Urteil des BSG vom 20.06.2001

BSG: arbeitsamt, grobe fahrlässigkeit, anschrift, verlegung des wohnsitzes, vorrang des gesetzes, umzug, arbeitslosigkeit, briefpost, autonome satzung, ermächtigung

Bundessozialgericht
Urteil vom 20.06.2001
Sozialgericht Freiburg
Landessozialgericht Baden-Württemberg
Bundessozialgericht B 11 AL 10/01 R
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 5. Dezember 2000 wird
zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu einem Viertel zu erstatten.
Gründe:
I
Der Rechtsstreit betrifft die Entziehung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) und die Rückforderung von Leistungen sowie
Sozialversicherungsbeiträgen.
Der 1952 geborene Kläger war seit 1990 in Rheinfelden, S. , wohnhaft. Er verfügt über eine Ausbildung als
Elektroingenieur, war aber - unterbrochen von Zeiten des Leistungsbezugs - in verschiedenen Berufen beschäftigt bzw
tätig. Vom 1. März bis 31. August 1998 betrieb der Kläger einen Gebrauchtwagenhandel und bezog
Überbrückungsgeld. Ab 1. September 1998 bewilligte das Arbeitsamt Lörrach Alhi nach einem wöchentlichen
Bemessungsentgelt von DM 1.330 in Höhe von wöchentlich DM 406,35. Diese Leistung erhielt der Kläger bis zum 31.
Oktober 1998. Am 6. November 1998 gelangte ein an den Kläger mit der erwähnten Anschrift gerichteter Brief der
Beklagten an das Arbeitsamt Lörrach mit dem Vermerk, die neue Anschrift des Klägers laute: Freiburg, M ... Das
Arbeitsamt Lörrach ermittelte, daß sich der Kläger ab 28. September 1998 beim Einwohnermeldeamt Rheinfelden
abgemeldet hatte. Es hörte den Kläger zu dem Umstand an, er stehe vom Tag nach dem Umzug der
Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung. Ab 26. November 1998 bewilligte das Arbeitsamt Freiburg auf erneute
Arbeitslosmeldung wieder Alhi.
Mit Bescheid vom 3. Februar 1999 hob das Arbeitsamt Lörrach die Bewilligung von Alhi ab 28. September 1998 auf
und verpflichtete den Kläger, bis 31. Oktober 1998 überzahlte Leistungen in Höhe von DM 1.973,70 zu erstatten. Es
sah in dem Umzug nach Freiburg am 27. September 1998 eine wesentliche Änderung, die den Anspruch habe
entfallen lassen. Der Forderungsbetrag werde mit noch zustehenden Leistungen aufgerechnet. Außerdem erklärte das
Arbeitsamt Lörrach am 3. Februar 1999 das Arbeitsamt Freiburg für zuständig. Mit Bescheid vom 16. Februar 1999
forderte das Arbeitsamt Freiburg die vom 28. September bis 31. Oktober 1998 geleisteten Beiträge zur Kranken- und
Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt DM 770,04 zurück. Mit Widersprüchen gegen diese Entscheidungen
machte der Kläger geltend, er habe zwar den Umzug von Rheinfelden nach Freiburg nicht dem Arbeitsamt gemeldet,
aber der Post einen Nachsendeauftrag erteilt. Die Mitteilung habe er unterlassen, weil er damals davon ausgegangen
sei, er werde demnächst nach Norddeutschland umziehen. Ein Vermittlungsangebot sei ihm ohnehin nicht unterbreitet
worden. Er habe seine Mitteilungspflicht nicht grob fahrlässig verletzt. Die Widersprüche blieben erfolglos
(Widerspruchsbescheid des Arbeitsamts Lörrach vom 22. Juli 1999; Widerspruchsbescheid des Arbeitsamts Freiburg
vom 21. September 1999).
Mit den Klagen hat der Kläger vorgebracht, durch den Nachsendeauftrag sei seine Erreichbarkeit tatsächlich nur
gering verzögert worden. Konkret sei die Vermittlung eines Arbeitsplatzes nicht erschwert gewesen. Immerhin habe
ihm das Arbeitsamt Lörrach später noch eine Beschäftigung im Raum Mannheim angeboten, die von Freiburg aus
leichter erreichbar gewesen sei.
Das Sozialgericht (SG) hat die angefochtenen Bescheide mit Urteil vom 24. Februar 2000 aufgehoben und im
wesentlichen ausgeführt, die Vorschriften der Erreichbarkeits-Anordnung (EAO) vom 23. Oktober 1997 (ANBA S 1685)
seien von der gesetzlichen Ermächtigung des § 119 Abs 3 Nr 3 Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III) nicht
gedeckt, soweit der Arbeitslose hiernach unverzüglich Mitteilungen des Arbeitsamts persönlich müsse zur Kenntnis
nehmen und deshalb sicherzustellen habe, daß das Arbeitsamt ihn an jedem Werktag unter der benannten Anschrift
müsse erreichen können. Im gesetzlichen Sinne sei die Erreichbarkeit des Klägers wegen des Nachsendeantrags bei
der Post nach dem Umzug noch aufrechterhalten gewesen.
Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 5. Dezember 2000 die Entscheidung des SG aufgehoben und die
Klagen abgewiesen: Der Kläger habe den Umzug von Rheinfelden nach Freiburg am 27. September 1998 als
wesentliche Änderung der für den Anspruch auf Alhi maßgebenden Verhältnisse entgegen § 60 Abs 1 Satz 1 Nr 2
Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (SGB I) nicht mitgeteilt. Er habe dabei grob fahrlässig gehandelt. Der
Arbeitsvermittlung stehe nur zur Verfügung, wer Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und
ortsnah Folge leisten könne. Diese Voraussetzung für Leistungen bei Arbeitslosigkeit habe der Verwaltungsrat der
Bundesanstalt für Arbeit (BA) durch § 1 Abs 1 Satz 1 EAO konkretisiert, wonach der Arbeitslose in der Lage sein
müsse, Mitteilungen des Arbeitsamtes persönlich zur Kenntnis zu nehmen, das Arbeitsamt aufzusuchen, mit einem
möglichen Arbeitgeber oder Träger einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme in Verbindung zu treten und eine
vorgeschlagene Arbeit anzunehmen oder an einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme teilzunehmen. Nach Satz 2
der Vorschrift habe der Arbeitslose deshalb sicherzustellen, daß das Arbeitsamt ihn persönlich an jedem Werktag
unter der von ihm benannten Anschrift durch Briefpost erreichen könne. Nach den erwähnten Konkretisierungen des §
119 Abs 3 Nr 3 SGB III durch § 1 Abs 1 EAO sei die Möglichkeit einer zeit- und ortsnahen Reaktion des Arbeitslosen
auf Briefpost des Arbeitsamtes durch einen Nachsendeauftrag nicht gewährleistet. Die Annahme im Schrifttum, die
passive Erreichbarkeit habe entgegen der früheren Rechtslage keine anspruchsbegründende Bedeutung, sondern nur
einen "kommunikationsfunktionalen Charakter", schließe eine Konkretisierung des Gesetzes nicht aus, wonach der
Arbeitslose bis zum Abend jeden Werktags von der Briefpost Kenntnis nehmen müsse. Eine ortsnahe Reaktion sei
durch einen Nachsendeauftrag regelmäßig erschwert. Ob eine Abweichung von den Regelungen der EAO zugunsten
von Arbeitslosen durch eine Dienstanweisung (DA 3.4.1 zu § 119 SGB III) der BA gerechtfertigt sei, könne
dahinstehen, denn der Kläger sei nicht in eine Nachbargemeinde, sondern in einen anderen Arbeitsamtsbezirk
verzogen. Auf einen solchen Fall treffe die DA nicht zu. Durch den nicht gemeldeten Umzug in einen anderen
Arbeitsamtsbezirk und die verzögerte postalische Erreichbarkeit sei die Möglichkeit, Vorschlägen unverzüglich Folge
zu leisten, in beiden Dimensionen - Ort und Zeit - erschwert. Das Arbeitsamt Lörrach sei gehindert gewesen, dem
Kläger Vorschläge zur beruflichen Eingliederung unter Berücksichtigung des benannten Wohnorts Rheinfelden zu
unterbreiten. Auch das Arbeitsamt Freiburg habe noch keine Möglichkeit gehabt, Vermittlungen im Umkreis des neuen
Wohnorts vorzunehmen. Der Postrücklauf am 6. November 1998 habe die Erreichbarkeit des Klägers nicht wieder
hergestellt. Die grobe Fahrlässigkeit des Klägers ergebe sich aus den klaren Hinweisen des Merkblatts für Arbeitslose
über die Notwendigkeit, einen Wohnungswechsel zu melden.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger sinngemäß eine Verletzung des § 119 Abs 3 Nr 3 SGB III. Er
führt aus, die Anforderungen des § 1 Abs 1 Satz 2 EAO für die Erreichbarkeit von Arbeitslosen sei nicht durch die
Ermächtigungsnorm des § 152 Nr 2 iVm § 119 Abs 3 Nr 3 SGB III gedeckt.
Die gesetzliche Anforderung, Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge zu
leisten (§ 119 Abs 3 Nr 3 SGB III), werde durch § 1 Abs 1 Satz 2 EAO ergänzend dahin ausgeformt, der Arbeitslose
habe sicherzustellen, daß das Arbeitsamt ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen
Aufenthalt unter der ihm benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen könne. Erst aufgrund dieser
Vorschrift und die möglicherweise durch den Nachsendeauftrag eingetretene Verzögerung könne ein Arbeitsloser, der
einen Umzug dem Arbeitsamt nicht mitgeteilt habe, nicht mehr als beschäftigungssuchend und damit arbeitslos
behandelt werden. Die Anforderungen des § 1 Abs 1 Satz 2 EAO entsprächen nicht der gesetzlichen Ermächtigung.
Abweichend von § 1 Abs 1 Satz 2 EAO bliebe die Erreichbarkeit nach der DA 3.4.1 zu § 119 SGB III erhalten, wenn
der Umzug am Wohnort oder in eine Nachbargemeinde - sogar in einen anderen Arbeitsamtsbezirk - stattfinde. Die DA
stelle damit auf das gesetzliche Merkmal "zeit- und ortsnah" ab. Die unterschiedlichen Regelungen der EAO und der
DA belegten, daß § 119 Abs 3 Nr 3 SGB III nicht den Anforderungen des Art 80 Abs 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) für
die Regelung der Verfügbarkeit genüge. Vorsorglich werde geltend gemacht, daß der Kläger jedenfalls ab 6. November
1998 - dem Tag des Postrücklaufs an das Arbeitsamt Lörrach - erreichbar gewesen sei. Wegen des Widerspruchs
zwischen § 1 Abs 1 Satz 2 EAO und der DA 3.4.1 zu § 119 SGB III könne der Inhalt des Merkblatts nicht mehr
maßgebender Bezugspunkt für den Vorwurf grober Fahrlässigkeit sein. Vielmehr sei zu prüfen, inwiefern dem Kläger
wegen seines Verhaltens beim Umzug und der Stellung eines Nachsendeauftrags, ohne das Arbeitsamt selbst zu
benachrichtigen, grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 5. Dezember 2000 aufzuheben und die Berufung der
Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 24. Februar 2000 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie vertritt die Ansicht, der Regelungsinhalt des § 1 Abs 1 EAO sei ermächtigungskonform. Die BA sei ermächtigt,
einen Teilsachverhalt der Beschäftigungssuche eigenständig zu regeln. Auch die Ermächtigungsnorm sei hinreichend
bestimmt. Vergleichbare Vorschriften seien nie verfassungsrechtlich beanstandet worden. Die DA 3.4.1 zu § 119 SGB
III stehe nicht im Widerspruch zu § 1 Abs 1 Satz 2 EAO. Mit den Einschränkungen von Anforderungen der
Erreichbarkeit bei Umzügen im Wohn- oder in den Nachbarort berücksichtige die BA die Einschätzung bekannter
Lebenssachverhalte. Sie habe eine pauschalierende Betrachtung aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung
vorgenommen. Die Regelung des § 1 Abs 1 Satz 2 EAO berücksichtige, daß Vermittlungsangebote des Arbeitsamtes
üblicherweise persönlich im Beratungsgespräch oder per Brief unterbreitet werden. Die unverzügliche Mitteilung eines
Umzugs sei auch im Rahmen der Eigenbemühungen des Arbeitslosen zu fordern. Die Zuständigkeitsregelungen des
SGB III berücksichtigten, daß die Vermittlungstätigkeit durch das Arbeitsamt des Wohnorts am günstigsten sei. Der
Kläger hätte danach den Zuständigkeitswechsel beantragen und sich bei dem nunmehr zuständigen Arbeitsamt
melden müssen.
In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte einen Anspruch des Klägers auf Alhi vom 16. bis 25. November 1998
anerkannt und den Bescheid vom 3. Februar 1999 insoweit aufgehoben.
II
Nach dem angenommenen Anerkenntnis eines Anspruchs des Klägers auf Alhi für die Zeit vom 16. bis 25. November
1998 betrifft die Revision nur noch die Aufhebung der Bewilligung von Alhi vom 28. September bis 15. November 1998
und die Rückforderung der bis zum 31. Oktober 1998 erbrachten Leistungen einschließlich der Beiträge zur Kranken-
und Pflegeversicherung. In diesem Umfang ist die Revision nicht begründet, denn die Entscheidung des LSG beruht
nicht auf einer Gesetzesverletzung (§ 170 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
1. Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Alhi-Bewilligung sind § 330 Abs 3 SGB III iVm § 48 Abs 1
Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch - (SGB X). Nach § 48 Abs 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die
Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlaß eines
Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Mit Wirkung vom Zeitpunkt
der Änderung der Verhältnisse ist der Verwaltungsakt nach § 330 Abs 3 SGB III iVm § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB X
aufzuheben, wenn der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für
ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist. Diese
Voraussetzungen hat das LSG für die Zeit vom 28. September bis 15. November 1998 ohne Rechtsverstoß bejaht,
weil der Kläger eine Änderung seines Wohnsitzes von Rheinfelden nach Freiburg der BA nicht mitgeteilt hat.
1.1 Die Bewilligung von Alhi ab 1. September 1998 mit Bescheid vom 2. September 1998 enthält einen
Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Maßgebend für die Dauerwirkung eines Verwaltungsaktes sind seine rechtlichen
Wirkungen über den Zeitpunkt der Bekanntgabe bzw Bindungswirkung hinaus (BSGE 78, 109, 111 = SozR 3-1300 §
48 Nr 48 mwN; BSG SozR 3-4100 § 138 Nr 14). Wesentlich iS des § 48 Abs 1 SGB X ist jede für die bewilligte
Leistung rechtserhebliche Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse (BSGE 59, 111, 112 = SozR 1300
§ 48 Nr 19; BSGE 78, 109, 111 = SozR 3-1300 § 48 Nr 48). Die Feststellung einer wesentlichen Änderung in den
Verhältnissen richtet sich damit nach dem für die Leistung maßgeblichen materiellen Recht.
1.2 Für den Anspruch auf Alhi ist der Wohnsitz des arbeitslosen Leistungsbeziehers wesentlich, denn er bestimmt
nicht nur die Zuständigkeit des Arbeitsamtes (§ 327 Abs 1 SGB III), sondern auch die Verfügbarkeit des Arbeitslosen
für die Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes (§ 119 Abs 2 SGB III), die ua voraussetzt, daß der Arbeitslose
Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann und darf (§ 119 Abs
3 Nr 3 SGB III). Der Gesetzgeber hat den Verwaltungsrat der BA in § 152 Nr 2 SGB III ermächtigt, diese
Leistungsvoraussetzung näher zu bestimmen. Nach § 1 Abs 1 Satz 2 EAO hat der Arbeitslose sicherzustellen, daß
das Arbeitsamt ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von ihm
benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen kann. Das ist nicht gewährleistet, wenn der Arbeitslose
seinen Wohnsitz verlegt, ohne dem Arbeitsamt den Wohnsitzwechsel mitzuteilen. Darauf wird wegen der Einzelheiten
zurückzukommen sein.
1.3 Eine Obliegenheit von Arbeitslosen, den Wechsel des Wohnsitzes dem Arbeitsamt mitzuteilen, ergibt sich aus §
60 Abs 1 Nr 2 SGB I, weil Leistungsbezieher allgemein für die Leistung erhebliche Änderungen in den Verhältnissen
dem zuständigen Leistungsträger unverzüglich mitzuteilen haben. Dieser Obliegenheit hat der Kläger mit dem bei der
Post gestellten Nachsendeantrag nicht genügt.
2. Dem Kläger stand für die Zeit vom 28. September bis 15. November 1998 ein Anspruch auf Alhi nicht mehr zu. Er
erfüllte die Anspruchsvoraussetzung "arbeitslos" nach § 190 Abs 1 Nr 1 SGB III nicht mehr. Was unter "arbeitslos" im
Sinne des Gesetzes zu verstehen ist, hat der Gesetzgeber in der "Begriffspyramide" der §§ 118, 119 SGB III
geregelt. Arbeitslosigkeit setzt danach nicht nur Beschäftigungslosigkeit, sondern auch Beschäftigungssuche des
Arbeitslosen voraus (§ 118 Abs 1 SGB III). Eine Beschäftigung sucht nach § 119 Abs 1 SGB III, wer alle
Möglichkeiten nutzt und nutzen will, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden, und den Vermittlungsbemühungen
des Arbeitsamtes zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Merkmal der Verfügbarkeit sind die Arbeitsfähigkeit und die ihr
entsprechende Arbeitsbereitschaft des Arbeitslosen (§ 119 Abs 2 SGB III). Arbeitsfähig ist ein Arbeitsloser ua nach §
119 Abs 3 Nr 3 SGB III, der Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge
leisten kann und darf. Diese Anspruchsvoraussetzung hat der Verwaltungsrat der BA durch autonome Satzung
aufgrund der Ermächtigung des § 152 Nr 2 SGB III näher geregelt.
2.1 Nach § 1 Abs 1 Satz 1 EAO muß der Arbeitslose in der Lage sein, unverzüglich Mitteilungen des Arbeitsamtes
persönlich zur Kenntnis zu nehmen, das Arbeitsamt aufzusuchen, mit möglichen Arbeitgebern oder Trägern einer
beruflichen Eingliederungsmaßnahme in Verbindung zu treten und eine vorgeschlagene Arbeit anzunehmen oder an
einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme teilzunehmen. Dazu hat der Arbeitslose nach § 1 Abs 1 Satz 2 EAO
sicherzustellen, daß das Arbeitsamt ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen
Aufenthalt unter der ihm benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen kann.
Mit diesen Regelungen haben sich die Anforderungen an die Verfügbarkeit von Arbeitslosen und damit die
Voraussetzungen für Leistungen bei Arbeitslosigkeit gegenüber dem bis zum 31. Dezember 1997 geltenden Recht
nach § 103 Abs 1 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) und den ergänzenden Regelungen der Aufenthaltsanordnung
vom 3. Oktober 1979 (ANBA S 1388, zuletzt geändert durch die 3. Änderungsanordnung vom 24. März 1993, ANBA S
769) verändert. Eine "Residenzpflicht", nach der der Arbeitslose sich unter der im Leistungsantrag angegebenen
Anschrift täglich während der üblichen Zeit des Eingangs der Briefpost auch tatsächlich in seiner Wohnung
aufzuhalten hatte, besteht nicht mehr (vgl dazu BSG Urteil vom 3. Mai 2000 - B 11 AL 71/00 R - zur Veröffentlichung
vorgesehen - mwN). In dem vorerwähnten Urteil hat das Bundessozialgericht (BSG) bereits ausgesprochen, den
Anforderungen des § 119 Abs 3 Nr 3 SGB III, § 1 Abs 1 EAO entspreche ein Arbeitsloser jedenfalls dann, wenn er
sich einmal werktäglich in seiner Wohnung aufhalte, um die Briefpost in Empfang und zur Kenntnis zu nehmen (BSG
aaO mit Hinweis auf: Wissing/Eicher, SGB III, § 119 RdNr 124 - Stand November 1998; Gagel/Steinmeyer, SGB III, §
119 RdNr 147 - Stand Juli 1999; Niesel/Brand, SGB III, § 119 RdNr 40). Diese Voraussetzungen erfüllte der Kläger
nach den nicht angegriffenen und damit für das BSG bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)
ab 28. September 1998 nicht mehr. Nach dem Umzug konnte das Arbeitsamt den Kläger nicht an jedem Werktag
unter der von ihm benannten Anschrift Rheinfelden, S. , erreichen. Ein an diese Anschrift gerichtetes Schreiben der
BA gelangte mit dem Vermerk des Briefträgers über den Wohnsitzwechsel und die neue Anschrift in Freiburg, M. , am
6. November 1998 an das zuständige Arbeitsamt Lörrach. Auch von diesem Zeitpunkt an war der Kläger nicht in der
Lage, Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah unverzüglich Folge zu leisten,
weil er seinen Wohnsitz nicht mehr im Bezirk des Arbeitsamts Lörrach hatte. Bei Arbeitslosigkeit ist nach § 327 Abs 1
Satz 1 SGB III das Arbeitsamt zuständig, in dessen Bezirk der Arbeitslose bei Eintritt der leistungsbegründenden
Tatbestände seinen Wohnsitz hatte. Das Arbeitsamt Freiburg ist erst zuständig geworden, nachdem das Arbeitsamt
Lörrach es auf Antrag des Klägers für zuständig erklärt hatte (§ 327 Abs 2 SGB III). Soweit angefochtene Bescheide
von einem örtlich nicht zuständigen Arbeitsamt erlassen sind, kann dies bei gebundenen Entscheidungen auf sich
beruhen (§ 42 SGB X). Durch die räumliche Entfernung war der Kläger nicht mehr in der Lage
Eingliederungsvorschlägen des Arbeitsamtes unverzüglich - dh ohne schuldhaftes Zögern - nachzukommen (§ 1 Abs
1 Satz 1 EAO).
Etwas anderes läßt sich nicht aus der Dienstanweisung des Präsidenten der BA zur "Erreichbarkeit nach einem
Umzug" herleiten (DA 3.4.1 zu § 119 SGB III). Allerdings geht die DA "typisierend" davon aus, ein Umzug innerhalb
der Wohngemeinde oder in eine Nachbargemeinde führe nicht zu einer Verzögerung der Erreichbarkeit. Dieser
Grundsatz soll sogar dann gelten, wenn der Nachbarort in einem anderen Arbeitsamtsbezirk liegt. Die DA ist jedoch
für den hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht einschlägig, denn der Kläger ist von Rheinfelden nach Freiburg und
damit nicht in einen Nachbarort umgezogen. Diese Feststellung läßt sich treffen, ohne zu bestimmen, welches die
Merkmale der Begriffe "Nachbargemeinde" und "Nachbarort" sind. Eine Begriffsbestimmung, die Freiburg als
Nachbarort von Rheinfelden ansieht, ist nicht angängig. Abgesehen davon ist die für den internen Dienstgebrauch der
Dienststellen erlassene DA des Präsidenten der BA nicht geeignet, die Rechtssetzung des Verwaltungsrates der BA
durch autonome Satzungen im Außenverhältnis zu den Leistungsbeziehern zu ändern. Allein den Anordnungen kommt
normative Wirkung zu (BSGE 35, 164, 166 = SozR Nr 1 zu § 40 AFG).
2.2 Die Regelungen des § 1 Abs 1 EAO sind mit der gesetzlichen Ermächtigung der §§ 152 Nr 2, 119 Abs 3 Nr 3 SGB
III vereinbar. Mit dem Begriffspaar "zeit- und ortsnah" hat der Gesetzgeber dem Verwaltungsrat der BA einen Rahmen
gesetzt, innerhalb dessen die Verfügbarkeit des Arbeitslosen für die Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes iS
des § 119 Abs 2 SGB III näher zu bestimmen ist. Zwar sind auch andere Regelungen denkbar als diejenige, die der
Verwaltungsrat in § 1 Abs 1 EAO getroffen hat. Diese Regelung hält sich jedoch in dem gesetzlichen Rahmen. Zwar
ist der Bezugspunkt in § 119 Abs 3 Nr 3 SGB III gegenüber § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG insofern geändert, als das
Gesetz nicht mehr auf die tägliche Erreichbarkeit des Arbeitsamtes durch den Arbeitslosen und die tägliche
Erreichbarkeit des Arbeitslosen durch das Arbeitsamt abstellt. Eine "umgekehrte Erreichbarkeit", die der Regelung
des § 1 Abs 1 Satz 2 EAO entgegenstände (Valgolio NZS 2000, 23, 24 ff), läßt sich § 119 Abs 3 Nr 3 SGB III nach
Wortlaut, Entstehungsgeschichte, systematischem Zusammenhang und Zweck der Vorschrift nicht entnehmen. Die
Gegenansicht stellt einseitig auf das Merkmal "Folge leisten" ab und vernachlässigt, daß es nach der Vorschrift
darum geht, "Vorschläge des Arbeitsamtes" zu verwirklichen. Der Arbeitslose kann diesen nur zeit- und ortsnah
nachkommen, wenn er selbst für das Arbeitsamt erreichbar ist (ebenso Wissing ua, SGB III, § 119 RdNr 122 - Stand
September 1999). Auch das Zeitmoment "an jedem Werktag" in § 1 Abs 1 Satz 2 EAO ist durch die gesetzliche
Ermächtigung gedeckt. Dem Wegfall des in § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG noch enthaltenen Merkmals "täglich"
kommt für das Verständnis des Gesetzes entscheidende Bedeutung nicht zu. Zum einen enthält es das Merkmal
"zeitnah", welches die werktägliche Erreichbarkeit des Arbeitslosen durch Briefpost rechtfertigt. Zum anderen ergibt
sich aus der Begründung des Gesetzes mit aller Klarheit, daß der Arbeitslose in der Lage sein muß, "jederzeit einen
potentiellen Arbeitgeber aufzusuchen, einen Vorstellungs- oder einen Beratungstermin wahrzunehmen", um an den
Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes mitzuwirken (BT-Drucks 13/4941 S 176). Die Gegenansicht wird auch
dem gesetzlichen Konzept einer persönlichen Abwicklung des Leistungsrechtsverhältnisses zwischen Arbeitslosem
und BA nicht gerecht. Die Arbeitsvermittlung hat Vorrang vor Leistungen der aktiven Arbeitsförderung und diese vor
Leistungen zum Ersatz des Arbeitsentgelts (§§ 4, 5 SGB III). Der Arbeitslose hat jede zumutbare Möglichkeit bei der
Suche und Aufnahme einer Beschäftigung zu nutzen (§ 119 Abs 1 Nr 1 SGB III; vgl auch § 2 Abs 3 Nr 1 SGB III).
Diese Obliegenheit ist Merkmal der Arbeitslosigkeit. Das Gesetz macht damit über die bisher geforderte Verfügbarkeit
hinaus die Eigeninitiative des Arbeitslosen bei der Beschäftigungssuche ausdrücklich zur Voraussetzung von
Leistungen wegen Arbeitslosigkeit. Die Nutzung der Arbeitsvermittlung und der aktiven Arbeitsförderung durch die BA
setzt den persönlichen Kontakt mit dem zuständigen Arbeitsamt voraus. Gerade dazu dient auch die persönliche
Arbeitslosmeldung (§§ 122 Abs 1 Satz 1, 309 Abs 1 SGB III). Sie soll dem Arbeitsamt nicht nur den Eintritt des
Leistungsfalls "Arbeitslosigkeit" mitteilen, sondern den Vorrang der Arbeitsvermittlung und Arbeitsförderung
gewährleisten. Das zeigt auch § 122 Abs 1 Satz 2 SGB III, der eine Meldung schon vor Eintritt der Arbeitslosigkeit
zuläßt. Auch die Zuständigkeitsregelungen des § 327 Abs 1 und 2 SGB III deuten darauf hin, daß der Gesetzgeber
die persönliche (unmittelbare) Beziehung zwischen Arbeitslosem und Arbeitsamt als Voraussetzung für eine effektive
Durchsetzung des Leistungskonzepts ansieht. Dem gesetzlichen Konzept einer effektiven Arbeitsvermittlung und
Arbeitsförderung entspricht es, wenn der Arbeitslose leistungsrechtlich erhebliche Umstände wie einen
Wohnsitzwechsel dem Arbeitsamt anzeigen muß und die unerläßliche Unterrichtung des Arbeitsamts nicht der Post
als Dritten überlassen darf (aM Gagel/Steinmeyer, SGB III, § 119 RdNr 150 - Stand Juli 1999; Hauck/Noftz/Valgolio,
SGB III, § 119 RdNr 141 ff - Stand November 1999; Valgolio NZS 2000, 23, 25 ff). Dagegen kommt es nicht darauf
an, ob sich Postnachsendeaufträge mit den gegenwärtigen technischen Möglichkeiten ohne Zeitverlust abwickeln
ließen. Die Voraussetzungen der Leistungen wegen Arbeitslosigkeit sollen gerade nicht von den Zufälligkeiten der
Postzustellung abhängig sein. Wird ein Postnachsendeauftrag - wie im hier zu beurteilenden Fall - in der Weise
abgewickelt, daß der Postzusteller die neue Anschrift auf der Postsendung vermerkt, ist ein Zeitverlust auch dann
unvermeidbar, wenn die BA der Nachsendung nicht widerspräche. Insoweit ist nicht einmal der
"kommunikationsfunktionale Charakter" der passiven Erreichbarkeit von Arbeitslosen (Valgolio NZS 2000, 23, 25)
gewahrt. Für das Verständnis des § 119 Abs 3 Nr 3 SGB III kommt es nicht darauf an, ob der Erreichbarkeit
Kontrollfunktion zur Abwehr des Leistungsmißbrauchs zukommt. Die Forderung des § 1 Abs 1 Satz 2 EAO, die
"persönliche" Erreichbarkeit zu gewährleisten, entspricht dem Zweck des § 119 Abs 3 Nr 3 SGB III nicht nur, weil sie
einer effektiven Arbeitsvermittlung dient, sondern auch weil sie Leistungen bei Arbeitslosigkeit an klare
Verhaltensmaßstäbe knüpft. Letzteres liegt sowohl im wohlverstandenen Interesse der Arbeitslosen selbst als auch
einer effektiven Arbeitsverwaltung. Abweichende Regelungen des Verwaltungsrates, welche die DA 3.4.1 nahelegen
könnte, hätten diesen Punkt zu bedenken.
2.3 Die §§ 152 Nr 2, 119 Abs 3 Nr 3 SGB III entsprechen auch den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die
Bestimmtheit von gesetzlichen Ermächtigungen zu untergesetzlicher Rechtssetzung.
Die Übertragung von Rechtssetzungsbefugnissen auf Organe der Selbstverwaltung von öffentlich-rechtlichen
Körperschaften dient der Autonomie gesellschaftlicher Gruppen und ist als Teil der grundgesetzlichen Ordnung
anerkannt (BVerfGE 33, 125, 156 ff; BVerfG SozR 4495 Allg Nr 1; BSGE 35, 164, 166 = SozR Nr 1 zu § 40 AFG;
BSGE 41, 193 f = SozR 4100 § 39 Nr 7; BSGE 43, 19, 21 = SozR 4495 § 11 Nr 1; vgl auch BSGE 67, 256, 263 ff =
SozR 3-2500 § 92 Nr 1; BSGE 78, 70, 80 = SozR 3-2500 § 92 Nr 6 mwN). Allerdings ist die Befugnis zur
Rechtssetzung durch autonome Satzungen von Selbstverwaltungsorganen nicht unbegrenzt. Die Maßstäbe des Art 80
GG, die die Übertragung rechtssetzender Gewalt auf die Bundesregierung, Bundesminister oder Landesregierungen
begrenzen, gelten nach ständiger Rechtsprechung nicht für die Vertreterversammlung der BA (BVerfG SozR 4495 Allg
Nr 1; BSGE 35, 164, 166 = SozR Nr 1 zu § 40 AFG; BSGE 41, 193, 194 = SozR 4100 § 39 Nr 7; BSGE 43, 19, 21 =
SozR 4495 § 11 Nr 1). Da die autonome Rechtssetzung durch Satzungen ihre Grundlage selbst im demokratischen
Prinzip findet, bedarf sie nicht der gleichen Beschränkungen wie die Rechtssetzungsbefugnis der Exekutive.
Abgesehen von dem selbstverständlichen Vorrang des Gesetzes findet sie ihre Grenzen in Zweck und Aufgabenkreis
der jeweiligen Körperschaft (BVerfG SozR 4495 Allg Nr 1 mwN).
Nach diesem Maßstab unterliegt die Bestimmtheit der Ermächtigung in §§ 152 Nr 2, 119 Abs 3 Nr 3 SGB III, die
Erreichbarkeit von Arbeitslosen als Element objektiver Verfügbarkeit für die Vermittlungsbemühungen des
Arbeitsamts zu regeln, eine hinreichend bestimmte gesetzliche Grundlage. Das Begriffspaar "zeit- und ortsnah" gibt
dem zuständigen Verwaltungsrat Anhaltspunkte für eine sachgerechte Regelung. Der Umstand, daß auch andere
Regelungen denkbar wären, rechtfertigt nicht den Einwand mangelnder Bestimmtheit der Ermächtigungsgrundlage.
Eine weitergehende Bindung des Selbstverwaltungsorgans an "gesetzliche Vorgaben" würde nicht nur der Funktion
untergesetzlicher Rechtssetzung zur Entlastung des Gesetzgebungsverfahrens von Einzelheiten nicht gerecht; sie
stellte auch sachlich unangemessene und unerfüllbare Anforderungen an die sprachliche Bestimmtheit von
Ermächtigungsnormen (dazu näher Friedrich Müller, Juristische Methodik, 7. Aufl 1997, 132 ff, 136). Selbst für den
strengeren Maßstab des Art 80 GG kann Bestimmtheit der Ermächtigung nur Bestimmbarkeit ihrer Merkmale
bedeuten. Wie zu 2.2 ausgeführt, ergibt sich aus § 119 Abs 3 Nr 3 SGB III nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen,
in welchem Sinne die Vorschrift durch Satzung zu konkretisieren ist (BVerfGE 58, 257, 277; 62, 203, 209; 85, 97,
105). Es kann keine Rede davon sein, daß die Ermächtigung zur Konkretisierung der Verfügbarkeit von Arbeitslosen
nach § 119 SGB III dem Verwaltungsrat zur Bestimmung nach Belieben überlassen worden sei.
3. Auch die subjektive Voraussetzung für die Aufhebung der Bewilligung von Alhi für die Vergangenheit nach § 48 Abs
1 Satz 2 Nr 2 SGB X ist gegeben. Der Kläger ist seiner gesetzlichen Mitteilungspflicht zumindest grob fahrlässig nicht
nachgekommen. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders
schwerem Maße verletzt hat (vgl § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 SGB X). Dies trifft hier zu, denn der Kläger hat nach den
nicht angegriffenen Feststellungen des LSG die Mitteilung seiner Wohnsitzänderung unterlassen, weil er seinerzeit
eine weitere Verlegung des Wohnsitzes nach Norddeutschland beabsichtigte. Diese Einlassung des Klägers im
Widerspruchsverfahren zeigt, daß er sich der Mitteilungspflicht bewußt war. Er hat mit seinem Verhalten in Kauf
genommen, daß er Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamts nicht jederzeit zur Verfügung stand. Demgegenüber
sind die von der Revision hervorgehobenen Abweichungen der DA 3.4.1 zu § 119 SGB III von § 1 Abs 1 EAO für die
Beurteilung der Schuldfrage unerheblich. Abgesehen davon, daß die Voraussetzungen für ein Absehen von der
Mitteilungspflicht bei einem Wohnsitzwechsel innerhalb des Wohnorts oder in eine Nachbargemeinde nicht vorlagen,
besteht kein Anhaltspunkt dafür, daß die erwähnte Divergenz auf das Verhalten des Klägers Einfluß gehabt hat. Im
übrigen hätte es allenfalls Zweifel über seine Obliegenheiten als Leistungsbezieher begründen können, die er durch
Nachfrage beim zuständigen Arbeitsamt hätte beseitigen müssen.
4. Da die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 28. September bis 15. November 1998 aufgehoben ist, hat der Kläger
die ihm bis zum 31. Oktober 1998 gezahlte Alhi zu erstatten (§ 50 Abs 1 SGB X). Die Erstattungspflicht bezieht sich
auch auf die von der BA im Erstattungszeitraum gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen
Pflegeversicherung (§ 335 Abs 1 Satz 1 und Abs 5 SGB III).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG. Sie berücksichtigt das in der mündlichen Verhandlung
angenommene Teilanerkenntnis der BA.