Urteil des BSG vom 17.05.2001

BSG: wiedereinsetzung in den vorigen stand, befreiung von der versicherungspflicht, besondere härte, anwartschaft, arbeitsamt, rente, erwerbsunfähigkeit, unterlassen, erhaltung, avg

Bundessozialgericht
Urteil vom 17.05.2001
Landessozialgericht Baden-Württemberg
Bundessozialgericht B 12 RJ 1/01 R
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 3. November 2000
aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht
zurückverwiesen.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger noch einen Beitrag zur Rentenversicherung entrichten darf.
Der 1962 geborene Kläger ist Fleischermeister. Sein Versicherungsverlauf weist von August 1977 bis Juli 1989
lückenlos Beiträge, fast sämtlich Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung auf. Von September 1989 sind
bis Februar 1996 ebenfalls Pflichtbeiträge aufgeführt. Die Zeit vom März 1996 bis Juni 1997 ist mit freiwilligen
Beiträgen belegt. Von Juli 1997 bis August 1998 war der Kläger in die Handwerksrolle eingetragen und entrichtete
Pflichtbeiträge als Handwerker, anschließend wieder freiwillige Beiträge.
Ende 1997 und Anfang 1998 entstand zwischen dem Kläger und der Landesversicherungsanstalt (LVA) Baden ein
Schriftwechsel zur Befreiung von der Versicherungspflicht in der Handwerkerversicherung und zur Beanstandung von
freiwilligen Beiträgen, die neben Pflichtbeiträgen entrichtet worden waren. Dabei stellte sich heraus, daß für die
Erhaltung der Anwartschaft auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit für den 1998 zuletzt nicht mehr
versicherungspflichtigen Kläger ein Beitrag für den Monat August 1989 fehlte. In diesem Monat war der Kläger
arbeitslos gewesen, hatte jedoch kein Arbeitslosengeld bezogen, weil das Arbeitsamt eine Sperrzeit verhängt hatte.
Der Kläger beantragte die nachträgliche Zulassung zur Entrichtung eines Beitrags für August 1989. Er sei damals vom
Arbeitsamt nicht auf die Notwendigkeit eines anwartschaftserhaltenden Beitrags hingewiesen worden. Den
Sperrzeitbescheid (vom 5. September 1989) könne er nicht mehr auffinden. Der ihm noch vorliegende
Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 1990 enthalte einen solchen Hinweis nicht. Die LVA holte daraufhin
Auskünfte des Arbeitsamtes ein. Danach waren dessen 1989/1990 geführte Akten bereits vernichtet. Es sei jedoch
schon damals in Sperrzeitbescheide grundsätzlich ein Textbaustein zur Rentenversicherung eingefügt worden. Er
habe den Hinweis enthalten, daß die Sperrzeit regelmäßig in der Rentenversicherung nicht berücksichtigt werde und
sich dieses für die Anwartschaft auf Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente nachteilig auswirken könne; daher werde
unbedingt eine Information beim Rentenversicherungsträger oder einer örtlichen Beratungsstelle über die
Möglichkeiten einer freiwilligen Beitragszahlung angeraten. Es könne davon ausgegangen werden, daß diese Hinweise
auch in dem an den Kläger ergangenen Sperrzeitbescheid enthalten gewesen seien. Die LVA lehnte daraufhin mit
Bescheid vom 23. September 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 1999 die Zulassung
zur Zahlung eines Beitrags für August 1989 ab.
Das Sozialgericht (SG) hat die Anfechtungsklage und die Klage auf Zulassung zur Zahlung des Beitrags mit Urteil
vom 30. September 1999 abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil
vom 3. November 2000 das erstinstanzliche Urteil und den Bescheid der LVA aufgehoben sowie die Beklagte
verurteilt, die Zahlung eines Beitrags für den Monat August 1989 zuzulassen. Der Kläger sei nach § 197 Abs 3 Satz 1
des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) berechtigt, den Beitrag noch zu
entrichten. Eine besondere Härte iS der Vorschrift liege vor, weil dem Kläger ein Verlust der Anwartschaft auf Rente
wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit drohe. Ob der Kläger 1989 auf das Erfordernis, zur Anwartschaftserhaltung
einen Beitrag entrichten zu müssen, hingewiesen worden sei, könne unentschieden bleiben, weil bei ihm sowohl 1989
als auch bei dem Schriftwechsel mit der LVA in den Jahren 1997/98 die Anwartschaftszeit wegen der nahezu
lückenlosen Pflichtbeitragszeiten erhalten gewesen sei. Die Lücke sei erst 1998, als der Kläger nicht mehr
versicherungspflichtig gewesen sei, bedeutsam geworden. Als sie zu diesem Zeitpunkt erkennbar geworden sei, habe
der Kläger innerhalb von drei Monaten die Entrichtung des fehlenden Beitrags beantragt.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten LVA Baden-Württemberg als Rechtsnachfolgerin der LVA
Baden. Sie rügt eine Verletzung des § 197 Abs 3 SGB VI. Das LSG habe den Begriff der schuldlosen Verhinderung
an einer rechtzeitigen Beitragszahlung in § 197 Abs 3 SGB VI verkannt. Insbesondere habe es auch die Frage, ob der
Kläger möglicherweise seine Sorgfaltspflicht verletzt habe, nicht offenlassen dürfen. Ferner habe es nicht
berücksichtigt, daß § 197 Abs 3 SGB VI nach dem Urteil des 13. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 11.
Mai 2000 (BSGE 86, 153 = SozR 3-5750 Art 2 § 6 Nr 18) die Berufung auf ein Fehlen eigenen Verschuldens nicht
zeitlich unbeschränkt zulasse.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG vom 3. November 2000 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom
30. September 1999 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Er habe im Jahre 1989 keine Kenntnis von den
rentenversicherungsrechtlichen Auswirkungen der Sperrzeit gehabt. § 197 Abs 3 SGB VI dürfe nicht so restriktiv
ausgelegt werden, wie das durch den 13. Senat des BSG und die Beklagte geschehe. Jedenfalls sei der
Herstellungsanspruch begründet.
II
Die Revision der Beklagten ist iS einer Aufhebung des angefochtenen Urteils und einer Zurückverweisung der Sache
an das Berufungsgericht begründet. Die bisherigen Ausführungen des LSG rechtfertigen eine Aufhebung des
angefochtenen Bescheides und eine Verurteilung der Beklagten nicht. Für eine abschließende Entscheidung bedarf es
weiterer Feststellungen.
1. Als beim Kläger im August 1989 die Beitragslücke entstand, galten für die Entrichtung freiwilliger Beiträge noch §
1418 Abs 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) und § 140 Abs 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG),
die erst mit dem Inkrafttreten des SGB VI am 1. Januar 1992 aufgehoben worden sind (Art 83, 85 RRG 1992 vom 18.
Dezember 1989 - BGBl I 2261).
a) Nach den genannten Vorschriften waren freiwillige Beiträge unwirksam, wenn sie nach Ende des Kalenderjahres
entrichtet wurden, für das sie gelten sollten (im folgenden: Geltungsjahr). Diese Regelung galt für freiwillige Beiträge
auch, wenn diese der Erhaltung der Anwartschaft auf eine Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit dienten
(SozR 2200 § 1418 Nr 11). Der Kläger konnte damit einen freiwilligen Beitrag für den Monat August 1989 nur bis Ende
1989 entrichten. Das ist nicht geschehen.
b) Mehrere Möglichkeiten, das Fristversäumnis zu überwinden, scheiden beim Kläger aus. Eine Wiedereinsetzung in
den vorigen Stand nach § 27 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren (SGB X) kommt nicht in
Betracht. Sie wurde bei der Frist, um die es hier geht, zum Teil von vornherein ausgeschlossen (Urteile des 13.
Senats des BSG in SozR 3-1200 § 14 Nr 9 S 26; SozR 3-5750 Art 2 § 6 Nr 7 S 30). Aber auch soweit sie erwogen
wurde (Urteil des 13. Senats in BSGE 86, 153, 162 = SozR 3-5750 Art 2 § 6 Nr 18), konnte der Kläger nach § 27 Abs
3 SGB X außer bei hier nicht vorliegender höherer Gewalt ein Jahr nach Ablauf der versäumten Frist, also nach 1990,
die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragen und die Beitragsentrichtung nicht mehr nachholen. Auch eine
Nachsichtgewährung scheidet dann aus (BSGE 86, 153, 162/163 = SozR 3-5750 Art 2 § 6 Nr 18 S 66/67). Selbst eine
entsprechende Anwendung der für Pflichtbeiträge nach den Abs 2, 3 des § 1418 RVO und des § 140 AVG geltenden
Regelungen auf freiwillige Beiträge würde dem Kläger nicht helfen. Nach dem jeweiligen Abs 2 der Vorschriften hätte
er die Beiträge nur innerhalb von zwei Jahren seit Fristablauf, also bis Ende 1991 entrichten können. Die Anwendung
des jeweiligen Abs 3 wäre daran gescheitert, daß der Kläger bei Beobachtung jeder nach den Umständen des Falles
gebotenen Sorgfalt das Unterlassen der Beitragsentrichtung hätte verhindern können.
c) Allein in Betracht kommt, daß nach dem früheren Recht ein Herstellungsanspruch entstanden ist. Er wurde nach
der Rechtsprechung anders als bei Pflichtbeiträgen (BSGE 56, 266 = SozR 2200 § 1418 Nr 8) bei freiwilligen
Beiträgen nicht durch § 1418 RVO und § 140 AVG ausgeschlossen (Urteil des 13. Senats des BSG in SozR 3-1200 §
14 Nr 22 S 74). Grundsätzlich ist auch der erkennende 12. Senat hiervon ausgegangen (BSG SozR 3-1200 § 14 Nr 5
S 10 und Nr 6 S 16). Die dort erwogenen Einschränkungen verfolgt der Senat zum früheren Recht nicht weiter.
Das Arbeitsamt war bei der Verhängung der Sperrzeit verpflichtet, den Kläger auf die Lücke im Versicherungsverlauf
und den drohenden Verlust der Anwartschaft auf eine Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit hinzuweisen; ein
etwaiges Fehlverhalten müßte sich die Beklagte als Rentenversicherungsträger zurechnen lassen (vgl BSG SozR
1200 § 14 Nr 9 S 27 ff). Ob der Sperrzeitbescheid vom 5. September 1985 einen solchen Hinweis enthalten hat, ist
unter den Beteiligten umstritten und wird vom LSG aufzuklären sein. Scheitert dieses, geht das zu Lasten des
Klägers. Er macht den Herstellungsanspruch geltend und trägt die Feststellungslast (Beweislast) für die
anspruchsbegründenden Tatsachen, wenn Beweiserhebung und Beweiswürdigung nicht zu einem Ergebnis führen. Die
Wiederholung eines im Bescheid enthaltenen Hinweises im Widerspruchsbescheid des Arbeitsamtes war entgegen
der Ansicht des Klägers nicht erforderlich. Für eine Begründung des Herstellungsanspruchs wäre außer dem
Unterbleiben des Hinweises durch das Arbeitsamt erforderlich, daß dieses Unterlassen für die Fristversäumung
ursächlich war. Daran würde es fehlen, wenn der Kläger die Beitragsentrichtung damals nicht aus Unkenntnis der
drohenden Lücke und des Anwartschaftsverlustes, sondern deswegen unterlassen hätte, weil die Anwartschaft auf
eine Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit wegen ausreichender Pflichtbeitragszeiten einstweilen gewahrt
war.
2. Der am 1. Januar 1992 in Kraft getretene § 197 SGB VI führt nicht zu einem für den Kläger günstigeren Ergebnis.
a) Nach Abs 2 dieser Vorschrift sind nunmehr freiwillige Beiträge wirksam, wenn sie bis zum 31. März des Jahres
gezahlt werden, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen (Geltungsjahr). Nach Abs 3 Satz 1 ist in Fällen
besonderer Härte, insbesondere bei drohendem Verlust der Anwartschaft auf eine Rente, auf Antrag der Versicherten
die Zahlung von Beiträgen auch nach Ablauf der in Abs 2 genannten Frist zuzulassen, wenn die Versicherten an der
rechtzeitigen Beitragszahlung ohne Verschulden gehindert waren. Der Antrag kann nach Abs 3 Satz 2 nur innerhalb
von drei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt werden.
b) Der Senat läßt offen, ob § 197 Abs 3 SGB VI hier anzuwenden ist. Er hat unter Berücksichtigung des § 300 Abs 1,
2 SGB VI bereits entschieden, daß die am 1. Januar 1992 in Kraft getretene Regelung, nach der freiwillige Beiträge für
ein Jahr wirksam auch noch im ersten Quartal des Folgejahres entrichtet werden können (§ 197 Abs 2 SGB VI), nicht
auf Beitragszahlungen in der Zeit vor dem 1. Januar 1992 anzuwenden ist (SozR 3-2600 § 197 Nr 1). Wenn aber die
Beitragsentrichtung für frühere Zeiten nach dem früheren Recht zu beurteilen ist, spricht dieses dagegen, daß Fristen
zur Beitragsentrichtung, die unter der Geltung des früheren Rechts - abgesehen vom Herstellungsanspruch - bereits
endgültig versäumt waren, durch die Regelung des § 197 Abs 3 SGB VI wiedereröffnet worden sind. Hiergegen könnte
auch der Wortlaut des § 197 Abs 3 Satz 1 SGB VI sprechen, wonach die Härteregelung für die Beitragsentrichtung
"nach Ablauf der in den Absätzen 1 und 2 genannten Fristen" zuzulassen ist, also nur, wenn Entrichtungsfristen noch
unter der Geltung des neuen Rechts liefen und nicht bei dessen Inkrafttreten schon abgelaufen waren. Der Senat läßt
auch offen, ob er zum neuen Recht des § 197 Abs 3 SGB VI dem von der Beklagten erwähnten Urteil des 13. Senats
des BSG folgen würde, wonach eine Zulassung zur Nachzahlung anwartschaftserhaltender Beiträge regelmäßig nicht
mehr in Betracht kommt, wenn der Versicherte seit Ablauf der Entrichtungsfrist mehr als ein Jahr hat verstreichen
lassen (BSGE 86, 153, 163 = SozR 3-5750 Art 2 § 6 Nr 18 S 67). Die Entscheidung betraf allerdings einen
Sachverhalt, bei dem wie hier die Jahresfrist schon unter der Geltung des früheren Rechts abgelaufen war und bei
dem eine Anwendbarkeit des § 197 SGB VI lediglich unterstellt wurde. Abgesehen von den erwähnten Bedenken
gegen die Anwendung des § 197 Abs 3 SGB VI auf frühere Sachverhalte erscheint die Herleitung der erwähnten
Jahresfrist für § 197 Abs 3 SGB VI aus Wiedereinsetzungsregelungen mit dem Ausschluß der Wiedereinsetzung in §
197 Abs 4 SGB VI schwer vereinbar. Auch enthält § 197 Abs 3 Satz 2 SGB VI die gegenüber
Wiedereinsetzungsregelungen großzügigere Bestimmung, daß der Antrag auf Zahlung von Beiträgen nach Satz 1
noch innerhalb von drei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt werden kann. Einer Entscheidung der
vorstehenden Fragen bedarf es im vorliegenden Verfahren nicht: Wird die Anwendung des § 197 Abs 3 SGB VI für
ausgeschlossen gehalten oder hält man bei seiner Anwendung die Jahresfrist iS der genannten Entscheidung des 13.
Senats des BSG für zutreffend, scheidet für den Kläger eine Beitragsentrichtung nach dieser Vorschrift aus. Würde
dagegen § 197 Abs 3 SGB VI für anwendbar, die Jahresfrist iS der Entscheidung des 13. Senats aber nicht für
zutreffend gehalten, würde die Regelung nicht weiter führen als der Herstellungsanspruch (dazu unter c).
c) Ein für den Kläger nach dem früheren Recht etwa entstandener Herstellungsanspruch (oben 1 c) wäre mit dem
Inkrafttreten des § 197 SGB VI nicht erloschen. Ob ein Herstellungsanspruch auch unter der Geltung des § 197 Abs 3
SGB VI neben dieser Härteregelung neu entstehen kann und unabhängig von ihr zu beurteilen ist (so Finke in
Hauck/Haines, § 197 SGB VI RdNr 29, Stand September 1991; Schmidt in Kreikebohm, Komm zum SGB VI, § 197
RdNr 24) oder ob er in die Härteregelung zu integrieren ist (so Peters in Kasseler Komm, § 197 RdNr 19, Stand Januar
1992), läßt der Senat offen. Da der Herstellungsanspruch hier im wesentlichen davon abhängt, ob das Arbeitsamt den
Kläger bei der Verhängung der Sperrzeit auf die mögliche Lücke und den drohenden Anwartschaftsverlust hingewiesen
hat, würde im übrigen die Anwendung des § 197 Abs 3 Satz 1 SGB VI zugunsten des Klägers nicht weiterführen.
Denn ob er an der rechtzeitigen Beitragszahlung iS dieser Vorschrift unverschuldet verhindert gewesen wäre, hinge
ebenfalls davon ab, ob das Arbeitsamt seiner Hinweispflicht nachgekommen ist. Wenn der Kläger damals vom
Arbeitsamt informiert worden ist, war die Versäumung der Zahlungsfrist (Ende 1989) nicht unverschuldet iS des § 197
Abs 3 Satz 1 SGB VI.
d) Das LSG hat im angefochtenen Urteil die Vorgänge im Jahre 1989 für unerheblich gehalten. Es hat die Anwendung
des § 197 Abs 3 SGB VI damit gerechtfertigt, daß der Kläger erst im Jahre 1998 und damit unter der Geltung dieser
Vorschrift die Entrichtung des Beitrags für den Monat August 1989 für erforderlich habe ansehen dürfen, weil bis dahin
die Erhaltung der Anwartschaft durch Pflichtbeitragszeiten gewährleistet gewesen sei. Dieser Ansicht vermag der
Senat ungeachtet der Bedenken gegen die Anwendbarkeit der Vorschrift überhaupt (oben b) nicht zu folgen. Freiwillige
Beiträge sind, auch wenn sie zur Anwartschaftserhaltung erforderlich sind oder sein können, nach Maßgabe der
gesetzlichen Vorschriften während des Geltungszeitraums oder kurz danach zu entrichten. Hiermit ist die Ansicht
unvereinbar, die Entrichtung von freiwilligen Beiträgen könne noch viele Jahre später nachgeholt werden, weil sie
früher nicht für erforderlich oder für zweckmäßig gehalten worden sei. Die Revision weist zutreffend darauf hin, daß §
197 Abs 3 SGB VI eine nachträgliche Beitragsentrichtung nur bei einer dem Versicherten früher unverschuldet
entgangenen, nicht aber bei einer früher lediglich für unzweckmäßig gehaltenen Beitragsentrichtung zuläßt.
3. Hiernach war auf die Revision der Beklagten das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das LSG
zurückzuverweisen. Die Kostenentscheidung bleibt dessen abschließender Entscheidung vorbehalten.