Urteil des BSG vom 03.11.1999

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Bundessozialgericht
Urteil vom 03.11.1999
Sozialgericht Koblenz
Landessozialgericht Rheinland-Pfalz
Bundessozialgericht B 3 P 3/99 R
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 4. Februar 1999 wird
zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Die Klägerin begehrt von der beklagten Pflegekasse die Übernahme der Kosten für einen elektrisch betriebenen
Rolladen und eine elektrisch betriebene Markise, hilfsweise die Bezuschussung dieser Gegenstände.
Die 1940 geborene und bei der Beklagten pflegeversicherte Klägerin leidet an Multipler Sklerose. Die Beklagte gewährt
ihr Pflegegeld nach der Pflegestufe I. Die Klägerin bewohnt allein ein Einfamilienhaus, bei dem sich Küche und
Wohnzimmer im Erdgeschoß befinden. Die Pflege erfolgt morgens und abends durch den Sohn der Klägerin sowie
durch eine Nachbarin. Im Frühjahr 1996 beantragte die Klägerin die Übernahme der Kosten für die Umrüstung aller
Rolläden ihres Hauses sowie für eine Markise auf Elektroantrieb. Der medizinische Dienst der Krankenversicherung
hielt den Einbau eines elektrisch betriebenen Rollos im Wohn- und Schlafraum für erforderlich, weil die Klägerin
aufgrund ihrer pflegebegründenden Erkrankung ein handbetriebenes Rollo nicht bedienen könne. Die Fenster der
betreffenden Räume lägen zur Südseite hin, so daß bei Sonneneinstrahlung Bedarf bestehe, diese Räume tagsüber
abzudunkeln. Die Pflegeperson sei nicht ständig anwesend. Die Klägerin sei deshalb darauf angewiesen, die Rolläden
selbst zu bedienen. Die Beklagte bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 11. Juli 1996 nur die Ausstattung des Wohn-
und Schlafzimmers mit elektrisch betriebenen Rolläden und übernahm von den Kosten 3.008 DM; die Klägerin hatte
einen restlichen Eigenanteil von 334 DM zu tragen.
Im Januar 1997 beantragte die Klägerin erneut die Übernahme der Kosten für die Umrüstung des Rolladens in der
Küche und der Markise auf Elektroantrieb. Der von Ihr vorgelegte Kostenvorschlag belief sich auf insgesamt 1.914,75
DM. Die Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 13. Februar 1997 und Widerspruchsbescheid vom 11.
September 1997), weil ein elektrischer Rolladenantrieb nicht in das Pflegehilfsmittelverzeichnis aufgenommen worden
sei, so daß eine Leistungsgewährung nach § 40 Abs 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) ausscheide. Auch
eine Bezuschussung der Kosten nach § 40 Abs 4 SGB XI komme nicht in Betracht. Es sei nicht ersichtlich, daß
durch den Einbau die häusliche Pflege erleichtert oder ermöglicht oder eine möglichst selbständige Lebensführung
wiederhergestellt werde. Die elektrischen Antriebe seien Zusatzeinrichtungen für den Sonnenschutz und ebenso wie
dessen Anschaffung den allgemeinen Lebenshaltungskosten zuzurechnen.
Die hiergegen gerichtete Klage blieb in den Vorinstanzen ohne Erfolg (Urteil des Sozialgerichts (SG) vom 28. Mai
1998 und Urteil des Landessozialgerichts (LSG) vom 4. Februar 1999). Das LSG hat zur Begründung im wesentlichen
ausgeführt, die von der Klägerin begehrten Umrüstungen eines Rolladens und einer Markise auf Elektrobetrieb
könnten nicht als technische Pflegehilfsmittel iS von § 40 Abs 1 Satz 1 SGB XI angesehen werden. Technische
Hilfsmittel seien nur solche Gegenstände, die unabhängig von der konkreten Wohnsituation des Pflegebedürftigen
verwendet werden könnten. Außerdem setze die Qualifizierung als Pflegehilfsmittel voraus, daß es sich um einen
Gegenstand handele, der direkten Einfluß auf die Pflege des Versicherten habe, indem er der Pflegeperson die Pflege
erleichtere oder es dem Pflegebedürftigen ermögliche, bestimmte Tätigkeiten im Bereich Mobilität, Ernährung und
Körperpflege weiterhin zu verrichten. Diese Voraussetzungen seien im Hinblick auf die von der Klägerin begehrten
Gegenstände nicht gegeben. Eine Bezuschussung dieser Gegenstände nach § 40 Abs 4 SGB XI komme ebenfalls
nicht in Betracht. Der elektrisch betriebene Rolladen in der Küche diene nicht der Pflege der Klägerin, sondern ihrem
Schutzbedürfnis. Diesem könne aber auch dadurch Rechnung getragen werden, daß eine der Pflegepersonen, die
morgens und abends die Klägerin aufsuchten, den Rolladen in der Küche herauf- und herunter ließe. Auch die
elektrobetriebene Markise auf der Terrasse sei für eine selbständige Lebensführung der Klägerin nicht notwendig.
Mit der Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 40 Abs 1 SGB XI, hilfsweise von § 40 Abs 4 SGB XI. Bei
den beantragten Gegenständen handele es sich um technische Pflegehilfsmittel iS von § 40 Abs 1 SGB XI, weil sie
erforderlich seien, ihr eine selbständige Lebensführung zu ermöglichen. Zumindest seien es jedoch Maßnahmen zur
Verbesserung des Wohnumfeldes iS von § 40 Abs 4 SGB XI, die von der Beklagten zu bezuschussen seien.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 4. Februar 1999 und das Urteil des
Sozialgerichts Koblenz vom 28. Mai 1998 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. Februar 1997 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 11. September 1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die
elektrische Betätigung des Rolladens in der Küche und der Markise zu übernehmen, hilfsweise die Beklagte zu
verpflichten, über die Gewährung eines Zuschusses unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu
entscheiden.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet und war zurückzuweisen. Die Beklagte war nicht verpflichtet, den
bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 11. Juli 1996 teilweise nach § 44 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch -
zurückzunehmen - soweit er nämlich konkludent die Ablehnung weiterer Maßnahmen enthielt - und die von der
Klägerin erneut begehrte elektrische Umrüstung eines Rolladens in der Küche und einer Markise auf der Terrasse als
Pflegehilfsmittel zu gewähren oder als Maßnahme zur Verbesserung des Wohnumfeldes zu bezuschussen. Insoweit
war der frühere Bescheid rechtmäßig.
1. Der von der Klägerin begehrte Elektroantrieb für einen Rolladen und eine Markise ist kein Pflegehilfsmittel iS des §
40 Abs 1 SGB XI. Nach dieser Vorschrift haben Pflegebedürftige Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die
zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine
selbständigere Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der
Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind.
Von den in § 40 Abs 1 Satz 1 SGB XI aufgeführten Zielen, denen der Einsatz eines Pflegehilfsmittels dienen muß,
kommt im Hinblick auf die von der Klägerin begehrten Maßnahmen allein die Ermöglichung einer selbständigeren
Lebensführung in Betracht. Denn die weiteren in § 40 Abs 1 Satz 1 SGB XI aufgeführten Ziele - Erleichterung der
Pflege und Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen - können mit ihnen nicht erreicht werden. Die Revision
macht insoweit geltend, die selbständigere Lebensführung werde dadurch erreicht, daß die Klägerin nicht mehr
genötigt sei, andere Personen darum zu bitten, den Rolladen oder die Markise zu betätigen. Maßnahmen, die eine
selbständigere Lebensführung durch Verbesserung des Wohnumfeldes zum Ziel haben, scheiden jedoch als
Pflegehilfsmittel aus.
Allerdings enthält § 40 Abs 1 SGB XI in bezug auf das Ziel, dem Pflegebedürftigen durch die Versorgung mit einem
Hilfsmittel eine selbständigere Lebensführung zu ermöglichen, nach seinem Wortlaut keine weiteren Anforderungen an
die Einsatz- und Verwendungsmöglichkeiten des Hilfsmittels. Auch die Gesetzesmaterialien lassen insoweit keine
Einschränkungen erkennen (BT-Drucks 12/5262, S 113, zu § 36 des Entwurfs). Die Auffassung des LSG, im Hinblick
auf die Ermöglichung einer selbständigeren Lebensführung kämen nur solche Hilfsmittel in Betracht, die in den
Bereichen Mobilität, Ernährung und Körperpflege einsetzbar seien und dort zur Erhaltung der Selbständigkeit beitrügen
und unabhängig von der konkreten Wohnsituation Anwendung finden könnten, findet im Wortlaut des § 40 keine
Grundlage und läßt sich auch mit Sinn und Zweck der Regelung nicht begründen. Die Versorgung mit
Pflegehilfsmitteln dient, die Pflege ergänzend, dem Grundanliegen des SGB XI, es dem Pflegebedürftigen zu
ermöglichen, in seinem häuslichen Umfeld zu verbleiben, solange er dies wünscht und eine sachgerechte Pflege dort
durchführbar ist (§§ 2 Abs 1, 3 SGB XI). Zur Erreichung dieses Ziels ist eine Reduzierung des Hilfsmitteleinsatzes auf
die nur zur Feststellung des Pflegebedarfs maßgebenden wesentlichen Verrichtungen aus den Bereichen Mobilität,
Ernährung und Körperpflege weder im Gesetz angelegt noch sachgerecht. Der Gesetzgeber hat damit nicht unterstellt,
daß bei Pflegebedürftigen außerhalb dieser Verrichtungen kein weiterer Pflegebedarf vorhanden ist; ihm ist vielmehr
bewußt gewesen, daß die Leistungen der Pflegeversicherung die familiäre, nachbarschaftliche und sonstige
ehrenamtliche Pflege und Betreuung nur ergänzen (§ 4 Abs 2 SGB XI). Nach dem Wortlaut des § 40 Abs 1 SGB XI
dienen Hilfsmittel umfassend der Erleichterung der Pflege, also nicht nur der Grundpflege. Der Hilfsmitteleinsatz kann
für ein Verbleiben im häuslichen Bereich vor allem bei solchen Pflegebedürftigen von ausschlaggebender Bedeutung
sein, die nicht über eine ständig anwesende Pflegeperson verfügen, sondern ihre Pflege durch externe Pflegepersonen
bzw Pflegesachleistungen sicherstellen. Es liegt auf der Hand, daß gerade bei diesem Kreis von Betroffenen eine
eigenständige Lebensführung außerhalb der Betreuungszeiten nicht bereits bei Pflegeleistungen im Rahmen der in §
14 Abs 4 SGB XI aufgeführten Lebensbereiche gewährleistet sein kann.
Soweit das LSG als technische Pflegehilfsmittel nur solche ansieht, die unabhängig von der konkreten Wohnsituation
des Pflegebedürftigen einsetzbar sind, knüpft es an ein Kriterium an, das im Rahmen des § 33 Abs 1 SGB Fünftes
Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) bei der Hilfsmittelversorgung der Krankenversicherung maßgebend ist (vgl zuletzt
BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 30). Die dort zu den Zielen und Voraussetzungen der Hilfsmittelversorgung entwickelten
Grundsätze können allerdings auf die Versorgung mit Pflegehilfsmitteln nach § 40 Abs 1 SGB XI nicht ohne weiteres
übertragen werden. Die konkrete Wohnsituation hat im Rahmen des § 40 SGB XI einen ganz anderen Stellenwert als
bei § 33 SGB V. Der Pflegebedürftige soll - zur Vermeidung von Heimpflege - nach dem Grundanliegen des
Gesetzgebers grundsätzlich in seiner Wohnung verbleiben können und nicht in irgendeiner Wohnung, die seinen
Pflegebedürfnissen entspricht.
Die einschränkende Auslegung des LSG trifft im Ergebnis jedoch zu: Der behindertengerechte Umbau der Wohnung
und der dauerhafte Einbau von Geräten, die ein weitgehend selbständiges Wohnen des Pflegebedürftigen ermöglichen
sollen, sind keine (technischen) Pflegehilfsmittel im Sinn von § 40 Abs 1 und 3 SGB XI. Dies ergibt sich aus der
Abgrenzung von Abs 1 und Abs 4 des § 40 SGB XI. Für Maßnahmen, die der Verbesserung des Wohnumfeldes des
Pflegebedürftigen dienen, sieht das SGB XI in § 40 Abs 4 eine eigenständige und spezielle Regelung vor, die einen
Rückgriff auf § 40 Abs 1 SGB XI ausschließt (vgl auch Urteil des erkennenden Senats vom 3. November 1999, B 3 P
6/99 R). Die Frage, ob Elektroantriebe eines Rolladens und einer Markise auch bereits deshalb als technische
Pflegehilfsmittel nicht in Betracht kommen, weil es sich um Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens handelt,
bedurfte daher keiner Entscheidung.
2. Der Antrag der Klägerin ist auch in bezug auf den hilfsweise geltend gemachten Anspruch, die Umrüstung eines
Rolladens in der Küche und einer Markise auf Elektroantrieb gemäß § 40 Abs 4 SGB XI zu bezuschussen,
unbegründet. Nach § 40 Abs 4 SGB XI können die Pflegekassen Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen
Wohnumfeldes subsidiär bezuschussen. Nach den Feststellungen des LSG ist nicht zu erkennen, daß in bezug auf
die streitigen Maßnahmen ein vorrangig verpflichteter Leistungsträger in Betracht kommt, so daß die Beklagte
zuständig wäre.
Die Ablehnung des begehrten Zuschusses war jedoch nicht rechtswidrig, weil es an den tatbestandlichen
Voraussetzungen fehlte. Auf die Frage der fehlerfreien Ermessensausübung kommt es nicht an. Auch die in § 40 Abs
4 SGB XI geregelte Bezuschussung von Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes dient unter
anderem dem Ziel, die selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen so weit wie möglich wieder herzustellen bzw
- auch wenn dies nicht ausdrücklich erwähnt wird - zu erhalten (so auch BT-Drucks 12/5262, S 114). Das LSG
verkürzt deshalb den Anwendungsbereich der Regelung, wenn es von ihr nur Maßnahmen erfaßt sieht, die die von der
Pflegeperson zu erbringenden Pflegeleistungen ersetzt oder erleichtert oder eine Überforderung der Pflegeperson
verhindert. Das Ziel, die selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wieder herzustellen bzw zu erhalten, geht
uU über diesen Bereich hinaus; es setzt nicht in jedem Fall voraus, daß die Maßnahme eine Verrichtung iS des § 14
Abs 4 SGB XI betrifft. Deshalb können nicht generell Maßnahmen, die der "privaten Lebensführung" dienen,
ausgeschlossen werden, wie das LSG annimmt. Auch kann die pflegebedürftige Person nicht darauf verwiesen
werden, fremde Hilfe in Anspruch zu nehmen. Denn diese Maßnahmen sollen gerade dazu dienen, von fremder Hilfe
möglichst unabhängig zu werden.
Nach § 40 Abs 4 SGB XI steht die Gewährung von Zuschüssen zwar im Ermessen der Pflegekassen, wie sich hier
aus dem Wortlaut "können gewähren" sowie daraus ergibt, daß die Höhe nicht vorgeschrieben, sondern nur nach oben
begrenzt wird. Das Ermessen bezieht sich allerdings nicht schon darauf, was als "Maßnahme zur Verbesserung des
Wohnumfeldes" anzusehen ist. Hierbei handelt es sich vielmehr um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der
Überprüfung durch das Gericht unterliegt. Wenn eine Maßnahme den beschriebenen Zielen des Gesetzes entspricht,
hat die Pflegekasse kein Ermessen, eine Bezuschussung schon dem Grunde nach abzulehnen. Der in den
"Gemeinsamen Empfehlungen der Spitzenverbände der Pflegekassen zu den Maßnahmen zur Verbesserung des
Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen nach § 40 Abs 4 SGB XI" (vom 10. Juli 1995, abgedruckt bei Vollmer,
Pflegehandbuch, 4 PVB 03) aufgestellte Katalog von zuschußfähigen Maßnahmen kann daher nicht als abschließend
verstanden werden. Im Hinblick auf das von der Regelung verfolgte Ziel, die eigenständige Lebensführung des
Pflegebedürftigen in seiner Wohnung zu fördern, dürfen zB Wohnungssicherungsmaßnahmen nicht von vornherein als
nicht zuschußfähig ausgeschlossen werden, wie dies die Empfehlungen (Abschnitt II, 1.) vorsehen, weil ein äußerer
Schutz vor unbefugtem Eindringen Fremder zum Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art 13 Grundgesetz)
gehört, das bei staatlichem Handeln zu beachten ist.
Die Erforderlichkeit einer Maßnahme zur Ermöglichung der selbständigen Lebensführung des Pflegebedürftigen richtet
sich andererseits aber auch bei Wohnungssicherungsmaßnahmen nicht stets und vollständig nach den individuellen
Bedürfnissen und Lebensgewohnheiten des einzelnen Pflegebedürftigen. Maßgebend kann vielmehr nur ein üblicher
und durchschnittlicher Wohnungsstandard sein, wie sich aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot (§§ 4 Abs 3, 29 Abs 1
SGB XI) ergibt. Danach ist die Ausstattung aller ebenerdigen Zimmer eines Hauses mit Rolladen, Jalousien oder
Fensterläden nicht unverzichtbar, um einen ausreichenden Einbruchschutz zu gewährleisten. Derartige Vorrichtungen
zählen nicht zur Standardausstattung von Häusern bzw Wohnungen, sondern werden - als Einbruchschutz - je nach
dem unterschiedlich ausgeprägten Sicherungsbedürfnis der Bewohner angebracht.
Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, die Beklagte habe sich durch die Bewilligung eines Zuschusses für
den Elektroantrieb von Rolladen in ihrem Wohn- und Schlafraum bereits selbst gebunden. Abgesehen davon, daß hier
nicht die Frage einer Ermessensbindung durch früheres Verwaltungshandeln, sondern die Frage der
leistungsrechtlichen Voraussetzungen zu prüfen ist, die nicht durch eine frühere rechtswidrige Bewilligung beeinflußt
werden könnte, lag der ersten Zuschußgewährung auch ein anderer Zweck zugrunde: Die Umrüstung der Rolladen im
Wohn- und Schlafraum auf Elektroantrieb sollte es der Klägerin ermöglichen, bei intensiver Sonneneinstrahlung eine
zu große Erwärmung der Räume, in denen sie sich zwangsläufig aufhalten mußte, zu verhindern.
Der Hilfsantrag der Klägerin ist auch im Hinblick auf die Bezuschussung eines elektrischen Antriebs der Markise auf
der Terrasse unbegründet. Im Gegensatz zu der von der Beklagten bereits bezuschußten Umrüstung der Rolladen im
Wohn- und Schlafzimmer, die als Sonnenschutz dienen sollten, um einen erträglichen Aufenthalt der Klägerin in ihrer
Wohnung zu ermöglichen, ist der elektrische Antrieb der Markise auf der Terrasse zur elementaren Lebensführung im
häuslichen Bereich nicht erforderlich. Zwar dient auch diese Einrichtung der Verbesserung der Lebensqualität der
Klägerin, weil sie es ihr ermöglicht, sich ohne Inanspruchnahme fremder Hilfe bei starker Sonneneinstrahlung im
Freien aufzuhalten. Auch dieses Bedürfnis geht jedoch über durchschnittliche Anforderungen an den Wohnkomfort
hinaus, so daß dafür keine Mittel der Solidargemeinschaft in Anspruch genommen werden können.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.