Urteil des BSG vom 21.07.2009
BSG: wichtiger grund, freistellung von der arbeit, besondere härte, sozialversicherung, arbeitslosigkeit, altersrente, begriff, arbeitsentgelt, risikoverteilung, absicht
Bundessozialgericht
Urteil vom 21.07.2009
Sozialgericht Dortmund S 30 (28) AL 44/06
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 12 AL 47/07
Bundessozialgericht B 7 AL 6/08 R
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20.2.2008
aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Gründe:
I
1
Im Streit ist die Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 1.10. bis 23.12.2005, für die die Beklagte den
Eintritt einer Sperrzeit festgestellt hat.
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Der im Jahr 1942 geborene Kläger stand bis 30.9.2005 bei der Firma H in einem Arbeitsverhältnis. Zuvor hatte er im
November 2001 mit der Rechtsvorgängerin der Arbeitgeberin Altersteilzeit vereinbart, durch die das bis dahin
unbefristete Arbeitsverhältnis ab 1.4.2002 in ein bis 30.9.2005 befristetes Arbeitsverhältnis, beginnend mit einer
Arbeitsphase bis 31.12.2003 und einer daran anschließenden Freistellungsphase, umgewandelt worden war (so
genanntes Blockmodell). Nachdem sich der Kläger zum 1.10.2005 arbeitslos gemeldet hatte, bewilligte die Beklagte
Alg erst ab 24.12.2005. Für die Zeit vom 1.10. bis 23.12.2005 (12 Wochen) stellte die Beklagte durch gesonderten
Bescheid den Eintritt einer Sperrzeit fest (Bescheid vom 16.11.2005; Widerspruchsbescheid vom 20.1.2006). Alg
bezog der Kläger bis 30.9.2007; danach wurde ihm Regelaltersrente gezahlt.
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Das Sozialgericht (SG) Dortmund hat die Beklagte "unter Abänderung ihres Bescheides vom 16.11.2005 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.1.2006 verurteilt, an den Kläger auch für die Zeit vom 1.10. - 23.12.2005
Alg nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen" (Urteil vom 18.4.2007). Auf die Berufung der
Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen das Urteil des SG "geändert und die Klage
abgewiesen" (Urteil vom 20.2.2008). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, es lägen die
Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit nach § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch -
Arbeitsförderung - (SGB III) vor. Der Kläger habe durch Abschluss des Altersteilzeitvertrages sein
Beschäftigungsverhältnis gelöst; Anhaltspunkte für einen wichtigen Grund iS von § 144 Abs 1 SGB III seien nicht
ersichtlich. Entgegen der Ansicht des SG, das den Sperrzeitbeginn auf den 1.1.2004 datiert habe, habe
Beschäftigungslosigkeit (erst) ab 1.10.2005 vorgelegen, so dass die Sperrzeit erst ab diesem Zeitpunkt zu laufen
begonnen habe.
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Mit der Revision rügt der Kläger, das LSG habe den Begriff der "Beschäftigungslosigkeit" iS von § 144 Abs 1 Satz 2
Nr 1 SGB III verkannt. Beschäftigungslosigkeit als tatsächliche Nichtbeschäftigung habe unabhängig vom Bestehen
eines Arbeitsverhältnisses schon ab 1.1.2004 vorgelegen; die Sperrzeit sei deshalb - wie vom SG angenommen -
bereits am 24.3.2004 abgelaufen, und für den streitigen Zeitraum stehe ihm Alg zu.
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Der Kläger beantragt, das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG
zurückzuweisen.
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Die Beklagte beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.
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Sie hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.
II
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Die Revision des Klägers ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Zu Recht hat das LSG entschieden, dass die mögliche Sperrzeit nach § 144 Abs 1 Satz
2 Nr 1 SGB III (idF, die die Norm durch das Vierte Gesetz zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und
anderer Gesetze vom 19.11.2004 - BGBl I 2902 - erhalten hat) erst mit dem Ende der Freistellungsphase zu laufen
beginnen würde (§ 144 Abs 2 SGB III). Jedoch fehlen ausreichende tatsächliche Feststellungen (§ 163 SGG) dazu, ob
sich der Kläger für sein Verhalten auf einen wichtigen Grund iS des § 144 Abs 1 Satz 1 SGB III berufen kann und eine
Sperrzeit überhaupt eingetreten ist.
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Gegenstand des Rechtsstreits und des Revisionsverfahrens ist, was das LSG übersehen hat, nicht nur der Bescheid
vom 16.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.1.2006 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte als
eigenständige Verfügung (§ 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz -
(SGB X)) den Eintritt einer Sperrzeit festgestellt hat (vgl dazu Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 3.6.2004 - B 11
AL 71/03 R - SGb 2004, 479), sondern auch der - vom LSG nicht festgestellte und auch in der Verwaltungsakte nicht
enthaltene - Bescheid der Beklagten über die Bewilligung von Alg für die Zeit ab 24.12.2005, soweit sie darin für die
Zeit vom 1.10. bis 23.12.2005 die Zahlung von Alg abgelehnt hat. Nach der Rechtsprechung des BSG bildet dieser
Bescheid eine rechtliche Einheit mit dem Sperrzeitbescheid (BSGE 84, 225, 227 = SozR 3-4100 § 119 Nr 17 S 78;
BSGE 84, 270, 271 = SozR 3-4100 § 119 Nr 19 S 93; BSGE 96, 22 ff = SozR 4-4300 § 144 Nr 12, jeweils RdNr 10).
Jenen Bescheid wird das LSG in seine Entscheidung mit einzubeziehen haben. Gegen die Bescheide wehrt sich der
Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs 1 und 4, § 56 SGG.
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Nach § 144 Abs 1 Satz 1 SGB III ruht der Anspruch auf Alg für die Dauer einer Sperrzeit, wenn der Arbeitnehmer,
ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, sich versicherungswidrig verhalten hat. Ein versicherungswidriges
Verhalten liegt nach § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB III ua vor, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis
gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat. Die Sperrzeit beginnt nach §
144 Abs 2 SGB III mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, also in Anwendung des Abs 1 Satz
2 Nr 1 mit dem ersten Tag der Beschäftigungslosigkeit. Nach § 144 Abs 3 SGB III beträgt in den Fällen des Abs 1
Satz 2 Nr 1 die Dauer der Sperrzeit zwölf Wochen (Regelsperrzeit); sie verkürzt sich nach § 144 Abs 3 Satz 2 Nr 2
Buchst b SGB III auf sechs Wochen, wenn eine Sperrzeit von zwölf Wochen nach den für den Eintritt der Sperrzeit
maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.
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Der Kläger hat sein Beschäftigungsverhältnis gelöst, indem er durch Vereinbarung mit der früheren Arbeitgeberin sein
unbefristetes Arbeitsverhältnis im Rahmen einer Altersteilzeitvereinbarung in ein befristetes umgewandelt hat.
Dadurch ist der Kläger nach Ende der Freistellungsphase beschäftigungslos geworden (dazu später). Diese
Beschäftigungslosigkeit hat er nach den Feststellungen des LSG auch vorsätzlich herbeigeführt.
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Ob der Kläger allerdings zum Zeitpunkt der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses (vgl zur Maßgeblichkeit dieses
Zeitpunkts BSGE 95, 232 ff = SozR 4-4300 § 144 Nr 11, jeweils RdNr 16), also bei Abschluss der Vereinbarung im
Jahr 2001, für sein Verhalten einen wichtigen Grund iS von § 144 Abs 1 Satz 1 SGB III hatte, lässt sich den
Feststellungen des LSG nicht entnehmen. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist über das Vorliegen eines
wichtigen Grundes iS des § 144 Abs 1 Satz 1 SGB III unter Berücksichtigung des Ziels der Sperrzeitregelung zu
entscheiden (BSG SozR 4-4300 § 144 Nr 9 RdNr 10). Die Versichertengemeinschaft soll sich gegen Risikofälle
wehren, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat, oder an deren Behebung er unbegründet nicht mithilft.
Eine Sperrzeit tritt deshalb nur ein, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles
und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten
zugemutet werden konnte. Dies könnte vorliegend der Fall sein in Hinblick auf Sinn und Zweck des
Altersteilzeitgesetzes (AltTZG), wenn der Kläger nahtlos von der Altersteilzeit in den Rentenbezug wechseln wollte
und davon auch prognostisch auszugehen war.
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Mit der Einführung der Altersteilzeit hat der Gesetzgeber nämlich das Ziel verfolgt, die Praxis der Frühverrentung
durch eine neue sozialverträgliche Möglichkeit eines gleitenden Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand
(Altersteilzeitarbeit) abzulösen (BR-Drucks 208/96, S 1, 22). Anlass für die Regelung war die gängige Praxis, dass
viele ältere Beschäftigte weit vor Erreichen der (regulären) Altersgrenze in den Ruhestand versetzt wurden, um auf
diese Weise die Belegschaft der Betriebe zu verkleinern und/oder zu verjüngen. Dies führte zu einer erheblichen
Belastung der Sozialversicherung und des Bundeshaushalts, weil sich die Entlassenen in der Regel arbeitslos
meldeten, Alg bezogen und im Anschluss daran mit Vollendung des 60. Lebensjahres die vorzeitige Altersrente wegen
Arbeitslosigkeit in Anspruch nahmen. Mit der Frühverrentungspraxis wurde von den Vorschriften der
Rentenversicherung und der Arbeitslosenversicherung in einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Weise Gebrauch
gemacht (BR-Drucks, aaO). Insbesondere für die Bundesanstalt (jetzt: Bundesagentur) für Arbeit (BA) führte diese
Frühverrentungspraxis zu erheblichen Mehrkosten (BR-Drucks, aaO, S 23). Im Ergebnis wurden damit die finanziellen
Lasten der Frühverrentungen über notwendigerweise höhere Beitragssätze zur Sozialversicherung von den Klein- und
Mittelbetrieben und ihren Arbeitnehmern getragen. Durch den Einsatz der Altersteilzeit sollten sich demgegenüber
unumgängliche betriebliche Personalanpassungsmaßnahmen durchführen lassen, ohne dass dies auf Kosten der
Solidargemeinschaft der Versicherten geschieht (BR-Drucks, aaO). Es war damit das erklärte Ziel des Gesetzgebers,
die Sozialversicherung und insbesondere die BA durch die Einführung der Altersteilzeit zu entlasten. Einem
Arbeitnehmer, der sich entsprechend dieser Gesetzesintention verhält, kann dann aber der Abschluss einer
Altersteilzeitvereinbarung nicht vorgeworfen werden.
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Dies gilt jedoch nur dann, wenn nach der Altersteilzeit auch tatsächlich eine Rente beantragt werden soll. Denn das
Ziel des Altersteilzeitgesetzes ist es, eine Nahtlosigkeit zwischen Altersteilzeitbeschäftigung und Rentenbeginn zu
erreichen und einen Zwischenschritt über die Arbeitslosigkeit und den Leistungsbezug bei der Beklagten gerade zu
vermeiden (BR-Drucks, aaO, S 27). Sollte der Kläger zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die Absicht gehabt
haben, direkt nach Abschluss der Altersteilzeit ohne "Umweg" über die Beantragung von Alg Altersrente beziehen zu
wollen, wäre ihm dieses Verhalten unter Abwägung seiner Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft nicht
vorwerfbar, wenn prognostisch von einem Ausscheiden des Klägers aus dem Arbeitsleben nach der
Freistellungsphase der Altersteilzeit auszugehen gewesen wäre. Eine insoweit rein subjektive Vorstellung des Klägers
kann, weil der wichtige Grund objektiv vorliegen muss (stRspr; vgl BSGE 92, 74 ff = SozR 4-4300 § 144 Nr 6, jeweils
RdNr 19 und BSG SozR 4-4300 § 144 Nr 14 RdNr 19), nicht genügen. Insbesondere ist für die Prognose von
Bedeutung, dass der Kläger offenbar davon ausgegangen ist, nach der Altersteilzeit ohne Abschläge eine Altersrente
erhalten zu können. Die Beurteilung seines künftigen Verhaltens ist damit aber abhängig von der rentenrechtlichen
Situation und davon, ob bzw wie der Kläger diese unter Berücksichtigung welcher Kenntnisse bzw Nachfragen bei
sachkundigen Stellen eingeschätzt hat. Darüber hinaus könnte sich ein wichtiger Grund daraus ergeben, dass dem
Kläger, wenn er nicht die entsprechende Vereinbarung mit der vormaligen Arbeitgeberin im Jahr 2001 getroffen hätte,
eine betriebsbedingte Kündigung gedroht hätte (vgl dazu: BSGE 89, 243, 246 = SozR 3-4300 § 144 Nr 8 S 15; BSGE
99, 154 ff = BSG SozR 4-4300 § 144 Nr 17, jeweils RdNr 38). Auch hierzu wird das LSG ggf Feststellungen zu treffen
haben.
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Sollte ein wichtiger Grund zu verneinen sein, wird das LSG das Vorliegen einer Härte iS des § 144 Abs 3 Satz 2 Nr 2
Buchst b SGB III zu prüfen haben. Die Regelsperrzeit würde sich dann halbieren. Diese gesetzliche Regelung entzieht
sich grundsätzlich einer generalisierenden Betrachtung; vielmehr ist eine Bewertung der Gesamtumstände des
Einzelfalls vorzunehmen (BSG SozR 3-4300 § 144 Nr 12 S 38). Insbesondere sind Rechtsirrtümer zu berücksichtigen
(vgl BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 11 S 51; BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 12 S 27 f).
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Zutreffend ist das LSG jedoch davon ausgegangen, dass die denkbare Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe erst mit dem
Ende der Freistellungsphase, also ab 1.10.2005, zu laufen begann. Die Sperrzeit beginnt nach § 144 Abs 2 SGB III
nämlich mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet. Dieses Ereignis ist der Eintritt der
Beschäftigungslosigkeit (BSGE 89, 243, 249 = SozR 3-4300 § 144 Nr 8 S 18). Gemäß der zwischen dem Kläger und
der Arbeitgeberin geschlossenen Vereinbarung konnte und durfte der Kläger erst nach dem Ende der
Freistellungsphase uneingeschränkt selbst über seine Arbeitskraft verfügen. Nach den Feststellungen des LSG, die
der Kläger nicht mit Verfahrensrügen angegriffen hat und die daher für den Senat bindend sind (§ 163 SGG), war dem
Kläger nach § 5 der Altersteilzeitvereinbarung insbesondere während der Altersteilzeitarbeit eine mehr als geringfügige
Beschäftigung untersagt. Der Arbeitgeberin verblieb mithin ein "Restdirektionsrecht" während der Freistellungsphase,
auf das sie nicht verzichtet hat; auch der Kläger hatte sich noch nicht von seiner Arbeitgeberin insgesamt gelöst (vgl
dazu BSGE 68, 236, 240 = SozR 3-4100 § 104 Nr 6 S 24). Er hat sich während der Altersteilzeit nach dem
Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG vertragsgemäß verhalten.
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Die Regelungen des AltTZG bestätigen dieses Ergebnis. Nach § 5 Abs 3 Satz 1 AltTZG ruht der Anspruch auf
Leistungen (Aufstockungsbetrag zum Arbeitsentgelt, Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung), die die Beklagte
dem Arbeitgeber erstattet (vgl § 4 Abs 1 Nr 1 und 2 AltTZG), wenn der Arbeitnehmer Beschäftigungen oder
selbständige Tätigkeiten ausübt, die die Geringfügigkeitsgrenze des § 8 Viertes Buch Sozialgesetzbuch -
Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) überschreiten. Der Anspruch des Arbeitgebers auf
diese Leistungen erlischt sogar, wenn er mindestens 150 Kalendertage geruht hat (§ 5 Abs 3 Satz 2 AltTZG). Die
vertragliche Verpflichtung des Klägers, keine mehr als geringfügige Beschäftigung zu verrichten, ist vor diesem
rechtlichen Hintergrund zu sehen.
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Dass bei der Altersteilzeit im Blockmodell nicht die rein tatsächliche Beschäftigungslosigkeit - wie ansonsten in
Sperrzeitfällen (vgl BSGE 89, 243, 249 = SozR 3-4300 § 144 Nr 8 S 18; BSGE 95, 232 ff = SozR 4-4300 § 144 Nr 11,
jeweils RdNr 10) - maßgebend ist, ergibt sich aus Sinn und Zweck des Altersteilzeitrechts. Die Arbeitsvertragsparteien
treffen Absprachen, die vorsehen, dass der Arbeitnehmer in einem bestimmten Zeitraum keine Arbeitsleistung erbringt
(Freistellungsphase); er erhält jedoch das Arbeitsentgelt, das durch eine tatsächliche Arbeit vor oder nach der
Freistellungsphase verdient wird (Arbeitsphase). Beschäftigungslosigkeit kann nach dem Ziel derartiger
Arbeitszeitkontenmodelle (s auch § 7 Abs 1a SGB IV) nicht eintreten. Es wäre widersprüchlich, die nach dem AltTZG
bestehende Möglichkeit der Arbeitszeitgestaltung wie eine Beschäftigung abzusichern, sie sperrzeitrechtlich aber
bereits als Beschäftigungslosigkeit zu behandeln. Zeiten fehlender tatsächlicher Beschäftigung bei Altersteilzeit mit
Blockfreistellungen führen somit sperrzeitrechtlich nicht zur Beschäftigungslosigkeit (vgl auch Söhngen in
Eicher/Schlegel, SGB III, § 119 RdNr 58, Stand Juni 2007; Steinmeyer in Gagel, SGB II/SGB III, § 119 SGB II RdNr
41a, Stand Januar 2005). Insoweit ist unter Abweichung vom üblichen leistungsrechtlichen Begriff der
Beschäftigungslosigkeit (BSGE 95, 232 ff RdNr 10 = SozR 4-4300 § 144 Nr 11) eine funktionsdifferente Auslegung
erforderlich (zu deren Notwendigkeit allgemein: BSGE 73, 126, 128 = SozR 3-4100 § 101 Nr 5 S 14).
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Anders als ansonsten im Leistungsrecht des SGB III - etwa bei der Gleichwohlgewährung von Alg bei rechtlichem
Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses trotz Freistellung von der Arbeit, aber fehlender Entgeltzahlung - ist
ausschlaggebend nicht die vom SGB III gerade gewollte Absicherung des Arbeitnehmers, sondern die
Risikoverteilung zwischen dem Arbeitslosen und der Solidargemeinschaft (BSGE 95, 232 ff = SozR 4-4300 § 144 Nr
11, jeweils RdNr 18). Die Mitwirkung des Arbeitnehmers an der Herbeiführung des Versicherungsfalls realisiert sich in
Fällen der Altersteilzeit im Blockmodell, solange beide Vertragsparteien an der vertraglichen Regelung festhalten, erst
mit dem Ende der Altersteilzeit, also vorliegend der Freistellungsphase.
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Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.