Urteil des BSG vom 28.01.2004

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Bundessozialgericht
Urteil vom 28.01.2004
Sozialgericht Dortmund
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen
Bundessozialgericht B 6 KA 53/03 R
Die Revisionen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1., 2., 3., 4., 5. und 6. gegen das Urteil des
Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 9. April 2003 werden zurückgewiesen. Auf die Revision der Klägerin
wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordhrein-Westfalen vom 9. April 2003 geändert. Die Berufungen der
Beklagten und der Beigeladenen zu 1. gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 23. Juli 2002 werden in
vollem Umfang zurückgewiesen. Die Beklagte und die Beigeladenen zu 1., 2., 3., 4., 5. und 6. haben die
außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das Revisionsverfahren als Gesamtschuldner zu erstatten. Im Übrigen sind
Kosten nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Umstritten ist die Höhe des Punktwertes für die Vergütung psychotherapeutischer Leistungen.
Die in Steinfurt als Psychologische Psychotherapeutin zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung zugelassene
Klägerin wendet sich gegen den Honorarbescheid der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) für das Quartal
I/2000. Darin hatte die Beklagte in Anwendung des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 16. Februar 2000
"zur Festlegung der angemessenen Höhe der Vergütung ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Vertragsärzte und
-therapeuten gemäß § 85 Abs 4a SGB V" sowie auf Grund des § 11 Abs 1 ihres Honorarverteilungsmaßstabs (HVM)
die zeitgebundenen, genehmigungspflichtigen Leistungen nach Abschnitt G IV des Einheitlichen
Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) der Klägerin mit einem Punktwert von 8,2 Pf honoriert.
Für die übrigen psychotherapeutischen Leistungen belief sich der Punktwert auf 5,5 Pf im Primär- und 6,0 Pf im
Ersatzkassenbereich. Die Klägerin erhielt ein Gesamthonorar von 37.363,30 DM, davon 33.054,20 DM für
genehmigungspflichtige Leistungen nach Abschnitt G IV EBM-Ä.
Auf die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) die angefochtenen
Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, über die Höhe der vertragspsychotherapeutischen Vergütung der
Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Der Beschluss des
Bewertungsausschusses vom 16. Februar 2000 stehe mit höherrangigem Recht nicht in Einklang.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufungen der beklagten KÄV sowie der zu 1. beigeladenen Kassenärztlichen
Bundesvereinigung (KÄBV) mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte über den Honoraranspruch der
Klägerin für das Quartal I/2000 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts neu zu entscheiden
habe. Der Beschluss des Bewertungsausschusses vom 16. Februar 2000 sei rechtswidrig. Der Bewertungsausschuss
sei gemäß § 85 Abs 4 Satz 4 iVm Abs 4a Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) verpflichtet, den Inhalt der
Regelungen zu bestimmen, die in den Honorarverteilungsmaßstäben zur Vergütung der Leistungen der
Psychotherapeuten und der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zutreffen seien. Er habe dabei ein in
sich schlüssiges Rechenmodell des Bundessozialgerichts (BSG) vorgefunden, auf das er sich ausweislich der
Präambel seines Beschlusses vom 16. Februar 2000 bezogen habe. Daraus sei abzuleiten, dass Abweichungen von
diesem Rechenmodell des BSG begründungsbedürftig seien, ein eventuell abweichendes Regelungskonzept in sich
widerspruchsfrei sein müsse und die Psychotherapeuten nicht unangemessen benachteiligen dürfe. Diesen
Anforderungen werde der Beschluss des Bewertungsausschusses vom 16. Februar 2000 nicht gerecht.
Der Bewertungsausschuss weiche an zentralen Stellen von dem Rechenmodell des BSG ab. Das gelte zunächst für
die Bezugsgröße aller Berechnungen. Nicht den fiktiven Umsatz einer optimal ausgelasteten Praxis, sondern den
Durchschnittsumsatz psychotherapeutischer Praxen im Jahre 1998 habe der Bewertungsausschuss zu Grunde
gelegt. Rechtswidrig sei das Rechenwerk des Bewertungsausschusses weiterhin, soweit ein Kostensatz von weniger
als 40,2 % angesetzt werde. Der Bewertungsausschuss sei damit vom Berechnungsmodell des BSG sowie von
seinem eigenen, in Anlage 3 zu Abschnitt A I, Teil B EBM-Ä zum Ausdruck kommenden Normkonzept linearer
Kostensätze abgewichen. Dafür sei ein einleuchtender Grund nicht zu erkennen.
Bei der Neubescheidung müsse die Beklagte auf der Grundlage der neu zu treffenden Entscheidung des
Bewertungsausschusses gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 SGB V allerdings nicht ausnahmslos einen Punktwert von 10 Pf
für die zeitabhängigen und genehmigungspflichtigen Leistungen der Psychotherapeuten nach Abschnitt G IV EBM-Ä
gewährleisten. Der Bewertungsausschuss dürfe bei der Neufestlegung der für die einzelne KÄV verbindlichen
Grundsätze berücksichtigen, dass die Psychotherapeuten zusätzlich zu den Honoraren aus zeitgebundenen
genehmigungspflichtigen Leistungen auch sonstige Einnahmen aus der Behandlung von Versicherten der
Krankenkassen erzielen könnten. Die zwischenzeitlich im Wesentlichen abgeschlossene Einbeziehung der
Psychotherapeuten in die vertragsärztliche Versorgung und die auf Grund dessen nunmehr zur Verfügung stehenden
Erkenntnisse über die Leistungsstrukturen psychotherapeutischer Praxen erlaubten eine dahingehende Verfeinerung
der vom BSG entwickelten typisierenden Modellrechnung. Es sei davon auszugehen, dass etwa 85 % des
Honorarumsatzes der von dieser Modellrechnung begünstigten Therapeuten aus zeitgebundenen und
genehmigungspflichtigen Leistungen erzielt werde, während etwa 15 % aus sonstigen Leistungen stammen,
insbesondere aus der Erhebung des psychodynamischen Status nach Nr 860 EBM-Ä und probatorischen Sitzungen
nach Nr 870 EBM-Ä. Diese Leistungen ersetzten nicht zeitgebundene genehmigungspflichtige Leistungen, sondern
träten zu ihnen hinzu. Sie ermöglichten eine Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit und eine Steigerung des
Umsatzes. Deshalb reiche es zur Wahrung der Honorarverteilungsgerechtigkeit aus, wenn 85 % des für den vom BSG
erforderlich gehaltenen Honorarumsatzes von 224.460 DM mit dem aus zeitgebundenen genehmigungspflichtigen
Leistungen erzielbaren Gesamtleistungsbedarf von 2.244.600 Punkten erwirtschaftet würden. Unter dieser
Voraussetzung ergebe sich ein Punktwert von 8,5 Pf (Urteil vom 9. April 2003; Parallelentscheidung vom gleichen Tag
veröffentlicht in MedR 2003, 655).
Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Beklagten, der zu 1. beigeladenen KÄBV, der zu 2. bis 6.
beigeladenen Spitzenverbände von Krankenkassen sowie der Klägerin.
Die Beklagte und die Beigeladenen zu 1. bis 6. rügen eine fehlerhafte Anwendung des § 85 SGB V. Zu Unrecht habe
das Berufungsgericht den Beschluss des Bewertungsausschusses vom 16. Februar 2000 beanstandet. Dieser sei
nach den Maßstäben, die für die gerichtliche Prüfung von Normen im Bereich der vertragsärztlichen Selbstverwaltung
gelten würden, rechtmäßig. Dem Normgeber komme auch bei der nach § 85 Abs 4a Satz 1 SGB V zu treffenden
Entscheidung ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Insbesondere sei der Bewertungsausschuss nicht gehalten
gewesen, die Modellrechnung des BSG spiegelbildlich zu übernehmen und die der Modellrechnung zu Grunde
liegende Annahme des BSG aufzugreifen, bei psychotherapeutischen Praxen sei linear ein Kostensatz von 40,2 %
vom Umsatz zu veranschlagen. Ermittlungen hätten gezeigt, dass das Gericht nicht hinreichend berücksichtigt habe,
dass mit zunehmendem Umsatz der Kostenanteil gerade in psychotherapeutischen Praxen zurückgehe. Deshalb sei
es gerechtfertigt, den maximal berücksichtigungsfähigen Betrag der Praxiskosten auf 66.000 DM festzulegen. Nach
den Feststellungen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland beliefen
sich die Betriebsausgaben bei gut ausgelasteten psychotherapeutischen Praxen auf maximal 60.000 bis 65.000 DM
im Jahr.
Auch die Anknüpfung an Umsatzzahlen des Jahres 1998 sei nicht willkürlich. Aktuellere Daten hätten bei der
Beschlussfassung des Bewertungsausschusses zu Beginn des Jahres 2000 nicht vorgelegen. Der
Bewertungsausschuss habe den Umsatz einer fiktiv optimal ausgelasteten psychotherapeutischen Praxis anders als
das BSG berechnen dürfen. Er sei von dem realen Durchschnittsumsatz des Jahres 1998 ausgegangen und habe
diesen mit dem Faktor 1,47 (einfache Standardabweichung) multipliziert, um auf diese Weise der vom BSG
geforderten Vollauslastungshypothese Rechnung zu tragen. Im Ergebnis werde auch hier nicht einfach ein empirischer
Umsatz festgeschrieben, sondern durch Hochrechnung ein fiktiver Umsatz ermittelt und den weiteren Berechnungen
zu Grunde gelegt. Für dieses Berechnungsmodell sprächen ebenfalls plausible Erwägungen, sodass die normativen
Vorgaben nicht rechtswidrig seien. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass sich der Bewertungsausschuss bei der
Ermittlung der Standardabweichung auf die Hausärzte bezogen und nicht die Gruppe der Psychotherapeuten zu
Grunde gelegt habe, weil bei dieser die Standardverteilung auf Grund der großen Zahl von Teilzeittherapeuten nicht
aussagefähig sei. Da das BSG mehrfach die Umsatz- und Ertragssituation psychotherapeutischer Praxen mit
derjenigen von Hausärzten verglichen habe, sei die Heranziehung dieser Arztgruppe nicht willkürlich.
Die Beklagte und die Beigeladenen zu 1. bis 4. beantragen, das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen
vom 9. April 2003 insoweit aufzuheben, als dieses den Beschluss des Bewertungsausschusses vom 16. Februar
2000 zur "Festlegung der angemessenen Höhe der Vergütung ausschließlich psychotherapeutisch tätiger
Vertragsärzte und -therapeuten gemäß § 85 Abs 4a SGB V beanstandet hat, sowie das Urteil des Sozialgerichts
Dortmund vom 23. Juli 2002 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen sowie die Revision der Klägerin
zurückzuweisen.
Die Beigeladenen zu 5. und 6. beantragen, das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 9. April 2003
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 9. April 2003 abzuändern,
soweit dieses das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 23. Juli 2002 geändert hat, und insoweit die Berufungen
der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 23. Juli 2002 in vollem
Umfang zurückzuweisen, sowie die Revisionen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. bis 6. zurückzuweisen.
Die Klägerin beanstandet das Berufungsurteil nur insoweit, als es dem Bewertungsausschuss gestatte, von dem nach
den Vorgaben des BSG ermittelten Honorarumsatz des voll ausgelasteten Psychotherapeuten 15 % abzuziehen, und
einen Sollumsatz aus zeitgebundenen und genehmigungspflichtigen G-IV-Leistungen in Höhe von 190.800 DM an
Stelle von 224.460 DM ausreichen lasse. Es sei nach wie vor nicht gerechtfertigt, Umsätze aus anderen als
genehmigungsbedürftigen und zeitgebundenen Behandlungen auf den (fiktiv) erforderlichen Sollumsatz anzurechnen.
Die Vollauslastung einer psychotherapeutischen Praxis sei bei 35 bis 36 Therapiestunden (zu je 50 Minuten) erreicht;
dazu müssten auch die probatorischen Sitzungen gerechnet werden, auch wenn das BSG das bisher nicht
ausdrücklich so formuliert habe. Oberhalb dieser Grenze fielen typischerweise keine nennenswerten Umsätze aus
anderen abrechnungsfähigen psychotherapeutischen Leistungen an. Nach aktuellen Studien entfielen ca 29 % der
wöchentlichen Gesamtarbeitszeit auf nicht gesondert berechnungsfähige Leistungen, etwa im Bereich der Erstellung
von Schriftstücken uä. Daraus sei abzuleiten, dass für die Bewältigung von 35 bis 36 vollen Therapiestunden eine
Arbeitszeit von ca 50 Stunden wöchentlich aufzuwenden sei. Im Übrigen habe das LSG nicht hinreichend beachtet,
dass für die nicht genehmigungsbedürftigen und zeitgebundenen Leistungen kein Mindestpunktwert garantiert sei. Der
Punktwert für diese Leistungen sei in einigen KÄV-Bereichen gegen Null konvergiert. Jedenfalls könnten mit diesen
Leistungen allenfalls 15 % des gesamten Punktzahlvolumens, aber keinesfalls 15 % des Gesamthonorars
erwirtschaftet werden.
Die Beigeladenen zu 10., 11. und 12. schließen sich dem Antrag des Beigeladenen zu 2. an.
Die übrigen Beigeladenen äußern sich im Revisionsverfahren nicht.
II
Die Revisionen aller Revisionsführer sind zulässig. Das gilt auch für diejenige der Klägerin, soweit sie sich gegen die
Maßgabe wendet, die die Beklagte bei der Neubescheidung nach dem Urteil des LSG berücksichtigen muss. Durch
ein Bescheidungsurteil auf der Grundlage des § 131 Abs 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG), wie es das LSG hier getroffen
hat, kann eine Klägerin beschwert sein, wenn die Rechtsauffassung, die die Beklagte nach der Vorgabe des Gerichts
bei der Neubescheidung zu beachten hat, nicht derjenigen der Klägerin entspricht und sich diese Abweichung für sie
negativ auswirkt (vgl Senatsurteil vom 21. Oktober 1998 - B 6 KA 65/97 R - SozR 3-2500 § 85 Nr 27 S 191; s auch
Senatsurteil vom 16. Juli 2003 - B 6 KA 29/02 R -, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Das ist hier
der Fall. Nach den Berechnungen des LSG ergäbe sich ein Mindestpunktwert für die zeitgebundenen und
genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen der Klägerin von 8,5 Pf, wenn zu Grunde gelegt würde,
dass nur 85 % des vom BSG für erforderlich gehaltenen Honorarumsatzes von 224.460 DM aus dem
Gesamtleistungsbedarf von 2.244.600 Punkten erwirtschaftet werden müssten. Das bleibt erheblich hinter dem
Begehren der Klägerin zurück, die für diese Leistungen eine Vergütung mit einem Punktwert von 10 Pf fordert.
Die Revisionen der beklagten KÄV sowie der KÄBV und der Spitzenverbände von Krankenkassen (Beigeladene zu 1.
bis 6.) sind unbegründet. Die Revision der Klägerin erweist sich dagegen als begründet. Die Maßgabe, die die
Beklagte nach dem Urteil des LSG - abweichend vom erstinstanzlichen Urteil - bei der Neubescheidung zu
berücksichtigen hat, ist nicht gerechtfertigt.
Zu Recht haben die vorinstanzlichen Gerichte zunächst entschieden, dass die angefochtenen Honorarbescheide der
Beklagten rechtswidrig sind und die Klägerin beschweren.
Die gesetzlichen Grundlagen für die Honorierung der hier allein streitbefangenen zeitgebundenen und
genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen nach Abschnitt G IV EBM-Ä enthält § 85 Abs 4 Satz 4
SGB V (idF des zum 1. Januar 2000 in Kraft getretenen Art 1 Nr 36 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen
Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 - GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 - (GKVRefG 2000) vom 22. Dezember
1999, BGBl I 2626). Danach haben die einzelnen KÄVen in ihren Honorarverteilungsmaßstäben Regelungen zur
Vergütung der Leistungen der Psychotherapeuten und der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu
treffen, die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten. Den Inhalt dieser Regelungen
bestimmt gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Halbsatz SGB V (ebenfalls in der ab dem 1. Januar 2000 geltenden
Fassung) erstmalig zum 28. Februar 2000 der Bewertungsausschuss. (Ab dem 1. Januar 2004 gelten diese
Vorschriften in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-
Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14. November 2003 (BGBl I 2190). Diese stimmen - abgesehen von der
Erweiterung des Kreises der begünstigten Leistungserbringergruppen - mit der hier anzuwendenden Gesetzesfassung
im Wesentlichen überein.) Den Vorgaben der hier anzuwendenden Bestimmung des § 85 Abs 4 Satz 4 SGB V idF des
GKVRefG 2000 entsprechen die angefochtenen Bescheide nicht. Sie gewährleisten keine "angemessene" Höhe der
Vergütung je Zeiteinheit für Psychotherapeuten und ausschließlich psychotherapeutisch tätige Vertragsärzte.
Die Regelungen des § 85 Abs 4 Satz 4 und Abs 4a Satz 1 SGB V knüpfen an die Entscheidungen des BSG zur
Vergütung psychotherapeutischer Leistungen, die im Zeitraum bis Ende 1998 erbracht wurden, an. In dem Entwurf der
Regierungsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zu einem GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 vom 23.
Juni 1999 (BT-Drucks 14/1245) waren entsprechende Vorschriften noch nicht enthalten. Die Vergütung
psychotherapeutischer Leistungen wurde im Gesetzgebungsverfahren im Gesundheitsausschuss (Ausschuss-
Drucksache Nr 45 (§ 87a SGB V - E)) durch einen Änderungsantrag der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die
Grünen thematisiert, in dem die später als § 85 Abs 4 Satz 4 bzw Abs 4a Satz 1 SGB V Gesetz gewordenen
Textfassungen und ihre Begründung formuliert sind. In der Aussprache über diesen Antrag ist dieser von Vertretern
des Bundesministeriums für Gesundheit mit Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG zur Vergütung
psychotherapeutischer Leistungen aus dem Jahre 1999 erläutert und von einzelnen Abgeordneten mit Bezug auf diese
Rechtsprechung diskutiert worden (32. Sitzung des Bundestagsausschusses für Gesundheit am 27. Oktober 1999,
Protokoll S 7). Zuvor waren die Regelungen im Gesetzentwurf über die psychotherapeutische Versorgung unter
Einschluss der Vergütungsfragen Gegenstand einer Sachverständigenanhörung im Gesundheitsausschuss, bei der
auch die Auswirkungen der Urteile des BSG vom 20. Januar 1999 und 25. August 1999 angesprochen worden waren
(28. Sitzung vom 21. September 1999, Protokoll S 27, 28). Der Änderungsantrag der Regierungsfraktionen ging als
Ergänzung zum ursprünglich vorgesehenen § 87a SGB V in die Beschlussempfehlung des Bundestagsausschusses
für Gesundheit vom 3. November 1999 ein (BT-Drucks 14/1977 S 31) und wurde als § 85 Abs 4 Satz 4 bzw Abs 4a
Satz 1 SGB V Gesetz.
Für den Zeitraum bis Ende 1998 hat der Senat in seinen Urteilen vom 20. Januar 1999 (BSGE 83, 205 = SozR 3-2500
§ 85 Nr 29), 25. August 1999 (ua BSGE 84, 235 = SozR 3-2500 § 85 Nr 33) sowie vom 12. September 2001 (BSGE
89, 1 = SozR 3-2500 § 85 Nr 41) Grundsätze für die Vergütung psychotherapeutischer Leistungen entwickelt (vgl auch
Steinhilper, VSSR 2000, 349, 356; Rath, MedR 2001, 60, 61). Danach müssen die KÄVen im Hinblick auf das Gebot
der Honorarverteilungsgerechtigkeit (Art 12 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG)) durch Regelungen der
Honorarverteilung sicherstellen, dass die ärztlichen und nichtärztlichen Psychotherapeuten, die ausschließlich oder
ganz überwiegend die zeitgebundenen und genehmigungspflichtigen Leistungen nach Abschnitt G IV EBM-Ä
erbringen, ein angemessenes Honorar erzielen können. Das ist der Fall, wenn der erreichbare Honorarüberschuss dem
durchschnittlichen Überschuss einer vergleichbaren Arztgruppe ungefähr entspricht. Als in diesem Sinne vergleichbar
hat die Rechtsprechung für die Zeit bis Ende 1998 in erster Linie die Ärzte für Allgemeinmedizin herangezogen (BSGE
84, 235, 241 = SozR 3-2500 § 85 Nr 33 S 256). Damit hat das BSG auf den Umstand reagiert, dass in der
Vergangenheit die Punktwerte, die sich bei der Verteilung der Gesamtvergütung an die Vertragsärzte (§ 85 Abs 4 Satz
1 SGB V) ergeben, wegen der begrenzten Gesamtvergütung im Sinne des § 85 Abs 1 Satz 1 SGB V und eines
kontinuierlichen Anstiegs der Menge der abgerechneten Leistungen gesunken sind. Dieses Absinken des Punktwertes
hat in der Regel aber nur sehr begrenzte Auswirkungen auf den Überschuss aus vertragsärztlicher Tätigkeit, den die
einzelnen Arztgruppen erzielen können. Während nach den Angaben der beigeladenen KÄBV gegenüber dem SG die
durchschnittlichen Verteilungspunktwerte - bezogen auf alle Vertragsärzte und alle KÄVen in Deutschland - zwischen
1993 und 1999 von 9,68 Pf auf 7,80 Pf, also um ca 20 %, zurückgingen, fand ein vergleichbarer Rückgang weder
beim Umsatz aus vertragsärztlicher Tätigkeit noch beim Überschuss daraus statt. Das zeigt anschaulich die
Vergütungssituation der Allgemeinärzte/Praktischen Ärzte in den Jahren 1998 bis 2000. So lag ihr Honorarumsatz im
Jahr 1998 im Bundesgebiet insgesamt je Allgemeinarzt bei durchschnittlich 308.000 DM; der Überschuss belief sich
bei einem Betriebskostenanteil von 57,4 % auf 131.900 DM. Im Jahr 1999 betrug der Honorarumsatz 319.900 DM und
der Überschuss bei einem Betriebskostenanteil von ca 55,8 % ca 141.000 DM. Im Jahr 2000 erreichte der
Honorarumsatz 329.800 DM, der Überschuss bei einem Betriebskostenanteil von 55 % ca 148.000 DM (Grunddaten
zur Vertragsärztlichen Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, Hrsg: Kassenärztliche Bundesvereinigung,
1999, 2000, jeweils Tabellen D 4, D 7, 2001, Tabellen D 3, D 6). Daraus erhellt sich, dass bei den Allgemeinärzten in
der Vergangenheit sinkende Punktwerte nicht zu sinkenden Honorarüberschüssen geführt haben. Für die Mehrzahl der
anderen Arztgruppen gilt dasselbe. Das beruhte auch mit darauf, dass die Ärzte der meisten Arztgruppen die
Auswirkungen eines Punktwertverfalls auf den Gesamtumsatz durch Veränderungen bei den anderen für den Umsatz
maßgeblichen Faktoren, nämlich der Fallzahl (Fallzahlsteigerung) und der Leistungsmenge in den einzelnen Fällen
(Fallwerterhöhung) auffangen konnten und tatsächlich aufgefangen haben.
Die Psychotherapeuten unterscheiden sich bezogen auf die Leistungserbringung von der Mehrzahl der Arztgruppen
dadurch, dass sie fast nur Leistungen erbringen dürfen, die zeitgebunden sind und ganz überwiegend vorab von den
Krankenkassen genehmigt werden müssen (vgl BSGE 84, 235, 238, 243 = SozR 3-2500 § 85 Nr 33 S 253, 259).
Deshalb können sie im Kernbereich ihrer Tätigkeit die Menge der berechnungsfähigen Leistungen nicht bzw kaum
vermehren. Insbesondere die Festlegung einer starren Zeitvorgabe für die einzelne Leistung (50 Minuten je Leistung
nach Nr 871/872 EBM-Ä (tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie), 877 EBM-Ä (analytische Psychotherapie)
und 881/882 EBM-Ä (Verhaltenstherapie)) setzt der Ausweitung der Leistungsmenge sehr enge Grenzen.
Infolgedessen führte ein Absinken des Verteilungspunktwertes bei den Psychotherapeuten unmittelbar zu niedrigeren
Honorarüberschüssen. Diese Sondersituation gebot es, die Gruppe der Psychotherapeuten vor einem von ihr nicht
aufzufangenden Punktwertverfall zu schützen und ihr im Wege der Honorarverteilung Punktwerte in einer
Größenordnung zu garantieren, die ihr Überschüsse aus vertragsärztlicher Tätigkeit auf einem Niveau ermöglichte,
das ungefähr demjenigen anderer Arztgruppen entspricht.
Im Vergleich zum bisher von der Rechtsprechung zu beurteilenden Zeitraum bis Ende 1998 hat sich die Sachlage
allerdings verändert, ohne dass dadurch die Vergütungssituation der Psychotherapeuten wesentlich beeinflusst
worden ist. Die an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Institutionen sind der Ausweitung der Leistungsmenge
und einem damit einhergehenden Punktwertverfall auf vielfältige Weise entgegengetreten, so auf Bundesebene durch
Einführung von Teilbudgetierungen der abrechenbaren Leistungsmenge (ab Quartal III/1996) bzw die Einführung von
Praxis- und Zusatzbudgets (ab Quartal III/1997) im EBM-Ä (vgl dazu ua BSGE 89, 259, 260 ff = SozR 3-2500 § 87 Nr
34 S 188 ff; zuletzt BSG, Urteil vom 24. September 2003 - B 6 KA 31/02 R -, zur Veröffentlichung in SozR 4
vorgesehen). Auf regionaler Ebene haben die KÄVen in ihren HVMs durch unterschiedliche Maßnahmen dem
Ansteigen der abrechenbaren Leistungsmenge entgegengewirkt. Das geschah neben der Bildung von
Honorarkontingenten für die einzelnen Arztgruppen vor allem dadurch, dass der Anstieg der Zahl der zu vergütenden
Fälle begrenzt (dazu BSGE 89, 173 = SozR 3-2500 § 85 Nr 45) oder der einzelnen Praxis ein an ihrem
Leistungsumfang in früheren Jahren ausgerichtetes individuelles Leistungsbudget zugewiesen worden ist (s BSG,
Urteil vom 10. Dezember 2003 - B 6 KA 54/02 R -, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen). Auf diese
Weise wurde für die einzelnen Arztgruppen eine Stabilisierung der Gesamthonorarsituation erreicht, in deren Folge
sich im Wesentlichen gleich bleibende Honorarentwicklungen ergaben.
Eine dem vergleichbare Situation hat bei den Psychotherapeuten nie bestanden. Wegen der bereits dargelegten
Unterschiede in der Leistungserbringung durch die weitgehende Festlegung auf zeitgebundene und
genehmigungspflichtige Leistungen, verbunden zum Teil mit Auszahlungspunktwerten von deutlich unter 10 Pf, war
ihnen in der Vergangenheit in der Breite ein Heranwachsen auf ein Vergütungsniveau, das denen anderer Arzt- bzw
Therapeutengruppen entsprochen hätte, verwehrt. Daran hat sich auch für die Zeit ab dem Jahr 2000 nichts geändert,
sodass der Grundansatz der Rechtsprechung, nach der den Psychotherapeuten aus Gründen der
Honorarverteilungsgerechtigkeit ein Honorarniveau zu gewähren ist, das dem vergleichbarer Therapeutengruppen
entspricht, nach wie vor zutrifft.
Die - wie oben dargestellt - vom Gesetzgeber des GKVRefG 2000 aufgegriffenen Grundsätze der Rechtsprechung des
BSG für die Zeit bis Ende 1998 haben allerdings für die Vergütung der zeitabhängigen und genehmigungspflichtigen
Leistungen der Psychotherapeuten im Jahre 1999 nicht gegolten. Für dieses Jahr ist in Art 11 des Gesetzes über die
Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, zur Änderung
des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (Psychotherapeuten-Einführungsgesetz) vom 16. Juni
1998 (BGBl I 1311) das Ausgabevolumen für psychotherapeutische Leistungen in verfassungskonformer Weise
begrenzt worden. Damit war für diesen Zeitraum die Befugnis der KÄV aufgehoben, im Rahmen der Honorarverteilung
den Anteil der Gesamtvergütung festzulegen, der für die Honorierung psychotherapeutischer Leistungen aufzuwenden
ist (vgl BSGE 90, 111, 116 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 49 S 420 f).
Auch für den hier streitigen Zeitraum (Quartal I/2000) kann gegenüber der einzelnen KÄV nicht unmittelbar auf die
vom BSG zu § 85 Abs 4 SGB V idF des Gesundheitsstrukturgesetzes entwickelten Grundsätze zurückgegriffen
werden. Nach dem im Urteil vom 12. September 2001 (BSGE 89, 1, 3 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 41 S 330) bereits
dargestellten Regelungskonzept des GKVRefG 2000 ist die Sicherung einer angemessenen Vergütung für
psychotherapeutische Leistungen je Zeiteinheit in erster Linie dem Bewertungsausschuss aufgetragen worden. Dieser
soll im Interesse einheitlicher Vergütungsgrundsätze für psychotherapeutische Leistungen im ganzen Bundesgebiet
die maßgeblichen Vorgaben treffen. Er hat "den Inhalt" der von der einzelnen KÄV im Rahmen der Honorarverteilung
zu treffenden Regelungen zu bestimmen. Die vom Bewertungsausschuss vorgenommene Inhaltsbestimmung bindet
die einzelne KÄV. Dieses im Gesetz selbst angelegte Normkonkretisierungsprogramm würde ausgehöhlt, wenn jede
KÄV die Vorgaben des Bewertungsausschusses ändern könnte, oder wenn die Gerichte unter unmittelbarem
Durchgriff auf das Merkmal der "Angemessenheit" in § 85 Abs 4 Satz 4 SGB V ihre eigenen Prüfungsmaßstäbe
entwickeln und anwenden könnten (vgl insoweit Senatsurteil vom heutigen Tage im Verfahren B 6 KA 25/03 R, zur
Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen). Eine HVM-Regelung, die der vom Bewertungsausschuss durch Beschluss
vom 16. Februar 2000 (Beschluss gemäß § 87 Abs 1 SGB V zur Festlegung der angemessenen Höhe der Vergütung
ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Vertragsärzte und - therapeuten gemäß § 85 Abs 4a SGB V mit Wirkung
vom 1. Januar 2000, DÄ 2000, A-556; ergänzt durch Beschluss des Bewertungsausschusses vom 1. Dezember 2000,
DÄ 2000, A-3291) vorgegebenen Inhaltsbestimmung nicht entspricht, ist allein deshalb rechtswidrig und - weil es sich
um einen Akt der Normsetzung handelt - unwirksam. Eine unmittelbare Prüfung einer HVM-Regelung über die
Vergütung psychotherapeutischer Leistungen am Maßstab der "Angemessenheit" iS des § 85 Abs 4 Satz 4 SGB V
idF des GKVRefG 2000 ist mithin ausgeschlossen.
Damit ist das Prüfungsprogramm für Honorarbescheide über zeitgebundene und genehmigungspflichtige
psychotherapeutische Leistungen nach Abschnitt G IV EBM-Ä für die Zeit vom 1. Quartal 2000 bis zum 2. Quartal
2002 vorgegeben (für die Zeit danach gilt der Beschluss des Bewertungsausschusses nach § 85 Abs 4a zur
Festlegung der angemessenen Höhe der Vergütung ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Vertragsärzte und -
therapeuten mit Wirkung zum 1. Juli 2002, DÄ 2002, A-877): Derartige Honorarbescheide sind rechtmäßig, wenn die
einzelne KÄV die Vorgaben des Bewertungsausschusses im Beschluss vom 16. Februar 2000 in ihrem HVM korrekt
umgesetzt und die Vorschriften des HVM richtig angewandt hat. Weiterhin muss der Beschluss des
Bewertungsausschusses mit § 85 Abs 4 Satz 4 SGB V in Einklang stehen und insbesondere eine "angemessene"
Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten. Schließlich müssen die gesetzlichen Vorgaben des § 85 Abs 4 Satz
4 SGB V ihrerseits verfassungskonform sein, sich also insbesondere als zulässige Berufsausübungsregelung iS des
Art 12 Abs 1 GG erweisen. Ergibt sich auf allen Prüfungsstufen, dass Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der
jeweiligen Regelung nicht bestehen, ist ein Honorarbescheid rechtmäßig.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Gültigkeit der gesetzlichen Vorgaben für die Honorierung der
psychotherapeutischen Leistungen in § 85 Abs 4 Satz 4 SGB V und die Normsetzungsbefugnis des
Bewertungsausschusses gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 letzter Halbsatz SGB V bestehen nicht. Vergütungsregelungen
stellen Berufsausübungsregelungen dar, die gemäß Art 12 Abs 1 Satz 2 GG durch Gesetz oder auf Grund eines
Gesetzes möglich und nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des BSG rechtmäßig
sind, wenn ihnen vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls zu Grunde liegen und sie auch dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen. Soweit Regelungen die finanzielle Stabilität und Funktionsfähigkeit des
Systems der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten bzw verbessern sollen, dienen sie einem Gemeinwohlbelang
von erheblicher Bedeutung (stRspr des BVerfG und des BSG, vgl zB BVerfGE 103, 172, 184 f = SozR 3-5520 § 25 Nr
4 S 27; BSGE 82, 41, 45, 49 = SozR 3-2500 § 103 Nr 2 S 15, 19; BSGE 90, 111, 114 = SozR 3-2500 § 85 Nr 49 S
418; kritisch zuletzt Hufen, NJW 2004, 14). Der Gesetzgeber des GKVRefG 2000 hat die überwiegend aus
verfassungsrechtlichen Grundsätzen abgeleitete Rechtsprechung des BSG zur Vergütung psychotherapeutischer
Leistungen aufgenommen und sie normativ abgesichert. Eigene Vorgaben jenseits der Normierung der
"Angemessenheit" hat der Gesetzgeber nicht getroffen, sondern dies im Rahmen zulässiger Delegation der
Rechtsetzung dem Bewertungsausschuss (§ 87 Abs 1 SGB V) übertragen. Dass insoweit Verfassungsrecht verletzt
sein könnte, ist nicht ersichtlich. Die Beteiligten machen das im Übrigen auch nicht geltend.
Das Tatbestandsmerkmal der "angemessenen Höhe der Vergütung je Zeiteinheit" in § 85 Abs 4 Satz 4 SGB V ist im
Sinne der oben dargestellten bisherigen Rechtsprechung des BSG zu verstehen. Die Höhe der Vergütung je
Therapiestunde ist die entscheidende Berechnungsgröße in dem vom BSG entwickelten Modell für eine dem Gebot
der Gleichbehandlung mit anderen Gruppen von Leistungserbringern entsprechende Honorierung der
Psychotherapeuten. Aus Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte des § 85 Abs 4 Satz 4 SGB V ergeben
sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber von einem anderen Normverständnis ausgegangen ist.
Daraus ist zunächst abzuleiten, dass der Bewertungsausschuss im Rahmen der ihm in § 85 Abs 4a Satz 1 SGB V
übertragenen Konkretisierung der "Angemessenheit" nicht vorgeben musste, dass die Psychotherapeuten ein Honorar
in einer bestimmten absoluten Höhe je Zeiteinheit erhalten. Die Gesamtvergütung für die vertragsärztliche Versorgung
ist begrenzt, und alle an ihr teilnehmenden Leistungserbringer sind angemessen zu vergüten (§ 72 Abs 2 SGB V;
dazu näher BSGE 75, 187 = SozR 3-2500 § 72 Nr 5). Da sich die Vergütungsansprüche aller Gruppen von
Leistungserbringern gegenseitig beeinflussen, kann jede Gruppe nur beanspruchen, auf der Grundlage der von ihr
erbrachten Leistungen und der dafür abrechenbaren Punkte einen in Relation zu den Honoraransprüchen anderer
Gruppen von Leistungserbringern angemessenen Anteil zu erhalten (vgl BSG, Urteil vom 24. September 2003 - B 6
KA 41/02 R -, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen). Deshalb hat das BSG in seiner bisherigen Rechtsprechung
die Honoraransprüche der Psychotherapeuten beispielhaft mit denjenigen einer großen Arztgruppe, der
Allgemeinmediziner, verglichen, und die durch psychotherapeutische Tätigkeit im Rahmen der GKV maximal
erzielbaren Überschüsse an dem durchschnittlichen Ertrag einer allgemeinärztlichen Praxis ausgerichtet. Einem
Vertragspsychotherapeuten, der im vollen zeitlichen Umfang Versicherte der Krankenkassen behandelt, muss ein
Honorarüberschuss gewährleistet werden, der dem Durchschnittsüberschuss der Allgemeinärzte seiner KÄV
entspricht. Um dies zu ermöglichen, mussten die zeitgebundenen und genehmigungspflichtigen Leistungen der
Psychotherapeuten im Zeitraum bis Ende 1998 grundsätzlich mit einem Punktwert von 10 Pf vergütet werden (vgl
BSGE 89, 1, 2 = SozR 3-2500 § 85 Nr 41 S 328 mwN). Das BSG hat dabei stets hervorgehoben, dass den
psychotherapeutischen Leistungserbringern nicht auf Dauer und unabhängig von der Umsatz- und Ertragsentwicklung
im gesamten vertragsärztlichen Bereich ein Punktwert von 10 Pf (5,1 Cent) garantiert werden muss (BSGE aaO, 10 =
SozR aaO, S 336). Sollte die Entwicklung der vertragsärztlichen Vergütung in Zukunft zu einem generellen Rückgang
der Überschüsse aus vertragsärztlicher Tätigkeit führen, kann sich die Lage anders darstellen. Das
Gleichbehandlungsgebot (Art 3 Abs 1 GG) als zentraler Anknüpfungspunkt der bisherigen Rechtsprechung stellt keine
Handhabe dafür dar, ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte und Psychotherapeuten von dem Risiko eines
sinkenden Ertrags völlig freizustellen. Ein bestimmtes, in DM oder ¤ auszudrückendes Honorierungsniveau ist
deshalb den Psychotherapeuten weder generell noch je Zeiteinheit garantiert. Auch dieser Aspekt der bisherigen
Rechtsprechung beansprucht Geltung bei Konkretisierung und Anwendung des Merkmals der "Angemessenheit" in §
85 Abs 4 Satz 4 SGB V.
Das hat der Bewertungsausschuss bei seinem Beschluss vom 16. Februar 2000 ausweislich der Präambel nicht
anders gesehen und sich dort ausdrücklich auf die Rechtsprechung des BSG bezogen. Zu Recht weisen die
Revisionen darauf hin, dass aus der Ausrichtung der "Angemessenheit der Höhe der Vergütung je Zeiteinheit" im
Sinne der bisherigen Rechtsprechung des BSG nicht zwingend folgt, der Bewertungsausschuss sei kraft Gesetzes
gehalten gewesen, das Berechnungsmodell des BSG für die Zeit bis Ende 1998 für den Zeitraum ab dem 1. Januar
2000 uneingeschränkt zu übernehmen. Bei der Umsetzung des Regelungsauftrags gemäß § 85 Abs 4a Satz 1 letzter
Halbsatz SGB V kommt ihm die für jede Normsetzung kennzeichnende Gestaltungsfreiheit zu, wie er sie nach der
Rechtsprechung des Senats bei Erlass des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (§ 87 Abs 1 SGB V) für sich in
Anspruch nehmen kann (s BSGE 89, 259, 264 = SozR 3-2500 § 87 Nr 34 S 192, mwN; vgl auch BSGE 83, 205, 208
= SozR 3-2500 § 85 Nr 29 S 214 f hinsichtlich der punktzahlmäßigen Bewertung psychotherapeutischer Leistungen im
EBM-Ä). Daher führt die Tatsache, dass sich der Bewertungsausschuss bei der Inhaltsbestimmung für die HVM-
Regelungen nach § 85 Abs 4 Satz 4 SGB V teilweise von den Annahmen und Berechnungen des BSG gelöst hat, für
sich genommen nicht dazu, dass sein Beschluss rechtswidrig ist. Davon kann vielmehr nur ausgegangen werden,
wenn die Konkretisierung der "Angemessenheit der Höhe der Vergütung je Zeiteinheit" iS des § 85 Abs 4 Satz 4 SGB
V durch seinen Beschluss vom 16. Februar 2000 auch bei Beachtung der ihm zukommenden Gestaltungs- und
Konkretisierungsbefugnis den gesetzlichen Vorgaben und den aus dem verfassungsrechtlichen
Gleichbehandlungsgebot (Art 3 Abs 1 GG) abzuleitenden Anforderungen nicht mehr entspricht. Dies ist jedoch der
Fall. Das Berechnungsmodell des Bewertungsausschusses beruht auf strukturellen Fehlfestlegungen und kann
deshalb in seiner Umsetzung durch die KÄVen nicht zu einer angemessenen Vergütung der psychotherapeutischen
Leistungen führen. Sein Beschluss vom 16. Februar 2000 ist deshalb rechtswidrig.
Der Bewertungsausschuss hat in diesem Beschluss von der ihm kraft Gesetzes zukommenden Gestaltungsfreiheit
insofern keinen Gebrauch gemacht, als er davon abgesehen hat, für die Ermittlung des maßgeblichen Punktwertes
psychotherapeutischer Leistungen einen von der bisherigen Rechtsprechung des BSG prinzipiell abweichenden Weg
vorzugeben. Er hat vielmehr ausdrücklich die in der bisherigen Rechtsprechung herangezogenen Grundelemente der
Modellberechnung (erzielbarer Umsatz vollausgelasteter psychotherapeutischer Praxen, Kostenquote, Vergleich des
Durchschnittsüberschusses mit den Allgemeinärzten) aufgegriffen und seiner Entscheidung zu Grunde gelegt. In zwei
zentralen Punkten weicht der Beschluss jedoch von der Modellberechnung des Senats ab, und zwar hinsichtlich des
Umsatzes einer vollausgelasteten psychotherapeutischen Praxis und hinsichtlich der zu veranschlagenden
Praxiskosten. Beide Abweichungen wirken in dieselbe Richtung, nämlich iS einer Reduzierung des erforderlichen
Mindestpunktwertes für die zeitgebundenen und genehmigungspflichtigen Leistungen. Abweichungen von den
Modellberechnungen des BSG in anderer Richtung, also Annahmen, die im Gegenzug zu einer Erhöhung des
Punktwertes für die psychotherapeutischen Leistungen führen würden, enthält der Beschluss nicht.
Nach dem Beschluss des Bewertungsausschusses haben die KÄVen zunächst den Soll-Umsatz der
Psychotherapeuten festzulegen. Hierzu ist im Bereich der einzelnen KÄV das Durchschnittshonorar der
Psychotherapeuten im Jahre 1998 zu ermitteln. Da dieses Durchschnittshonorar bei nicht voller Auslastung
psychotherapeutischer Praxen erzielt worden ist, muss es auf eine voll ausgelastete psychotherapeutische Praxis
hochgerechnet werden. Hierfür gibt der Bewertungsausschuss vor, den Durchschnittsumsatz der Psychotherapeuten
mit einem Faktor zu multiplizieren, der in Anwendung der Gauß schen Normalverteilung bei der Gruppe der
Allgemeinärzte gewonnen worden ist. Dieser Faktor beträgt 1,47. Die Multiplikation des Durchschnittsumsatzes mit
diesem Faktor soll den Umsatz einer voll ausgelasteten psychotherapeutischen Praxis ergeben (Nr 2.3 und 2.4 des
Beschlusses vom 16. Februar 2000).
Diese Vorgehensweise ist in mehrfacher Hinsicht zu beanstanden. Soweit überhaupt für die Ermittlung eines fiktiven
Soll-Umsatzes an tatsächlich erzielte Umsätze angeknüpft werden kann, dürfen nur solche Umsätze zu Grunde gelegt
werden, die das Resultat einer rechtmäßigen Honorarverteilung sind. Das war bei der Vergütung der
psychotherapeutischen Leistungen im Jahre 1998 typischerweise nicht der Fall. Diese wurden in diesem Zeitraum
nicht - wie es nach den Entscheidungen des BSG erforderlich gewesen wäre - grundsätzlich mit einem Punktwert von
10 Pf vergütet. Die entsprechenden Entscheidungen des Senats, die einen Punktwert von grundsätzlich 10 Pf
festlegten, ergingen erst ab dem Jahre 1999. Der Beschluss des Bewertungsausschusses, der bei den
psychotherapeutischen Leistungen an das tatsächliche - und nicht an das rechtmäßige - Vergütungsniveau des
Jahres 1998 anknüpft, perpetuiert die rechtswidrigen Verhältnisse in die Folgezeit und vermindert auf diese Weise den
Vergütungsanspruch der Psychotherapeuten.
Die durchschnittlichen Honorarumsätze der Psychotherapeuten in den einzelnen KÄVen eignen sich auch aus einem
weiteren Grund prinzipiell nicht als Basis für die Ermittlung der Vollauslastung psychotherapeutischer Praxen. Sie
spiegeln die unterschiedliche Vergütungssituation in einzelnen KÄV-Bezirken und die regional sehr unterschiedliche
tatsächliche Auslastung der Praxen zu einem bestimmten, zufälligen Zeitpunkt wider. So belief sich nach den
Angaben der Beteiligten der Durchschnittsumsatz einer psychotherapeutischen Praxis im Jahre 1998 in Mecklenburg-
Vorpommern auf 52.923 DM, in Thüringen dagegen auf 161.414 DM, also auf mehr als das Dreifache. Daraus
errechnet sich nach der Vorgabe des Bewertungsausschusses die Vollauslastung eines Psychotherapeuten bei einem
Umsatz von 77.797 DM in Mecklenburg-Vorpommern und von 237.279 DM in Thüringen. Diese zufälligen und für eine
normativ zu bestimmende Vollauslastung unbrauchbaren Resultate beeinflussen nach dem Berechnungsmodell des
Bewertungsausschusses unmittelbar die Höhe des Punktwertes.
Nach dem Beschluss des Bewertungsausschusses ist der Durchschnittsumsatz psychotherapeutischer Praxen einer
KÄV im Jahr 1998 durch die Multiplikation mit dem Faktor 1,47 auf eine voll ausgelastete psychotherapeutische
Praxis hochzurechnen. Das Resultat ist der so genannte Sollumsatz. Dabei kann dahinstehen, ob das Heranziehen
des Faktors 1,47, der aus der Standardabweichung bei der Honorarverteilung der Allgemeinärzte hergeleitet worden
ist, übertragen auf die Auslastung psychotherapeutischer Praxen überhaupt aussagekräftig ist. Jedenfalls werden -
ausgehend von dem so ermittelten Sollumsatz - in Anwendung eines Kostensatzes von 40,2 % die jeweils regional
anfallenden durchschnittlichen Kosten festgelegt. Der durchschnittliche Honorarüberschuss der Allgemeinärzte
zuzüglich des regionalen Kostensatzes ergibt das Bruttohonorar der Psychotherapeuten in DM. Dieses wird durch die
Höchstauslastungspunktzahl von 2.244.600 Punkten dividiert. Auf diese Weise wird der KÄV-bezogene
Verteilungspunktwert festgelegt.
Die Anknüpfung an die tatsächlichen Umsätze der Psychotherapeuten bedingt damit zwangsläufig einen niedrigen
Verteilungspunktwert. Nach dem Modell des Bewertungsausschusses errechnet sich zB für Mecklenburg-
Vorpommern ein Punktwert von 6,33 Pf. Da nach den Angaben der Beteiligten der durchschnittliche Ertrag einer
allgemeinärztlichen Praxis in Mecklenburg-Vorpommern 1998 mit 110.766 DM sogar geringfügig höher war als in
Thüringen mit 108.492 DM, wird deutlich, wie ungeeignet dieses Rechenmodell unter dem Gesichtspunkt der
Gleichbehandlung von Psychotherapeuten und vergleichbaren Arztgruppen hinsichtlich der Ertragschancen ist. Ein
Psychotherapeut in Mecklenburg-Vorpommern müsste unter Anwendung eines um 20 % niedrigeren Punktwertes
einen höheren Umsatz aus vertragspsychotherapeutischer Tätigkeit erzielen als sein Kollege in Thüringen, um
ungefähr den gleichen Überschuss wie ein durchschnittlich erfolgreicher Allgemeinarzt aus seinem KÄV-Bezirk zu
erreichen.
Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang der Hinweis der Revisionsführer, dem Bewertungsausschuss hätten
aktuellere Umsatzzahlen als diejenigen des Jahres 1998 nicht zur Verfügung gestanden. Dieser Einwand soll den
Bedenken Rechnung tragen, die sowohl das Bundesministerium für Gesundheit als auch der Senat in seinem Urteil
vom 12. September 2001 (vgl BSGE 89, 1, 4, 7 = SozR 3-2500 § 85 Nr 41 S 331, 333 sowie Kleine-Cosack, PuR
2001, 105, 110) gegen die Anknüpfung an die Ist-Umsätze des Jahres 1998 erhoben bzw angedeutet haben. Normativ
zu niedrige punktzahlmäßige Umsätze aus einem bestimmten Zeitraum gewinnen ihre Eignung als Basisgröße für die
angemessene Vergütung je Zeiteinheit jedoch nicht allein deshalb, weil andere Zahlen nicht zur Verfügung stehen. Im
Übrigen haben die Revisionsführer als Partner des Bewertungsausschusses nicht nachvollziehbar begründet, warum
sie bei Akzeptanz der Vollauslastungshypothese des BSG den optimalen Umsatz psychotherapeutischer Praxen
überhaupt in Anknüpfung an reale Umsatzzahlen ermitteln wollen. Soweit zeitabhängige Leistungen in Rede stehen,
somit das diagnostische oder therapeutische Können oder die Schnelligkeit des einzelnen Arztes oder Therapeuten
bei einzelnen Behandlungen keine Rolle spielen, liefert der vom BSG gewählte Berechnungsansatz bei einem
rechnerisch zu ermittelnden Maximalumsatz ein zuverlässigeres Bild als die vom Bewertungsausschuss gewählte
Kombination von empirischer Durchschnittsermittlung und hausärztlicher Standardabweichung. Auch unter der
Geltung des § 85 Abs 4 Satz 4 SGB V idF des GKVRefG 2000 ist keine Alternative zu der vom BSG
vorgenommenen Berechnungsart für die Vollauslastung einer psychotherapeutischen Praxis erkennbar. Der Senat ist
davon ausgegangen, eine vollausgelastete psychotherapeutische Praxis könne 35 bzw 36 Stunden zeitgebundener
und genehmigungsbedürftiger Therapien erbringen und bei einer Bewertung der Therapiestunde mit 1.450 Punkten,
einem Punktwert von 10 Pf und einer Arbeitszeit von 43 Stunden pro Woche auf diese Weise einen Umsatz von
224.460 DM erzielen (BSGE 84, 235, 239 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 33 S 255). Der Bewertungsausschuss legt diesen
Wert unter dem Gesichtspunkt des fiktiven Leistungsbedarfs einer psychotherapeutischen Praxis ebenfalls zu Grunde
(Nr 2.8. des Beschlusses vom 16. Februar 2000).
Eine weitere strukturelle Fehlfestlegung ist in dem Beschluss des Bewertungsausschusses vom 16. Februar 2000
auch hinsichtlich der Ermittlung der Praxiskosten von Psychotherapeuten enthalten, und zwar insofern, als zunächst -
in Anlehnung an die Regelungen über das Praxisbudget in der bis zum 30. Juni 2003 geltenden Fassung des EBM-Ä -
von einem linearen Kostensatz von 40,2 % des Umsatzes ohne starre Obergrenze ausgegangen wird, die
ansatzfähigen Kosten dann aber der Höhe nach auf 66.000 DM begrenzt werden. Die Auswirkungen dieser
Obergrenze sind beträchtlich, wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 12. September 2001 näher dargelegt hat
(BSGE 89, 1, 4 = SozR 3-2500 § 85 Nr 41 S 330). Um den fiktiven Maximalumsatz iS der Modellberechnung des
Senats von 224.460 DM zu erreichen, bedarf es bei Annahme eines Kostensatzes von linear 40,2 % eines
Punktwertes von 10 Pf, während bei Annahme eines "oberen Grenzbetrages" der Praxiskosten in Höhe von 66.000
DM ein Punktwert von 8,9 Pf ausreichen würde. Bei Annahme eines oberen Grenzbetrages von 28.100 ¤, wie im
Beschluss des Bewertungsausschusses zur Festlegung der angemessenen Höhe der Vergütung ausschließlich
psychotherapeutisch tätiger Vertragsärzte und -therapeuten für die Zeit ab dem 1. Juli 2002 unter Nr 2.2.3
vorgesehen, wird die Differenz noch größer.
Die abweichende Beurteilung des Bewertungsausschusses und der Revisionskläger zu 1. bis 6. beruht in erster Linie
auf der Annahme, ein steigender und schließlich überdurchschnittlich hoher Umsatz aus zeitgebundenen und
genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen führe nicht zwangsläufig zu steigenden Praxiskosten.
Das Phänomen tendenziell rückläufiger Kostenquoten bei hohen Umsätzen aus vertrags(zahn)ärztlicher Tätigkeit ist
seit Jahren bekannt (vgl BSGE 89, 1, 8 = SozR 3-2500 § 85 Nr 41 S 334). Es hat den Bewertungsausschuss
gleichwohl nicht gehindert, für die Berechnung der bis zum 30. Juni 2003 geltenden Praxisbudgets nach Teil A I,
Abschnitt B II EBM-Ä einheitliche Kostenquoten für alle Arztgruppen ohne betragsmäßige Begrenzung und ohne
Differenzierung nach Umsatzklassen vorzugeben. Eine gewisse Korrektur im Rahmen der Festlegung der
Fallpunktzahlen für die Praxisbudgets erfolgte lediglich fallzahlbezogen, indem die Fallpunktzahl für Praxen mit
unterdurchschnittlicher Fallzahl angehoben und für Praxen mit überdurchschnittlicher Fallzahl abgesenkt wurde (vgl
zum Regelungsmechanismus näher Senatsurteil vom 24. September 2003 - B 6 KA 37/02 R -, zur Veröffentlichung in
SozR 4 vorgesehen). Hätte sich der Bewertungsausschuss auch im Rahmen der Inhaltsbestimmung gemäß dieses
Regelungskonzeptes bedienen wollen, hätte er der KÄV nach Umsatzgrößen variierende Punktwerte vorschreiben
müssen.
Ein struktureller Mangel der "Inhaltsbestimmung" gemäß § 85 Abs 4a Satz 1, letzter Halbsatz SGB V durch den
Beschluss des Bewertungsausschusses liegt ferner darin, dass bei den von ihm zum Vergleich herangezogenen
Allgemeinmedizinern ausdrücklich auf den in den Vorschriften über das Praxisbudget für diese Arztgruppe
festgesetzten Kostensatz von 59,3 % abgestellt wird (Nr 2.6 aaO), obwohl im Zeitpunkt der Beschlussfassung
bekannt war, dass der tatsächliche Kostensatz bei den Allgemeinmedizinern im Jahre 1998 in den alten
Bundesländern nur noch 56,3 % betragen hatte (Grunddaten, aaO, 2000, Tabelle D 9). Bei dem Berechnungsvorgang
zur Ermittlung des Durchschnittsüberschusses der Allgemeinärzte führt dies zu einem niedrigeren
Durchschnittsüberschuss, als er in 1998 tatsächlich erzielt wurde. Da der Durchschnittsüberschuss, wie dargestellt,
einer der Faktoren für die Berechnung des Soll-Umsatzes der Psychotherapeuten ist, wirkt sich das auf die Höhe des
KÄV-bezogenen Verteilungspunktwertes mindernd aus. Stellt man wie der Bewertungsausschuss zur Ermittlung des
Durchschnittsüberschusses der Vergleichsgruppe der Allgemeinärzte auf die tatsächlichen Verhältnisses des Jahres
1998 ab, hätten - um eine Benachteiligung der Psychotherapeuten zu vermeiden - im Rahmen dieses Vorgehens auch
die tatsächlichen Durchschnittskosten der Allgemeinärzte zu Grunde gelegt werden müssen. Zudem ist bei diesen -
im Gegensatz zur Festlegung der Kosten bei den Psychotherapeuten - kein oberer Praxiskostengrenzbetrag
vorgegeben und auch auf eine Differenzierung nach Umsatzklassen verzichtet worden. An diesem Ansatz hat der
Bewertungsausschuss in seinem Beschluss für die Zeit ab dem 1. Juli 2002 festgehalten (Nr 2.2.4., 6. Spiegelstrich).
Auch in diesen Berechnungsvorgaben manifestiert sich die unangemessene Benachteiligung der
psychotherapeutischen Leistungserbringer.
Der Bewertungsausschuss hat bei seiner Beschlussfassung schließlich den vom Senat mehrfach hervorgehobenen
Gesichtspunkt vernachlässigt, dass die Berechnungsvorgaben in den Urteilen vom 20. Januar 1999 und 25. August
1999 Modellcharakter haben. Diese Modellberechnungen basieren auf Fiktionen, die regelmäßig nicht in allen
Ausprägungen der Wirklichkeit entsprechen können. So dürfte es etwa kaum realistisch sein, dass ein
Psychotherapeut in 43 Wochen im Jahr kontinuierlich 35 bzw 36 genehmigungsbedürftige Einzeltherapiestunden
abhält, also weder durch plötzliche Terminabsagen von Patienten und Therapieabbrüche betroffen wird noch
seinerseits eine Therapiestunde wegen persönlicher Verhinderung verschieben muss. Zwar sind grundsätzlich
zahlreiche Arztgruppen von schwankendem Patientenzustrom betroffen, doch können Psychotherapeuten wegen der
strikten Zeitbindung des Gros ihrer Leistungen Phasen einer geringeren Inanspruchnahme der Praxis schlechter
kompensieren als etwa Hausärzte. Auch die Annahme eines für alle Praxen und Umsatzklassen einheitlichen
Kostensatzes von 40,2 % kann die Vielgestaltigkeit der Praxissituation nicht detailgetreu widerspiegeln. In der
Anlaufzeit einer Praxis, die in gemieteten Räumen betrieben wird und nur sehr langsam wächst, können die Kosten
zunächst durchaus den Umsatz übersteigen, während eine Praxis, die trotz eines besonders hohen Umsatzes im
Bereich von Empfang, Texterstellung und Abrechnung noch mit Aushilfskräften auskommt, tatsächlich eine
Kostenquote von weniger als 40,2 % aufweisen mag. Dass diese Quote bei der gebotenen und unvermeidlichen
Typisierung nicht realitätsfern ist, zeigt schon der Umstand, dass an ihr auch für die Ermittlung der Fallpunktzahlen
für das Praxisbudget bis zu deren Auslaufen am 30. Juni 2003 festgehalten worden ist und dass die empirisch für die
Zeit vor Inkrafttreten des Psychotherapeutengesetzes (PsychThG) ermittelten Durchschnittskostensätze nur ganz
geringfügig davon abwichen (vgl BSGE 89, 1, 8 = SozR 3-2500 § 85 Nr 41 S 335).
Wird unterstellt, dass in einer weit überdurchschnittlich umsatzstarken psychotherapeutischen Praxis ein(e)
Mitarbeiter(in) für alle Hilfs- und Assistenztätigkeiten eingesetzt und im Umfang lediglich einer halben Stelle
beschäftigt wird, fielen 2002 nach den Maßstäben des öffentlichen Dienstes Personalkosten in Höhe von ca 37.000
DM pro Jahr an. Die Personalkostenansätze des Bundesministeriums der Finanzen für das Jahr 2002 weisen für eine
in Gehaltsgruppe VII des BAT eingestufte Bürokraft ohne sog Personalgemeinkosten einen Jahresbetrag von 38.089
¤ aus (Tabelle 1c, Liste 5623 gemäß Schreiben des BMF vom 29. Oktober 2002 (II A 3 - H 1012 - 10-25/02)). Die
Hälfte davon beträgt 19.044,40 ¤, was ca 37.305 DM entsprochen hat. Damit bliebe für alle übrigen Praxiskosten ein
Betrag von weniger als 30.000 DM im Jahr ansatzfähig, was kaum realitätsgerecht sein dürfte. Der Einwand,
Personalkosten könnten für den Arbeitgeber "Arzt" oder "Psychotherapeut" nicht nach den Maßstäben des
öffentlichen Dienstes veranschlagt werden, greift demgegenüber nicht durch. Das Vergütungsniveau des öffentlichen
Dienstes wird auch in anderen Bereichen der Rechtsordnung modellhaft herangezogen, etwa bei Bemessung der
Entschädigung für den unfalltodbedingten Ausfall der Arbeitskraft einer Hausfrau und Mutter in der Familie nach § 844
Abs 2 Bürgerliches Gesetzbuch (vgl OLG Stuttgart, Versicherungsrecht 1993, 1536, 1537 unter ausdrücklichem
Hinweis auf die Einstufung der Ersatzkraft für den Haushalt nach BAT). Jedenfalls ist es unangemessen, im Rahmen
der Honorierung vertragsärztlicher Leistungen, die aus Beitragsmitteln der Sozialversicherung erfolgen,
Personalkosten nur in einer Höhe zu veranschlagen, die die Begründung eines beitragspflichtigen
Beschäftigungsverhältnisses mit Praxismitarbeitern faktisch ausschließt.
Entgegen einer in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung geäußerten Auffassung, auf die sich die Revisionsführer
zum Teil beziehen, reicht es nicht aus, dass der Abstand zwischen dem Honorarüberschuss durchschnittlicher
allgemeinärztlicher Praxen und demjenigen einer nach den Maßgaben der bisherigen Rechtsprechung des BSG
optimal ausgelasteten psychotherapeutischen Praxis die Grenze von 15 % möglicherweise nicht überschreitet (in
diesem Sinne jedoch SG Düsseldorf, Urteil vom 5. November 2003 - S 2 KA 142/02). Abgesehen davon, dass das SG
Düsseldorf in dem zitierten Urteil von einem oberen Grenzbetrag für ansatzfähige Praxiskosten bei einer optimal
ausgelasteten psychotherapeutischen Praxis von 66.000 DM ausgegangen ist, wird verkannt, dass hier schon im
Ausgangspunkt die Rechtsprechung des BSG zu hinnehmbaren Punktwertdifferenzen nicht herangezogen werden
kann (so auch Steinhilper, VSSR 2000, 349, 357). Nach dieser Rechtsprechung sind die KÄVen gehalten, korrigierend
einzugreifen, wenn bei festen Honorarkontingenten, die für verschiedene Leistungsbereiche gebildet werden, die
Punktwerte einer Arztgruppe für eine längere Zeit um 15 % oder mehr hinter dem Punktwert für den größten Teil der
sonstigen Leistungen zurückbleiben (zB BSGE 83, 1, 5 = SozR 3-2500 § 85 Nr 26 S 187). Dies gilt aber nur, wenn die
Ärzte dafür nicht verantwortlich sind, vielmehr zB eine Mengenausweitung auf Grund vermehrter Überweisungen durch
andere Vertragsärzte vorliegt. Dabei darf die KÄV eine gewisse Zeit abwarten und beobachten und muss nur
reagieren, wenn vom Umsatz her wesentliche Leistungsbereiche einer Arztgruppe betroffen sind.
Diese Gesichtspunkte können auf das Verhältnis von Psychotherapeuten und Allgemeinmedizinern hinsichtlich der
hier allein relevanten Chance, annähernd gleiche Praxisüberschüsse zu erzielen, nicht übertragen werden. Die
angesprochene erstinstanzliche Rechtsprechung läuft vielmehr darauf hinaus, dass die mit vollem Arbeitseinsatz des
Praxisinhabers geführte, optimal ausgelastete psychotherapeutische Praxis nicht die Chance haben muss, zumindest
das durchschnittliche Ertragsniveau allgemeinärztlicher Praxen zu erreichen. Dem Gleichbehandlungsgebot wäre
schon dann Genüge getan, wenn die genannte psychotherapeutische Praxis ein Niveau erreichen könnte, das um 15
% hinter demjenigen der Allgemeinmediziner zurückbliebe. Dafür ist eine Rechtfertigung nicht ersichtlich. Den
Psychotherapeuten muss es jedenfalls im typischen Fall möglich sein, bei größtmöglichem persönlichen Einsatz des
Praxisinhabers und optimaler Praxisauslastung zumindest den Durchschnittsüberschuss vergleichbarer Arztgruppen
zu erreichen. Eine andere Sicht würde die Modellberechnung des Senats hinsichtlich der "angemessenen Höhe der
Vergütung je Zeiteinheit" weiter zu Lasten der Psychotherapeuten verschieben. Diese müssen nach diesem Modell
bereits hinnehmen, dass die optimal ausgelastete psychotherapeutische Praxis gerade nicht mit einer ebenso optimal
ausgelasteten umsatzstarken allgemeinmedizinischen Praxis, sondern nur mit den Ertragsaussichten einer
durchschnittlichen Praxis verglichen wird (vgl BSGE 84, 235, 241 = SozR 3-2500 § 85 Nr 33 S 257). Insoweit ist der
Modellberechnung des BSG schon eine Begrenzung der Vergütungsansprüche der Psychotherapeuten immanent.
In der Modellberechnung des Senats zur Höhe der angemessenen Vergütung psychotherapeutischer Leistungen stellt
der Vergleichswert, nämlich der Überschuss der Arztgruppe der Allgemeinmediziner, eine Variable dar; denn dieser
Vergleichswert ist auf der Grundlage des in den einzelnen KÄVen tatsächlich erzielten Durchschnittsüberschusses
der Allgemeinärzte zu ermitteln. Grundsätzlich nicht zu beanstanden ist, dass der Bewertungsausschuss im
Beschluss vom 16. Februar 2000 für den Vergleichswert auf das Jahr 1998 zurückgegangen ist. Nur insoweit lagen zu
Beginn des Jahres 2000 aussagekräftige Daten bei den einzelnen KÄVen vor. Im Rahmen dieses
Berechnungsmodells ist es systemgerecht, für den Vergütungsanspruch der Psychotherapeuten im Jahr 2001 den
Durchschnittsüberschuss der Allgemeinärzte des Jahres 1999 zu Grunde zu legen. Diese Vorgehensweise ist
allerdings ab dem Jahre 2002 nicht mehr möglich, da seit dem als Vergleichsjahr heranzuziehenden Jahr 2000 die
Vergütung in eine hausärztliche und eine fachärztliche zu trennen ist (§ 87 Abs 2a Satz 4 SGB V). Deshalb verbietet
es sich für die Zeit ab dem 1. Januar 2002, die Vergütung der Psychotherapeuten, die den Fachärzten zuzurechnen
sind, an dem Durchschnittsüberschuss der Allgemeinärzte auszurichten. Für die Zeit ab 2002 wäre es nicht zu
beanstanden, wenn bei der Vergleichsberechnung der Durchschnittsüberschuss anderer - fachärztlicher - Arztgruppen
im unteren Einkommensbereich zu Grunde gelegt würde. Dabei könnte der Rückgriff auf die Arztgruppe der
Nervenärzte nahe liegen, da diese nach ihrem Leistungsspektrum am ehesten mit den Psychotherapeuten
vergleichbar ist. Sie umfasst die Neurologen, die Psychiater sowie diejenigen Ärzte, die beide Bezeichnungen führen
dürfen (vgl unter dem Aspekt der Bedarfsplanung BSG SozR 3-2500 § 101 Nr 3). Die Heranziehung einer von der
Behandlungsausrichtung passenden Arztgruppe im unteren Ertragsbereich ist nicht gleichheitswidrig. Soweit der
Bewertungsausschuss auf den Durchschnittsüberschuss der Nervenärzte abstellt, muss allerdings den
Besonderheiten dieser relativ kleinen und inhomogenen Arztgruppe als Vergleichsgruppe Rechnung getragen werden.
Zufallsergebnisse in einzelnen Quartalen, in denen der Überschuss dieser Arztgruppe signifikant hinter demjenigen
aller anderen Arztgruppen und hinter eigenen Vorjahres- bzw Vorquartalswerten zurückgeblieben ist, wie dies etwa in
einzelnen KÄV-Bezirken in den neuen Bundesländern der Fall war, dürfen nicht unmittelbar auf das Vergütungsniveau
der Psychotherapeuten durchschlagen. Die Psychotherapeuten können hingegen nicht beanspruchen, einen fiktiven
Durchschnittsüberschuss aller Arztgruppen erreichen zu können. Die Umsätze und Überschüsse aus
vertragsärztlicher Tätigkeit variieren seit Jahrzehnten, wenngleich mit abnehmender Tendenz. Solange der
Gesetzgeber der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen die Beseitigung dieser Unterschiede
nicht vorgibt, bildet ein fiktiver vertragsärztlicher Durchschnittsbetrag keine angemessene Vergleichsgröße.
Danach erweist sich der Beschluss des Bewertungsausschusses vom 16. Februar 2000 für den Zeitraum der Jahre
2000 und 2001 als rechtswidrig. Der Bewertungsausschuss muss eine Neuregelung für diesen Zeitraum treffen. Auf
dieser Grundlage hat dann die Beklagte erneut über den Honoraranspruch der Klägerin für das Quartal I/2000 zu
entscheiden. In der hier bestehenden besonderen Konstellation, dass nämlich das Vergütungsniveau einer Gruppe
von Leistungserbringern maßgeblich durch für die einzelne KÄV verbindliche Vorgaben des Bewertungsausschusses
beeinflusst wird (§ 85 Abs 4a Satz 1 SGB V), kann insoweit auch die Notwendigkeit einer Anpassung der
Gesamtvergütung bestehen. Die Partner der Gesamtverträge - Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigung -
werden berücksichtigen müssen, dass die auf der Grundlage des - nunmehr als rechtswidrig erkannten - Beschlusses
des Bewertungsausschusses vom 16. Februar 2000 für die psychotherapeutische Versorgung der Versicherten zur
Verfügung gestellten Gesamtvergütungsanteile zu niedrig veranschlagt worden sind. Auf der Basis einer geänderten
Rechtsgrundlage, wie sie vom Bewertungsausschuss zu schaffen ist, kann sich die Notwendigkeit ergeben, auch die
Höhe der Gesamtvergütung zu modifizieren.
Die Revision der Klägerin hat demgegenüber insoweit Erfolg, als das LSG im Rahmen seiner Ausführungen zu den
Maßgaben, die der Bewertungsausschuss bei seiner neuen Entscheidung auf der Grundlage des § 85 Abs 4a Satz 1
SGB V zu beachten hat, diesem die Möglichkeit eingeräumt hat, zu bestimmen, dass der Normumsatz des
vollausgelasteten Inhabers einer psychotherapeutischen Praxis von 224.460 DM nur zu 85 % aus zeitgebundenen und
genehmigungsbedürftigen Leistungen der großen Psychotherapie erwirtschaftet wird. Danach würde ein Punktwert von
8,5 Pf als Mindestpunktwert für diese Leistungen ausreichen, weil mit der Abrechnung von 2.244.600 Punkten zu
diesem Punktwert ein Umsatz von 190.800 DM, also 85 % des nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats
erforderlichen Umsatzes von 224.460 DM, erreicht werden könnte. Diesen Erwägungen ist jedoch nicht zu folgen.
Das LSG stützt seine Auffassung im Wesentlichen auf die von der beigeladenen KÄBV übermittelten statistischen
Unterlagen über die Abrechnungsergebnisse im Bereich der Psychotherapie in den Jahren 1999 bis 2001. Aus diesen
Unterlagen ergibt sich, dass der Anteil der zeitgebundenen und genehmigungspflichtigen Leistungen im Jahre 2001
am bundesweiten Gesamtumsatz in Punkten für alle von ärztlichen Psychotherapeuten, Psychologischen
Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten erbrachten Leistungen zwischen 70,0 % bei den
ärztlichen Psychotherapeuten und 82,8 % bei den Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten geschwankt hat. Der
Anteil der zeitgebundenen und genehmigungspflichtigen Leistungen an den insgesamt erbrachten Leistungen nach
Abschnitt G IV EBM-Ä hat in diesem Zeitraum zwischen 76,6 % bei den ärztlichen Psychotherapeuten und 89,8 %
bei den Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten divergiert. Diese Daten wie auch die auf ihnen beruhenden
Feststellungen des LSG iS des § 163 SGG beziehen sich jedoch auf die Anteile am Gesamtumsatz im gesamten
Bundesgebiet und nicht auf den einzelnen Leistungserbringer. Aus ihnen kann deshalb nicht allgemein abgeleitet
werden, dass die Verteilung zwischen dem Gesamtleistungsbedarf in Punkten, dem Leistungsbedarf für Abschnitt G
IV EBM-Ä insgesamt und speziell für die genehmigungspflichtigen Leistungen aus diesem Abschnitt beim einzelnen
Leistungserbringer dem entspricht. Insbesondere kann nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne ärztliche
Psychotherapeuten oder Ärzte für psychotherapeutische Medizin signifikant höhere Anteile an genehmigungsfreien
Leistungen und Psychologische Psychotherapeuten signifikant höhere Anteile an genehmigungspflichtigen Leistungen
aufweisen. Bei der Klägerin beläuft sich der Anteil der genehmigungspflichtigen Leistungen nach Abschnitt G IV an
ihrem Gesamthonorar jedenfalls auf knapp unter 90 %. Dabei entfallen von den insgesamt abgerechneten 473.850
Punkten 450.000 Punkte auf genehmigungspflichtige Behandlungsleistungen und auf probatorische Sitzungen nach Nr
870 EBM-Ä.
Selbst wenn indessen unterstellt wird, typischerweise könnten Psychotherapeuten 15 % ihres Gesamtumsatzes in
Punkten durch andere als genehmigungspflichtige Leistungen erbringen, also vor allem durch die Erhebung des
psychodynamischen Status nach Nr 860 EBM-Ä und durch probatorische Sitzungen nach Nr 870 EBM-Ä, die beide
zeitgebunden sind und jeweils 50 Minuten ausschließlicher Zuwendung des Therapeuten zum Patienten erfordern,
rechtfertigt das nicht den vom LSG zugelassenen Abzug vom fiktiven Maximalumsatz. Der Senat hat es stets
abgelehnt, die für die Zeit bis 1998 entwickelten Grundsätze für die zeitgebundenen und genehmigungspflichtigen
Leistungen nach Abschnitt G IV EBM-Ä auch auf andere psychotherapeutische Leistungen, insbesondere auf die
probatorischen Sitzungen nach Nr 870 EBM-Ä, auszuweiten (BSGE 84, 235, 244 = SozR 3-2500 § 85 Nr 33 S 260;
BSGE 89, 1, 10/11 = SozR aaO Nr 41 S 337 f; zustimmend Spellbrink in: Schnapp/Wigge (Hrsg), Handbuch des
Vertragsarztrechts, 2002, § 13 RdNr 70). Deshalb bedarf es besonderer Gründe, das aus derartigen Leistungen
potenziell erzielbare Honorar zu Lasten des Punktwertes für die von allen anderen ärztlichen Leistungen zu
unterscheidenden zeitgebundenen und genehmigungspflichtigen Behandlungsleistungen zu berücksichtigen. Der
Senat hat bereits dargelegt, dass mit 35 bzw 36 Therapiestunden zu je 50 Minuten nicht die gesamte Arbeitsleistung
eines Psychotherapeuten beschrieben wird (BSGE 84, 235, 240, 242 = SozR aaO Nr 33 S 255, 257). Nur wenn und
soweit es einem Psychotherapeuten möglich ist, neben diesen Leistungen und den damit unmittelbar verbundenen
Begleitleistungen wie dem Schreiben von Berichten und dem Erstellen von Gutachten noch weitere Leistungen
gegenüber Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringen und Privatpatienten zu behandeln, kann
er sein Ertragsniveau über den Durchschnitt der Arztgruppe der Allgemeinmediziner erhöhen. Eine derartige
Leistungsausweitung ist nach den vorliegenden Unterlagen nur einer geringen Zahl von Psychotherapeuten möglich.
Aus den Ergebnissen einer von der beigeladenen KÄBV vorgelegten Stichprobe aus dem Jahre 1999, also nach
Inkrafttreten des PsychThG, ist abzuleiten, dass von 338 erfassten Leistungserbringern lediglich 20 mehr als 30
Wochenstunden an Behandlungsleistungen aufzuweisen hatten, während 112 Psychotherapeuten zwischen 20 und 25
und 147 Psychotherapeuten zwischen 25 und 30 Behandlungsstunden angegeben haben. Sogar wenn in diese - nicht
repräsentative - Stichprobe Leistungserbringer einbezogen worden sind, die aus freier Entscheidung ihre Arbeitszeit
nicht bis zu der vom BSG angenommenen Vollauslastungsgrenze haben ausweiten wollen, zeigt sich doch, dass der
Kreis der Psychotherapeuten, die tatsächlich in der Lage sind, in mehr als 43 Wochen im Jahr mehr als jeweils 35
bzw 36 Einzeltherapiestunden neben den erforderlichen Begleitleistungen zu absolvieren, relativ klein ist. Auch dies
spricht dagegen, aus dem Umstand, dass theoretisch und in einzelnen Fällen auch tatsächlich Leistungen oberhalb
der vom Senat angenommenen Vollauslastungsgrenze erbracht und berechnet werden können, Schlussfolgerungen
für den Mindestpunktwert der zeitgebundenen und genehmigungspflichtigen Leistungen zu ziehen.
Der Bewertungsausschuss gesteht den nach seinen Vorgaben berechneten Mindestpunktwert den einzelnen
Leistungserbringern nur bis zu einer - der Rechtsprechung des BSG nachgebildeten - Vollauslastungsgrenze von
561.150 Punkten im Quartal bzw 2.244.600 Punkten im Jahr zu. In Ziffer 2.9 des Beschlusses vom 16. Februar 2000
ist ausdrücklich bestimmt, dass "dieser so festgelegte Mindestpunktwert nur für die zeitgebundenen antrags- und
genehmigungspflichtigen Leistungen des Abschnitts G IV des EBM-Ä bis zu einer Höhe von insgesamt 561.150
Punkten je Quartal und Arzt" gilt (vgl auch Steinhilper, VSSR 2000, 349, 361 f). Solange der garantierte
Mindestpunktwert auf diese Vollauslastung mit zeitgebundenen und genehmigungspflichtigen Leistungen nach
Maßgabe der Berechnungen des BSG begrenzt wird, muss auch der damit erzielbare Umsatz Ausgangspunkt der
Ermittlung des aus rechtlichen Gründen erforderlichen Punktwertes bleiben. Es würde die Psychotherapeuten
unangemessen benachteiligen, den ihnen zukommenden Mindestpunktwert auf (rechnerisch) 35 bzw 36
Therapiestunden pro Woche bei 43 Arbeitswochen im Jahr zu begrenzen, andererseits den damit erzielbaren Umsatz
in DM durch die potenzielle Berechnungsfähigkeit anderer Leistungen wieder zu reduzieren. Würde der
Mindestpunktwert für das Umsatzkontingent von 561.150 Punkten pro Quartal und Leistungserbringer nach der
Entscheidung des LSG um 15 % vermindert, so müsste ein Psychotherapeut zu den 35 bzw 36 Therapiestunden für
zeitgebundene und genehmigungspflichtige Leistungen zusätzlich mindestens fünf bis sechs einstündige Leistungen
nach Nr 860 bzw Nr 870 EBM-Ä je Woche erbringen, und diese müssten zumindest zu einem Punktwert oberhalb von
6 Pf honoriert werden, damit das durchschnittliche Ertragsniveau allgemeinärztlicher Praxen erreicht werden kann. Für
derartige Erwägungen ist unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der verschiedenen Arztgruppen im Hinblick
auf die Chance zur Erzielung von Überschüssen aus vertragsärztlicher bzw vertragspsychotherapeutischer Tätigkeit
keine Rechtfertigung ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden und hier noch
anzuwendenden Fassung (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 115 ff), § 194 SGG iVm § 100 Abs 4
Zivilprozessordnung.