Urteil des BSG vom 15.07.2009

BSG: beteiligung am verfahren, anspruch auf rechtliches gehör, beiladung, beitragspflichtige beschäftigung, nachforderung, unterlassen, ausnahme, versicherungspflicht, zeitung, arbeitsentgelt

Bundessozialgericht
Urteil vom 15.07.2009
Sozialgericht Bayreuth S 6 KR 5037/05
Bayerisches Landessozialgericht L 5 KR 32/07
Bundessozialgericht B 12 KR 1/09 R
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 25. November 2008
geändert, soweit die Feuerwehrführungskräfte K. , P. , S. und G. betroffen sind. Insoweit wird der Rechtsstreit zur
erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen. Im Übrigen wird die Revision
zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens, soweit der Senat abschließend entschieden
hat. Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten. Der Streitwert wird für den durch das Urteil abschließend
entschiedenen Teil des Revisionsverfahrens auf 10.692,18 Euro festgesetzt.
Gründe:
I
1
Der Kläger, ein Bayerischer Landkreis, wendet sich gegen die Nachforderung von
Gesamtsozialversicherungsbeiträgen für Feuerwehrführungskräfte.
2
Mit Bescheid vom 17.3.2005/Widerspruchsbescheid vom 19.9.2005 forderte die beklagte Deutsche
Rentenversicherung Bund vom Kläger aufgrund der Betriebsprüfung vom 7. bis 11.10.2004 für den Prüfzeitraum vom
1.6.2000 bis 31.12.2003 Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 29.555,66 Euro nach. Die Nachforderung
betraf hinsichtlich der Feuerwehrführungskräfte K. (K), P. (P), S. (S) und G. (G) jeweils deren Tätigkeit bis zum Ende
des Prüfzeitraums (31.12.2003), für die übrigen Feuerwehrführungskräfte nur deren schon vor dem 31.12.2003
beendete Tätigkeit. Die Beklagte gab zur Begründung der Nachforderung an, die im Gebiet des Klägers tätigen
Feuerwehrführungskräfte seien versicherungspflichtig beschäftigt. Die im Prüfzeitraum gezahlten
Aufwandsentschädigungen seien nach Abzug von Freibeträgen beitragspflichtig, sodass sich die genannte
Nachforderung ergebe.
3
Der Kläger hat gegen die Beitragsnachforderungen Klage erhoben. Das Sozialgericht (SG) Bayreuth hat die
Entscheidungen der Beklagten hinsichtlich der dort erfassten Feuerwehrführungskräfte aufgehoben und festgestellt,
diese hätten nicht in einem Beschäftigungsverhältnis zum Kläger gestanden. Sie seien einem Kreisbrandrat
vergleichbar und bekleideten als ehrenamtlich Tätige aufgrund der Sonderregelungen im Bayerischen
Feuerwehrgesetz ein Amtsverhältnis besonderer Art. Sie seien nicht weisungsgebunden tätig und erhielten vom
Kläger kein Entgelt, sondern von diesem als Aufwandsträger lediglich eine Entschädigung. Ein entgeltliches
Beschäftigungsverhältnis zum Kläger bestehe damit nicht.
4
Auf die Berufung der Beklagten hat das Bayerische Landessozialgericht (LSG) mit Beschluss vom 1.8.2007 die
beteiligten öffentlich-rechtlichen Körperschaften zum Verfahren beigeladen. Mit dem weiteren Beschluss vom
1.8.2007, der den Beteiligten - Parteien und Beigeladene zu 1. bis 10. - jeweils gegen Empfangsbekenntnis zugestellt
worden ist, hat das LSG die Beiladung der betroffenen Feuerwehrführungskräfte von deren fristgerechtem Antrag bis
30.11.2007 abhängig gemacht. Dieser Beschluss wurde der "Süddeutschen Zeitung", der "Bundesanzeiger
Verlagsgesellschaft mbH" und der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" jeweils mit der Bitte um vollständige
Veröffentlichung bis spätestens 31.8.2007 übersandt. Ein Antrag auf Beiladung wurde während des
Berufungsverfahrens nicht gestellt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Beklagte auf die Erhebung von
Säumniszuschlägen verzichtet und ihre Entscheidung insoweit aufgehoben. Eine weitere Beiladung ist unterblieben.
Mit Urteil vom 25.11.2008 hat das LSG das Urteil des SG Bayreuth vom 29.11.2006 aufgehoben und die Klage in dem
nach Aufhebung der Entscheidung über die Säumniszuschläge in der mündlichen Verhandlung noch streitigen Umfang
abgewiesen. Der Senat gebe seine frühere entgegen stehende Rechtsprechung auf und schließe sich der Auffassung
des Bundessozialgerichts (BSG) an, das hinsichtlich der Versicherungs- und Beitragspflicht von bayerischen
ehrenamtlichen Kreisbrandräten von einer Beschäftigung ausgegangen sei. Hiernach sei auch von einer abhängigen
Beschäftigung der hier in Frage stehenden Kreisbrandmeister und -inspektoren und damit von deren Versicherungs-
und Beitragspflicht in der Sozialversicherung auszugehen.
5
Der Kläger hat die vom Berufungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Gerügt werde die Verletzung von § 7 Abs 1
SGB IV. Das LSG habe die Stellung des Kreisbrandrats nicht problematisiert, obwohl der betroffene K in der
namentlichen Aufstellung im Tatbestand des Berufungsurteils aufgeführt sei. Eine versicherungs- und
beitragspflichtige Beschäftigung der Feuerwehrführungskräfte liege nicht vor. Das Berufungsgericht habe es
unterlassen, die genannten und sich aus dem Bayerischen Feuerwehrgesetz ergebenden Aufgaben der
Führungskräfte einer konkreten Gesamtwürdigung unter Beachtung der Rechtsprechung des BSG zu unterziehen. Bei
der Aufwandsentschädigung handele es sich lediglich um einen pauschalierten Ausgleich und nicht um ein
Arbeitsentgelt. Außerdem bestehe in keiner Weise die vom Berufungsgericht angenommene Weisungsgebundenheit
und Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Landkreises. Schließlich sei auch bei den vorangegangenen
Betriebsprüfungen keine Sozialversicherungspflicht angenommen worden.
6
Der Kläger stellt den Antrag: das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 25.11.2008 aufzuheben und die
Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 29.11.2006 zurückzuweisen.
7
Die Beklagte sowie die Beigeladene zu 1. und 2. beantragen, die Revision zurückzuweisen.
8
Sie halten das angegriffene Urteil für zutreffend.
9
Die anderen Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
II
10
Die Revision des Klägers erweist sich im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung
der Sache an das Berufungsgericht als begründet, soweit über die Versicherungs- und Beitragspflicht der
Feuerwehrführungskräfte K, P, S und G entschieden worden ist. Das LSG hat es zu Unrecht unterlassen, diese von
Amts wegen und ohne deren entsprechenden Antrag zum Verfahren beizuladen. Im Übrigen ist die Revision
unbegründet.
11
Die Beklagte hat in den angefochtenen Bescheiden gegenüber dem Kläger ua die Versicherungspflicht namentlich
benannter Feuerwehrführungskräfte im Rahmen der Beschäftigtenversicherung festgestellt und
Gesamtsozialversicherungsbeiträge nachgefordert. Werden Bescheide mit diesem Inhalt vom Arbeitgeber
angefochten, sind die betroffenen Arbeitnehmer und Versicherungsträger gemäß § 75 Abs 2 Alternative 1 SGG zum
Verfahren notwendig beizuladen, da die zu erwartende Entscheidung zugleich unmittelbar in deren Rechtssphäre
eingreift und damit auch ihnen gegenüber jeweils nur einheitlich entschieden werden kann (stRspr vgl ua Urteile des
Senats vom 18.8.1992, 12 RK 35/92, Die Beiträge 1993, 349 = USK 9253 und vom 1.7.1999, B 12 KR 2/99 R, BSGE
84, 136 = SozR 3-2400 § 28h Nr 9). Vorliegend kam einschließlich der betroffenen Sozialversicherungsträger die
Beiladung von insgesamt mehr als 20 - juristischen oder natürlichen - Personen in Betracht. Deshalb war das LSG
grundsätzlich ermächtigt, von § 75 Abs 2a Satz 1 bis 8 SGG Gebrauch zu machen. Das Gericht konnte durch einen
öffentlich bekannt zu machenden (§ 75 Abs 2a Satz 3 bis 5 SGG) und unanfechtbaren (Satz 2 aaO) Beschluss
anordnen, dass nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist (Satz 6 bis 8 aaO)
beantragen (Satz 1 aaO). Wird ein derartiger Antrag nicht gestellt, werden unmittelbar betroffene Dritte tatsächlich und
rechtlich zunächst so behandelt, als hätten sie von der Möglichkeit der Antragstellung Kenntnis gehabt. Entsprechend
einer im Gesetz zwar ebenfalls nicht ausdrücklich angesprochenen, logisch aber vorausgesetzten Fiktion ihrer
Stellung als Beigeladene und ungeachtet der fehlenden Beteiligung am Verfahren wird der betroffene Personenkreis
dann des Weiteren im Ergebnis so behandelt, als wäre ihm rechtliches Gehör in einem nach Maßgabe der § 62 SGG,
Art 103 GG rechtlich ausreichendem Umfang tatsächlich gewährt worden, obwohl er am Verfahren tatsächlich nicht
beteiligt ist. Auf der Grundlage von § 141 Abs 1 Nr 2 SGG ist damit eine materielle Bindung an das
Verfahrensergebnis gerechtfertigt, die derjenigen der "übrigen" Beteiligten entspricht. Diejenigen, die keinen Antrag auf
Beiladung gestellt haben, müssen sich damit trotz fehlender tatsächlicher Beteiligung am Verfahren dessen
rechtskräftiges Ergebnis entgegenhalten lassen. Das Gericht hat von dieser verfahrensrechtlichen Möglichkeit
Gebrauch gemacht und die betroffenen Feuerwehrführungskräfte, da sie keinen Antrag auf Beiladung gestellt hatten,
nicht beigeladen.
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Das Berufungsgericht hat jedoch unbeachtet gelassen, dass gemäß § 75 Abs 2a Satz 9 SGG Personen, die von der
Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beigeladen werden "sollen".
Insofern ist ohne Belang, dass Beschlüsse auf der Grundlage von § 75 Abs 2a Satz 1 bis 8 SGG nach Satz 2 aaO
unanfechtbar sind und daher als dem Endurteil iS von § 202 SGG, § 557 Abs 2 ZPO vorangehende Entscheidungen
im Revisionsverfahren nicht mehr überprüft werden können. Ob die Voraussetzungen von § 75 Abs 2a Satz 9 SGG
als lex specialis gegenüber den Regelungen in § 75 Abs 2a Satz 1 bis 8 und damit als "Ausnahme von der
Ausnahme" vorliegen, hat das Rechtsmittelgericht von Amts wegen zu prüfen.
13
Aus § 75 Abs 2a Satz 9 SGG erwächst in Fällen der vorliegenden Art dabei ein Anspruch auf Beteiligung am
gerichtlichen Verfahren, der die Wirkungen des Beschlusses nach Abs 2a Satz 1 bis 8 SGG verdrängt. Insofern ist
unerheblich, dass das SGG "Sollens-"Anordnungen ansonsten vielfach im Sinne bloßer Handlungsempfehlungen oder
bloßer Obliegenheiten versteht. Unabhängig vom sonstigen Sprachgebrauch fordert die Regelung in § 75 Abs 2a Satz
9 SGG zwingend die Beiladung, weil sie insbesondere im Zusammenhang der (grund-)gesetzlichen Gewährleistung
des rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG, Art 101 GG) zu verstehen ist (vgl entsprechend zu § 65 Abs 3 Satz 9
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auch Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern vom 4.2.2000, 2 M
5/00, NVwZ 2000, 945 = KirchE 38, 51). Mit der Ausgestaltung einer entsprechenden verfahrensrechtlichen
Gestaltungsmöglichkeit der Gerichte trägt das Gesetz in Abwägung des Grundrechts der Hauptbeteiligten auf
effektiven Rechtsschutz (Art 19 Abs 4 GG) und der Beizuladenden auf rechtliches Gehör zu Gunsten der letzt
Genannten insofern auch dem Gesichtspunkt Rechnung, dass derjenige, der "besonders betroffen" ist, darauf
vertrauen können muss, dass eine Entscheidung in seiner Sache nicht ohne seine konkrete Teilnahmemöglichkeit
ergeht.
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Ist das Gebot der Beiladung bei Personen, die von einer gerichtlichen Entscheidung "erkennbar in besonderem Maße
betroffen" sind, zwingend, muss der Personenkreis allerdings in einer Weise abgegrenzt werden, die einerseits dem
Anliegen einer vereinfachten Abwicklung von Massenverfahren Rechnung trägt und dabei in Kauf nimmt, dass das
Grundrecht auf rechtliches Gehör vielfach nur fiktiv gewährt wird und andererseits sicherstellt, dass jedenfalls in
begründeten Ausnahmefällen der Anspruch auf rechtliches Gehör durch Eröffnung konkret-individueller
Beteiligungsmöglichkeiten tatsächlich gewährleistet bleibt. Diese Beteiligungsmöglichkeit ist in
Versicherungspflichtstreitigkeiten dann nicht verzichtbar, wenn die Entscheidung ein Beschäftigungsverhältnis betrifft,
das im Entscheidungszeitpunkt noch besteht oder das zumindest bis zum Ende des zu beurteilenden Zeitraums
angedauert hat, ohne dass ein späteres Ende des Beschäftigungsverhältnisses festgestellt ist.
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Bei den vorliegend betroffenen Feuerwehrführungskräften K, P, S und G liegen im Blick auf das Vorstehende die
Voraussetzungen einer Beiladung durch Beschluss des Gerichts nach § 75 Abs 2 SGG auch ohne Antrag vor. Sie
sind namentlich bekannt, so dass sie iS von § 75 Abs 2a Satz 9 SGG "erkennbar" sind. Zudem kommt bei ihnen eine
"besondere Betroffenheit" darin zum Ausdruck, dass hier nach den maßgeblichen Verhältnissen im Zeitpunkt des
Erlasses der angegriffenen Bescheide der Klärung ihres Status für den streitigen Zeitraum gleichzeitig aktuelle
Bedeutung zukommt, weil sie bis zum Ende des von der Beklagten überprüften Zeitraums als versicherungspflichtig
beschäftigt angesehen werden und diese Beurteilung damit auch für die fortbestehende Beschäftigung wenn schon
nicht rechtliche so jedoch tatsächliche Bedeutung hat. Ein derartiges Vorgehen trägt auch dem Umstand Rechnung,
dass die dem Tatsachengericht obliegende Sachverhaltsaufklärung (§ 103 Satz 1 SGG) hinsichtlich der eine
Beschäftigung begründenden tatsächlichen Umstände typischerweise und regelmäßig bei der Befragung der am
zugrunde liegenden Rechtsverhältnis Beteiligten ihren Ausgang nimmt. Insofern kommt es nicht darauf an, dass sich
der konkrete Ermittlungsaufwand vermindern mag, wenn der Inhalt einer Beschäftigung - wie hier - weitgehend
normativ vorgeprägt ist. Nur so wird auch im Rahmen der konkreten Rechtsanwendung verhindert, dass die
betroffenen öffentlich-rechtlichen Träger durchgehend ohne Antrag durch Beschluss beigeladen werden (Beigeladene
zu 1. bis 10.), während natürliche Personen trotz eines besonderen Interesses und jedenfalls damit unter Verstoß
gegen Art 3 Abs 1 GG allein nach Maßgabe ihres entsprechenden Antrages am Verfahren beteiligt werden (vgl ua zu
diesem Aspekt auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5.2.2008, L 16 B 4/07 R, juris, RdNr 40).
16
Der Senat sieht vorliegend davon ab, die betroffenen Feuerwehrführungskräfte K, P, S und G gemäß § 168 Satz 2 2.
Alternative SGG selbst zum Verfahren beizuladen. Das Unterlassen einer echten notwendigen Beiladung nach § 75
Abs 2 1. Alternative SGG ist bei einer zulässigen Revision mit der Folge von Amts wegen zu beachten, dass die
Sache, soweit der Mangel reicht, zur Nachholung an das SG bzw LSG zurückzuverweisen ist (stRspr seit BSG,
Beschluss vom 12.3.1974, 2 S 1/74, SozR 1500 § 75 Nr 1, vgl auch Urteil des Senats vom 18.8.1992, 12 RK 35/92,
Die Beiträge 1993, 349 = USK 9253 mwN). Bei dieser prozessualen Folge bleibt es nach § 170 Abs 2 Satz 2 SGG
auch nach Einfügung von § 168 Satz 2 2. Alternative SGG durch das Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege vom
11.1.1993 (BGBl I S 50), wenn das BSG von der hierdurch eröffneten Möglichkeit keinen Gebrauch macht, ein
Betroffener die Zustimmung verweigert oder ggf auch, wenn sich ein im Revisionsverfahren Beigeladener zum
Sachverhalt äußern möchte. Eine entsprechende Vorgehensweise erscheint vorliegend schon deshalb geboten, weil
im Blick auf die besondere Situation der noch beizuladenden Betroffenen konkrete Beteiligungswünsche naheliegen
und ausgehend von der Rechtsauffassung auch des Berufungsgerichts nicht ausgeschlossen werden kann, dass
durch die Beteiligung dieser Personen weitere der Sachaufklärung dienende Aspekte Eingang in das Verfahren finden
können (vgl zum begrenzten Anwendungsbereich von § 168 Satz 2 SGG auch BT-Drucks 12/1217 Seite 54 linke
Spalte).
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Hinsichtlich der übrigen betroffenen Feuerwehrleute, bei denen in den angefochtenen Bescheiden Versicherungspflicht
und Beitragspflicht nur jeweils für Zeiten vor dem 31.12.2003 angenommen wurde, konnte der Senat eine
abschließende Entscheidung treffen und die Revision als unbegründet zurückweisen. Das Berufungsgericht hat
insofern zutreffend von einer Beiladung abgesehen. In der Sache hat das LSG unter Berücksichtigung der
Rechtsprechung des Senats zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit bei ehrenamtlich Tätigen im
öffentlichen Dienst und in Auslegung der nicht revisiblen landesrechtlichen Vorschriften zutreffend entschieden, dass
Feuerwehrführungskräfte in Bayern als abhängig Beschäftigte der Versicherungs- und Beitragspflicht unterliegen. Die
Einwendungen des Klägers gegen diese Entscheidung greifen nicht durch.
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Wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV ergibt, ist das Arbeitsverhältnis nur ein möglicher
rechtlicher Rahmen von Beschäftigung ("insbesondere"). Die Erbringung abhängiger Erwerbsarbeit ist ebenso im
Rahmen öffentlich-rechtlicher Rechtsverhältnisse denkbar. So sind etwa die in einem öffentlich-rechtlichen
Dienstverhältnis stehenden Beamten, Richter und Soldaten im sozialversicherungsrechtlichen Sinne Beschäftigte und
deswegen "dem Grunde nach" sozialversicherungspflichtig (vgl BSG vom 12.12.1995, 5/4 RA 52/94, SozR 3-2200 §
1232 Nr 6 und vom 22.2.1996, 12 RK 6/95, BSGE 78, 34 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5). In Übereinstimmung mit der
Rechtsprechung des BSG zum Leistungsrecht hat der Senat in ständiger Rechtsprechung auch entschieden, dass
Ehrenbeamte in einer abhängigen Beschäftigung von § 7 Abs 1 SGB IV stehen, wenn sie dem allgemeinen
Erwerbsleben zugängliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen und hierfür eine den tatsächlichen Aufwand
übersteigende pauschale Aufwandsentschädigung erhalten (BSG vom 27.3.1980, 12 RK 56/78, SozR 2200 § 165 Nr
44; vom 23.9.1980, 12 RK 41/79, SozR 2200 § 1229 Nr 12; vom 23.7.1998, B 11 AL 3/98 R SozR 3-4100 § 138 Nr 11;
vom 25.1.2006, B 12 KR 12/05 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 6 und vom 4.4.2006, B 12 KR 76/05 B, juris). Ausnahmen
bedürfen jeweils einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung (vgl § 27 Abs 1 Nr 1 SGB III, § 6 Abs 1 Nr 2 SGB V, §
5 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI, § 4 Abs 1 Nr 1 SGB VII). Weder das Rechtsverhältnis als Ehrenbeamter als solches
noch dessen Rechtsstellung als Organ oder Mitglied eines Organs einer juristischen Person des öffentlichen Rechts
mit eigenen gesetzlichen Befugnissen noch die Zahlung einer pauschalen Aufwandsentschädigung ohne Bezug zu
einem konkreten Verdienstausfall schließen danach die Annahme einer versicherungspflichtigen und
beitragspflichtigen Beschäftigung aus. Ob der Ehrenbeamte in seinem Amt zur weisungsgebundenen Wahrnehmung
von Verwaltungsaufgaben verpflichtet ist und damit dieser Aufgabenbereich seine Tätigkeit prägt, ist in einer
Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Ausgestaltung des Ehrenamts in der
kommunalen Verfassung des jeweiligen Bundeslandes zu beurteilen (vgl auch Entscheidung des Senats vom
25.1.2006, B 12 KR 12/05 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 6).
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Die vom Berufungsgericht vorgenommene Gesamtwürdigung begegnet keinen Bedenken. Insbesondere hat das LSG
zutreffend dem Umstand Rechnung getragen, dass die Kreisbrandinspektoren und Kreisbrandmeister in einem
gesetzlich geregelten Verfahren zur Erledigung ihrer Art nach gesetzlich abschließend umschriebener Aufgaben
berufen werden. Dem gegenüber fehlt es nach den Feststellungen des LSG an Hinweisen darauf, dass jedenfalls die
vorliegend in Betracht kommenden Teilaufgaben im Bereich Feuerwehr ausgelagert und zur selbstständigen
Erledigung auf Funktionsträger außerhalb der staatlichen Verwaltung übertragen werden könnten. Ebenso hat das
Berufungsgericht zutreffend erkannt, dass der weite bundesrechtliche Entgeltbegriff des § 14 Abs 1 Satz 1 SGB IV
grundsätzlich eine entsprechende Zuordnung aller Einnahmen aus einer Beschäftigung unabhängig von ihrer
Bezeichnung gebietet. Damit liegt eine Entgeltlichkeit der Beschäftigung und beitragspflichtiges Arbeitsentgelt
jedenfalls mit dem das steuerfreie Drittel der "Entschädigungsleistung" übersteigenden Anteil vor.
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Soweit der Senat eine abschließende Entscheidung getroffen hat, hat der Kläger die Kosten des Revisionsverfahrens
zu tragen (§ 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG, § 154 Abs 1 VwGO). Kosten der Beigeladenen sind nicht zu
erstatten (§ 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG, § 162 Abs 3 VwGO). Die Streitwertentscheidung beruht insofern auf
§ 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG, § 1 Nr 4, § 52 Abs 3, § 63 Abs 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz. Im Übrigen
bleibt die Kostenentscheidung dem Berufungsgericht vorbehalten.