bewertungsausschuss wie auch die Partner der
Bundesmantelverträge bestimmte ärztliche Leistungen einzelnen Arztgruppen zuordnen
dürfen. Damit ist selbstverständlich auch das Recht umfasst vorzugeben, dass einzelne
Leistungen nur von bestimmten Ärzten erbracht und berechnet werden dürfen (BSG SozR 3-
2500 § 72 Nr 8 S 20 f; s auch BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, jeweils RdNr 18 ff;
zum Ineinandergreifen von Regelungen im EBM-Ä und in den Bundesmantelverträgen, aaO,
RdNr 21) . Die Erwähnung der Arztgruppe der Herzchirurgen im Sinne des ärztlichen
Weiterbildungsrechts in der Präambel zu Kapitel 7 EBM-Ä (Fassung ab 1.4.2005) hat unter
dem Gesichtspunkt der Qualitätssicherung einen spezifischen Facharztvorbehalt ua für Ärzte
für Herzchirurgie normiert, ohne dass daraus zugleich zwangsläufig abzuleiten gewesen
wäre, Ärzte mit dieser Arztbezeichnung seien in der vertragsärztlichen Versorgung
zulassungsfähig. Aus der Präambel sowie den in dem Kapitel 7 EBM-Ä idF ab 1.4.2005
aufgeführten spezifisch thoraxchirurgischen Leistungen (vgl zuvor Abschnitt N VII. EBM-Ä in
der bis zum 31.3.2005 geltenden Fassung) kann allerdings der Schluss gezogen werden,
dass die dort im EBM-Ä beschriebenen Leistungen Gegenstand der vertragsärztlichen
Versorgung sein sollen. Nachdem aber der GBA die ÄBedarfsplRL mit Beschluss vom
19.7.2005 im Sinne seiner Rechtsauffassung so gefasst hatte, dass die Herzchirurgen nicht
zu den Chirurgen im bedarfsplanungsrechtlichen Sinne zählen, weil zu der zuvor geltenden
Fassung der Richtlinie aus der Erwähnung der Herzchirurgen der Schluss auf deren
Zulassungsfähigkeit gezogen worden ist, hat der Bewertungsausschuss daraus die
Konsequenz gezogen, und den Vorbehalt ua zugunsten der Herzchirurgen aus der
Präambel des Kapitel 7 gestrichen. Das entspricht der gesetzlich vorgegebenen
Rollenverteilung, wonach der Bewertungsausschuss den vom GBA getroffenen Vorgaben -
soweit diese mit höherrangigen Recht im Einklang stehen - folgt. Der Senat hat in seinem zur
extrakorporalen Stoßwellenlithotripsie ergangenen Urteil vom 13.11.1996 (BSGE 79, 239 =
SozR 3-2500 § 87 Nr 14) für das Verhältnis zwischen der Methodenanerkennung durch den
GBA nach § 135 Abs 1 SGB V und Aufnahme entsprechender Leistungspositionen zur
Anwendung dieser (neuen) Behandlungsmethode in den EBM-Ä in diesem Sinne
entschieden (BSGE, aaO, S 244 ff = SozR aaO, S 51 ff). Für die Zulassungsfähigkeit einer
neuen, spezialisierten Arztgruppe und ggf deren Zuordnung zu einer der Arztgruppen im
Sinne des Bedarfsplanungsrechts durch den GBA und die Normierung von - auf eine neu in
die vertragsärztliche Versorgung eingegliederte Arztgruppe bezogenen -
Facharztvorbehalten durch den Bewertungsausschuss oder die Partner der
Bundesmantelverträge gilt nichts anderes. Der Bewertungsausschuss legt die aus seiner
Sicht unter Beachtung des § 87 Abs 2 SGB V erforderlichen vertragsärztlichen Leistungen
fest. Die normativen Vorgaben zur Zulassungsfähigkeit von Arztgruppen findet er vor und
normiert bei entsprechender Notwendigkeit spezifische Facharztvorbehalte für einzelne
Leistungen auf dieser vorgefundenen Basis.
29 Da der Bewertungsausschuss in der 114. Sitzung zum 1.10.2006 die einzelnen Leistungen,
die für die Erbringung auf dem Fachgebiet der Herzchirurgie in Betracht kommen - wie etwa
die Implantation eines Herzschrittmachers und dessen Kontrolle - nicht aus dem EBM-Ä
entfernt hat, hat sich damit die seit dem 1.4.2005 geltende Rechtslage nur insofern verändert,
als bislang die Arztgruppe der Herzchirurgen im EBM-Ä explizit erwähnt worden war. Daraus
kann aber kein Argument für deren Zulassungsfähigkeit gewonnen werden. Selbst unter
Berücksichtigung der zwischen dem 1.4.2005 und dem 30.9.2006 geltenden Fassung des
EBM-Ä ergibt sich nicht, dass Ärzte für Herzchirurgie zur vertragsärztlichen Versorgung
zugelassen werden müssen. In der Präambel zu Kapitel 7 EBM-Ä war keine Zuordnung
bestimmter Leistungen ausschließlich zur Gruppe der Herzchirurgen vorgegeben, sondern
lediglich geregelt, dass bestimmte Leistungen nur von Chirurgen, Kinderchirurgen,
Plastischen Chirurgen und Herzchirurgen erbracht werden dürfen. Leistungen, die
ausschließlich von Herzchirurgen berechnet werden dürfen, waren zu keinem Zeitpunkt im
EBM-Ä aufgeführt. Wäre dies anders gewesen, hätte dies allerdings den Schluss nahelegen
können, Herzchirurgen könnten zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen werden. Unter
dem Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung wäre es nicht verständlich, wenn im
EBM-Ä explizit für die Versorgung der Versicherten notwendige Leistungen enthalten wären,
die generell nicht erbracht werden können, weil die Gruppe von Ärzten, die sie
vertragsarztrechtlich allein anbieten darf, nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen
werden kann. Insoweit sind vergleichbare Gesichtspunkte von Bedeutung, die der Senat in
seinem Urteil vom heutigen Tag (B 6 KA 34/08 R) zur Sonderbedarfszulassung für
Kinderärzte mit der Zusatzweiterbildung "Kinder-Pneumologie" im Hinblick auf die
Bestimmungen in Kapitel 4.5.2 EBM-Ä angeführt hat (s dort RdNr 26).
30 c) Da somit eine nähere Abklärung des ambulanten Leistungsspektrums der Herzchirurgen
für die Klärung der Zulassungsfähigkeit dieser Arztgruppe nicht im Hinblick auf normative
Vorgaben im EBM-Ä entbehrlich ist, muss festgestellt werden, welche Leistungen des EBM-
Ä zum Fachgebiet der Ärzte für Herzchirurgie rechnen. Dabei ist zunächst von Bedeutung,
ob es sich um Leistungen handelt, die (auch) Herzchirurgen erbringen dürfen, oder um
solche, die in der Regel nur von Ärzten für Herzchirurgie angeboten werden und allenfalls in
Ausnahmefällen von Allgemeinchirurgen oder Kardiologen. In einem zweiten Schritt ist zu
ermitteln, ob diese Leistungen regelmäßig oder mindestens in einer relevanten Zahl von
Fällen ambulant erbracht werden können.
31 Grundsätzlich spricht die Aufnahme einer Leistung in den EBM-Ä eher für deren
Erbringbarkeit in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung. Denkbar ist allerdings, dass
im EBM-Ä Leistungspositionen enthalten sind, die nur im Rahmen einer stationären
Behandlung angeboten werden können; denn Vertragsärzte können auch belegärztlich tätig
sein, und alle belegärztlichen Leistungen von Vertragsärzten gehören zur vertragsärztlichen
Versorgung (vgl BSG SozR 3-2500 § 121 Nr 4 S 21, s auch BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 54
S 300 ff). Daraus darf indessen nicht der Schluss gezogen werden, Herzchirurgen müssten
schon dann zugelassen werden, wenn sie wesentliche Leistungen ihres Fachgebietes
zumindest als Belegärzte im Rahmen vollstationärer Behandlungen erbringen könnten.
Nach der Rechtsprechung des Senats kommt der belegärztlichen Tätigkeit eines
Vertragsarztes kein besonderes, eigenständiges Gewicht zu. Sie ist die Fortsetzung der
eigentlichen ambulanten ärztlichen Tätigkeit; die stationäre Tätigkeit des Vertragsarztes darf
nicht das Schwergewicht seiner Gesamttätigkeit bilden (BSG SozR 3-2500 § 121 Nr 4 S 22).
Deshalb kann ein Arzt nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen werden, der den
wesentlichen Teil seiner Behandlungstätigkeit nur in einer - bei der Entscheidung über die
Zulassung, abgesehen von der Sonderkonstellation des § 103 Abs 7 SGB V - in der Regel
rein hypothetischen zusätzlichen belegärztlichen Tätigkeit erbringen könnte. Im Übrigen
steht nicht fest, ob Krankenhausträger spezielle herzchirurgische Abteilungen als
belegärztliche Abteilungen führen. Aus alledem ergibt sich, dass der Umstand, dass im
EBM-Ä möglicherweise einzelne Leistungen enthalten sind, die zum Kernbereich (auch) der
Herzchirurgie gehören, nicht zwangsläufig dazu führen muss, dass Ärzte dieser Arztgruppe
zur ambulanten Versorgung zuzulassen sind, und weiterhin, dass die Möglichkeit
belegärztlicher Leistungserbringung bei der Beurteilung der Zulassungsfähigkeit einer
Arztgruppe zunächst außer Betracht zu bleiben hat.
32 In einem dritten Schritt ist zu klären, ob die nach dem EBM-Ä ambulant erbringbaren
herzchirurgischen Leistungen im Gesamtspektrum dieses Fachgebietes nur von
untergeordneter Bedeutung sind. Wenn das der Fall sein sollte, kommt eine Zulassung von
Herzchirurgen nach wie vor nicht in Betracht. Vorrangig wären dann zur Verbesserung der
ambulanten Versorgung der Versicherten auf dem Gebiet der Herzchirurgie geeignete
Krankenhausärzte auf der Grundlage des § 116 SGB V für einzelne, genau definierte,
ambulant durchführbare Eingriffe zu ermächtigen.
33 Der Senat hat in seinen Urteilen zur Sonderbedarfszulassung vom 5.11.2008 und vom
heutigen Tag daran festgehalten, dass eine solche nur zu erteilen ist, wenn der besondere,
durch die niedergelassenen Vertragsärzte nicht hinreichend abgedeckte Behandlungsbedarf
die Führung einer tragfähigen vertragsärztlichen Praxis ermöglicht. Einzelne
Versorgungslücken können durch Ermächtigungen geeigneter Krankenhausärzte
geschlossen werden (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 3 RdNr 25, auch zur Veröffentlichung in
BSGE vorgesehen; ebenso Senatsurteil vom heutigen Tag - B 6 KA 34/08 R - RdNr 20 ff, zur
Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Das gilt sinngemäß auch für die
Zulassung von Arztgruppen, deren Angehörige allenfalls einzelne Leistungen aus ihrem
Fachgebiet ambulant erbringen können. Jede Vollzulassung eines Arztes führt - jedenfalls in
Planungsbereichen mit Zulassungsbeschränkungen für fachlich benachbarte Fachgebiete -
zu Verwerfungen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Ärzte, die mit dem genuin zu
ihrem speziellen Fachgebiet (Herzchirurgie) gehörenden Leistungen eine wirtschaftlich
tragfähige Praxis nicht führen können, Leistungen aus dem Gebiet der allgemeinen Chirurgie
oder der Kardiologie anbieten, die nicht immer trennscharf als fachfremd abzugrenzen sein
mögen, für die aber gleichwohl wegen der bestehenden Überversorgung in den Bereichen
Chirurgie und Innere Medizin (Schwerpunkt Kardiologie) kein zusätzlicher Bedarf besteht.
34 Die Heranziehung der für Sonderbedarfszulassungen in Abgrenzung zu
Einzelermächtigungen entwickelten Maßstäbe auch für die Beurteilung der generellen
Zulassungsfähigkeit einer spezialisierten Arztgruppe ist sachgerecht. Das beruht vor allem
auf dem engen Zusammenhang zwischen der Zulassungsfähigkeit einer Arztgruppe und den
Regeln der Bedarfsplanung. Wenn sich ergibt, dass Herzchirurgen nach den oben näher
dargelegten bundesrechtlichen Vorgaben zugelassen werden können, muss der GBA darauf
im Rahmen seiner Verantwortung für die Bedarfsplanung reagieren. Soweit im EBM-Ä eine
ausreichende Zahl von Leistungen verzeichnet ist, die die Basis für eine wirtschaftlich
tragfähige vertragsärztliche Praxis ausschließlich für Herzchirurgie bilden, muss unter
Bedarfsplanungsaspekten geprüft werden, von welcher Arztgruppe diese Leistungen bisher
erbracht worden sind (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 3 RdNr 24 f und Senatsurteil vom
heutigen Tag, B 6 KA 34/08 R - RdNr 19 f zu einer vergleichbaren Fragestellung beim
Sonderbedarf). Sind das Arztgruppen, die der Bedarfsplanung unterliegen (zB Chirurgen),
liegt es nahe, die Herzchirurgen planungsrechtlich den Chirurgen zuzuordnen, wie dies dem
Wortlaut der ÄBedarfsplRL bis zum Änderungsbeschluss des GBA vom 19.7.2005 zu
entnehmen war. Soweit dann in einzelnen - nach der jetzigen Planungsrealität mutmaßlich
in den meisten - Planungsbereichen eine Überversorgung für die Arztgruppe der Chirurgen
festzustellen sein sollte, könnten Herzchirurgen zusätzlich nur unter den Voraussetzungen
eines Sonderbedarfs nach § 24 Satz 1 Buchst b ÄBedarfsplRL zugelassen werden. Die
Voraussetzungen einer solchen Zulassung würden sich dann nach den vom Senat ua in den
genannten Urteilen vom 5.11.2008 und vom heutigen Tag entwickelten Maßstäben
beurteilen.
35 Der Anwendung der zur Sonderbedarfszulassung entwickelten Prüfungsmaßstäbe auf die
systematisch vorrangige Klärung der Zulassungsfähigkeit einer spezialisierten Arztgruppe
steht nicht entgegen, dass der unmittelbar aus § 95 Abs 2 SGB V und mittelbar aus Art 12
Abs 1 GG abzuleitende Zulassungsanspruch des Arztes zunächst unabhängig davon zu
beurteilen ist, ob Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind oder angeordnet werden
könnten. Die generelle Zulassungsfähigkeit von Herzchirurgen hängt nicht davon ab, ob sie
sich in einem Planungsbereich niederlassen wollen, der für alle Facharztgruppen gesperrt
ist, oder in einem, für den generell keine Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind. Das
schließt indessen nicht aus, rechtliche Gesichtspunkte, die im Rahmen der Bedarfsplanung
von Bedeutung sind, auch bei der Klärung der Zulassungsfähigkeit von Arztgruppen im
Kontext der vertragsärztlichen Versorgung nach § 73 SGB V heranzuziehen.
36 Die Einbeziehung von Erwägungen aus dem Bedarfsplanungsrecht bei der Beurteilung der
Zulassungsfähigkeit von Arztgruppen ist schließlich auch deshalb sachgerecht, weil sich die
Herzchirurgie ähnlich wie die Unfallchirurgie und die Plastische Chirurgie aus der
Allgemeinen Chirurgie als Mutterfach entwickelt hat. Herzchirurgische Leistungen sind
ebenso wie Leistungen der Plastischen Chirurgie, die unter dem Aspekt der Fachfremdheit
Gegenstand des Senatsurteils vom 2.4.2003 gewesen sind, auch schon vor Etablierung
dieser Spezialgebiete als eigenständige Fachgebiete im Sinne des Weiterbildungsrechts
erbracht worden (vgl BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 5 RdNr 16 ff) . Das Verhältnis zwischen
Mutter- und Tochterfach beeinflusst nicht nur die Abgrenzung der Fachgebiete, sondern auch
die Zulassung entsprechend weitergebildeter Ärzte selbst. Wenn sich aus einem der
wichtigsten und ältesten Fächer der Medizin Unterdisziplinen auf dem Weg über
Schwerpunkts- und Teilgebietsbezeichnungen schließlich - im Zuge der immer weiter
fortschreitenden Spezialisierung - zu eigenen Fachgebieten verselbstständigen, muss in
Bezug auf den Gegenstand der Inhalte der vertragsärztlichen Versorgung zu jedem Zeitpunkt
dieses dynamischen Prozesses geklärt werden, ob für einen auf das neue Spezialgebiet
beschränkten Arzt schon ein hinreichend breites Betätigungsfeld in der ambulanten
Versorgung der Versicherten besteht. Dass insoweit auch wirtschaftliche Erwägungen eine
Rolle spielen dürfen, kann nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur
Fachfremdheit der Kernspintomographie für Orthopäden (BVerfG SozR 4-2500 §
135 Nr 2 RdNr 16 zu BSG SozR 3-2500 § 135 Nr 16) nicht mehr in Frage gestellt werden.
Der Gesetzgeber darf berücksichtigen, dass für Ärzte, die trotz ihrer Zulassung auf ihrem
Fachgebiet keine wirtschaftlich tragfähige vertragsärztliche Praxis führen können, Anreize
bestehen, die Fachgebietsgrenzen nicht konsequent zu beachten oder zu
Leistungsverlagerungen vom stationären in den ambulanten Sektor im Widerspruch zu den
gesetzlichen Vorgaben beizutragen.
37 d) Die mithin erforderlichen Klärungen zur abschließenden Beurteilung der
Zulassungsfähigkeit der Herzchirurgen bewegen sich auf rechtlichem und auf tatsächlichem
Gebiet. Welche Leistungspositionen des EBM-Ä von Herzchirurgen erbracht werden können
und ggf dürfen, ist eine Rechtsfrage, die der Senat beantworten kann. Wie oft die überhaupt
für Herzchirurgen in Betracht kommenden Leistungen derzeit tatsächlich abgerechnet
werden und in welcher Quote das im Rahmen ambulanter Behandlungen erfolgt, ist ein
tatsächlicher Umstand, den der Senat nicht aufklären kann. Dasselbe gilt für die - unter
Umständen nur nach sachverständiger Beratung zu entscheidende - Frage, ob die
ambulante Leistungserbringung bei den (unterstellt) im EBM-Ä aufgeführten
herzchirurgischen Leistungen jeweils unter dem Gesichtspunkt des Patientenwohls dem
aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft entspricht. Insoweit kommt möglicherweise
der Auffassung der medizinischen Fachgesellschaften Bedeutung zu; deren
Stellungnahmen kann das Revisionsgericht nicht einholen.
38 Zu alledem hat das LSG - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine
Feststellungen iS des § 163 SGG getroffen. Das nötigt zur Zurückverweisung. Wegen der
noch notwendigen Sachaufklärung sieht der Senat davon ab, einzelne rechtliche
Bewertungen in diesem Stadium des Verfahrens vorab vorzunehmen und damit das LSG
nach § 170 Abs 5 SGG insoweit zu binden, bevor die notwendigen tatsächlichen
Feststellungen getroffen sind. Der Rechtsstreit wird deshalb insgesamt nach § 170 Abs 2
Satz 2 SGG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen.
39 Das LSG wird bei seiner neuen Entscheidung auch über die Kosten des
Revisionsverfahrens zu befinden haben.