Urteil des BSG vom 17.04.2002
BSG: beendigung, bedingung, entlassung, unternehmen, landwirtschaft, abgabe, raumpflegerin, gve, sozialversicherung, kausalität
Bundessozialgericht
Urteil vom 17.04.2002
Sozialgericht Dresden
Sächsisches Landessozialgericht
Bundessozialgericht B 10 LW 21/01 R
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 23. August 2001 wird
zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Der Rechtsstreit betrifft die Rechtmäßigkeit der Aussparung von Erhöhungen des der Klägerin gezahlten
Ausgleichsgeldes für landwirtschaftliche Arbeitnehmer.
Die am 13. Januar 1940 geborene Klägerin war seit 1983 als Raumpflegerin und Küchenhilfe zunächst bei der
Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft "T. " in F. , seit dem 1. Oktober 1991 dann bei der C. A. GmbH &
Co KG (im Folgenden: KG) beschäftigt. Diese kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 1. August 1994 zum
28. Februar 1995.
Am 8. Februar 1995 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Ausgleichsgeld. Im Kündigungsschreiben (und
sinngemäß in einem weiteren Schreiben an die Beklagte vom 13. April 1995) gab die KG an, die Kündigung beruhe
"auf den Ausführungen der Richtlinie EWG Nr 1765/92 des Rates vom 30. Juni 1992". Die KG bewirtschaftete zum 1.
Juli 1992 ca 1.300 ha. Durch Zupachtungen erhöhte sich die Nutzfläche auf über 2.000 ha seit 1993. Die KG nahm in
der Zeit von 1993 bis 1997 an der konjunkturellen Flächenstilllegung nach der Verordnung (EWG) Nr 1765/92 teil. Die
Größen der Gesamtfläche und der jeweiligen Stilllegungsfläche (Angaben jeweils in ha) sowie der Rinderbestand
(Angaben in Großvieheinheiten (GVE)) entwickelten sich wie folgt:
Jahr: Gesamtfläche ; Stilllegungsfläche ; GVE
1992: 1.253
1993: 2.031,27; 236,02 1.040
1994: 2.141,18 ; 338,68 ; 899
1995: 2.149,95 ; 374,74 ; 734
1996: 2.140,61 ; 276,20 ; 753
1997: 2.131,96 ; 158,85
Ferner beteiligte sich die KG seit 1994 am Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) in Form von 90,73 ha
Grünlandnutzung mit reduziertem Mitteleinsatz, 148,25 ha extensiver Weidenutzung sowie 131,94 ha später
Schnittnutzung. Nach ihren Angaben wirkte sich die KULAP-Teilnahme erstmalig 1996 auf den Arbeitskräftebedarf
aus. Im Wirtschaftsjahr 1992/1993 beschäftigte sie 46 Mitarbeiter, zum 1. Juli 1994 37 Arbeitskräfte und zum 1. Juli
1995 noch 28 Arbeitskräfte. Im Wirtschaftsjahr 1994/1995 entließ die KG 11 Mitarbeiter, im Wirtschaftsjahr 1995/1996
3 Mitarbeiter und im Wirtschaftsjahr 1996/1997 1 Mitarbeiter jeweils unter Hinweis auf Flächenstilllegungsmaßnahmen.
Mit Bescheid vom 2. Mai 1995 bewilligte die Beklagte der Klägerin Ausgleichsgeld mit Wirkung vom 1. März 1995.
Auf Grund einer vom Sächsischen Staatsministerium für Soziales, Gesundheit und Familie durch Bescheid vom 24.
März 1997 veranlassten Überprüfung der bereits bewilligten Ausgleichsgelder stellte die Beklagte mit Bescheid vom
10. Juni 1998 gegenüber der Klägerin fest, dass der Bescheid vom 2. Mai 1995 über die Bewilligung von
Ausgleichsgeld rechtswidrig begünstigend ergangen sei und dahingehend abgeändert werde, dass neu nach § 10 Abs
3 des Gesetzes zur Förderung der Einstellung der Landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit (FELEG) festzustellende
Leistungen nicht über den Betrag hinausgehen dürften, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der
Bestandskraft ergebe. Die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses mit der Klägerin könne nicht der Stilllegung
von Flächen iS des FELEG zugerechnet werden. Der deshalb rechtswidrig ergangene Bescheid vom 2. Mai 1995
könne jedoch nicht gemäß § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz
- (SGB X) zurückgenommen werden, da seit seiner Bekanntgabe mehr als zwei Jahre vergangen seien (§ 45 Abs 3
SGB X). Gemäß § 48 Abs 3 SGB X sei das Ausgleichsgeld jedoch von künftigen Erhöhungen auszusparen. Über den
Fall der Klägerin hinaus stellte die Beklagte auch in weiteren Fällen ehemaliger Mitarbeiter der früheren Arbeitgeberin
der Klägerin ebenfalls die Rechtswidrigkeit der Ausgleichsgeldbewilligung fest. Den von ihr errechneten Quotenplatz
für das Stilllegungsjahr 1995 wies sie einem Arbeitnehmer zu, der von dem Betrieb zum 31. Dezember 1994 entlassen
worden war.
Der gegen den Bescheid vom 10. Juni 1998 erhobene Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos. Mit Schreiben vom 30.
Juni 1998 holte die Beklagte die bis dahin unterbliebene Anhörung der Klägerin (§ 24 SGB X) nach und wies den
Widerspruch mit Bescheid vom 30. Juli 1998 zurück. Auch Klage und Berufung der Klägerin sind erfolglos geblieben
(Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 24. Januar 2001; Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts (LSG) vom 23.
August 2001). Das LSG hat ausgeführt: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Teilnahme an den Erhöhungen des
Ausgleichsgeldes. Ihr sei Ausgleichsgeld gemäß § 9 Abs 1 iVm § 13 Abs 1 Nr 6 FELEG zu Unrecht bewilligt worden.
§ 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 FELEG setze mit den Worten "auf Grund" einen Ursachenzusammenhang zwischen der
Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses einerseits und der Flächenstilllegung oder Abgabe von Flächen
andererseits voraus, der nach der im Recht der Sozialversicherung maßgeblichen Lehre von der rechtlich
wesentlichen Bedingung zu ermitteln sei. Dafür seien in wertender Gesamtschau regelmäßig mehrere Kriterien zu
berücksichtigen, nämlich der innere Zusammenhang bzw das Motiv für die Beendigung des
Beschäftigungsverhältnisses, der zeitliche Zusammenhang zwischen Ende der Beschäftigung und Stilllegung/Abgabe,
die Proportionalität zwischen dem Verhältnis der durch die Stilllegung freigesetzten Arbeitnehmer zur Gesamtzahl der
Arbeitnehmer und das Verhältnis der in die Stilllegung einbezogenen Flächen zur Gesamtfläche des Unternehmens.
Außerdem müsse der konkrete Arbeitsplatz tatsächlich weggefallen sein und Art und Umfang der Beschäftigung des
Arbeitnehmers vor der Stilllegung beachtet werden. Im vorliegenden Fall fehle es an allen diesen Voraussetzungen.
Da die KG im Zeitpunkt der Flächenstilllegung die Gesamtfläche durch Zupachtungen vergrößert habe, sei nicht
davon auszugehen, dass wegen der Flächenstilllegung Personal habe eingespart werden können. Der Zeitabstand
zwischen dem Beginn der Stilllegung zum 15. Dezember 1992 und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der
Klägerin zum 28. Februar 1995 sei für die Bejahung eines Kausalzusammenhanges zu lang. Eine pauschale
Quotenübertragung sei nicht möglich. Auch im Jahre 1994 habe eine geringfügig größere Fläche bewirtschaftet werden
müssen. Die Flächenverringerung im Jahr 1995 um 27,3 ha begründe rechnerisch einen Personalabbau allenfalls um
eine Stelle, während aber im Zeitraum vom 1. Juli 1994 bis zum 30. Juni 1995 insgesamt 11 Entlassungen mit
Stilllegungs- und Extensivierungsmaßnahmen begründet worden seien. Die Tätigkeit der Klägerin als Küchenhilfe und
Raumpflegerin begründe keinerlei Flächenbezug. Vorrangig sei der Personalbedarf im Bereich der Pflanzenproduktion
betroffen worden, dort sei in den Jahren 1992/1993 bis 1995/1996 die Zahl der Mitarbeiter wegen der Zupachtungen
jedoch annähernd gleich geblieben. Im Bereich der Tierproduktion hingegen sei der Personalabbau mit Reduzierung
des Tierbestandes einhergegangen. Der Tierbestand sei jedoch nicht deshalb abgebaut worden, weil weniger Futter
wegen der Flächenstilllegung zur Verfügung gestanden habe. Besondere, die Kausalität dennoch bejahende Gründe
lägen nicht vor.
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin. Sie hält weiterhin an ihrer Rechtsauffassung fest, dass ein kausaler
Zusammenhang zwischen den Flächenstilllegungen bei der KG und ihrer Entlassung bestehe. Es dürften keine
strengen Anforderungen an die Kausalität gestellt werden, vielmehr genüge Mitursächlichkeit. Der
Kausalitätsnachweis sei erbracht, wenn der ehemalige Arbeitgeber bestätige, dass der Verlust des Arbeitsplatzes auf
die Stilllegung zurückzuführen sei. Jedenfalls sei die Flächenstilllegung mitursächlich für die Entlassung gewesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 23. August 2001 und das Urteil des Sozialgerichts Dresden
vom 24. Januar 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Juni 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 30. Juli 1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die Rentenanpassung zum Ausgleichsgeld
nach dem FELEG entsprechend dem Bescheid der Beklagten vom 2. Mai 1995 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
Die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§
124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
II
Die Revision ist unbegründet. Das LSG hat die Berufung der Klägerin mit zutreffenden Gründen zurückgewiesen. Die
Beklagte ist berechtigt, das der Klägerin rechtswidrig zuerkannte Ausgleichsgeld von jährlichen Anpassungen
auszusparen.
Mit Recht hat das LSG § 48 Abs 3 Satz 1 SGB X angewendet, wonach die neu festzustellende Leistung nicht über
den Betrag hinausgehen darf, der sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt, wenn ein
rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 SGB X nicht zurückgenommen werden kann und wenn eine
Änderung - nach § 48 Abs 1 oder 2 SGB X - zu Gunsten des Betroffenen eingetreten ist. Begünstigende Änderungen
im gesetzlichen Sinne treten alljährlich auf Grund der Anpassungen des Ausgleichsgeldes gemäß § 10 Abs 3 FELEG
ein, wonach das Ausgleichsgeld sich jeweils zum 1. Juli eines jeden Jahres um den Vomhundertsatz erhöht, um den
die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung zu diesem Zeitpunkt angepasst werden. Nicht nach § 45 SGB X
zurückgenommen werden konnte der Bewilligungsbescheid vom 2. Mai 1995, nachdem bei Abschluss der
Überprüfungen im Jahre 1998 die - hier mangels anderweitiger Anhaltspunkte maßgebliche - Zwei-Jahres-Frist des §
45 Abs 3 Satz 1 SGB X verstrichen war. Hinsichtlich der weiteren, in dem entsprechend geltenden § 48 Abs 4 SGB X
genannten Voraussetzungen, wie insbesondere die in Bezug genommene Jahresfrist des § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X,
sind die Feststellungen des LSG nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen worden.
Rechtswidrig war die Bewilligung des Ausgleichsgeldes an die Klägerin, weil ihre Beschäftigung als landwirtschaftliche
Arbeitnehmerin nicht auf Grund von Flächenstilllegungen geendet hat. Das LSG hat die Kausalitätserfordernisse des
vor allem streitigen Begriffs "auf Grund" in § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 und § 13 Abs 1 FELEG nicht verkannt.
Gemäß § 9 Abs 1 Satz 1 FELEG in der hier maßgebenden Fassung des Agrarsozialreformgesetzes 1995 (ASRG
1995) vom 29. Juli 1994 (BGBl I 1890) erhalten ua Arbeitnehmer, die in der gesetzlichen Rentenversicherung
versichert sind, ein Ausgleichsgeld, wenn - neben weiteren, hier nicht zu erörternden Voraussetzungen nach §§ 9 Abs
1, 13 Abs 1 Nr 6, 18c Abs 1 FELEG -
1. ihre Beschäftigung in einem Unternehmen der Landwirtschaft iS des § 1 Abs 2 des Gesetzes über die
Alterssicherung der Landwirte (ALG) auf Grund dessen Stilllegung (§ 2) oder Abgabe (§ 3) endet und
2. sie in den letzten 120 Kalendermonaten vor der Antragstellung mindestens 90 Kalendermonate in Unternehmen der
Landwirtschaft iS des § 1 Abs 2 des ALG, davon in den letzten 48 Kalendermonaten vor der Stilllegung oder Abgabe
des Unternehmens der Landwirtschaft mindestens 24 Kalendermonate in diesem Unternehmen hauptberuflich tätig
gewesen sind.
Die Leistungen werden nach § 9 Abs 1 Satz 2 FELEG frühestens ab Vollendung des 55. Lebensjahres, bei Vorliegen
von Berufsunfähigkeit ab Vollendung des 53. Lebensjahres, gewährt; das maßgebende Lebensjahr muss vor dem 1.
Januar 1997 vollendet sein. Diese Vorschrift gilt gemäß § 13 Abs 1 Nr 6 FELEG entsprechend für Arbeitnehmer,
deren Beschäftigung in einem Unternehmen der Landwirtschaft auf Grund einer Maßnahme nach Maßgabe von
sonstigen (nicht in den Nr 1-5 aaO genannten) EWG-rechtlichen Vorschriften hinsichtlich einer Stilllegung
landwirtschaftlicher Nutzflächen endet. Gemäß § 18c Abs 1 FELEG gilt § 9 FELEG für am 1. Juli 1990 im
Beitrittsgebiet ansässige und rentenversicherungspflichtig beschäftigte Arbeitnehmer mit der Maßgabe, dass auf die
nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 2 FELEG erforderlichen Zeiten der Tätigkeit auch Zeiten der hauptberuflichen Tätigkeit in
einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft, einem volkseigenen Gut oder einer vergleichbaren Einrichtung
angerechnet werden. Nach § 22 Abs 3 FELEG sind die durch das ASRG 1995 erweiterten Tatbestände des § 13 Abs
1 FELEG ab 1. Januar 1995 auch dann anzuwenden, wenn sie bereits vor jenem Zeitpunkt erfüllt sind.
Das LSG hat sich in seiner Beurteilung, dass diese Voraussetzungen bei der Klägerin nicht erfüllt seien, auf
eingehende Ausführungen zu den Kausalitätserfordernissen in den §§ 9 und 13 FELEG sowie auf die im Einzelnen
von ihm festgestellten tatsächlichen Umstände gestützt. Diese hat die Klägerin nicht mit zulässigen und begründeten
Verfahrensrügen angegriffen. Sie sind deshalb für den Senat bindend (§ 163 SGG). Die Ausführungen des LSG lassen
keine Rechtsfehler erkennen. Wie vom LSG richtig erkannt, gibt der Rechtsbegriff "auf Grund" in § 9 und § 13 FELEG
einen kausalen Zusammenhang im Sinne der Kausalitätslehre von der wesentlichen Bedingung wieder. Diese auf dem
Gebiet der Sozialversicherung einheitlich angewandte Kausalitätslehre gilt auch im Regelungsbereich des FELEG (vgl
dazu näher das Senatsurteil vom 9. August 2001 - B 10 LW 9/00 R - SozR 3-5864 § 9 Nr 2).
Danach dürfen als Ursachen für das Ende der Beschäftigung eines landwirtschaftlichen Arbeitnehmers - unter
Abwägung ihres verschiedenen Wertes - nur die (naturwissenschaftlich wirksam gewordenen) Bedingungen angesehen
werden, die wegen ihrer besonderen Beziehungen zu dem Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (vgl
zB BSG, Urteil vom 12. Juni 2001 - B 9 V 5/00 R - in BSGE 88, 153 = SozR 3-3100 § 5 Nr 9 und BSGE 1, 72, 76).
Die Beurteilung, ob eine Bedingung wesentlich und deshalb (auch) rechtlich Ursache oder Mitursache ist, stellt eine
Wertentscheidung dar (vgl zB BSGE 69, 108, 113 = SozR 3-4100 § 119 Nr 6). Sie richtet sich nach der Qualität der
Bedingung, die nicht davon abhängt, an welcher Stelle der Kausalkette sie steht. Insbesondere ist eine Bedingung
nicht erst (oder schon) deshalb wesentlich, weil sie als Letzte eingetreten ist und den Erfolg sichtbar gemacht hat (vgl
BSGE 13, 40, 42 = SozR Nr 9 zu § 35 Bundesversorgungsgesetz). Entscheidend kommt es stets auf die Umstände
des einzelnen Falles an (vgl BSG SozR 2200 § 548 Nr 81). Sind zwei oder mehr Ereignisse im gleichen Maße
wesentlich für den Erfolg, dann sind sie sämtlich wesentliche Bedingungen und damit Ursachen im Rechtssinn (vgl
BSG SozR Nr 6 zu § 589 Reichsversicherungsordnung (RVO)); ist eine der Bedingungen oder sind mehrere
Bedingungen gemeinsam gegenüber anderen Bedingungen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur jene die
wesentliche Bedingung und damit die Ursache im Rechtssinne der geltenden Kausalitätslehre (vgl BSGE 12, 242, 245
f = SozR Nr 27 zu § 542 RVO).
Auf dieser Grundlage hat das LSG zutreffend entschieden, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht auf Grund
der in ihrem früheren Betrieb vorgenommenen Flächenstilllegungen geendet hat. Die zur Ausfüllung des
Kausalitätsbegriffs vom LSG entwickelten Kriterien hat es sämtlich als nicht erfüllt angesehen und deshalb auch die
Ursächlichkeit der Entlassung der Klägerin nicht in den Flächenstilllegungen bei der KG als ihrer früheren
Arbeitgeberin gesehen. Dazu hat es im Einzelnen festgestellt, dass in ihrem Falle die KG - neben der
Flächenstilllegung - die bewirtschaftete Fläche durch Zupachtungen vergrößert habe, mithin - wenn dann Personal
habe eingespart werden können - dies nicht auf die Stilllegungen zurück gehe. Den Zeitabstand zwischen dem Beginn
der Stilllegung zum 15. Dezember 1992 und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin zum 28. Februar
1995 hat es nachvollziehbar als zu lang für die Bejahung eines Kausalzusammenhanges gewürdigt und eine
pauschale Übertragung von Quoten mit eingehender Begründung verneint. Einen Flächenbezug der Tätigkeit der
Klägerin als Küchenhilfe und Raumpflegerin durfte es ebenfalls schlüssig verneinen. Besonderes Gewicht kommt
seiner unangegriffenen Feststellung zu, dass für den Personalbedarf im Bereich der Pflanzenproduktion, der von
Stilllegungen besonders hätte betroffen sein müssen, dies gerade nicht gilt, sondern dort in den Jahren 1992/1993 bis
1995/1996 die Zahl der Mitarbeiter wegen der Zupachtungen annähernd gleich geblieben sei. Demgegenüber sei im
Bereich der Tierproduktion der Personalabbau mit Reduzierung des Tierbestandes aus anderen als
Stilllegungsgründen einhergegangen.
Eine für die Klägerin günstigere Entscheidung lässt sich schließlich entgegen ihrer Auffassung nicht daraus herleiten,
dass ihre frühere Arbeitgeberin einen Zusammenhang zwischen den vorgenommenen Flächenstilllegungen und der
Entlassung bescheinigt hat. Dies ist zwar in der Regel Anlass, die Behauptung im Verwaltungs- und ggf auch im
Klageverfahren zu überprüfen, die Feststellung eines derartigen Ursachenzusammenhanges obliegt im
sozialgerichtlichen Verfahren jedoch allein den Gerichten. Bei seiner Beweiswürdigung war das LSG deshalb nicht an
entsprechende Angaben der KG zur Kausalitätsfrage gebunden, sondern musste sich mit dem Inhalt der
Bescheinigung - kritisch - auseinander setzen und konnte - wie hier geschehen - den Ursachenzusammenhang
zwischen den erfolgten Flächenstilllegungen und der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses verneinen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.