Urteil des BSG vom 04.06.2014

BSG: Sozialgerichtliches Verfahren, Normenkontrollverfahren, Entscheidung über Gültigkeit von Satzungen nach § 22a SGB 2, Unwirksamkeit der Wohnaufwendungenverordnung Berlin, WAufwV BE

BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 4.6.2014, B 14 AS 53/13 R
Sozialgerichtliches Verfahren - Normenkontrollverfahren - Entscheidung über Gültigkeit von
Satzungen nach § 22a SGB 2 - Unwirksamkeit der Wohnaufwendungenverordnung Berlin -
WAufwV BE - Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze für Unterkunfts- und Heizkosten -
Unzulässigkeit der Bestimmung des Heizbedarfs anhand der rechten Spalte "zu hoch" des
bundesweiten Heizspiegels
Tenor
Die Revision des Antragsgegners gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-
Brandenburg vom 4. September 2013 - L 36 AS 1987/13 NK - wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat den Antragstellern die notwendigen außergerichtlichen Kosten des
Revisionsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
1 Gegenstand des Normenkontrollverfahrens ist die vom Senat des Landes Berlin, dem
Antragsgegner, erlassene "Verordnung zur Bestimmung der Höhe der angemessenen
Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten und Zwölften Buch
Sozialgesetzbuch" (Wohnaufwendungenverordnung - WAV, hier in der Fassung vom
3.4.2012, GVBl 99).
2 Mit dem Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und
Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (im Folgenden: RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) vom
24.3.2011 (BGBl I 453) räumte der (Bundes-)Gesetzgeber den Ländern bei materiell
ansonsten im Wesentlichen unveränderter Rechtslage zur Übernahme von Unterkunfts-
und Heizkosten die Befugnis ein, die Höhe der angemessenen Aufwendungen für
Unterkunft und Heizung iS von § 22 Abs 1 Satz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II)
zum Gegenstand kommunaler Rechtsetzung zu machen. Demgemäß können die Länder
die Kreise und kreisfreien Städte nach § 22a Abs 1 Satz 1 SGB II durch Gesetz
ermächtigen oder verpflichten, "durch Satzung zu bestimmen, in welcher Höhe
Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in ihrem Gebiet angemessen sind".
Entsprechendes gilt für die Länder Berlin und Hamburg, die (durch Landesgesetz)
bestimmen, "welche Form der Rechtsetzung an die Stelle einer nach Satz 1 vorgesehenen
Satzung tritt" (§ 22a Abs 1 Satz 3 SGB II).
3 Gestützt auf eine diese Befugnisse wahrnehmende Rechtsverordnungsermächtigung in §
8 des Gesetzes zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (im Folgenden:
AG-SGB II) des Landes Berlin (hier idF des Gesetzes vom 13.7.2011, GVBl 344) ist vom
Senat des Landes Berlin am 3.4.2012 mit Wirkung vom 1.5.2012 die im Streit stehende
WAV erlassen worden, die auszugsweise wie folgt lautet:
4
"§ 1
Anwendungsbereich
Diese Verordnung regelt, in welcher Höhe im Land Berlin Aufwendungen für Unterkunft
und Heizung angemessen im Sinne des § 22 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches
Sozialgesetzbuch sind. Die Regelungen erfolgen auf der Grundlage der §§ 22a bis 22c
des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch.
§ 2
Begriffsbestimmungen
(1) Zu den tatsächlichen Aufwendungen im Sinne des § 22 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten
Buches Sozialgesetzbuch für Mietwohnungen gehören die Nettokaltmiete, die kalten
Betriebskosten gemäß der Betriebskostenverordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S.
2346) in der jeweils geltenden Fassung, die Heizkosten, die
Warmwasserbereitungskosten, die nicht aufgrund dezentraler Warmwassererzeugung im
Sinne des § 21 Absatz 7 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch entstehen, und
sonstige mietvertraglich geschuldete Leistungen (Bruttowarmmiete). Ebenso gehören
dazu auch einmalig anfallende Nachzahlungen, die dem Bedarf für Unterkunft und
Heizung zuzuordnen sind.
(…)
§ 3
Datengrundlagen
(1) Die Bestimmung der angemessenen Wohnfläche gemäß § 22b Absatz 1 Satz 1
Nummer 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch erfolgt auf der Grundlage der
anerkannten Wohnraumgröße für Wohnberechtigte im sozialen Wohnungsbau und
ergänzend der Wohnungsbauförderungsbestimmungen.
(2) Die Bestimmung der angemessenen Höhe der Aufwendungen für die Unterkunft
gemäß § 22b Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch erfolgt
gemäß § 22c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch auf der
Grundlage des jeweils gültigen Berliner Mietspiegels als qualifiziertem Mietspiegel
gemäß § 558d BGB und der jeweils mit dem Berliner Mietspiegel veröffentlichten
Betriebskostenübersicht.
(3) Die Bestimmung der angemessenen Aufwendungen für die Heizung gemäß § 22b
Absatz 1 Satz 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch erfolgt auf der Grundlage des von
der co2online gGmbH in Kooperation mit dem Deutschen Mieterbund erstellten
bundesweiten Heizspiegels in der jeweils geltenden Fassung. Zur Ermittlung der
Erhöhung der Richtwerte für Wohnungen mit nicht dezentraler Warmwassererzeugung im
Sinne des § 21 Absatz 7 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch werden ebenfalls
die Werte des bundesweiten Heizspiegels zu Grunde gelegt.
(4) Die als angemessen anerkannte Wohnfläche und die Höhe der als angemessen
anerkannten Aufwendungen für die Unterkunft sind der Tabelle A der Anlage 1 zu dieser
Verordnung zu entnehmen. Die Höhe der als angemessen anerkannten Heizkosten sind
der Tabelle B der Anlage 1 zu dieser Verordnung zu entnehmen.
§ 4
Gesamtangemessenheitsgrenze
Auf der Grundlage des Konzepts zu dieser Verordnung wird gemäß § 22b Absatz 1 Satz
3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch eine Gesamtangemessenheitsgrenze gebildet.
Die Richtwerte für angemessene monatliche Bruttowarmmieten und für angemessene
monatliche Aufwendungen bei selbst bewohntem Wohneigentum sind der Tabelle A der
Anlage 2 zu dieser Verordnung zu entnehmen. Wird der Wohnraum mit anderen als in der
Tabelle A der Anlage 2 zu dieser Verordnung genannten Heizenergieträgern beheizt,
sind die nach Bedarfsgemeinschaftsgröße und Gebäudefläche höchsten maßgeblichen
Richtwerte zu Grunde zu legen. Erfolgt die Warmwassererzeugung nicht dezentral im
Sinne des § 21 Absatz 7 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch, ist der Richtwert
nach der Tabelle A der Anlage 2 zu dieser Verordnung um den entsprechenden Zuschlag
nach der Tabelle B der Anlage 2 zu dieser Verordnung zu erhöhen.
(…)
§ 6
Besondere Bedarfe für Unterkunft und Heizung
zur Bestimmung der individuellen Angemessenheit
(1) Sofern die tatsächlichen Aufwendungen der Leistungsberechtigten den Richtwert
gemäß § 4 überschreiten, gelten wegen besonderer Bedarfe für Unterkunft und Heizung
im Sinne von § 22b Absatz 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch zur individuellen
Bestimmung der Angemessenheit abweichend von den Richtwerten nach § 4 die in den
Absätzen 2 bis 9 getroffenen Sonderregelungen.
(…)"
5 Nach dem mit der WAV als Begründung gemäß § 22b Abs 2 SGB II veröffentlichten
Konzept zur Bestimmung der Höhe der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und
Heizung (GVBl 2012, 103 ff) wird als Grundlage für die Beurteilung der Angemessenheit
von Heizkosten der von der co2online gGmbH in Kooperation mit dem Deutschen
Mieterbund erstellte bundesweite Heizspiegel herangezogen. Für den jeweils in den
Richtwert als Bruttowarmmiete einfließenden Grenzwert werden nach diesem Konzept die
Werte aus der Spalte "zu hoch" des bundesweiten Heizspiegels zugrunde gelegt.
6 Am 1.8.2013 trat die Erste Verordnung zur Fortschreibung der
Wohnaufwendungenverordnung (WAV-Fortschreibungsverordnung 2013) vom 16.7.2013
(GVBl 348) in Kraft, durch die die Anlagen 1 und 2 zur WAV vom 3.4.2012 neu gefasst
wurden, diese im Übrigen aber unverändert blieb. Am 1.3.2014 trat die Zweite Verordnung
zur Fortschreibung der Wohnaufwendungenverordnung (WAV-Fortschreibungsverordnung
2014) vom 11.2.2014 (GVBl 63) in Kraft, durch die die Tabelle B der Anlage 1 und die
Anlage 2 zur WAV vom 3.4.2012 in der durch die WAV-Fortschreibungsverordnung 2013
geänderten Fassung neu gefasst wurden; im Übrigen blieb die WAV unverändert. Jeweils
ist in der den Fortschreibungsverordnungen beigegebenen Begründung nach § 22b Abs 2
SGB II ausgeführt, dass das mit der WAV veröffentlichte Konzept zur Bestimmung der
Höhe der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung weiter gilt.
7 Die miteinander verheirateten, im Land Berlin - dem Antragsgegner - lebenden
Antragsteller beziehen seit dem 2.5.2011 Arbeitslosengeld II nach dem SGB II. Sie
bewohnen seit dem 16.5.2011 - inzwischen zusammen mit ihrer 2012 geborenen,
Sozialgeld nach dem SGB II beziehenden Tochter - eine angemietete ca 68 qm große
Zwei-Zimmer-Wohnung, die über eine mit Erdgas betriebene Etagenheizung verfügt. Die
Warmwasserbereitung erfolgt über einen Gas-Durchlauferhitzer. Für die Wohnung war bis
zum 31.12.2012 eine Bruttokaltmiete iHv monatlich 546,08 Euro zu zahlen (Nettokaltmiete
443,69 Euro und Vorauszahlung für kalte Betriebskosten 102,39 Euro). An den
Gasversorger waren Abschläge zunächst iHv monatlich 69 Euro und ab August 2012 iHv
monatlich 79 Euro zu zahlen, sodass die Bruttowarmmiete zunächst 615,08 Euro und ab
August 2012 625,08 Euro im Monat betrug. Nach einer Kostensenkungsaufforderung vom
19.8.2011 anerkannte das für die Antragsteller zuständige Jobcenter ab 1.3.2012 mit
Rücksicht auf die bevorstehende Geburt der Tochter einen Gesamtbedarf für Unterkunft
und Heizung iHv monatlich 542 Euro, der dem Richtwert für eine angemessene
Bruttowarmmiete für einen Drei-Personen-Haushalt nach den Ausführungsvorschriften zur
Gewährung von Leistungen gemäß § 22 SGB II und §§ 29 und 34 SGB XII des Landes
Berlin vom 10.2.2009 entsprach. Gegen die Bewilligungsentscheidungen für die Zeit ab
1.5.2012 und den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 30.10.2012 erhoben die
Antragsteller Klage vor dem Sozialgericht Berlin, die dort unter dem Aktenzeichen S 169
AS 30680/12 noch anhängig ist. Durch Änderungsbescheid vom 21.5.2013 erhöhte das
Jobcenter den anerkannten Gesamtbedarf der Antragsteller (und ab 2.8.2012 ihrer
Tochter) für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1.5.2012 bis 31.10.2012 auf monatlich
579 Euro unter Hinweis auf den "Richtwert Bruttowarm" für eine aus drei Personen
bestehende Bedarfsgemeinschaft bei einer Gebäudefläche von 100 bis 250 qm und einer
Beheizung mit Erdgas nach der Anlage 2 (zu § 4), Tabelle A (zu § 4 Satz 2 bis 4) der WAV
vom 3.4.2012. Mit ihrem bereits am 14.6.2012 gestellten Normenkontrollantrag vor dem
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) begehren die Antragsteller, die WAV für
unwirksam zu erklären, weil sie nicht den Voraussetzungen der §§ 22a bis 22c SGB II
entspreche.
8 Das LSG hat im vorliegenden Normenkontrollverfahren entschieden, dass die WAV vom
3.4.2012 unwirksam ist und dass diese Feststellung für den Zeitraum vom 1.5.2012 bis
31.7.2013 getroffen wird (Urteil vom 4.9.2013). Zur Begründung hat es im Wesentlichen
ausgeführt: Der in vollem Umfang zulässige Normenkontrollantrag sei begründet, weil die
formell rechtmäßige WAV eine unzulängliche Regelung einer
Gesamtangemessenheitsgrenze auf der Grundlage eines Bruttowarmmietenkonzepts
getroffen habe, die zur Unwirksamkeit der WAV führe. Zwar habe sich der
Verordnungsgeber für ein Bruttowarmmietenkonzept entscheiden dürfen. Die Bildung der
Gesamtangemessenheitsgrenze nach § 4 Satz 1 iVm § 3 WAV entspreche indes nicht der
Ermächtigung, denn sie folge - jedenfalls für die Heizkosten - nicht in ausreichendem
Maße den Anforderungen aus § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II an die Bestimmung abstrakt
angemessener Bedarfe auf belastbarer Datengrundlage. Wenn aber nur ein Wert (Bedarf
für Bruttokaltmiete) dem gebotenen Modus der Herleitung und Ermittlung folge, der andere
ergebnisrelevante Wert (Bedarf für Heizung) hingegen nicht, könne die Summe
regelmäßig die abstrakt angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung nicht
ermächtigungskonform darstellen.
9 Der Verordnungsgeber habe in § 3 Abs 3 WAV für die Heizkosten auf die Werte des
bundesweiten Heizspiegels zurückgegriffen, die als Grenzwerte indes die individuelle
Prüfung tatsächlich anfallender Heizkosten auslösen, als Unwirtschaftlichkeitsgrenze aber
nicht der Bestimmung der abstrakt angemessenen Heizkosten dienen würden. Dies
schließe es aus, die Grenzwerte unter Wahrung der § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II zu
entnehmenden Grundsätze zur Bestimmung abstrakt angemessener Bedarfe, die allein
Gegenstand der Verordnungsermächtigung seien, und im Weiteren dann zur Bildung der
Richtwerte (Gesamtangemessenheitsgrenze) heranzuziehen. Eine
Gesamtangemessenheitsgrenze, die Austauscheffekte zwischen unangemessen hohen
Bedarfen für Unterkunft oder Heizung zulasse, sei nur hinnehmbar, wenn alle Elemente
eines zusammengesetzten Bedarfs realitätsnah bestimmt seien. Daran fehle es hier. Die
Heranziehung eines Grenzwerts zu hoher Heizkosten zur Bildung einer
Gesamtangemessenheitsgrenze eröffne regelhaft ein Aufstockungspotenzial für
Bruttokaltmieten, die über den abstrakt angemessenen Werten lägen. In diesem Sinne
"infiziere" der Verzicht auf die Bildung einer abstrakten Angemessenheitsgrenze für
Heizkosten die Angemessenheitsbestimmung für die Bruttokaltmiete und verzerre deren
Ergebnisse, sodass die Leistungen, die sich aus der Gesamtbedarfsbestimmung der WAV
ergäben, im Einzelfall nicht mehr den nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II maßgebenden
Bedarfen entsprächen.
10 Die Auswirkungen dieser dem § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nicht entsprechenden Bildung der
Richtwerte seien nicht zu vernachlässigen und deshalb insgesamt zu beanstanden. Denn
der Betrag des Grenzwerts nach dem Heizspiegel, der "in die Bruttokaltmiete fließe", wenn
diese "zu hoch" und der Heizkostenbedarf durchschnittlich sei, sei als substanzielle
Verschiebung der im Rahmen des schlüssigen Konzepts gewonnenen
Angemessenheitswerte zu bewerten, der jede filigrane Überlegung zur Bestimmung der
angemessenen Nettokaltmiete und kalten Betriebskosten ad absurdum führe.
11 Dass die Gesamtangemessenheitsgrenze keinen Bestand habe, führe insgesamt zur
Unwirksamkeit der WAV in ihrer ursprünglichen Fassung vom 3.4.2012. Dies sei eindeutig
für die Regelungen, die auf der Gesamtangemessenheitsgrenze aufbauen oder sie
ergänzen würden. Doch auch für die anderen Regelungen lägen die Voraussetzungen
einer Abtrennbarkeit nicht vor. Es könne insbesondere nicht festgestellt werden, dass der
Verordnungsgeber zumindest die Bruttokaltmiete so wie geschehen festgelegt haben
würde, wenn die Unwirksamkeit der ausgehend von diesen Werten im Weiteren in der
WAV bestimmten Gesamtangemessenheitsgrenzen bekannt gewesen sein würde. Zum
einen würde der Verordnungsgeber von seinen Gestaltungsmöglichkeiten anders
Gebrauch gemacht haben können. Zum anderen sei die Festlegung der Bruttokaltmiete im
Rahmen eines schlüssigen Konzepts kein reiner Erkenntnisakt, an dessen Ende nur ein
bestimmtes Ergebnis stehen könne, vielmehr könne die zutreffende Beachtung normativer
und das Erkenntnisverfahren betreffender Vorgaben zu unterschiedlichen Ergebnissen
führen.
12 Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Antragsgegner, dass die materiell-
rechtlichen Erwägungen des LSG zu den bundesrechtlichen Regelungen der §§ 22a bis
22c SGB II unter Zugrundelegung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 22 Abs 1
Satz 1 SGB II einer Überprüfung nicht standhalten. Die Bestimmung der angemessenen
Heizkosten sei auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG)
erfolgt (Hinweis auf Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200
§ 22 Nr 23). Auch deren Einbeziehung in die Gesamtangemessenheitsgrenze stehe mit
Bundesrecht in Einklang. Denn nach der Rechtsprechung des BSG handele es sich beim
Grenzwert des bundesweiten Heizspiegels nicht nur um einen die Unwirtschaftlichkeit
indizierenden Grenzwert, sondern um den Wert, bis zu dem die Heizkosten als
angemessen gelten sollten, sofern hierzu keine konkreteren regionalen Daten vorlägen.
Eine grundsicherungsrechtlich schlüssige Ermittlung eines Durchschnittwerts bei
Heizkosten scheide indes aus. Durch die Einbeziehung der so bestimmten Heizkosten in
die nach § 22b Abs 1 Satz 3 SGB II zulässige Bildung einer
Gesamtangemessenheitsgrenze (Bruttowarmmiete) könne die existenzsichernde
Bedarfsdeckung in allen Einzelfällen erreicht werden. Eine andere Lösung sei für die
Bestimmung angemessener Heizkosten gemäß den vom BSG aufgestellten Grundsätzen
nicht ersichtlich.
13 Der Antragsgegner beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 4. September 2013 - L 36 AS
1987/13 NK - aufzuheben und den Normenkontrollantrag der Antragsteller abzulehnen.
14 Die Antragsteller beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
15 Die zulässige Revision ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht entschieden, dass die
WAV vom 3.4.2012 unwirksam ist (dazu unten 3. bis 7.). Zu Recht hat das LSG diese
Feststellung nur für den Zeitraum vom 1.5.2012 bis 31.7.2013 getroffen (dazu unten 1. und
2.).
16 1. Streitgegenstand ist die WAV in der Fassung vom 3.4.2012, die das LSG für die Zeit
vom 1.5.2012 bis 31.7.2013 für unwirksam erklärt hat. Beim BSG angefallen ist das
Normenkontrollverfahren demnach mit dem Rechtsstand, wie er Gegenstand der
Entscheidung des LSG war, also in der vom Senat des Landes Berlin beschlossenen
Fassung der WAV vom 3.4.2012 (GVBl 99). Nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens ist
dagegen die WAV in der Fassung ihrer am 1.8.2013 in Kraft getretenen Fortschreibung
durch die WAV-Fortschreibungsverordnung 2013 vom 16.7.2013 (GVBl 348) mit den
Änderungen in den Anlagen 1 und 2 und ihrer am 1.3.2014 in Kraft getretenen
Fortschreibung durch die WAV-Fortschreibungsverordnung 2014 vom 11.2.2014 (GVBl
63) mit den Änderungen in den Anlagen 1 und 2.
17 Denn als Norm des Landesrechts obliegen die Feststellung ihres Inhalts und ihre
Auslegung, von Ausnahmen abgesehen, grundsätzlich allein dem LSG (§§ 162, 202 Satz
1 Sozialgerichtsgesetz iVm § 560 Zivilprozessordnung). Das LSG hat, ohne dass
dies dem Senat Anlass zu Beanstandungen bietet, insoweit ausgeführt, dass durch den
Erlass der WAV-Fortschreibungsverordnung 2013 ein zeitlich abgegrenzter
Regelungskomplex entstanden sei, der durch die Geltung anderer Mietwerte
gekennzeichnet sei, und dass die WAV in ihrer ursprünglichen Fassung partiell am
1.8.2013 außer Kraft getreten sei. Die WAV-Fortschreibungsverordnung 2013 bilde eine
Zäsur, durch die für die Zukunft eine inhaltlich abweichende Regelung geschaffen worden
sei. Diese Ausführungen des LSG beanspruchen Geltung der Sache nach auch für die
WAV-Fortschreibungsverordnung 2014, die im Zeitpunkt der Entscheidung des LSG noch
nicht in Kraft getreten war.
18 Aufgrund des Urteils des Senats vom 17.10.2013 (B 14 AS 70/12 R - SozR 4-4200 § 22a
Nr 1) gilt die WAV nicht (mehr) für Leistungsempfänger nach dem SGB XII. Durch das
Urteil wurden in der Überschrift der WAV die Wörter "und Zwölften" und § 6 Abs 2 Buchst
d WAV für unwirksam erklärt. Insoweit ist die WAV nicht mehr Gegenstand des
Normenkontrollverfahrens.
19 2. Der Sachentscheidung entgegenstehende prozessuale Hindernisse bestehen nicht. Der
statthafte Normenkontrollantrag nach § 55a Abs 1 SGG der Antragsteller, denen unter
Hinweis auf die Regelungen der WAV Leistungen für Unterkunft und Heizung nicht in
Höhe ihrer tatsächlichen Aufwendungen erbracht worden sind, ist vollen Umfangs
zulässig, wie das LSG zutreffend ausgeführt hat.
20 Die Antragsteller sind insbesondere für ihr Begehren, die WAV vom 3.4.2012 für
unwirksam zu erklären, antragsbefugt (vgl zu den Anforderungen an die Antragsbefugnis
für Normenkontrollanträge nach § 55a SGG näher Urteil des Senats vom 17.10.2013 - B
14 AS 70/12 R - SozR 4-4200 § 22a Nr 1 RdNr 22 bis 24 mwN). Weder ihrer
Antragsbefugnis noch ihrem Rechtsschutzbedürfnis steht entgegen, dass ihr vor dem LSG
gestellter Normenkontrollantrag allein die WAV in ihrer ursprünglichen Fassung mit den
bis zum 31.7.2013 geltenden Anlagen 1 und 2 betraf. Insoweit hat der Senat bereits
entschieden (Urteil vom 17.10.2013 - B 14 AS 70/12 R, aaO, RdNr 25 mwN), dass zum
einen die Fortschreibung der Angemessenheitsgrenzen der Aufwendungen für Unterkunft
und Heizung den Bestand der übrigen Regelungen der WAV ohnehin unberührt lässt und
zum anderen die durch die Neufassung verdrängten Werte nicht förmlich aufgehoben sind
und deshalb für den Zeitraum seit Inkrafttreten der WAV ab 1.5.2012 bis zum 31.7.2013
weiterhin gelten. Solange Rechtsvorschriften solche Wirkungen zu äußern vermögen,
können sie Gegenstand einer Normenkontrolle sein.
21 3. Die WAV ist zwar nach bundesrechtlichen wie nach landesrechtlichen Maßstäben
formell rechtmäßig. Das LSG hat die formelle Rechtmäßigkeit nach landesrechtlichen
Maßstäben geprüft und bejaht, ohne dass dies dem Senat Anlass zu Beanstandungen
bietet.
22 Die WAV ist indes materiell rechtswidrig und vom LSG zu Recht für unwirksam erklärt
worden. Denn die Anforderungen an die Wahrnehmung der Normsetzungskompetenz
nach § 22a Abs 1 SGB II, die nach Bundesrecht wie bei der Konkretisierung von § 22 Abs
1 Satz 1 SGB II durch die Verwaltung eine realitätsgerechte Erfassung der Bedarfe für
Unterkunft und ggf Heizung erfordern (dazu unter 4.) und die für die Bestimmung der
angemessenen Heizkosten nach § 22b Abs 1 Satz 2 SGB II im Rahmen einer
Gesamtangemessenheitsgrenze nach § 22b Abs 1 Satz 3 SGB II ebenso gelten (dazu
unter 5.), werden nicht erfüllt (dazu unter 6.). Die Verfehlung dieser höherrangigen
bundesrechtlichen Anforderungen betrifft die WAV in ihrem Kern. Sie ist deshalb
insgesamt unwirksam; eine nur teilweise Unwirksamkeit kommt nicht in Betracht (dazu
unter 7.).
23 4. Die Wahrnehmung der Normsetzungskompetenz nach § 22a Abs 1 SGB II erfordert die
realitätsgerechte Erfassung der Bedarfe für Unterkunft und ggf Heizung (vgl § 22b Abs 1
Satz 2 SGB II) in gleicher Weise, wie es der Verwaltung bei der Konkretisierung der
abstrakt angemessenen Bedarfe nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II vorgegeben ist (vgl zu den
Anforderungen an die Wahrnehmung der Normsetzungskompetenz nach § 22a Abs 1
SGB II näher Urteil des Senats vom 17.10.2013 - B 14 AS 70/12 R, aaO, RdNr 27 bis 33
mwN).
24 a) Mit den durch das RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG eingeführten §§ 22a bis 22c SGB II hat
der Gesetzgeber die Grundlage dafür geschaffen, die abstrakt angemessenen Bedarfe für
Unterkunft und Heizung anstatt durch die ansonsten dazu berufene Verwaltung auch im
Wege untergesetzlicher Normsetzung bestimmen zu können. Eine entsprechende
landesrechtliche Ermächtigung vorausgesetzt, können demgemäß seither alle der
abstrakten Angemessenheit der Bedarfe für Unterkunft und Heizung zuzurechnenden
Bestimmungen durch untergesetzliche Normen iS von § 22a Abs 1 SGB II getroffen
werden. Inhaltlich getroffen werden müssen mindestens Bestimmungen darüber, (1.)
welche Wohnfläche entsprechend der Struktur des örtlichen Wohnungsmarktes als
angemessen anerkannt wird und (2.) in welcher Höhe Aufwendungen für die Unterkunft
als angemessen anerkannt werden (§ 22b Abs 1 Satz 1 SGB II). Abgebildet werden sollen
hierdurch die Verhältnisse des einfachen Standards auf dem örtlichen Wohnungsmarkt (§
22a Abs 3 Satz 1 SGB II) und zwar nach Möglichkeit unter Berücksichtigung insbesondere
von Mietspiegeln, qualifizierten Mietspiegeln und Mietdatenbanken und/oder von
geeigneten eigenen statistischen Datenerhebungen und -auswertungen der Normgeber
oder Erhebungen Dritter (§ 22c Abs 1 Satz 1 Nr 1 und 2 SGB II).
25 b) Bezugspunkt der damit eröffneten untergesetzlichen Normsetzungsbefugnis ist die
durch das RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG inhaltlich unverändert gebliebene Regelung des §
22 Abs 1 Satz 1 SGB II (vgl BT-Drucks 17/3404 S 98 f; zu Einzelheiten vgl Krauß in
Hauck/Noftz, SGB II, K § 22 RdNr 5, Stand: X/2012), wonach Bedarfe für Unterkunft und
Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt werden, soweit diese
angemessen sind.
26 c) Gegenstand auch der untergesetzlichen Normgebung nach § 22a Abs 1 SGB II ist damit
die Konkretisierung des durch § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II vorgegebenen Begriffs der
"Angemessenheit" der Bedarfe für Unterkunft und ggf Heizung (vgl § 22b Abs 1 Satz 2
SGB II). Dieser Begriff unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff uneingeschränkter
richterlicher Kontrolle (stRspr, zuletzt BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR
4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 19 f). Zu seiner Ausfüllung ist jedenfalls der abstrakt als
angemessen anzuerkennende Mietpreis unter Berücksichtigung der örtlichen
Besonderheiten konkret zu ermitteln (so genannte Referenzmiete; stRspr, zuletzt BSG
Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R, aaO, RdNr 44). Erforderlich dazu sind im
Einzelnen überprüfbare Erhebungen und Auswertungen, die eine hinreichende Gewähr
dafür bieten, dass sie die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes
wiedergeben (so genanntes schlüssiges Konzept, grundlegend BSG Urteil vom 22.9.2009
- B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 18 ff; zuletzt BSG
Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R, aaO, RdNr 44). Unzureichend zur Erfassung der
sozialen Wirklichkeit sind hingegen Schätzungen pauschaler Werte "ins Blaue hinein"
ohne gesicherte empirische Grundlage; das würde den Anforderungen zur Ermittlung des
verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums nicht gerecht (zur Regelleistung
nach § 20 SGB II aF vgl BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175,
237 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 171). Das verbietet sich bei der Bestimmung der
Bedarfe für Unterkunft und Heizung gleichermaßen wie bei der Bestimmung der
Regelbedarfe (vgl BSG Urteil vom 12.6.2013 - B 14 AS 60/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 69
RdNr 21).
27 d) Diese Maßgaben gelten für die untergesetzliche Normsetzung nach §§ 22a bis 22c
SGB II nicht anders. Schon der Gesetzeswortlaut bietet keinen Anhalt dafür, dass den
Normgebern insoweit andere und von den Gerichten nur in reduziertem Maß gerichtlich zu
kontrollierende Spielräume zustehen könnten als der Verwaltung. Im Gegenteil sind die
Vorgaben zum Vergleichsmaßstab (§ 22a Abs 3 Satz 1 SGB II), zu den Norminhalten (§
22b Abs 1 SGB II), zur Datengrundlage (§ 22c Abs 1 SGB II) und den
Begründungsanforderungen (§ 22b Abs 2 Satz 1 und 2 SGB II) im Einzelnen in so enger
Anlehnung an die Rechtsprechung zu § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II gefasst, dass
unterschiedliche Konkretisierungsaufträge und/oder Entscheidungsspielräume im
Verhältnis zwischen untergesetzlicher Normsetzung einerseits und verwaltungsmäßigem
Vollzug andererseits durch den Gesetzeswortlaut nicht zu belegen sind (ebenso Krauß,
Sozialrecht aktuell 2011, 144, 146). Soweit demgegenüber nach den Gesetzesmaterialien
die Zielvorgabe des § 22a Abs 3 Satz 1 SGB II nur als ein für die objektive Rechtmäßigkeit
der Normsetzung unbeachtlicher Programmsatz anzusehen sein soll (vgl BT-Drucks
17/3404 S 100; dem folgend auch Piepenstock in jurisPK-SGB II, 3. Aufl 2012, § 22a RdNr
36), hat dies jedenfalls im Normtext selbst keinen hinreichenden Niederschlag gefunden
(gegen diese Qualifizierung auch Berlit in Münder, LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 22a RdNr
26; Knickrehm in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl
2013, §§ 22a-22c SGB II RdNr 9; Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 22a RdNr 11, 24).
Das lässt sich auch nicht darauf stützen, dass der untergesetzlichen Normsetzung durch §
22a Abs 3 Satz 2 SGB II die Berücksichtigung von Folgewirkungen aufgegeben ist, die
sich uU als Maßstab der Angemessenheitsbestimmung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II
nicht notwendig alle wiederfinden. Denn dies trägt jedenfalls nicht den Schluss, dass die
nach § 22a Abs 3 Satz 1 SGB II für die Normsetzung maßgeblichen Verhältnisse des
einfachen Standards auf dem örtlichen Wohnungsmarkt durch wertende Entscheidung der
Normgeber ersetzt werden könnten. Dagegen spricht auch, dass in § 22b Abs 1 Satz 4
SGB II den untergesetzlichen Normgebern die Unterteilung ihrer Gebiete ermöglicht wird,
"um die Verhältnisse des einfachen Standards auf dem örtlichen Wohnungsmarkt
realitätsgerecht abzubilden", und dadurch die Maßgeblichkeit dieser Verhältnisse für die
Normsetzung erneut betont wird, ohne Abweichungen zuzulassen.
28 Die Normsetzungsermächtigung der untergesetzlichen Normgeber durch § 22a Abs 1
SGB II eröffnet solche Spielräume gleichfalls nicht (so aber wohl Groth in
Groth/Luik/Siebel-Huffmann, Das neue Grundsicherungsrecht, 1. Aufl 2011, RdNr 367:
"Ausübung normativen Ermessens"; skeptisch zum Bestehen eines normativen
Gestaltungsspielraums dagegen Axer, SGb 2013, 669, 671; ablehnend Wettlaufer, VSSR
2013, 221, 250). In der Wahrnehmung dieser Ermächtigung konkretisieren die Normgeber
in gleicher Weise wie die Verwaltung die die Unterkunft als Teil des physischen
Existenzminimums umfassende verfassungsrechtliche Garantie des menschenwürdigen
Existenzminimums aus Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 Grundgesetz (, vgl BVerfG
Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175, 223 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12
RdNr 131 mwN) und haben deshalb die dafür maßgebenden verfassungsrechtlichen
Vorgaben zu beachten. Nach der Kompetenzordnung des GG sind demgemäß die
Wertentscheidungen über die Leistungshöhe mit Blick auf den Entwicklungsstand des
Gemeinwesens und die bestehenden Lebensbedingungen allein dem parlamentarischen
Gesetzgeber vorbehalten (vgl BVerfG, aaO, S 222 ff bzw RdNr 133 ff). Soweit dazu von
Verfassungs wegen die soziale Wirklichkeit zu erfassen ist, unterliegt schon er strikten
Anforderungen (vgl BVerfG, aaO, S 224 ff bzw RdNr 138 ff). Um so weniger können von
diesen Anforderungen die freigestellt werden, von denen die gesetzgeberischen Vorgaben
administrativ umzusetzen sind. Das können auch die untergesetzlichen Normgeber nach §
22a Abs 1 SGB II nicht für sich beanspruchen. Sie sind zwar in besonderer Weise mit den
Verhältnissen vor Ort vertraut und können deshalb bessere Kenntnis von den
Gegebenheiten auf dem örtlichen Wohnungsmarkt haben als dies aus der
Bundesperspektive möglich wäre (vgl BT-Drucks 17/3404 S 100). Zu eigenen wertenden
Entscheidungen sachlich-politischer Art über den zur Gewährleistung des
menschenwürdigen Existenzminimums zu deckenden Bedarf für Unterkunft und Heizung
reicht indes ihre demokratische Legitimation nicht. Wertsetzungen solcher Art sind
ausschließlich dem parlamentarischen Gesetzgeber selbst vorbehalten (vgl BVerfG, aaO,
S 224 ff bzw RdNr 138 ff).
29 In keinem geringeren Maß als es der Verwaltung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II
vorgegeben ist, haben demgemäß auch die untergesetzlichen Normgeber nach § 22a Abs
1 SGB II die soziale Wirklichkeit im Hinblick auf den Bedarf für Unterkunft und ggf Heizung
(vgl § 22b Abs 1 Satz 2 SGB II) zeit- und realitätsgerecht zu erfassen und dazu auf
Verfahren zurückzugreifen, die zu dessen Bemessung im Grundsatz tauglich sind (ebenso
Berlit in Münder, aaO, § 22a RdNr 6 ff; Krauß, Sozialrecht aktuell 2011, 144, 146; Luik in
Eicher, aaO, § 22a RdNr 9 ff, § 22b RdNr 2).
30 5. Diese aus dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen
Existenzminimums abzuleitenden Verfahrensanforderungen an die Konkretisierung
abstrakt angemessener Bedarfe durch untergesetzliche Normsetzung gelten
uneingeschränkt für die Bestimmung der angemessenen Heizkosten nach § 22b Abs 1
Satz 2 SGB II und die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze nach § 22b Abs 1
Satz 3 SGB II.
31 a) Nach § 22b Abs 1 Satz 2 SGB II kann durch den untergesetzlichen Normgeber - neben
den Mindestbestimmungen des § 22b Abs 1 Satz 1 SGB II - auch die Höhe des als
angemessen anerkannten Verbrauchswertes oder der als angemessen anerkannten
Aufwendungen für die Heizung bestimmt werden. Bei einer solchen Bestimmung kann
nach § 22b Abs 1 Satz 3 SGB II sowohl eine Quadratmeterhöchstmiete als auch eine
Gesamtangemessenheitsgrenze unter Berücksichtigung der in § 22b Abs 1 Satz 1 und 2
SGB II genannten Werte gebildet werden.
32 Ob sich ein angemessener Bedarf für Heizung in Normen nach § 22a Abs 1 SGB II und
damit notwendigerweise abstrakt fassen lässt, ist in der Rechtsprechung des BSG und
auch in der Literatur zumindest derzeit aus praktischen Gründen skeptisch bis ablehnend
beurteilt worden (vgl zuletzt BSG Urteil vom 12.6.2013 - B 14 AS 60/12 R, aaO, RdNr 21;
Berlit in Münder, aaO, § 22b RdNr 14: "Problem der bedarfsgerechten Abgeltung des
Heizungsbedarfs"; Luik in Eicher, aaO, § 22b RdNr 5: nur, "wenn hierfür valide Daten
vorliegen"). Wegen ihrer Abhängigkeit vom individuellen Verbrauch, von der
Wohnungsbeschaffenheit sowie den Witterungsverhältnissen hielt auch der Gesetzgeber
die Heizkosten für dynamischer als die Unterkunftskosten und daher schwerer
schematisch zu erfassen; deshalb sieht § 22b Abs 1 Satz 2 SGB II die Festlegung von
Angemessenheitswerten für die Heizung nur optional ("kann") vor (BT-Drucks 17/3404 S
101).
33 Werden aber Regelungen iS von § 22b Abs 1 Satz 2 SGB II und hieran anknüpfend im
Rahmen eines Bruttowarmmietenkonzepts nach § 22b Abs 1 Satz 3 SGB II getroffen,
müssen sie auf hinreichend realitätsgerechte und nachvollziehbare Erhebungen zum
abstrakt angemessenen Bedarf für Heizung im maßgeblichen Vergleichsraum gestützt
sein (vgl auch die "Arbeitshilfe zur Bestimmung der angemessenen Aufwendungen der
Unterkunft im Rahmen kommunaler Satzungen", hrsg vom Bundesministerium für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung, 2013, S 25 f, 28, 38 f, 48 f: Bestimmung abstrakter
Angemessenheitsgrenzen für die Heizkosten möglichst auf Basis lokaler Daten aus dem
Geltungsbereich der Satzung).
34 b) Die auch für Heizkosten vorgesehene Prüfung ihrer Angemessenheit hat nach Wortlaut
und Systematik des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II, wie der Senat bereits im Einzelnen
dargelegt hat (stRspr, zuletzt: BSG Urteil vom 12.6.2013 - B 14 AS 60/12 R, aaO, RdNr
17), grundsätzlich getrennt von der Prüfung der Angemessenheit der Unterkunftskosten zu
erfolgen. Dieser Trennung entspricht die Regelung des § 22b Abs 1 Satz 1 und 2 SGB II,
die für eine untergesetzliche Normsetzung Bestimmungen zur angemessenen Höhe der
Aufwendungen für die Unterkunft als Mindestinhalt vorschreibt (Satz 1 Nr 2), nicht aber für
die Höhe der angemessenen Aufwendungen für die Heizung (Satz 2).
35 Auch der Anspruch auf Leistungen für Heizung als Teil der Gesamtleistung besteht
grundsätzlich in Höhe der konkret-individuell geltend gemachten Aufwendungen, soweit
sie angemessen sind (stRspr, zuletzt: BSG Urteil vom 12.6.2013 - B 14 AS 60/12 R, aaO,
RdNr 19). Eine Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Heizung
begegnet indes praktischen Schwierigkeiten: Ein abstrakt angemessener Heizkostenpreis
pro Quadratmeter für eine "einfache" Wohnung (gestaffelt nach abstrakt angemessenen
Wohnungsgrößen) im unteren Segment des konkreten Wohnungsmarktes, dh für alle
entsprechenden Wohnungen im maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum, müsste auf der
Grundlage differenzierter Daten ausgehend von einem als angemessen anzusehenden
Heizverhalten des Einzelnen noch klimatische Bedingungen, wechselnde Energiepreise,
die "typischen" Energieträger, vor allem aber den im entsprechenden Mietsegment
"typischen" Gebäudestandard und den technischen Stand einer als "typisch"
anzusehenden Heizungsanlage erfassen. Der Rückgriff auf einen weniger
ausdifferenzierten Wert als Quadratmeterhöchstgrenze würde eine unzulässige
Pauschalierung von Heizkosten bedeuten (stRspr, zuletzt: BSG Urteil vom 12.6.2013 - B
14 AS 60/12 R, aaO, RdNr 21).
36 Da gleichwohl auch hinsichtlich der Aufwendungen für Heizung unangemessen hohe
Kosten vom Träger der Grundsicherung nicht gezahlt werden müssen, eine abstrakte
Festlegung aus den genannten Gründen aber schwierig ist, hat im Rahmen des § 22 Abs
1 Satz 1 SGB II eine Prüfung der Heizkosten auf ihre Angemessenheit hin orientiert an den
Verhältnissen des Einzelfalles zu erfolgen. Dabei ist regelmäßig dann von unangemessen
hohen Heizkosten auszugehen, wenn bestimmte Grenzwerte überschritten werden, die
der Senat den von der co2online gGmbH in Kooperation mit dem Deutschen Mieterbund
erstellten "Kommunalen Heizspiegeln" bzw dem "Bundesweiten Heizspiegel" entnimmt
(stRspr, zuletzt: BSG Urteil vom 12.6.2013 - B 14 AS 60/12 R, aaO, RdNr 22). An der
Heranziehung eines solchen Grenzwertes ist aus Gründen der Praktikabilität festzuhalten,
solange der jeweils örtlich zuständige Träger der Grundsicherung keine im dargestellten
Sinne differenzierte Datenermittlung für den konkreten Vergleichsraum durchgeführt hat,
die zuverlässige Schlüsse auf einen Wert für grundsicherungsrechtlich angemessene
Heizkosten in seinem Zuständigkeitsbereich zulässt (BSG Urteil vom 12.6.2013 - B 14 AS
60/12 R, aaO, RdNr 22).
37 Die aus den dargestellten praktischen Schwierigkeiten abgeleitete Notwendigkeit, den
Grenzwert des Heizspiegels im Einzelfall heranzuziehen, erhellt, dass die Werte des
bundesweiten (oder kommunalen) Heizspiegels etwas anderes als die Bestimmung
abstrakt angemessener Heizkosten sind. Der Grenzwert markiert nicht angemessene
Heizkosten, sondern gibt einen Hinweis darauf, dass im Einzelfall von unangemessenen
Heizkosten auszugehen ist; das Überschreiten des Grenzwertes kann lediglich als Indiz
für die fehlende Angemessenheit angesehen werden. Eine Absenkung der zu zahlenden
Heizkosten kann auch bei Überschreiten des Grenzwertes nur aufgrund einer
Angemessenheitsprüfung im Einzelfall erfolgen und die in Folge dieser Einzelfallprüfung
zu zahlenden Heizkosten ergeben sich ohnehin nicht aus dem Heizspiegel. Die Werte des
Heizspiegels geben nicht das tatsächliche Preisniveau auf dem Wohnungsmarkt wieder
und sind deshalb nicht im Sinne eines abstrakt angemessenen Quadratmeterhöchstwerts
für Heizkosten zu verstehen (BSG Urteil vom 12.6.2013 - B 14 AS 60/12 R, aaO, RdNr 23,
25, 32).
38 Der Normgeber nach § 22a Abs 1 SGB II hat demnach, bezieht er auch die Aufwendungen
für die Heizung nach § 22b Abs 1 Satz 2 SGB II in seine Regelungen ein, eine
Datenermittlung zur Bestimmung eines differenzierten abstrakt angemessenen Wertes der
Heizkosten im in Bezug zu nehmenden Wohnsegment durchzuführen (vgl bereits BSG
Urteil vom 12.6.2013 - B 14 AS 60/12 R, aaO, RdNr 33).
39 c) Diese Anforderungen an die Bestimmung abstrakt angemessener Aufwendungen für die
Heizung nach § 22b Abs 1 Satz 2 SGB II schlagen auf die Anforderungen an die Bildung
einer Gesamtangemessenheitsgrenze iS des § 22b Abs 1 Satz 3 SGB II durch. Für die
Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze bedarf es nicht nur der realitätsgerechten
Bestimmung, in welcher Höhe Aufwendungen für die Unterkunft als abstrakt angemessen
anerkannt werden, sondern auch der realitätsgerechten Bestimmung der als abstrakt
angemessen anerkannten Aufwendungen für die Heizung (ebenso Berlit in Münder, aaO,
§ 22b RdNr 25 f). Nur beides zusammen kann eine rechtmäßige normative Bestimmung
der Gesamtangemessenheitsgrenze im Rahmen eines Bruttowarmmietenkonzepts leisten,
innerhalb dessen abweichend von der zu § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II ergangenen
Rechtsprechung die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nicht getrennt, sondern
ohne Rücksicht auf ihre jeweilige Angemessenheit bis zur einheitlich bestimmten
Obergrenze als angemessen anzuerkennen sind (vgl BT-Drucks 17/3404 S 101).
40 Dass die beschriebenen praktischen Schwierigkeiten einer auf einer hinreichend
differenzierten, methodisch akzeptablen Datengrundlage beruhenden Bestimmung
abstrakt angemessener Aufwendungen für die Heizung auch auf die Möglichkeit der
Bildung einer abstrakten Gesamtangemessenheitsgrenze durchschlagen, hat der Senat
zuletzt in seinem Urteil vom 12.6.2013 deutlich gemacht (B 14 AS 60/12 R, aaO, RdNr 21).
Schon zuvor hat der Senat in seinem Urteil vom 2.7.2009 (B 14 AS 36/08 R - BSGE 104,
41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 19), auf das sich der Antragsgegner bezieht, für die
Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze das Erfordernis der Festlegung eines
verlässlich ermittelten abstrakt angemessenen Heizkostenpreises pro Quadratmeter für
eine "einfache" Wohnung im unteren Segment des Wohnungsmarktes formuliert. Hieran
ist festzuhalten.
41 Der Gesetzgeber hat in Kenntnis dieser Rechtsprechung durch § 22b Abs 1 Satz 2 und 3
SGB II zum Ausdruck gebracht, die Bestimmung abstrakt angemessener Aufwendungen
für die Heizung und die Bildung einer abstrakten Gesamtangemessenheitsgrenze durch
untergesetzliche Normen für möglich zu halten. Die Bildung einer
Gesamtangemessenheitsgrenze für Unterkunfts- und Heizkosten ist nach dem Gesetz
zulässig und für ihre Umsetzung durch untergesetzliche Normgeber sind durch die
Rechtsprechung keine unerfüllbaren Anforderungen zu formulieren. Doch da der
Gesetzgeber des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG zugleich an § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II
festgehalten hat (vgl BT-Drucks 17/3404 S 98 f), bewirkt die Ermächtigung, § 22 Abs 1
Satz 1 SGB II durch untergesetzliche Normen zu konkretisieren, keine Lockerung der
Verfahrensanforderungen, die aus dem Grundrecht auf Gewährleistung eines
menschenwürdigen Existenzminimums für die Konkretisierung des unbestimmten
Rechtsbegriffs der Angemessenheit in § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II folgen. Aus diesen
Anforderungen ergibt sich, dass dem Grenzwert aus einem bundesweiten (oder
kommunalen) Heizkostenspiegel nicht die Funktion eines Quadratmeterhöchstwerts für
angemessene Aufwendungen für Heizung im Sinne des SGB II zukommt (BSG Urteil vom
12.6.2013 - B 14 AS 60/12 R, aaO, Leitsatz 1). Er scheidet daher auch als in die Bildung
einer Gesamtangemessenheitsgrenze einfließender Wert aus (vgl zu diesem
Grundproblem der Ermittlung einer Gesamtangemessenheitsgrenze bereits die
Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. zur
Ausführung einer Satzungsermächtigung bei den Kosten der Unterkunft und Heizung im
SGB II und XII, NDV 2011, 349, 351).
42 6. Diesen Maßstäben wird die WAV mit ihren Regelungen zur angemessenen Höhe der
Aufwendungen für die Heizung und zur Gesamtangemessenheitsgrenze nicht gerecht.
43 a) Mit der WAV ist nach ihrer Überschrift und ihrem § 1 Satz 1 von der untergesetzlichen
Normsetzungsermächtigung in der Weise Gebrauch gemacht worden, dass in ihr nicht nur
die nach § 22b Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB II erforderlichen Bestimmungen zur Höhe der
angemessenen Aufwendungen für Unterkunft getroffen sind, sondern auch die durch § 22b
Abs 1 Satz 2 SGB II ermöglichten Bestimmungen zur Höhe der angemessenen
Aufwendungen für Heizung Aufnahme in die Verordnung gefunden haben. Zur Regelung
auch der angemessenen Aufwendungen für Heizung war der Antragsgegner
bundesrechtlich nicht verpflichtet. Da er sich aber für die Aufnahme auch von
Bestimmungen zur Höhe der angemessenen Aufwendungen für Heizung entschieden hat,
müssen diese den beschriebenen Anforderungen entsprechen, die an die Bestimmung
abstrakt angemessener Bedarfe für Unterkunft und Heizung auf belastbarer
Datengrundlage zu stellen sind.
44 Diesen Anforderungen werden die Bestimmungen der WAV zur Höhe der angemessenen
Aufwendungen für Heizung nicht gerecht, weil sie nicht auf einer hinreichend
differenzierten Datengrundlage beruhen. Nach § 3 Abs 3 Satz 1 WAV erfolgt die
Bestimmung der angemessenen Aufwendungen für die Heizung gemäß § 22b Abs 1 Satz
2 SGB II auf der Grundlage des von der co2online gGmbH in Kooperation mit dem
Deutschen Mieterbund erstellten bundesweiten Heizspiegels in der jeweils geltenden
Fassung. Ausweislich der Begründung zur WAV gemäß § 22b Abs 2 SGB II (GVBl 2012,
103 ff) werden als Grundlage für die Beurteilung der Angemessenheit von Heizkosten die
Werte aus der Spalte "zu hoch" des bundesweiten Heizspiegels von 2011 zugrunde
gelegt.
45 Der Rückgriff auf diesen bundesweiten Grenzwert ist indes etwas anderes als die
Ermittlung eines abstrakt angemessenen Bedarfs auf der Grundlage erhobener oder
ausgewerteter lokaler Daten. In der Begründung zur WAV ist zwar zutreffend ausgeführt,
dass der Grenzwert unangemessenes Heizen indiziert. Unzutreffend ist aber der dort
formulierte und statt für eine Einzelfallprüfung für eine normative Bestimmung gezogene
Schluss, die Angemessenheit der Heizkosten sei solange zu bejahen, wie diese unter
dem Grenzwert lägen. Dies entspricht entgegen den Ausführungen in der Begründung zur
WAV - wie unter 5. dargestellt - nicht höchstrichterlicher Rechtsprechung. Denn während
die Rechtsprechung des BSG zur Heranziehung des sich aus dem Heizspiegel
ergebenden Grenzwerts die konkret-individuelle Angemessenheitsprüfung der Heizkosten
zum Gegenstand hat, ist Gegenstand der WAV die abstrakt-generelle Bestimmung
angemessener Heizkosten für das Land Berlin. Die Werte aus der Spalte "zu hoch" des
bundesweiten Heizspiegels repräsentieren aber nicht die Höhe der abstrakt
angemessenen Aufwendungen für Heizung im Land Berlin. Sie sind als Datengrundlage
für die normative Bestimmung der Höhe der als angemessen anerkannten Aufwendungen
für die Heizung auf der Ermächtigungsgrundlage des § 22b Abs 1 Satz 2 SGB II von
vornherein ungeeignet. Ob anderes bei einer Berücksichtigung der Bedarfe für Unterkunft
und Heizung abweichend von § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II durch eine monatliche Pauschale
gelten könnte, bedarf hier keiner Entscheidung; der Antragsgegner hat von der
Ermächtigung zur Pauschalierung in § 22a Abs 2 SGB II keinen Gebrauch gemacht.
46 Damit stellt die WAV für die Bestimmung angemessener Aufwendungen für Heizung auf
einen bundesweiten Wert ab, der unangemessen hohe Heizkosten im Einzelfall indiziert
und deshalb rechtswidrig zu hoch ist, um als Grundlage für die abstrakte
Angemessenheitsbestimmung im maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum dienen zu
können, für die allein das Bundesrecht die Länder und Kommunen in § 22a Abs 1 iVm §
22b Abs 1 Satz 2 SGB II zur untergesetzlichen Normsetzung ermächtigt. Durch die so
genannte Satzungslösung in § 22a Abs 1 SGB II ist zu einer Normsetzung für die
Bestimmung regional angemessener Unterkunfts- und ggf auch Heizkosten ermächtigt
worden (vgl BT-Drucks 17/3404 S 99). Werden auch Aufwendungen für die Heizung in
diese untergesetzliche Normsetzung einbezogen, wozu das Bundesrecht nach § 22b Abs
1 Satz 2 SGB II nicht verpflichtet, müssen sie deshalb auf der Grundlage von Daten des
örtlichen Vergleichsraums als angemessen bestimmt werden.
47 b) Mit der WAV wird nach § 2 Abs 1 Satz 1 und § 4 ein Bruttowarmmietenkonzept verfolgt.
Auf dessen Grundlage wird gemäß § 22b Abs 1 Satz 3 SGB II eine
Gesamtangemessenheitsgrenze gebildet. In deren Bildung fließen die nach § 3 Abs 3
WAV auf der Grundlage des bundesweiten Heizspiegels bestimmten Aufwendungen für
Heizung ein.
48 Die durch den Antragsgegner rechtswidrig bestimmte Höhe der Aufwendungen für
Heizung führt zur Rechtswidrigkeit der Gesamtangemessenheitsgrenze nach § 4 WAV.
Denn nur die Zusammenfassung je für sich - unter Beachtung der
Verfahrensanforderungen an eine realitätsgerechte Bedarfsbemessung - rechtmäßig
bestimmter Höhen der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und für Heizung
ergibt eine ermächtigungskonforme untergesetzliche abstrakte
Gesamtangemessenheitsgrenze. Entspricht auch nur einer der beiden Werte für die
Aufwendungen - Bruttokaltmiete und Heizkosten - nicht den rechtlichen Anforderungen,
bewirkt dies die Rechtswidrigkeit der ermittelten Richtwerte für angemessene
Bruttowarmmieten insgesamt, die die Gesamtangemessenheitsgrenze nach der WAV
bilden.
49 Nach der Begründung zur WAV (GVBl 2012, 103 ff) werden für den jeweils in den
Richtwert als Bruttowarmmiete einfließenden Grenzwert für Heizkosten die Werte aus der
Spalte "zu hoch" des bundesweiten Heizspiegels zugrunde gelegt. Die Richtwerte zur
Bestimmung der abstrakten Angemessenheit von Bruttowarmmieten werden nach der
Begründung sodann auf dieser Grundlage aus dem Produkt von abstrakt angemessener
Wohnungsgröße und dem jeweiligen angemessenen qm-Preis für eine Bruttowarmmiete
ermittelt. Soweit in der Begründung ausgeführt ist (unter Ziffer 2 am Ende), dass die
Angemessenheitsprüfung sich allein auf das Ergebnis des Produkts (Richtwert), nicht
jedoch auf die einzelnen Faktoren des Produkts beziehe (so genannte Produkttheorie),
stimmt dies insoweit mit der Rechtsprechung des BSG überein - nach der für die
Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft abzustellen ist auf das Produkt aus
angemessener Wohnfläche einerseits und Ausstattung bzw Standard andererseits, die
sich in der Wohnungsmiete niederschlagen, weshalb nicht alle berücksichtigungsfähigen
Faktoren jeweils im Bereich der Angemessenheit liegen müssen (stRspr, zuletzt BSG
Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R, aaO, RdNr 31) -, als es nicht jeweils auf die
angemessene Wohnfläche und auf angemessene Kosten je Quadratmeter ankommt,
sondern die Angemessenheit des Produkts aus Wohnungsgröße und Preis genügt. Damit
sollen interne Ausgleiche im Einzelfall ermöglicht werden: Eine Wohnung kann größer
sein, wenn ihr qm-Preis günstiger ist; ihr qm-Preis kann teurer sein, wenn sie kleiner ist.
50 Diese Ausrichtung der Produkttheorie ändert aber nichts daran, dass das, was an
Bemessungsfaktoren in den jeweiligen angemessenen qm-Preis für die Unterkunft und für
die Heizung Eingang gefunden hat, abstrakt angemessen sein muss. Interne Ausgleiche
derart, dass die tatsächliche Bruttokaltmiete höher sein kann, wenn die tatsächlichen
Heizkosten geringer sind und umgekehrt, sind auch im Konzept einer angemessenen
Bruttowarmmiete angelegt. Diese Wirkungen bei der Anwendung einer
Gesamtangemessenheitsgrenze im Rahmen der Angemessenheitsprüfung im Einzelfall
rechtfertigen es indes nicht, bereits bei der Bildung dieser abstrakten Grenze Faktoren zu
berücksichtigen, die ihrerseits nicht den Verfahrensanforderungen an die realitätsgerechte
Bemessung abstrakt angemessener Bedarfe genügen. Nur bis zu einer abstrakten
Gesamtangemessenheitsgrenze, die gebildet ist aus dem Produkt von abstrakt
angemessener Wohnungsgröße und abstrakt angemessenen qm-Preis, der seinerseits
aus der Summe von abstrakt angemessener Bruttokaltmiete und abstrakt angemessenen
Heizkosten zusammen gesetzt ist, sind bei der Prüfung der Angemessenheit geltend
gemachter Bedarfe für Unterkunft und Heizung interne Ausgleiche im Einzelfall möglich.
Diese für Leistungen nach dem SGB II beanspruchende Personen begünstigenden
Wirkungen der Produkttheorie bewirken mithin nicht ihrerseits eine Absenkung der
Verfahrensanforderungen bei der Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der
Angemessenheit iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II, auch nicht für den untergesetzlichen
Normgeber nach § 22a Abs 1 SGB II.
51 7. Die WAV vom 3.4.2012 ist insgesamt rechtswidrig und ist zutreffend vom LSG nach §
55a Abs 5 Satz 2 Halbs 1 SGG insgesamt für unwirksam erklärt worden. Sie enthält keine
abtrennbaren Regelungen, die für sich isoliert betrachtet eigenständig und rechtmäßig
sind und deshalb unter Berücksichtigung der Ziele des Normgebers als Teilregelungen
bestehen bleiben könnten (vgl zur Abteilbarkeit von Normen eines Normgefüges bei der
objektiven Prüfung im Normenkontrollverfahren nach § 47 Verwaltungsgerichtsordnung,
an das sich das Verfahren nach § 55a SGG anlehnt, Bundesverwaltungsgericht
Beschluss vom 18.7.1989 - 4 N 3/87 - BVerwGE 82, 225 = juris RdNr 22, 26
bis 28; BVerwG Beschluss vom 4.6.1991 - 4 NB 35/89 - BVerwGE 88, 268 = juris RdNr 15
bis 16, 24 bis 31; BVerwG Urteil vom 19.9.2002 - 4 CN 1/02 - BVerwGE 117, 58 = juris
RdNr 12 bis 13; BVerwG Urteil vom 17.2.2005 - 7 CN 6/04, juris RdNr 15; BVerwG Urteil
vom 9.4.2008 - 4 CN 1/07 - BVerwGE 131, 100 = juris RdNr 13). Hierfür streitet auch der
der Rechtsprechung des BVerwG zu entnehmende Grundsatz, dass die Teilunwirksamkeit
zur Gesamtunwirksamkeit eine von besonderen Umständen abhängende Ausnahme
darstellt (vgl BVerwG Beschluss vom 24.4.2013 - 4 BN 22/13 - juris RdNr 3 mwN). Eine
solche Ausnahme kommt hier nicht in Betracht, weil mit der Rechtswidrigkeit der
Gesamtangemessenheitsgrenze nach § 4 WAV auf der Grundlage des durch den
Antragsgegner verfolgten Bruttowarmmietenkonzepts die WAV in ihrem Kern betroffen ist.
Diese steht und fällt mit der Gesamtangemessenheitsgrenze, auf die die weiteren
Verordnungsregelungen bezogen sind.
52 a) Insbesondere ist die Bestimmung der angemessenen Höhe der Bruttokaltmiete nach § 3
Abs 2 WAV durch die rechtswidrige Bestimmung der angemessenen Aufwendungen für
die Heizung nach § 3 Abs 3 WAV sowie der Gesamtangemessenheitsgrenze nach § 4
WAV "infiziert". Zutreffend hat das LSG insoweit - auch unter Hinweis auf die aus den
beigezogenen Verwaltungsvorgängen ersichtliche Entstehungsgeschichte der WAV -
ausgeführt, es könne nicht festgestellt werden, dass der Verordnungsgeber zumindest die
Referenzmiete bruttokalt nach § 3 Abs 2 WAV so wie geschehen festgelegt haben würde,
wenn die Unwirksamkeit der ausgehend hiervon im Weiteren in der WAV bestimmten
Gesamtangemessenheitsgrenzen bekannt gewesen sein würde. Denn aus der
Entstehungsgeschichte der WAV ergibt sich, dass das Bruttowarmmietenkonzept vom
Antragsgegner verfolgt worden ist, um Kostensenkungsverfahren, die durch die
festgelegten Bruttokaltmieten erforderlich werden könnten, weitgehend zu vermeiden. Die
Bruttokaltmiete ist ersichtlich in Kenntnis des Aufstockungspotentials eines hohen Werts
für Heizkosten im Rahmen einer Gesamtangemessenheitsgrenze festgelegt worden und
danach so eng mit dieser Grenze verflochten, dass ihre Abtrennbarkeit unter
Berücksichtigung der Ziele des Normgebers ausscheidet.
53 Es ist die Folge des vom Antragsgegner zugrunde gelegten Bruttowarmmietenkonzepts,
dass die Gesamtangemessenheitsgrenze insgesamt rechtswidrig und unwirksam ist, wenn
nur einer der zu ihrer Bildung herangezogenen Werte rechtswidrig ist. Mit der
Unwirksamkeit der Gesamtangemessenheitsgrenze nach § 4 WAV geht einher, dass auch
die anderen zu ihrer Bildung nach § 3 WAV herangezogenen Werte, einschließlich der als
angemessen anerkannten Wohnfläche nach § 3 Abs 1 WAV, diese Unwirksamkeit teilen,
selbst wenn sie für sich isoliert betrachtet rechtmäßig ermittelt sein sollten, weil sie
mangels Abtrennbarkeit als Teilregelungen bei Unwirksamkeit der
Gesamtangemessenheitsgrenze keinen Bestand haben können. Mit der Unwirksamkeit
der Gesamtangemessenheitsgrenze nach § 4 WAV ist die Regelung zu ihren
Datengrundlagen in § 3 WAV insgesamt unwirksam.
54 Damit aber weist die WAV keinen wirksamen Mindestinhalt nach § 22b Abs 1 Satz 1 SGB
II mehr auf, den eine auf die §§ 22a bis 22c SGB II gestützte untergesetzliche Norm nach
Bundesrecht aufzuweisen hat. Die Rechtswidrigkeit und Unwirksamkeit von §§ 3 und 4
WAV führen schon deshalb zur Unwirksamkeit der übrigen Regelungen der WAV, die aber
auch ohnehin alle auf die den Kern der WAV bildenden Regelungen in §§ 3 und 4 WAV
bezogen und neben diesen nicht eigenständig lebensfähig sind.
55 Dies gilt auch für die Sonderregelung des § 6 WAV zu die
Gesamtangemessenheitsgrenze nach § 4 WAV überschreitenden besonderen Bedarfe für
Unterkunft und Heizung, die an das Überschreiten des rechtswidrig bestimmten Richtwerts
nach § 4 WAV anknüpft. Mangels Abtrennbarkeit dieser Regelung kommt es vorliegend
nicht entscheidungserheblich darauf an, ob - was das LSG geprüft und bejaht hat - § 6
WAV auch deshalb unwirksam ist, weil er seinerseits keine allein ermächtigungskonforme
Bestimmung abstrakt angemessener besonderer Bedarfe enthält. Doch weicht die Prüfung
des LSG nicht von den bundesrechtlichen Anforderungen an Sonderregelungen für
besondere Bedarfe nach § 22b Abs 3 SGB II ab, die der Senat in seinem Urteil vom
17.10.2013 formuliert hat (B 14 AS 70/12 R, aaO, RdNr 34 bis 38).
56 b) Der Gesamtunwirksamkeit der WAV steht nicht entgegen, dass diese mit ihrer
Anknüpfung an zu hohe Werte für Heizkosten im Rahmen einer
Gesamtangemessenheitsgrenze für Leistungen nach dem SGB II beanspruchende
Personen potentiell begünstigend wirkt. Auch ist nicht dem Argument des Antragsgegners
in seiner Revision zu folgen, die Bestimmung angemessener Heizkosten als Bestandteil
der Gesamtangemessenheitsgrenze auf der Grundlage des bundesweiten Heizspiegels
führe zur Bedarfsdeckung in allen Einzelfällen und die Einbeziehung offensichtlich hoher
Werte zu einer grundsicherungsrechtlich sicheren Lösung. Denn angemessen sind weder
zu niedrig noch zu hoch bemessene Bedarfe für Unterkunft und Heizung. Vielmehr werden
diese nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II allenfalls in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen
anerkannt, soweit diese angemessen sind. Der Korridor angemessener Aufwendungen
wird nach oben durch die tatsächlichen Aufwendungen und nach unten durch eine mit
dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum unvereinbare
Bedarfsanerkennung begrenzt. In diesem Korridor gibt es einerseits keine feststehende
Obergrenze der Angemessenheit, andererseits nicht die Möglichkeit, höhere als nach den
maßgeblichen Verhältnissen des einfachen Standards auf dem örtlichen Wohnungsmarkt
angemessene Aufwendungen anzuerkennen, denn diese Verhältnisse sind
realitätsgerecht abzubilden. Von dieser Vorgabe der Angemessenheit befreit auch nicht
die Ermächtigung zu untergesetzlicher Normsetzung in § 22a Abs 1 SGB II (vgl § 22a Abs
3 Satz 1, § 22b Abs 1 Satz 4 SGB II).
57 In einem - wie hier - zulässig angestrengten Normenkontrollverfahren nach § 55a SGG als
neben dem Individualrechtsschutz der objektiven Rechtskontrolle dienenden Verfahren
kommt es entscheidend ohnehin nicht auf die Wirkungen der zur Überprüfung gestellten
Normen, auf ihre Vorteile oder Nachteile im Einzelfall, sondern auf ihre Übereinstimmung
mit dem höherrangigen Recht an, denn es ist nach § 55a Abs 1 SGG über ihre Gültigkeit
und nicht über eine individuelle Rechtsverletzung zu entscheiden. Es kann deshalb die
untergesetzliche normative Bestimmung angemessener Bedarfe für Unterkunft und
Heizung nicht dadurch in dem objektiven Rechtsbeanstandungsverfahren nach § 55a
SGG vor rechtlicher Kritik geschützt werden, dass sie weitergehende als die durch das
höherrangige Gesetzesrecht in § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II vorgegebenen angemessenen
Bedarfe berücksichtigt (vgl zum Normenkontrollverfahren als objektivem
Rechtsbeanstandungsverfahren Axer, SGb 2013, 669, 672; Keller in Meyer-
Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 55a RdNr 2, 19, 22; Luik, ZFSH/SGB
2013, 683, insbes 687 f; Schreiber in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 55a RdNr 2,
18).
58 c) Auch unangemessen zu hoch bemessene Bedarfe können zudem auf längere Sicht
nachteilige Wirkungen haben, weil sie geeignet sind, die Marktverhältnisse zu verzerren
und auf dem örtlichen Wohnungsmarkt preissteigernd zu wirken (zu den
Wirkungszusammenhängen zwischen Kosten der Unterkunft und lokalen
Wohnungsmärkten vgl Forschungen Heft 142: "Kosten der Unterkunft und die
Wohnungsmärkte. Auswirkungen der Regelungen zur Übernahme der Kosten der
Unterkunft auf Transferleistungsempfänger und Kommunen", hrsg vom Bundesministerium
für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sowie Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und
Raumforschung, 2009).
59 Schließlich können unangemessen zu hoch bemessene Bedarfe für Unterkunft und
Heizung, für die der Antragsgegner die Finanzierungslast nicht allein trägt, auch bewirken,
dass die zweckgebundene Beteiligung des Bundes an den Leistungen für Unterkunft und
Heizung nach § 46 Abs 5 SGB II zu hoch ausfällt (vgl zur Möglichkeit von
Schadenersatzansprüchen des Bundes BSG Urteil vom 15.12.2009 - B 1 AS 1/08 KL -
BSGE 105, 100 = SozR 4-1100 Art 104a Nr 1).
60 8. Da die WAV vom 3.4.2012 insgesamt unwirksam ist, besteht für den Senat kein Anlass,
sich auf "Fehlersuche" zu begeben (vgl dazu BVerwG Urteil vom 17.4.2002 - 9 CN 1/01 -
BVerwGE 116, 188 = juris RdNr 42 bis 44), ob die WAV oder einzelne ihrer Regelungen
auch aus anderen rechtlichen Gründen rechtswidrig sein könnten, und auch keine
Veranlassung zur Prüfung, ob nicht abtrennbare Teilregelungen der WAV mit
höherrangigem Recht bei isolierter Betrachtung vereinbar sein könnten (noch enger Axer,
SGb 2013, 669, 672: "keine Kompetenz zu allgemeinen rechtsgutachtlichen
Ausführungen"; weniger streng BVerwG Beschluss vom 11.12.2002 - 4 BN 16/02 -
BVerwGE 117, 239 = juris RdNr 8: Weiterprüfung als "nobile officium"). Insbesondere
besteht kein Anlass zur revisionsgerichtlichen Prüfung, ob die Bestimmung der
angemessenen Höhe der Aufwendungen für die Unterkunft nach § 3 Abs 2 WAV
rechtlicher Kontrolle standhält. Vielmehr ist es dem Antragsgegner überlassen, ob und in
welcher Weise durch eine erneute Ausübung der Normsetzungsermächtigung in §§ 22a
bis 22c SGB II iVm § 8 AG-SGB II der Weg zur Bestimmung der Höhe angemessener
Aufwendungen für Unterkunft und ggf Heizung im Land Berlin durch Erlass einer neuen
Verordnung beschritten wird.
61 9. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.