Urteil des BSG vom 06.02.2001

BSG: grobe fahrlässigkeit, einkünfte, rückforderung, veranlagung, einspruch, verwaltung, begriff, gesetzesmaterialien, beendigung, ergänzung

Bundessozialgericht
Urteil vom 06.02.2001
Sozialgericht München
Bundessozialgericht B 10 LW 19/99 R
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 9. September 1999 wird
zurückgewiesen. Die Beklagte hat den Klägern die außergerichtlichen Kosten auch für das Revisionsverfahren zu
erstatten.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Berechtigung der Beklagten, das Ruhen des Anspruchs auf Beitragszuschuß für einen
Zeitraum anzuordnen, während dessen die Kläger den letzten Einkommensteuerbescheid nicht vorgelegt hatten.
Die Kläger waren als Landwirt bzw dessen Ehegattin bei der Beklagten versichert (§ 1 Abs 2, Abs 3 Gesetz über die
Alterssicherung der Landwirte (ALG)) und erhielten Beitragszuschuß (§ 32 ALG). Ihre Pflicht zur zeitgerechten Vorlage
des sich auf das jeweils zeitnächste Veranlagungsjahr beziehenden Einkommensteuerbescheides (§ 32 Abs 4, Abs 3
Satz 4 Nr 1 ALG) waren sie hinsichtlich des erst am 30. Juli 1996 vorgelegten Einkommensteuerbescheides für 1993
vom 29. Juni 1995 nicht nachgekommen; mit Bescheid vom 2. August 1996 hatte deshalb die Beklagte verfügt, der
Beitragszuschuß sei für die Zeit vom 1. Oktober 1995 bis 31. Juli 1996 zum Ruhen gekommen; über eine eventuelle
Rückforderung werde ein gesonderter Bescheid ergehen. Nachdem die Neuregelung des § 107a ALG in Kraft getreten
war, berechnete die Beklagte mit Bescheid vom 10. Juni 1997 den Beitragszuschuß der Kläger für die Zeit ab
September 1995 bis Juli 1996 neu; die sich hieraus ergebende Überzahlung in Höhe von DM 176,- verrechnete sie mit
dem laufenden Zuschuß. Nach den Feststellungen des Sozialgerichts (SG) legten die Kläger am 26. Februar 1998 der
Beklagten den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1996 vom 2. Februar 1998 und den Einkommensteuerbescheid
für 1995 vom 19. September 1997 vor; letzterer war nach Angaben der Kläger bislang nicht an die Beklagte
weitergegeben worden, da der Steuerberater hiergegen einen noch nicht beschiedenen Einspruch eingelegt habe.
Daraufhin erließ die Beklagte unter dem 1. April 1998 die angefochtenen Bescheide; hierin hob sie für die Zeit vom 1.
November 1997 bis zum 31. März 1998 (die Beklagte war von einem Zugang des Einkommensteuerbescheides für
1995 erst im März 1998 ausgegangen) die Bewilligung des Beitragszuschusses gemäß § 32 Abs 4 ALG auf und
forderte den zu Unrecht gezahlten Beitragszuschuß (in Höhe von jeweils DM 924,-) zurück (negative
Widerspruchsbescheide vom 28. April 1998).
Auf die Klagen hob das SG München mit Urteil vom 9. September 1999 die angefochtenen Bescheide in vollem
Umfang auf. Ein Ruhen des Anspruchs auf Beitragszuschuß mit der hiermit verbundenen Rückforderung als Sanktion
für die nicht rechtzeitige Vorlage des Einkommensteuerbescheides verstoße gegen den
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Wenn der "automatische" Eintritt des Ruhens für die Vergangenheit (im
Umkehrschluß zur Übergangsregelung des § 107a ALG) zwar für die Fälle des Fristablaufs nach dem 31. Dezember
1996 vom Gesetzgeber gewollt zu sein scheine, aber gleichwohl rechtsstaatlich bedenklich bleibe, so müsse
wenigstens auf der letzten Ebene, nämlich bei der Rückforderung, eine Milderung der zu harten Konsequenzen des
Ruhens nach § 32 Abs 4 ALG vorgesehen werden. Bei der insoweit angebrachten allenfalls analogen Anwendung des
§ 50 Abs 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) sei ein Ermessen auszuüben; als Entscheidungskriterium
sei auf die Intensität des Verschuldens des Versicherten abzustellen. Sei der Bescheid nur leicht fahrlässig nicht
rechtzeitig vorgelegt worden, so komme eine Rückforderung nicht in Betracht; bei grober Fahrlässigkeit jedoch
reduziere sich der Ermessensspielraum auf Null, und die gesetzlich angeordnete Ruhensfolge löse einen
Rückforderungsanspruch aus. Im Einzelfall der Kläger sei ihr Verhalten als nur leicht fahrlässig anzusehen.
Mit ihrer (Sprung-)Revision trägt die Beklagte vor, das Urteil des SG widerspreche Wortlaut und Zweckbestimmung
der Ruhensvorschrift des § 32 Abs 4 ALG. Den aus dieser Regelung folgenden Härten habe der Gesetzgeber lediglich
mit der Ausnahmebestimmung des § 107a ALG nur für den Zeitraum vor dem 1. Januar 1997 Rechnung getragen. Die
Regelung sei auch insgesamt verfassungsmäßig.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 9. September 1999 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.
Die Kläger verteidigen im Ergebnis das Urteil des SG und beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche
Verhandlung (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) einverstanden erklärt.
II
Die Revision der Beklagten erweist sich auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung des Senats (1) als
unbegründet. Das in den angefochtenen Bescheiden festgestellte Ruhen des Beitragszuschusses auch für den Monat
März 1998 - und die insoweit geltend gemachte Rückzahlungsforderung - scheitert bereits daran, daß die Kläger für
diesen Zeitraum der Beklagten bereits den zeitnäheren Einkommensteuerbescheid für 1996 vorgelegt hatten (2); für
den verbleibenden Zeitraum sind hingegen die angefochtenen Bescheide insoweit rechtswidrig, als die Beklagte das
ihr zustehende Ermessen nicht ausgeübt hat, ob sie die den Klägern gezahlten - und ihnen nach den tatsächlichen
Einkommensverhältnissen zustehenden - Beitragszuschüsse in vollem Umfang zurückfordert (3).
(1)
Der Senat geht hierbei von folgenden Grundsätzen aus (vgl insoweit im einzelnen das Senatsurteil vom 17. August
2000 - B 10 LW 8/00 R, das den Beteiligten zur Kenntnis gegeben wurde):
Das mit dem ALG eingeführte Verfahren zur Berechnung des Beitragszuschusses (neue Anrechnungsmethode) stellt
maßgeblich auf jene Einkünfte ab, die sich aus dem letzten (dem sich auf das zeitnächste Veranlagungsjahr
beziehenden) Einkommensteuerbescheid ergeben (wenn für eines der letzten vier Kalenderjahre eine Veranlagung zur
Einkommensteuer erfolgt ist): § 32 Abs 3 Satz 4 Nr 1 ALG. Damit ist die Alterskasse darauf angewiesen, jeweils die
neuesten Einkommensteuerbescheide zu erhalten. Deshalb regelt § 32 Abs 4 Satz 1 Halbsatz 1 ALG, daß ihr der
Einkommensteuerbescheid spätestens zwei Kalendermonate nach seiner Ausfertigung vorzulegen ist (also bei
Ausfertigung im September - wie hier - spätestens bis Ende November). Geschieht dies, so werden die sich hieraus
ergebenden Änderungen vom ersten des auf die Vorlage des Bescheides folgenden Kalendermonats an berücksichtigt
(§ 32 Abs 4 Satz 2 ALG; also bei Ausfertigung im September und rechtzeitiger Vorlage, je nach Vorlagemonat, ab 1.
Oktober, 1. November oder 1. Dezember).
Wird der Einkommensteuerbescheid erst verspätet vorgelegt, so ergeben sich hieraus unterschiedliche
Konsequenzen, je nachdem, ob sich nach den Feststellungen im Steuerbescheid ein niedrigerer (a) oder ein gleich
hoher oder höherer (b) Beitragszuschuß errechnet als bisher gezahlt.
(a) Soweit sich die Festsetzungen in dem neuen, der Alterskasse verspätet vorgelegten Einkommensteuerbescheid
negativ auf den Beitragszuschuß auswirken - also zu einem niedrigeren oder gar keinem Anspruch führen -, erfolgt ab
dem Beginn des dritten Kalendermonats nach Ausfertigung des Einkommensteuerbescheides (vgl § 107a Satz 2
ALG, also bei Ausfertigung im September - wie hier - ab 1. Dezember) eine Neufeststellung, und der Landwirt hat die
entsprechende Überzahlung in jedem Fall zu erstatten. Dies folgt - auch ohne die Ruhensvorschrift des § 32 Abs 4
Satz 1 Halbsatz 2 ALG - aus der Regelung des § 32 Abs 4 Satz 1 Halbsatz 1 iVm § 34 Abs 4 ALG; nach der
letztgenannten Vorschrift ist bei einer Änderung der für den Beitragszuschuß maßgebenden Verhältnisse die bisherige
Bewilligung vom Zeitpunkt der Änderung an aufzuheben. Da diese Sonderregelung zu § 48 Abs 1 SGB X
rückwirkende Neufeststellungen zu Lasten des Betroffenen erlaubt, ohne Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes zu
berücksichtigen (hierzu Senatsurteil vom 8. Oktober 1998, SozR 3-5868 § 32 Nr 2 S 14), kann der Betroffene
jedenfalls keinen Vorteil daraus ziehen, daß der Alterskasse ein neuer, maßgeblicher Einkommensteuerbescheid erst
verspätet bekannt wird. Der überzahlte Beitragszuschuß ist zurückzuzahlen (§ 50 Abs 1 SGB X).
(b) Soweit nicht bereits nach den Grundsätzen zu (a) der gesamte Beitragszuschuß zurückzuzahlen ist, greift die
Ruhensvorschrift des § 32 Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 ALG ein: Hiernach ruht - wird der Einkommensteuerbescheid nicht
rechtzeitig vorgelegt - der Beitragszuschuß vom Beginn des Monats, in dem der Bescheid (gemeint: noch) fristgemäß
hätte vorgelegt werden können (hier also ab 1. November) bis zum Ablauf des Monats der tatsächlichen Vorlage (bei
Vorlage im Februar des Folgejahres also bis zum Ende jenes Monats): Die Regelung setzt bereits vom Tatbestand
her ein Verschulden voraus (s hierzu das Senatsurteil vom 17. August 2000 - B 10 LW 8/00 R unter II 1, S 8 des
Umdrucks). Die Leistungsbewilligung ist insoweit aufzuheben. Dies geschieht naturgemäß stets rückwirkend, da der
Alterskasse die Existenz eines neuen Einkommensteuerbescheides nicht bereits mit seinem Erlaß bekannt wird. Die
Aufhebung der Leistungsbewilligung mit Wirkung für die Vergangenheit (wegen des nachträglich festgestellten
Ruhens) ist auch hier ohne weitere Voraussetzungen und ohne Rücksicht auf einen etwaigen Vertrauensschutz
möglich (§ 34 Abs 4 ALG); ein für den Ruhenszeitraum gezahlter Beitragszuschuß ist dann zurückzuzahlen (§ 50 Abs
1 SGB X).
Der Ruhensvorschrift des § 32 Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 ALG kommt damit ein reiner Sanktionscharakter zu. Sie ist
unter entsprechender Anwendung des § 67 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) verfassungskonform
einschränkend auszulegen: Die Alterskasse hat ein Ermessen auszuüben, ob der im Ruhenszeitraum ausgezahlte
und nach dem maßgeblichen Steuerbescheid auch zustehende Beitragszuschuß in voller Höhe ruht oder lediglich
teilweise (Senatsurteil vom 17. Augsut 2000 - B 10 LW 8/00 R unter II 3 und 4, S 13 ff des Umdrucks).
(2)
Auf dieser Grundlage kommt von vornherein weder ein Ruhen noch eine Neufeststellung des Beitragszuschusses (mit
Rückzahlungspflicht) für den Monat März 1998 in Betracht, für den nach § 32 Abs 4 Satz 2 ALG die im (neueren)
Einkommensteuerbescheid für 1996 vom 2. Februar 1998 (der Beklagten vorgelegt am 26. Februar 1998)
festgesetzten Einkünfte der Berechnung des Beitragszuschusses zugrunde zu legen waren.
Ab dem Zeitpunkt, in dem ein Einkommensteuerbescheid für ein zeitnäheres Veranlagungsjahr der Berechnung des
Beitragszuschusses zugrunde zu legen ist, verlieren Steuerbescheide für weiter zurückliegende Veranlagungsjahre
jegliche Bedeutung für die Berechnung des Beitragszuschusses. Dies folgt aus der Regelung des § 32 Abs 3 Satz 4
Nr 1 ALG; hiernach sind maßgebend für die Feststellung des Einkommens nach § 32 Abs 3 Satz 3 Nr 1 - und damit
auch für das Jahreseinkommen des § 32 Abs 3 Satz 1 und das jährliche Einkommen des § 32 Abs 2 ALG - die
Einkünfte, die sich aus dem Einkommensteuerbescheid mit dem zeitnächsten Veranlagungsjahr ergeben (sofern eine
Veranlagung zur Einkommensteuer für eines der letzten vier Kalenderjahre erfolgt ist). Änderungen des Einkommens
werden vom ersten des auf die Vorlage des Bescheides folgenden Kalendermonats berücksichtigt (§ 32 Abs 4 Satz 2
ALG).
Dies bedeutet aber nichts anderes, als daß ab der Vorlage eines Einkommensteuerbescheides für ein zeitnäheres
Veranlagungsjahr (hier: des Einkommensteuerbescheides für 1996 vom 2. Februar 1998, vorgelegt am 26. Februar
1998) sämtliche Einkommensteuerbescheide für die Vorjahre (seien sie vorläufig oder endgültig, Erst- oder
Änderungs-Bescheide) jegliche Relevanz im Verfahren über den Beitragszuschuß für spätere Zeiträume (hier: ab März
1998) verlieren. Dies wird insbesondere dann deutlich, wenn vor dem Erlaß des Einkommensteuerbescheides zB für
1996 noch die erstmalige Festsetzung der Einkommensteuer für 1995 aussteht. Dann ist ein hierüber später noch
ergehender Bescheid - gleichgültig, welche Einkünfte auch immer er auswiese - für den Beitragszuschuß von
vornherein unbeachtlich; bei einer solchen - zugegebenermaßen außergewöhnlichen - Fallkonstellation entsteht
hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides für 1995 nach § 34 Abs 4 Satz 1 Halbsatz 1 ALG von vornherein keine
Vorlagepflicht. Ganz entsprechend können aber auch nach Halbsatz 2 aaO für Zeiträume nach Vorlage eines
zeitnäheren Einkommensteuerbescheides aus der verspäteten Vorlage eines früheren Steuerbescheides keine
nachteiligen Folgerungen mehr gezogen werden.
Diese Auffassung hält den vorgetragenen Gegenargumenten stand. Insoweit geht die Beklagte davon aus, der
Wortlaut des § 32 Abs 4 Satz 1 ALG lasse keine entsprechende Differenzierung zu; wäre er im vom Senat vertretenen
Sinne auszulegen, hätte der zweite Halbsatz jener Vorschrift nach ihrer Ansicht wie folgt formuliert sein müssen: " ...;
nach Ablauf dieser Frist ruht die Leistung von Beginn des Monats, in dem der Bescheid fristgemäß hätte vorgelegt
werden können, bis zum Ablauf des Monats in dem dieser oder der mittlerweile nach Abs 3 Satz 4 Nr 1
maßgebendeBescheid vorgelegt wird."
Dieser Argumentation ist entgegenzuhalten, daß mit dem in § 32 Abs 4 Satz 1 ALG - sowohl im ersten als auch im
zweiten Halbsatz genannten - "Einkommensteuerbescheid" nicht zwingend jeder Bescheid, unabhängig vom
maßgeblichen Veranlagungsjahr, gemeint ist. Vielmehr liegt durchaus nahe, daß sich der hier verwandte Begriff
"Einkommensteuerbescheid" auch ohne nähere Erläuterung auf den Einkommensteuerbescheid iS des § 32 Abs 3
Satz 4 Nr 1 ALG bezieht, also den "sich auf das zeitnächste Veranlagungsjahr beziehende(n)
Einkommensteuerbescheid"; dies ist auch der einzige Einkommensteuerbescheid, der in der Vorschrift des § 32 ALG
vor ihrem Abs 4 Satz 1 ALG überhaupt erwähnt wird.
Ebensowenig bedeutet ein Vorgehen nach der Auslegung des Senats, daß - wie die Beklagte meint - die Alterskasse
nicht sicher sein könne, ob ihr der jeweils zeitnächste Einkommensteuerbescheid vorliege und ob in einem weiteren
Bescheid nicht evtl abweichende Einkommensdaten enthalten seien. Es mag zwar zutreffen, daß sämtliche
Einkommensteuerbescheide bekannt sein müssen, um über das Ruhen und die verfahrensrechtlichen Konsequenzen
entscheiden zu können. Es ist jedoch auch Aufgabe der Alterskasse, den Gründen für ungewöhnlich erscheinende
Abfolgen ihr eingereichter Einkommensteuerbescheide nachzugehen - wie sie es auch im vorliegenden Fall getan hat,
als ihr der Einkommensteuerbescheid für 1996 eingereicht wurde, obwohl der Bescheid für 1995 noch nicht vorlag.
Eine Ruhenssanktion auch insoweit an die Nichtvorlage von Einkommensteuerbescheiden anzuknüpfen, als sie schon
nach dem Veranlagungsjahr nicht mehr für die Berechnung des Beitragszuschusses einschlägig sein können, würde
das Übermaßverbot (vgl das Senatsurteil vom 17. August 2000 - B 10 LW 8/00 R, unter II 2 und 3, S 10 ff des
Umdrucks) verletzen.
(2)
Hinsichtlich des hiernach noch streitigen Zeitraums von November 1997 bis Februar 1998 sind die angefochtenen
Bescheide deshalb aufzuheben, weil eine Ermessensentscheidung der Verwaltung darüber fehlt, ob den Klägern der
Beitragszuschuß zum Teil zu belassen ist. Es sei insoweit auf die Ausführungen unter II 3 und 4 des Senatsurteils
vom 17. August 2000 - B 10 LW 8/00 R - verwiesen.
Wie bereits vom SG angenommen, entfiel das Ruhen gemäß § 34 Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 ALG nicht etwa bereits
deshalb, weil der hier maßgebliche Einkommensteuerbescheid für 1995 - nach ihrem Vortrag - von den Klägern
angefochten und deshalb nicht bestandskräftig geworden war. Denn die Vorlagepflicht des § 32 Abs 4 Satz 1 Halbsatz
1 ALG erstreckt sich jedenfalls auf alle Einkommensteuerbescheide, die sich auf die zeitnächste Veranlagung
beziehen - hier also bis zur Vorlage des Einkommensteuerbescheides für 1996 vom 2. Februar 1998 am 26. Februar
1998 die Veranlagung für 1995 -, einerlei, ob es sich insoweit um von den vorlagepflichtigen Landwirten akzeptierte
oder von diesen angefochtene Einkommensteuerbescheide handelt. Dies ergibt sich nicht nur eindeutig aus den
einschlägigen Gesetzesmaterialien (BT-Drucks 12/5700, S 77 zu § 32 Abs 4 des Entwurfs: "Ferner ist nicht nur ein
bindender Steuerbescheid, sondern auch ein vorläufiger bzw noch nicht rechtskräftiger Bescheid vorzulegen"),
sondern folgt aus unmittelbaren Sachzwängen. Denn sonst könnte ein Betroffener einen für seinen Beitragszuschuß
ungünstigen, da hohe Einkünfte ausweisenden, Einkommensteuerbescheid schon deswegen für die Berechnung des
Beitragszuschusses unbeachtlich machen, daß er ihn anficht. Dann bestünde eine gute Chance, daß, wäre über den
Einspruch nicht rechtskräftig entschieden, bis der Einkommensteuerbescheid über ein Folgejahr mit niedrigeren
Einkünften vorliegt, die hohen Einkünfte sich nie mindernd auf den Beitragszuschuß auswirken könnten. Es könnten
auf diese Weise nicht unerhebliche, materiell nicht zustehende Vorteile erlangt werden.
Im Falle der Kläger ist nach den im Revisionsverfahren nicht angefochtenen Feststellungen des SG die
Ruhensvoraussetzung eines Verschuldens der Kläger (hierzu Senatsurteil vom 17. August 2000 - B 10 LW 8/00 R,
unter II 1 der Gründe) gegeben. Das SG hat zwar eine grobe Fahrlässigkeit mangels förmlicher Beendigung der
"Rückforderungsangelegenheit" im Anschluß an den früheren Ruhensbescheid vom 2. August 1996 ausgeschlossen,
gleichzeitig jedoch vorausgesetzt, daß die Kläger weiterhin von einer Vorlagepflicht ausgehen mußten, selbst wenn
sie nicht ganz unplausible Gründe gehabt hätten, diese "etwas weniger streng zu sehen". Diese Feststellung stimmt
auch damit überein, daß die Beklagte die Kläger darüber aufgeklärt hatte, sie hätten "den jeweils aktuellen
Einkommensteuerbescheid" vorzulegen.
Für den noch streitigen Zeitraum von November 1997 bis Februar 1998 kommt jedoch von vornherein ein Ruhen
wegen für die Höhe des Beitragszuschusses ungünstigerer Festsetzungen in dem neuen, der Alterskasse verspätet
vorgelegten Einkommensteuerbescheid für 1995 (mit Rückforderung des insoweit überzahlten Teils) nicht in Betracht
(s hierzu das Senatsurteil vom 17. August 2000 - B 10 LW 8/00 R, unter II 1 der Gründe). Das SG ist (auf S 13, 1.
Abs seines Urteils) davon ausgegangen, daß auch unter Berücksichtigung des Einkommensteuerbescheides für 1995
vom 19. September 1997 hinsichtlich des Anspruchs auf Beitragszuschuß "unveränderte
Tatbestandsvoraussetzungen" vorgelegen hätten. (Berücksichtigt man den gesamten Akteninhalt - auf den das SG
zur Ergänzung des Tatbestandes verwiesen hat - könnte bei rechtzeitiger Vorlage des Steuerbescheides jedenfalls für
Januar und Februar 1998 sogar ein etwas höherer Zuschuß zugestanden haben: s die Vorgänge Bl 27, 36 und 42 der
Beklagten-Akten).
Andererseits jedoch führt - wie vom Senat im Urteil vom 17. August 2000 - B 10 LW 8/00 R (unter II 3 der Gründe)
näher erläutert - entgegen der Rechtsansicht des SG das Vorliegen einer nur leichten Fahrlässigkeit hinsichtlich der
nicht rechtzeitigen Vorlage des Einkommensteuerbescheides für 1995 nicht dazu, daß jeglicher
Rückforderungsanspruch der Beklagten gegen die Kläger entfällt. Bei der ihr obliegenden Ermessensentscheidung
über die Rückforderung an sich zustehender Beitragszuschüsse kann jedoch - neben der Erwägung, daß die Kläger
bei rechtzeitiger Vorlage des Steuerbescheides für 1995 sogar noch Anspruch auf einen höheren Beitragszuschuß
gehabt hätten - die Berücksichtigung der vom SG angeführten Umstände durchaus sachgerecht sein. Zwingende
Maßstäbe können den Alterskassen insoweit nicht vorgegeben werden.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.