Urteil des BSG vom 26.10.2004

BSG: wichtiger grund, arbeitslosigkeit, firma, bäckerei, anspruchsdauer, befristung, minderung, auflösung, unternehmen, versuch

Bundessozialgericht
Urteil vom 26.10.2004
Sozialgericht Stuttgart S 15 AL 5616/00
Landessozialgericht Baden-Württemberg L 12 AL 81/03
Bundessozialgericht B 7 AL 98/03 R
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24. September 2003
wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Bewilligungsbescheid vom 21. Juli 2000 hinsichtlich der
Anspruchsdauer geändert wird. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten auch des
Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I
Die Klägerin wendet sich gegen die Minderung der Anspruchsdauer ihres Arbeitslosengeldanspruchs um 90 Tage
wegen des Eintritts einer zwölfwöchigen Sperrzeit vom 1. November 1999 bis zum 23. Januar 2000.
Die Klägerin war seit März 1998 als Verkäuferin in einer Bäckerei beschäftigt. Dabei erzielte sie ein
Bruttomonatsentgelt von 2.356,00 DM bei 43 Wochenstunden und sechs Arbeitstagen in der Woche (Kündigungsfrist
vier Wochen zum Monatsende bzw zum fünfzehnten des Monats). Die Klägerin kündigte dieses
Beschäftigungsverhältnis fristgemäß zum 31. Oktober 1999, um ab 8. November 1999 ein neues Arbeitsverhältnis
aufnehmen zu können. Vom 1. November 1999 bis 7. November 1999 meldete sie sich nicht arbeitslos.
Am 8. November 1999 nahm die Klägerin eine Tätigkeit als Versandarbeiterin in einem Unternehmen der
Bekleidungsindustrie auf (Firma K.). Das monatliche Bruttoentgelt betrug 2.500,00 DM bei 37 Wochenstunden und
fünf Arbeitstagen. Dieses Arbeitsverhältnis war zunächst bis 28. Februar 2000 befristet. Es wurde bis zum 30. Juni
2000 verlängert. Eine weitere Verlängerung erfolgte nicht.
Die Klägerin meldete sich zum 1. Juli 2000 arbeitslos. Sie gab an, das unbefristete Arbeitsverhältnis in der Bäckerei
aufgegeben zu haben, um größere Firmen außerhalb des Einzelhandels kennen zu lernen. Die Beklagte teilte mit
Bescheid vom 20. Juli 2000 der Klägerin mit, dass in der Zeit vom 1. November 1999 bis 23. Januar 2000 eine
zwölfwöchige Sperrzeit eingetreten sei. Hierdurch mindere sich der Leistungsanspruch um 90 Tage. Die Klägerin habe
ihr Beschäftigungsverhältnis mit der Bäckerei selbst gelöst und dadurch ab 1. November 1999 zumindest grob
fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Ein wichtiger Grund liege nicht vor, weil das Anschlussarbeitsverhältnis
von vornherein befristet gewesen sei. Durch Bescheid vom 21. Juli 2000 bewilligte die Beklagte der Klägerin sodann
Arbeitslosengeld (Alg) ab 1. Juli 2000 mit einer (verkürzten) Anspruchsdauer von 270 Tagen. Der Widerspruch blieb
erfolglos (Bescheid vom 29. September 2000).
Auf die Klage hat das Sozialgericht Stuttgart (SG) den Personalleiter und den Leiter der Versandabteilung der Firma
K. als Zeugen vernommen und durch Urteil vom 25. November 2000 den Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 2000 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 2000 aufgehoben. Zur Begründung seiner Entscheidung
hat es ausgeführt, der Klägerin habe für ihr Verhalten zumindest ein wichtiger Grund zur Seite gestanden. Unter
Berücksichtigung der neuesten gesetzlichen Entwicklungen zur Teilzeitarbeit habe das regelmäßige Eintreten einer
Sperrzeit bei Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags im Anschluss an eine unbefristete Beschäftigung zur Folge,
dass Arbeitnehmer von wesentlichen Teilen des Arbeitsmarktes ausgeschlossen würden, was nicht mit Art 12
Grundgesetz (GG) vereinbar sei. Die Mitarbeiter der Firma K. hätten deutlich gemacht, dass Neueinstellungen
praktisch nur im Wege befristeter Arbeitsverhältnisse vorgenommen würden. Bei einem Wechsel von einem
unbefristeten in ein befristetes Arbeitsverhältnis könne daher eine Sperrzeit nur eintreten, wenn lediglich eine fern
liegende Möglichkeit der Verlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses bestehe. Im Falle der Klägerin habe jedoch
nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme eine solche, nicht fern liegende Möglichkeit auf Verlängerung des befristeten
Beschäftigungsverhältnisses bei der Firma K. bestanden. Da die Kündigung des unbefristeten Arbeitsverhältnisses
nur zum Monatsende möglich gewesen sei, sei die Arbeitslosigkeit vom 1. bis 7. November 1999 zudem
unvermeidbar gewesen und mithin noch vom wichtigen Grund gedeckt.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten durch Urteil vom 24. September 2003 zurückgewiesen.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Klägerin habe zwar die Arbeitslosigkeit vom 1. bis zum 7.
November 1999 vorsätzlich herbeigeführt. Sie habe jedoch für ihr Verhalten einen wichtigen Grund gehabt.
Entscheidend sei, ob der Arbeitslose bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags konkrete Aussicht auf die
Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bzw auf den Übergang in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis gehabt habe. Der
Auffassung der Beklagten, wonach ein befristetes Arbeitsverhältnis nie einen wichtigen Grund zur Beendigung eines
unbefristeten Arbeitsverhältnisses darstellen könne, sei nicht zu folgen. Denn auch ein unbefristetes Arbeitsverhältnis
könne innerhalb der Probezeit, die üblicherweise sechs Monate betrage, jederzeit gekündigt werden, ohne dass ein
Grund hierfür vorliegen müsse. Ein befristetes Arbeitsverhältnis trage im Fall, dass konkrete Aussicht auf eine
Verlängerung bzw Dauerbeschäftigung bestehe, damit kein höheres Potenzial erneuter Arbeitslosigkeit in sich.
Vorliegend schließe sich der Senat in vollem Umfang den Gründen und der Beweiswürdigung des SG an. Auch nach
seiner - des Senats - Überzeugung habe die Klägerin damit rechnen können, nach Ablauf des befristeten
Arbeitsverhältnisses weiterbeschäftigt werden zu können. In den Angaben beider Zeugen komme die konkrete
Aussicht zum Ausdruck, dass die Klägerin nur zunächst befristet, dann aber weiterbeschäftigt werden könne. Diese
konkrete Aussicht habe sich auch realisiert, denn der befristete Arbeitsvertrag sei (zunächst) verlängert worden. Die
vom 1. November 1999 bis 7. November 1999 eingetretene Arbeitslosigkeit sei vorliegend auch nicht zu vermeiden
gewesen. Wegen der folgenden Beschäftigung ab 8. November 1999 habe die Klägerin das Arbeitsverhältnis in
Anbetracht der arbeitsvertraglichen Regelungen nur zum 31. Oktober 1999 kündigen können. Aus den glaubhaften
Angaben der Klägerin im Termin folge, dass sie auch einen - ihr grundsätzlich zumutbaren - Versuch unternommen
habe, mit ihrem früheren Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag zum 7. November 1999 zu schließen. Der Arbeitgeber
habe jedoch auf der Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist bestanden, sodass sie auch einen Versuch
unternommen habe, die Arbeitslosigkeit zum 1. November 1999 zu vermeiden.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer - vom LSG zugelassenen - Revision. Sie rügt eine Verletzung
der §§ 128, 144 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III). Mit dem LSG sei davon auszugehen,
dass die Klägerin die Arbeitslosigkeit zum 1. November 1999 zumindest grob fahrlässig herbeigeführt habe. Sie habe
für die Aufgabe des unbefristeten Arbeitsverhältnisses auch keinen wichtigen Grund gehabt. Die Aufgabe eines
unbefristeten Arbeitsverhältnisses, lediglich in der Absicht höhere Verdienstmöglichkeiten zu haben, könne von der
Solidargemeinschaft nicht hingenommen werden, wenn keine konkrete Aussicht auf eine Dauerbeschäftigung
bestanden habe. Konkret sei laut Duden im Sinne von wirklich, tatsächlich, real zu verstehen. Eine bloße Möglichkeit
sei nach dem Wortsinn nicht ausreichend. Wie die Zeugen vor dem SG zweifelsfrei bestätigt hätten, habe die Klägerin
keine konkrete Aussicht auf eine unbefristete Beschäftigung gehabt. Das LSG werte die Aussagen der Zeugen - die
die Beklagte im Einzelnen wiedergibt - unrichtigerweise als konkrete Aussicht auf eine Weiterbeschäftigung. Das LSG
habe verkannt, dass sowohl eine weitere Befristung als auch ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nur als möglich und
nicht als konkret im Sinne von wirklich, tatsächlich oder real als Versprechen oder Zusicherung hätten angesehen
werden können. Schließlich werte das LSG auch die Frage der Weiterbeschäftigungsmöglichkeit beim früheren
Arbeitgeber - Bäckerei - unrichtig. Der frühere Arbeitgeber habe vielmehr mitgeteilt, die Klägerin habe sich nicht um
eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bis zum 7. November 1999 bemüht.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24. September 2003 und das
Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. November 2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie trägt vor, die Argumentation der Beklagten führe dazu, dass der Zweck des flexiblen Einsatzes befristet
Beschäftigter untergraben werde. Zweck des Teilzeitbefristungsgesetzes sei es gewesen, der Wirtschaft die
Möglichkeit zu geben, angesichts ungewisser wirtschaftlicher Entwicklungen und des Risikos der Zahlung großer
Abfindungen, Personal einzustellen. Dementsprechend würde allen Personen, die in einem mittelständischen oder
größeren Unternehmen zwangsläufig einen befristeten Anschlussvertrag abschließen müssten, eine Sperrzeit drohen.
Gleiches müsste dann auch gelten, wenn der Arbeitnehmer in eine Firma wechsele, die nicht unter das
Kündigungsschutzgesetz (KSchG) falle (Kleinbetriebe), da zwangsläufig auch bei diesen Betrieben wegen der
Nichtgeltung des KSchG jederzeit eine Trennung von den Mitarbeitern möglich sei. Deshalb müsste
konsequenterweise die Bundesagentur für Arbeit generell "Sperrzeiten verhängen", wenn ein Mitarbeiter in ein
Arbeitsverhältnis wechsele, für das das KSchG nicht gelte. Die Beklagte biete in praktisch 95 % aller
Vermittlungsvorschläge ausschließlich befristete Beschäftigungen an. Eine solche Vermittlung müsste dann nach
Ansicht der Beklagten unzumutbar sein, weil bei diesen Tätigkeiten generell ein hohes Risiko der Folgearbeitslosigkeit
bestehe. Die Bundesagentur für Arbeit bestrafe sie (die Klägerin) hier dafür, dass sie versucht habe eine höherwertige
Tätigkeit aufzunehmen, um sich beruflich voran zu entwickeln.
II
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass der Klägerin ein wichtiger
Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses zum 1. November 1999 zur Seite stand und mithin eine
Minderung der Anspruchsdauer des Alg gemäß § 128 Abs 1 Nr 4 SGB III nicht in Betracht kam.
Gegenstand des Rechtsstreits sind - was das LSG zutreffend ausgeführt hat - die Bescheide der Beklagten vom 20.
Juli 2000 und 21. Juli 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. September 2000, sowie der
Bewilligungsbescheid über Alg vom 21. Juli 2000. Letzterer Bescheid ist ebenfalls zu ändern, weil der Klägerin mit
ihm lediglich eine Anspruchsdauer von 270 Tagen an Stelle von 360 Tagen zugesprochen worden ist. Eine Änderung
dieses Bescheides ist bislang weder im Tenor des SG-Urteils noch durch das LSG erfolgt.
Rechtsgrundlage für die Minderung der Anspruchsdauer ist § 128 Abs 1 Nr 4 SGB III (idF des
Arbeitsförderungsreformgesetzes (AFRG) vom 24. März 1997, BGBl I 594). Danach mindert sich die Dauer des
Anspruchs auf Alg um die Anzahl von Tagen einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe; in Fällen einer Sperrzeit von zwölf
Wochen mindestens jedoch um ein Viertel der Anspruchsdauer, die dem Arbeitslosen bei erstmaliger Erfüllung der
Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg zusteht. Im Falle der Klägerin ist jedoch keine Sperrzeit (von zwölf
Wochen Dauer) gemäß § 144 SGB III im Zeitraum vom 1. November 1999 bis 23. Januar 2000 eingetreten, sodass
eine Minderung der Anspruchsdauer gemäß § 128 Abs 1 Nr 4 SGB III nicht in Betracht kam.
Nach § 144 Abs 1 Nr 1 SGB III (ebenfalls in der hier maßgeblichen Fassung des AFRG vom 24. März 1997, aaO) tritt
eine Sperrzeit von zwölf Wochen ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein
arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch
vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe), ohne für sein
Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Gemäß § 144 Abs 2 SGB III beginnt die Sperrzeit mit dem Tag nach dem
Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit.
Zutreffend hat das LSG ausgeführt, dass für den Eintritt der Sperrzeit hier entscheidend auf die Arbeitslosigkeit der
Klägerin ab 1. November 1999 abzustellen ist. Dies gilt unabhängig von der Tatsache, dass sie für diesen Zeitraum
sich nicht arbeitslos gemeldet hat (vgl BSGE 84, 225 = SozR 3-4100 § 119 Nr 17). Die weitere, nach Beginn der
eingetretenen Sperrzeit liegende Arbeitslosigkeit ab 1. Juni 2000 kann den Eintritt der bereits eingetretenen Sperrzeit
nicht rückwirkend beeinflussen. Die Klägerin hat ihr Beschäftigungsverhältnis bei der Bäckerei zum 31. Oktober 1999
selbst gelöst und durch diese Eigenkündigung die Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Die Klägerin ist in der Zeit vom 1.
November 1999 bis 7. November 1999 beschäftigungslos und damit arbeitslos gewesen. Maßgebliche Ursache für
den Eintritt der Arbeitslosigkeit war ihre Kündigung. Wie das LSG ausgeführt hat, hat die Klägerin diese
Arbeitslosigkeit auch vorsätzlich herbeigeführt. Sie wusste bei Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses mit der
Bäckerei, dass das neue - befristete - Arbeitsverhältnis erst am 8. November 1999 beginnen würde.
Der Klägerin stand jedoch für ihr Verhalten ein wichtiger Grund zur Seite. Nach der ständigen Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts ((BSG) vgl zuletzt BSG SozR 4-4300 § 144 Nr 4 S 15; BSGE 90, 90 = SozR 3-4100 § 119 Nr
26; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 14, 15, 16; BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 12; BSGE 66, 94, 97 = SozR 4100 § 119 Nr
36) ist über das Vorliegen eines wichtigen Grundes iS des § 144 Abs 1 Satz 1 SGB III unter Berücksichtigung des
Ziels der Sperrzeitregelung zu entscheiden. Die Versichertengemeinschaft soll sich gegen Risikofälle wehren, deren
Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat oder an deren Behebung er unbegründet nicht mithilft. Eine Sperrzeit
tritt deshalb nur dann ein, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter
Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet
werden kann. Insoweit muss der wichtige Grund nicht nur die Auflösung des Arbeitsverhältnisses überhaupt, sondern
auch den konkreten Zeitpunkt der Auflösung decken. Dabei ist, wie der Senat im Zusammenhang seiner
Entscheidungen über die nicht eheliche Lebensgemeinschaft (BSGE 90, 90 = SozR 3-4100 § 119 Nr 26) ausgeführt
hat, auch den Veränderungen in den gesellschaftlichen Lebensverhältnissen Rechnung zu tragen. Zu Recht haben die
Vorinstanzen darauf abgestellt, dass in der Rechtswirklichkeit der Arbeitswelt eine - auch politisch gewollte - Tendenz
zum Abschluss von befristeten bzw kurzfristigen Arbeitsverhältnissen festzustellen ist. Dies kommt ua in dem am 2.
Januar 2001 in Kraft getretenen Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) vom 21. Dezember
2000 (BGBl I, 1966) zum Ausdruck. Der Gesetzgeber hat etwa in § 14 Abs 2a TzBfG (idF des Gesetzes zu Reformen
am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2004, BGBl I, 3002) nunmehr zugelassen, dass in den ersten vier Jahren nach
Gründung eines Unternehmens eine kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags bis zur Dauer von vier Jahren
zulässig ist. Dies schließt es aus, den Wechsel aus einem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis in ein befristetes
bei einem Unternehmen, das seine Rechte aus § 14 Abs 2a TzBfG in der Neugründungsphase ausschöpft, generell
nicht als wichtigen Grund anzusehen.
Dementsprechend hätte die Klägerin das von ihr angestrebte - besser bezahlte und auch von den Arbeitszeiten her
wesentlich günstigere - Arbeitsverhältnis bei der Firma K. als unbefristetes Beschäftigungsverhältnis überhaupt nicht
antreten können, weil die als Zeugen vernommenen Angestellten der Firma K. klargestellt haben, dass die Firma K.
insoweit ausschließlich befristete Arbeitsverträge abschließe. Es bestand jedoch eine konkrete Aussicht, dass sich
das nur zunächst befristete Arbeitsverhältnis der Klägerin unbefristet verlängern konnte. Dies hat das LSG für den
Senat bindend (§ 163 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) festgestellt, ohne dass die Beklagte insofern durchgreifende
Verfahrensrügen erhoben hat.
Den von den Vorinstanzen hierzu beschrittenen rechtlichen Ansatzpunkt, aus Art 12 Abs 1 GG abzuleiten, dass
Arbeitnehmern grundsätzlich auch die Möglichkeit offen stehen muss, befristete - ihnen attraktiv erscheinende -
Arbeitsverhältnisse, zu Gunsten unbefristeter Arbeitsverhältnisse aufzunehmen, teilt der Senat. Allerdings muss hier
nicht entschieden werden, ob dieser Grundsatz uneingeschränkt gilt. Steht von vornherein fest, dass das
Anschlussarbeitsverhältnis auf Grund einer Befristung zu einem bestimmten Zeitpunkt enden wird und besteht
keinerlei konkrete Aussicht auf eine Verlängerung des Beschäftigungsverhältnisses, könnte fraglich sein, ob auch in
diesem Falle ein wichtiger Grund iS des § 144 SGB III vorliegt, selbst wenn sich das befristete Arbeitsverhältnis für
den Arbeitnehmer als äußerst attraktiv erweist. Denn der Versicherte wechselt dann nicht nur in ein besser bezahltes
oder aus sonstigen Gründen attraktiveres Beschäftigungsverhältnis. Vielmehr geht er "sehenden Auges" - gleichsam
aufschiebend bedingt - das Risiko der Arbeitslosigkeit ein und führt damit den Versicherungsfall bewusst herbei. Dies
kann hier jedoch dahinstehen, weil die Klägerin eine konkrete Aussicht auf ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis
beim neuen Arbeitgeber hatte. Maßgebend für das Vorliegen eines wichtigen Grundes ist vorliegend also, dass bei der
Aufgabe der Beschäftigung in der Bäckerei für die Klägerin eine konkrete Aussicht bestand, das neue
Beschäftigungsverhältnis bei der Firma K. werde sich nach Ablauf der Befristung in ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis
umwandeln.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG müssen die Voraussetzungen für einen wichtigen Grund im Sinn des
Sperrzeitenrechts objektiv gegeben sein (vgl insbesondere BSGE 66, 94 = SozR 4100 § 119 Nr 26; BSG SozR 3-
4100 § 119 Nr 11; BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 12). Mithin kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin hier glauben
durfte (oder sich ggf hierüber in einem unvermeidbaren Irrtum befand), dass sich das neue Beschäftigungsverhältnis
bei der Firma K. verlängern werde. Ausschlaggebend sind allein die objektiven Umstände, wie sie sich einem
neutralen Beobachter im Zeitpunkt der Auflösung des alten Beschäftigungsverhältnisses darstellen. Hierzu haben die
Vorinstanzen eindeutige und den Senat bindende Sachverhaltsfeststellungen getroffen (§ 163 SGG). Die Beklagte
wendet sich insoweit auch nicht gegen den rechtlichen Ansatz der Vorinstanzen, sondern greift deren "Wertung" an.
Das LSG habe aus den Zeugenaussagen der beiden leitenden Angestellten der Firma K. keinesfalls schließen dürfen,
es habe für die Klägerin eine - objektiv - bestehende konkrete Aussicht darauf gegeben, dass sich das zunächst
befristete Beschäftigungsverhältnis bei der Firma K. in ein dauerhaftes Beschäftigungsverhältnis umwandeln werde.
Damit greift die Beklagte jedoch lediglich die Beweiswürdigung der Vorinstanzen an, die mangels begründeten
Verfahrensrügen - das LSG hat nicht gegen Denkgesetze verstoßen - nicht zu beanstanden ist. Der Senat hatte
deshalb davon auszugehen, dass für die Klägerin eine konkrete Aussicht auf ein dauerhaftes
Anschlussarbeitsverhältnis bestand und sie deshalb einen wichtigen Grund hatte, ihr Beschäftigungsverhältnis bei der
Bäckerei aufzugeben.
Bindende Feststellungen liegen ebenfalls vor, soweit der Begriff des wichtigen Grundes auch den Zeitpunkt der
Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses umfasst, bzw soweit darüber hinaus auch bei Vorliegen eines wichtigen
Grundes davon auszugehen ist, dass den Arbeitslosen weitere Obliegenheiten treffen, einen möglichst nahtlosen
Übergang in ein neues Beschäftigungsverhältnis zu ermöglichen (vgl umfassend das Urteil des Senats BSGE 91, 90
= SozR 4-4300 § 144 Nr 3). Die Beklagte macht hierzu geltend, die Klägerin habe sich nicht ausreichend bemüht,
direkt von der Beschäftigung bei der Bäckerei in die neue Arbeitsstelle - ohne Zwischenarbeitslosigkeit vom 1.
November bis 7. November 1999 - überzuwechseln. Auch insoweit hat das LSG aber für den erkennenden Senat
bindend festgestellt, dass die Klägerin ihren insoweit bestehenden Obliegenheiten (vgl BSG aaO) nachgekommen ist.
Die Klägerin hat versucht, im Oktober 1999 einen nahtlosen Übergang aus ihrem bisherigen Beschäftigungsverhältnis
bei der Bäckerei in das neue Beschäftigungsverhältnis bei der Firma K. zu gewährleisten. Dieser nahtlose Übergang
scheiterte nach den Feststellungen des LSG ausschließlich an der Weigerung des früheren Arbeitgebers der Klägerin,
der auf einer fristgemäßen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zum 31. Oktober 1999 beharrt hat, während
die Klägerin bereit gewesen war, bis zum 7. November 1999 in der Bäckerei weiterzuarbeiten. Weitere schuldhafte
(das bedeutet zumindest grob fahrlässige vgl BSGE 91, 90 = SozR 4-4300 § 144 Nr 3) Obliegenheitsverletzungen der
Klägerin im Zusammenhang mit der Kündigung ihres Beschäftigungsverhältnisses zum 31. Oktober 1999 und dem
Eintritt der nachfolgenden Arbeitslosigkeit sind nicht festgestellt oder ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.