Urteil des BSG vom 05.06.2003
BSG: arbeitsentgelt, behandlung, bedürftigkeit, sozialleistung, eigentumsgarantie, krankenversicherung, arbeitslosenhilfe, arbeitsförderung, anschluss, pauschal
Bundessozialgericht
Urteil vom 05.06.2003
Sozialgericht Kassel S 5 AL 1706/00
Hessisches Landessozialgericht L 6 AL 1018/01
Bundessozialgericht B 11 AL 67/02 R
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 5. Juni 2002 wird
zurückgewiesen. Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Der Rechtsstreit betrifft die Höhe von Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab 25. September 2000. Der Kläger ist der Auffassung,
das der Berechnung seiner Alhi zu Grunde liegende Bemessungsentgelt sei pauschal um 10 % zu erhöhen.
Der Kläger erhielt im Anschluss an eine Beschäftigung im K Werk der V AG Arbeitslosengeld (Alg) nach einem
Bemessungsentgelt von zunächst 860,00 DM wöchentlich. Die Höhe des Alg beruhte auf dem letzten abgerechneten
Arbeitsentgelt im Bemessungszeitraum vom 1. September bis 30. November 1991.
Seit dem 25. September 1993 erhält der Kläger im Anschluss an den Alg-Bezug laufend Alhi. Mit Schreiben vom 13.
Oktober 1993 teilte das Arbeitsamt dem Kläger mit, dass wegen des geminderten Leistungsvermögens eine
Neubemessung der Alhi nach § 136 Abs 2 Satz 2 iVm § 112 Abs 7 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) vorzunehmen sei.
Der Kläger könne als Maschinenbediener nach dem einschlägigen Tarifvertrag 630,00 DM wöchentlich erzielen. Auf
dieser Grundlage bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 15. Oktober 1993 Alhi.
Ab 25. September 2000 erhielt der Kläger Alhi in Höhe von 222,18 DM wöchentlich. Diese Zahlung beruht auf einem
durch die jährlichen Anpassungen insgesamt auf 600,00 DM abgesenkten wöchentlichen Bemessungsentgelt. Der
Widerspruch, mit dem der Kläger geltend machte, es seien auch die Einmalzahlungen seiner letzten
Lohnabrechnungen (Weihnachtsgratifikation, Urlaubsgeld) zu berücksichtigen, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid
vom 26. Oktober 2000).
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 17. Juli 2001); das Landessozialgericht (LSG) die
Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 5. Juni 2002): Die Beklagte habe die Höhe der dem Kläger zu
zahlenden Alhi richtig errechnet und sei dabei insbesondere von einem der Höhe nach zutreffend festgestellten
Bemessungsentgelt ausgegangen. Es könne dahingestellt bleiben, ob eine Überprüfung der fiktiven Festsetzung ganz
unterbleiben müsse, weil die Beklagte seinerzeit über die fiktive Bemessung durch gesonderten Bescheid entschieden
habe. Denn die gemäß § 136 Abs 2 Satz 2 iVm § 112 Abs 7 AFG getroffene Festsetzung sei zutreffend gewesen. Die
Beklagte sei nicht auf Grund der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
(BVerfG) und auch nicht infolge der Rechtsänderung in § 434c Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung -
(SGB III) verpflichtet, bei der Festsetzung des Bemessungsentgelts einmalige Zahlungen zu berücksichtigen. Es
komme nicht auf die vom Kläger vor seinem Ausscheiden erzielten Einmalzahlungen an, weil für die Bemessung das
fiktiv ermittelte Arbeitsentgelt herangezogen werde. Die Beklagte sei weder im Rahmen ihrer Verwaltungspraxis nach
Bekanntwerden des Beschlusses des BVerfG vom 24. Mai 2000 verpflichtet gewesen, das Bemessungsentgelt
pauschal um 10 % zu erhöhen, noch sei die für das Alg ergangene Neuregelung in § 434c SGB III entsprechend
anzuwenden. Die Differenzierung bei der Neuregelung begegne keinen - durchgreifenden - verfassungsrechtlichen
Bedenken. Bei der Alhi handele es sich um eine Sozialleistung, die nur bei Bedürftigkeit des Leistungsempfängers
gewährt und aus Steuermitteln finanziert werde, weshalb die leistungsrechtliche Äquivalenz bei Versichertengruppen
mit gleicher Beitragsleistung auf die Bezieher von Alhi nicht ohne weiteres übertragen werden könne. Der Anspruch
auf Alhi entziehe sich dem Schutzbereich der Eigentumsgarantie des Art 14 Abs 1 Grundgesetz (GG). Das BVerfG
habe im Übrigen in seinen Entscheidungen vom 11. Januar 1995 und vom 24. Mai 2000 eine Korrektur hinsichtlich der
Einmalzahlungen nur beim Alg und anderen kurzfristigen Lohnersatzleistungen gefordert und den Anspruch auf Alhi
gar nicht erwähnt. Im Falle des Klägers komme hinzu, dass es sich nicht um die Feststellung eines
Bemessungsentgelts nach dem zuletzt erzielten beitragspflichtigen Entgelt handele. Der soziale Schutz nehme sich
in diesen Fällen das erzielbare Arbeitsentgelt als Maßstab.
Der Kläger hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt, mit der er eine Verletzung der §§ 133, 134, 200, 427 und
434c SGB III rügt. Die Prüfung des Anspruchs habe nach dem zu dieser Zeit geltenden SGB III zu erfolgen. Zwar
verweise § 427 Abs 5 SGB III darauf, dass das Bemessungsentgelt nur dann neu festzusetzen sei, wenn die
Festsetzung auf Grund eines Sachverhaltes erforderlich sei, der nach dem 31. Dezember 1997 eingetreten sei, doch
sei bereits im Jahre 1998 bei der ersten negativen Dynamisierung unter Geltung des SGB III dieses Gesetz
anzuwenden. Jedenfalls habe zur erneuten Bewilligung von Alhi ab 25. September 2000 geprüft werden müssen, ob
die Voraussetzungen für eine fiktive Berechnung des Bemessungsentgelts wegen der Minderung der
Leistungsfähigkeit noch vorgelegen hätten. Eine die Beklagte nach § 200 SGB III zur Neufestsetzung des
Bemessungsentgelts verpflichtende Rechtsänderung sei auch hinsichtlich der Nichtberücksichtigung von einmalig
gezahltem Arbeitsentgelt eingetreten. Die Nichtberücksichtigung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt, für das
Beiträge entrichtet worden seien, sei für die Alhi in gleicher Weise wie für das Alg mit Art 3 Abs 1 GG unvereinbar. Die
Fortsetzung der Ungleichbehandlung werde dadurch bewirkt, dass die Alhi gemäß § 200 Abs 1 SGB III an das für das
Alg maßgebliche Bemessungsentgelt anknüpfe. Solange sich die Höhe der Alhi nach dem beitragspflichtigen Entgelt
richte, bleibe die Ungleichbehandlung dieselbe wie beim Alg. Selbst wenn man meine, hier nicht von
Beitragsäquivalenz sprechen zu können, so bleibe jedoch die Tatsache bestehen, dass eine unterschiedliche
Behandlung vorliege, für die sachliche Gründe nicht erkennbar seien. An der fehlenden Beitragsäquivalenz ändere
sich nichts dadurch, dass das Bemessungsentgelt gemäß § 200 Abs 2 SGB III berechnet worden sei. Dieses
Argument könne nur durchdringen, wenn mit dem Begriff Einmalzahlungen ausschließlich solche Leistungen gemeint
wären, die nicht laufend erdient würden und mit denen deshalb keineswegs gerechnet werden könne. Dies sei aber in
Wirtschaftsbereichen, die Tarifverträgen unterlägen, gerade nicht der Fall. Die Anwendung des § 434c SGB III stelle
sich wegen einer verfassungswidrigen Rückwirkung als unzulässig dar. Könne sich der Senat nicht davon
überzeugen, dass sich auf Grund der Entscheidung des BVerfG eine wesentliche Rechtsänderung ergeben habe, so
hänge die Entscheidung von der Gültigkeit der §§ 200 Abs 1 und § 434c Abs 1 SGB III ab.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 5. Juni 2002 und des Sozialgerichts K vom 17. Juli 2001
aufzuheben sowie die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 7. September 2000 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 26. Oktober 2000 zu verurteilen, dem Kläger Arbeitslosenhilfe ab 25. September 2000
nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 660,00 DM zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
II
Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat - wie die Vorinstanzen zutreffend entschieden haben - für die Zeit ab 25.
September 2000 keinen Anspruch auf höhere Alhi.
Die Alhi beträgt nach § 195 Satz 1 Nr 2 SGB III für Arbeitslose, die - wie der Kläger - die Voraussetzungen für den
erhöhten Leistungsanspruch nicht erfüllen, 53 % des Leistungsentgelts. Die Beklagte hat die die Alhi-Höhe im
Einzelnen bestimmenden Faktoren zutreffend zu Grunde gelegt. Der Kläger kann nicht mit Erfolg geltend machen,
dem Alhi-Anspruch ab 15. September 2000 sei als Ausgangsgröße für die Bestimmung des Leistungsentgelts ein
höheres Bemessungsentgelt als 600,00 DM wöchentlich zu Grunde zu legen.
1. Das der Alhi-Bewilligung ab 25. September 2000 zu Grunde liegende Bemessungsentgelt ist nach den
tatsächlichen Feststellungen des LSG auf eine tarifliche Einstufung nach § 136 Abs 2 Satz 2 iVm § 112 Abs 7 AFG
zurückzuführen, die infolge der gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers zum 25. September 1993
vorgenommen worden war. Das LSG hat im Einzelnen ausgeführt, aus welchen Gründen die damalige Berechnung
des Bemessungsentgelts rechtmäßig gewesen ist. Es bedarf deshalb keiner näheren Auseinandersetzung mit der
vom LSG angedeuteten und im Ergebnis nicht zutreffenden Vorstellung, die Beklagte habe im Schreiben vom 13.
Oktober 1993 eine den Merkmalen eines Verwaltungsaktes entsprechende Regelung über das Berechnungselement
"Bemessungsentgelt" getroffen. Ferner hat das LSG ausgeführt, die Beklagte habe auch in der Folgezeit unter
Anwendung der Anpassungsvorschriften, die weder Rechtsanwendungs- noch Berechnungsfehler erkennen ließen,
das Bemessungsentgelt zutreffend errechnet.
Gegen diese Ausführungen werden von der Revision keine durchgreifenden Einwände erhoben. Die Frage, ob und ggf
wie auf der Grundlage des § 200 Abs 2 Satz 1 SGB III eine Neubemessung vorzunehmen ist, wenn die in der Person
des Arbeitslosen liegenden Gründe für die Herabbemessung entfallen sind, stellt sich auf der Grundlage der
Feststellungen des LSG nicht. Eine Neufeststellung des Bemessungsentgelts unter Anwendung der Regelung des
SGB III nach § 427 Abs 5 Satz 1 SGB III kommt ebenfalls nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift, die ausdrücklich
SGB III nach § 427 Abs 5 Satz 1 SGB III kommt ebenfalls nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift, die ausdrücklich
nur auf das Alg Anwendung findet, ist bei vor dem 1. Januar 1998 entstandenen Ansprüchen das Bemessungsentgelt
nur dann neu festzusetzen, wenn die Festsetzung auf Grund eines Sachverhalts erforderlich ist, der nach dem 31.
Dezember 1997 eingetreten ist. Insofern ist klarzustellen, dass der Ablauf des jährlichen Bewilligungszeitraums oder
der Erlass von die Alhi betreffenden Bewilligungs- oder Änderungsbescheiden kein neuer Sachverhalt iS des § 427
Abs 5 SGB III ist.
Ob auf Grund der Entscheidung des BVerfG vom 24. Mai 2000 (BVerfGE 102, 127 = SozR 3-2400 § 23a Nr 1) ein
neuer Sachverhalt iS des § 427 Abs 5 Satz 1 SGB III eingetreten ist, soweit die Bewilligung von Alg betroffen ist,
kann offen bleiben (vgl dazu BSG Urteil vom 25. März 2003 - B 7 AL 114/01 R - S 9 des Umdrucks). Hier ist über den
Anspruch auf höhere Alhi zu entscheiden. Die Entscheidung des BVerfG betrifft jedoch nicht die Alhi, denn das
BVerfG hat nur für das Alg, Unterhaltsgeld und Krankengeld (Krg) entschieden, dass § 23a Viertes Buch
Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung -, § 112 Abs 1 Satz 2 AFG und § 47 Abs 2
Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - mit dem allgemeinen Gleichheitssatz
(Art 3 Abs 1 GG) unvereinbar waren, soweit danach auf einmalig gezahltes Arbeitsentgelt Beiträge zur gesetzlichen
Krankenversicherung, Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung erhoben werden, obwohl es bei der Berechnung
dieser kurzfristigen Lohnersatzleistungen unberücksichtigt bleibt. Es gibt auch keine Rechtsvorschrift, auf die der
geltend gemachte Anspruch gestützt werden könnte. Der Gesetzgeber hat vielmehr durch die §§ 200 Abs 1, 434c Abs
4 SGB III (jeweils idF des Gesetzes zur Neuregelung der sozialversicherungsrechtlichen Behandlung von einmalig
gezahltem Arbeitsentgelt - Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetz - vom 21. Dezember 2000, BGBl I, 1791) klargestellt,
dass für Ansprüche auf Alhi bei der Bemessung dieser Leistung Arbeitsentgelte außer Betracht bleiben, die einmalig
gezahlt werden.
Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass diese Vorschriften gegen das Grundgesetz verstoßen (ebenso zB: LSG
Niedersachsen 30. Januar 2003 - L 8 AL 436/01 -; LSG Nordrhein-Westfalen 21. August 2002 - L 12 AL 40/02 -; SG
Kassel 24. Januar 2001 - S 7 AL 1223/00 - info also 2001, 85; SG Berlin 23. Februar 2001 - S 58 AL 4607/00 - info
also 2001, 91).
Die unter Berufung auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG gegen die Bemessung der Alhi unter
Nichtberücksichtigung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt geäußerten Bedenken (Gagel, NZS 2000, 591 und
SozSich 2001, 241; SG Dortmund vom 23. März 2001 - S 5 AL 304/00 - info also 2001, 81) können sich nicht auf die
Entscheidung des BVerfG vom 24. Mai 2000 stützen. In dieser Entscheidung hat das BVerfG, wie schon in der ersten
Entscheidung zu den Einmalzahlungen vom 11. Januar 1995 (BVerfGE 102, 127 ff = SozR 3-2400 § 23a Nr 1; vgl zur
Vorgeschichte Bundessozialgericht (BSG) 25. März 2003 - B 7 AL 106/01 R -; BSG 30. April 2003 - B 11 AL 45/02 R -
jeweils zur Veröffentlichung vorgesehen) beanstandet, dass nach den zur Prüfung gestellten leistungsrechtlichen
Vorschriften die Beiträge auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur sozialrechtlichen Behandlung von einmalig
gezahltem Arbeitsentgelt vom 12. Dezember 1996 (BGBl I, 1859) einen unterschiedlichen Erfolgswert hätten. Zur
Begründung hatte das BVerfG ausgeführt, dass Versicherte mit gleich hoher Beitragsbelastung umso stärker bei
kurzfristigen Lohnersatzleistungen belastet würden, je höher der Anteil ihres beitragspflichtigen einmalig gezahlten
Arbeitsentgelts am beitragspflichtigen Gesamtarbeitsentgelt sei. Für die Ungleichbehandlung seien hinreichende
sachliche Gründe nicht ersichtlich. Solange die Bemessung der Lohnersatzleistung nicht in einer ganz unbedeutenden
Weise durch das bisherige beitragspflichtige Arbeitsentgelt mitbestimmt werde, müssten alle
Arbeitsentgeltbestandteile, die der Beitragspflicht unterworfen seien, einen grundsätzlich gleichen Erfolgswert haben.
Der Erfolgswert müsse nicht zwingend im Rahmen des Berechnungsfaktors gesichert werden. Entscheidend sei aber,
dass die vom Gesetzgeber gebildete Lösung das beitragspflichtige Arbeitsentgelt im Ergebnis berücksichtige.
Der Senat folgt der im Gesetzgebungsverfahren zum Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetz geäußerten Auffassung
des Gesetzgebers, dass der Beschluss des BVerfG lediglich Ausführungen zur Berechnung beitragsfinanzierter
Lohnersatzleistungen enthält, sodass ihm Aussagen zur steuerfinanzierten Alhi nicht entnommen werden können (BT-
Drucks 14/4371 S 13). Dies ergibt sich bereits unmittelbar aus dem Ausgangspunkt der Entscheidung des BVerfG,
bei der Feststellung der ungleichen Behandlung von Leistungsempfängern sei auf den Erfolgswert von geleisteten
Beiträgen und Leistungshöhe abzustellen. Die Entscheidung beruht auf dem Gedanken der Proportionalität von
Beitrag und Leistung (vgl insbesondere Eichenhofer, SAE 2001, 7, 8), denn das entscheidende Kriterium dafür, die
sachliche Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung zu verneinen, war der "Erfolgswert" der Beitragsleistung. Da die
Alhi nicht beitrags- sondern steuerfinanziert ist (§ 363 SGB III), trifft schon der Ansatz des BVerfG auf die Alhi nicht
zu. Der Gesetzgeber durfte sich deshalb auf die Aussage des BVerfG verlassen und eine Änderung nur bei den im
Beschluss ausdrücklich aufgeführten beitragsfinanzierten Entgeltersatzleistungen herbeiführen, es bei der Alhi
hingegen im Ergebnis bei der bisherigen Regelung belassen, die weiterhin nur an das laufende Arbeitsentgelt
anknüpft.
Der fehlende Zusammenhang von vorheriger Beitragsleistung und Leistungshöhe wird im Übrigen dadurch verdeutlicht,
dass es sich bei der Alhi um eine Sozialleistung handelt, die die Bedürftigkeit des Leistungsempfängers voraussetzt
und nicht gewährt wird, wenn der Lebensunterhalt auf andere Weise gesichert ist. Dieses Abhängigkeitsverhältnis
kennzeichnet den das Alhi-Recht beherrschenden Grundsatz der Nachrangigkeit oder Subsidiarität (vgl nur
Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, § 193 RdNr 11 mwN). Der Gedanke der Äquivalenzabweichung kann auf das
Alhi-Recht also schon deshalb nicht übertragen werden, weil bei fehlender Bedürftigkeit die Alhi unabhängig davon
nicht gezahlt wird, ob und in welchem Umfang der Versicherte Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet hatte.
Zudem wird eine Vereinbarkeit der Regelung über die Bemessung von Alhi mit Art 3 Abs 1 GG im Hinblick auf den
Erfolgswert für auf Einmalzahlungen geleistete Beiträge auch dadurch belegt, dass es sich bei der Alhi nicht - wie im
Beschluss des BVerfG ausdrücklich gefordert - um eine kurzfristige Entgeltersatzleistung handelt. Denn die Alhi wird
abweichend etwa vom Alg oder Krg nicht lediglich für eine begrenzte Anspruchsdauer geleistet, sondern grundsätzlich
zeitlich unbegrenzt bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres (§ 190 Abs 2 SGB III). Mit der jährlichen Prüfung und
Wiederbewilligung der Alhi nach § 190 Abs 3 SGB III soll zwar die Abhängigkeit künftiger Zahlungen vom Fortbestand
der Anspruchsvoraussetzungen und der Entstehung schutzwürdigen Vertrauens auf einen Dauerzustand über den
jeweiligen Bewilligungszeitraum hinaus vermieden werden (vgl Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, § 190 RdNr 124).
Gleichwohl kommt es gerade in Zeiten einer angespannten Arbeitsmarktlage - wie der vorliegende Fall zeigt - vielfach
zum langjährigen Bezug von Alhi (vgl schon BSGE 85, 123, 130 = SozR 3-4100 § 136 Nr 11). Das Hinzutreten dieser
zeitlichen Komponente führt zu einer weiteren Lösung der Leistungshöhe von den im früheren Referenzzeitraum
geleisteten Beiträgen.
Die potenzielle Dauer des Alhi-Anspruchs macht es schließlich erforderlich, das Bemessungsentgelt bei nicht nur
vorübergehenden Leistungseinschränkungen an die aktuelle Lage anzupassen, um die Vermittlungsfähigkeit des
Arbeitslosen zu erhalten (vgl § 200 Abs 2 SGB III). Maßgebend ist in einem derartigen Fall das tarifliche
Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung, auf die das Arbeitsamt die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in
erster Linie zu erstrecken hat. Eine derartige fiktive Einstufung löst die Beziehung von früherer Beitragszahlung und
Leistungshöhe vollends. Von einer fiktiven Einstufung ist im Übrigen auch der Kläger betroffen gewesen, sodass es in
seinem konkreten Fall schon deshalb an einer Grundlage für die Forderung nach einem angemessenen Erfolgswert für
die vor 1993 auf Einmalzahlungen geleisteten Beiträge fehlt.
Im Hinblick darauf, dass es sich bei der Alhi um eine Sozialleistung handelt, die aus Steuermitteln finanziert und die
nur bei Bedürftigkeit des Antragstellers gewährt wird, haben der 7. und der 11. Senat des BSG bereits mehrfach
entschieden, dass der Anspruch auf Alhi nicht unter den Schutzbereich der Eigentumsgarantie fällt (vgl nur BSGE 73,
10, 17 ff = SozR 3-4100 § 118 Nr 4; BSGE 85, 123, 130 = SozR 3-4100 § 136 Nr 11; SozR 3-4300 § 427 Nr 2). Daran
hält der Senat fest. Dem letztgenannten Umstand kommt Bedeutung für den Prüfungsmaßstab bei der Beurteilung der
Rechtfertigungsgründe für die Ungleichbehandlung zu (BVerfGE 74, 9, 24; 91, 389, 401 - stRspr). Da der Gesetzgeber
mit der Nichtberücksichtigung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt bei der Alhi nicht in den Schutzbereich eines
anderen Grundrechts eingreift, unterliegt der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers für Ungleichbehandlungen nicht
den engen Bindungen, die etwa bei dem dem Schutzbereich des Art 14 GG unterfallenden Alg zu beachten sind (vgl
schon BSG SozR 3-4100 § 136 Nr 6). Es bestehen deshalb keine grundsätzlichen Bedenken dagegen, dass der
Gesetzgeber sich bei der Alhi von der beitragsbezogenen Betrachtungsweise löst und lediglich die laufend gezahlten
Arbeitsentgelte zum Maßstab der Leistungsgewährung macht.
Da der Erfolgswert der gezahlten Beiträge kein geeigneter Maßstab für eine verfassungsrechtlich zu beanstandende
Ungleichbehandlung der Bezieher von Alhi ist, könnte der Kläger einen Verstoß gegen den allgemeinen
Gleichheitssatz nur geltend machen, wenn der Gesetzgeber von Verfassungs wegen gehalten wäre, den früheren
Lebensstandard, der auch durch Einmalzahlungen geprägt wird, während der gesamten Dauer der Arbeitslosigkeit
aufrecht zu erhalten (so zutreffend Krauß in Wissing, SGB III § 200 RdNr 17). Das BVerfG lehnt jedoch die Geltung
des Lebensstandardprinzips als Verfassungsgebot in seiner Rechtsprechung ausdrücklich ab (BVerfGE 51, 115, 125
= SozR 4100 § 112 Nr 10; BVerfGE 72, 9, 20 f = SozR 4100 § 104 Nr 13; BVerfGE 90, 226, 240 = SozR 3-4100 § 111
Nr 6). Der Gesetzgeber ist deshalb von Verfassungs wegen nicht gehindert, bei der Ausgestaltung der Alhi
einfachgesetzlich von diesem Prinzip (vgl zur Geltung des Lebensstandardprinzips für die Alhi Spellbrink in Kasseler
Handbuch SGB III § 13 RdNr 17) wieder abzuweichen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.