Urteil des BSG vom 12.12.2006

BSG: familie, vergleich, altersrente, veröffentlichung, vorverfahren, vorrang, wartezeit, eltern, verwaltungsakt, pflege

Bundessozialgericht
Urteil vom 12.12.2006
Sozialgericht Augsburg S 2 RJ 738/01
Bayerisches Landessozialgericht L 14 R 311/04
Bundessozialgericht B 13 RJ 22/05 R
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 16. Dezember 2004 wird
zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch für das Revisionsverfahren nicht zu
erstatten.
Gründe:
I
1
Streitig ist ein Anspruch auf höhere Altersrente (AlR) wegen Überschreitens der Beitragsbemessungsgrenze aufgrund
Zusammentreffens von Zeiten wegen Kindererziehung mit freiwilligen Beiträgen bzw hilfsweise auf anteilige Erstattung
von freiwilligen Beiträgen.
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Die 1937 geborene Klägerin bezieht von der Beklagten auf ihren Antrag von Mai 2000 ab 1. September 2000
Altersrente für langjährig Versicherte (Bescheid vom 25. Mai 2000). In dem dem Bescheid zugrunde liegenden
Versicherungsverlauf sind für die Zeit von Dezember 1969 bis einschließlich Februar 1975 freiwillige Beiträge
ausgewiesen, in der Zeit von Dezember 1969 bis September 1970 und von April 1972 bis März 1975 daneben auch
Pflichtbeiträge wegen Kindererziehungszeiten. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens begehrte die Klägerin mit
einem im Dezember 2000 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben, die durch Zusammentreffen mit Zeiten wegen
Kindererziehung die Beitragsbemessungsgrenze übersteigenden und daher nicht voll zur Anrechnung kommenden
freiwilligen Beiträge auf beitragsfreie Folgejahre in ihrem Versicherungsverlauf zu verschieben oder zu erstatten. Die
Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 8. Februar 2001 mit, dass eine Verschiebung bzw Erstattung der
betroffenen Beiträge nicht möglich sei, und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17. September
2001 unter Bezugnahme auf dieses Schreiben zurück.
3
Das Sozialgericht Augsburg hat die Klage, "freiwillige Versicherungsbeiträge, die in Verbindung mit
Pflichtversicherungsbeiträgen aus Kindererziehungszeiten die Versicherungshöchstgrenze überschreiten, auf einen
späteren Zeitpunkt ohne Beitragszeiten zu übertragen oder an die Klägerin zurückzuzahlen" abgewiesen (Urteil vom
10. Februar 2004). Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 16.
Dezember 2004 zurückgewiesen. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
4
Die freiwilligen Beiträge seien seinerzeit gemäß § 1233 der Reichsversicherungsordnung (RVO) für Zeiträume, in
denen keine Versicherungspflicht bestanden habe, wirksam entrichtet worden. Sie könnten nunmehr weder von der
Beklagten beanstandet noch auf Antrag der Klägerin anderen Zeiträumen zugeordnet werden. Dies gelte auch für die
in der Berufung hilfsweise beantragte Verschiebung von mit freiwilligen Beiträgen zusammenfallenden Pflichtbeiträgen
für Kindererziehung. Ebenso wenig komme eine Erstattung der mit Pflichtbeiträgen für Kindererziehung
zusammentreffenden freiwilligen Beiträge in Betracht. Die Erstattung von wirksam entrichteten Beiträgen sei nach §
210 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI) lediglich unter besonderen Voraussetzungen vorgesehen, die
die Klägerin nicht erfülle. Dieses Ergebnis sei auch nicht verfassungswidrig. Es liege bereits kein Eingriff in eine
vermögenswerte Rechtsposition der Klägerin vor. Geschützt seien durch Art 14 Abs 1 des Grundgesetzes (GG)
Ansprüche und Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung in ihrem Gesamtbestand, wie sie sich aus
der jeweiligen Gesetzeslage ergeben. Durch die vom Gesetzgeber neu geschaffene zusätzliche Anrechnung von
Entgeltpunkten (EP) für Zeiten der Kindererziehung werde nicht in die Rechtsposition eingegriffen, die die Klägerin
durch die Entrichtung freiwilliger Beiträge bei Inkrafttreten der neuen Regelung bereits erworben habe. Es komme
lediglich zu einer additiven Anrechnung von EP für die Zeiten der Kindererziehung, wenn auch begrenzt durch die
Beitragsbemessungsgrenze. Diese Ausgestaltung der Höchstwerte sei nicht verfassungswidrig. Aus denselben
Gründen habe der Gesetzgeber keine Regelung schaffen müssen, die im Falle des Zusammentreffens von fiktiven
Pflichtbeiträgen für Kindererziehung mit sonstigen beitragsbelasteten Zeiten einen Ausgleich für die nicht zum Tragen
kommenden, die Beitragsbemessungsgrenze überschreitenden Werte vorsehe. Art 6 Abs 1 GG scheide als
Prüfungsmaßstab bereits deshalb aus, weil sich aus der darin getroffenen Wertentscheidung zu Gunsten von Ehe und
Familie iVm dem Sozialstaatsprinzip lediglich die allgemeine Pflicht des Staats zu einem Familienlastenausgleich
ergebe, nicht aber eine konkrete Entscheidung darüber, in welchem Umfang und in welcher Weise ein solcher sozialer
Ausgleich vorzunehmen sei. Auch ein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG liege nicht vor. Eine willkürliche
Ungleichbehandlung im Vergleich zu den Versicherten, bei denen Pflichtbeitragszeiten für Kindererziehung neben
eigener Beitragsleistung in vollem Umfang zum Tragen kämen, sei nicht zu erkennen. Die in § 70 Abs 2 SGB VI
getroffene Neuregelung der additiven Bewertung von Beitragszeiten und zeitgleich zurückgelegten Zeiten wegen
Kindererziehung bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze, mit der der Gesetzgeber den verfassungsrechtlichen
Bedenken des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) Rechnung getragen habe, halte sich im Rahmen seines
Gestaltungsspielraums. Insbesondere sei daneben keine Erstattungsmöglichkeit für nicht zum Tragen gekommene
Beiträge erforderlich.
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Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin sinngemäß einen Verstoß gegen Art 3, 6, 14 und 20 GG.
Sie meint, die Deckelung ihrer freiwilligen Beiträge durch die Beitragsbemessungsgrenze bzw die Unmöglichkeit des
Verschiebens bzw Erstattens ihrer freiwilligen Beiträge sei nicht mit Art 6 Abs 1 GG iVm Art 3 Abs 1 GG vereinbar.
Denn Versicherte, die während der ersten Lebensphase ihrer Kinder hohe freiwillige Beiträge gezahlt hätten, würden
benachteiligt. Die Beitragsbemessungsgrenze mit ihrer Begrenzung der Entgeltpunkte nach Anlage 2b zum SGB VI
könne in dieser Allgemeinheit nicht als verfassungsgemäß angesehen werden. In ihrem (der Klägerin) Fall werde die
beabsichtigte zusätzliche Versorgung durch Zahlung freiwilliger Beiträge jedenfalls oberhalb der
Beitragsbemessungsgrenze entwertet, ohne dass dies vorgesehen gewesen sei oder hätte vorhergesehen werden
können, so dass insofern auch eine relevante Verletzung des Art 14 Abs 1 GG vorliege. Im Übrigen genieße sie
Vertrauensschutz. Sie habe über fünf Jahre freiwillige Beiträge im Vertrauen auf die gesetzliche Rentenversicherung
einbezahlt, damit diese bei der Rentenhöhe vollständig berücksichtigt würden. Andernfalls müssten die nicht
berücksichtigten freiwilligen Beitragsanteile erstattet oder auf beitragsfreie Zeiten verschoben werden. Der
Gesetzgeber habe sich angesichts der Bedenken des BVerfG für eine so genannte additive Lösung entschieden.
Hinsichtlich der Nichtberücksichtigung der freiwilligen Beitragsanteile liege eine Gesetzeslücke vor, die entsprechend
ausgefüllt werden müsse. Eine solche Möglichkeit sei zB die Verschiebung dieser Beitragsanteile.
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Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 16. Dezember 2004 sowie das Urteil des Sozialgerichts
Augsburg vom 10. Februar 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheids vom 25. Mai 2000 in
der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2001 sowie der anschließenden
Neuberechnungsbescheide zu verurteilen, ihr ab 1. September 2000 höhere Altersrente zu gewähren und hierbei die
Entgeltpunkte für freiwillige Beiträge, die mit Entgeltpunkten für Kindererziehung in den Zeiträumen vom 1. Dezember
1969 bis 30. September 1970 und vom 1. April 1972 bis 31. März 1975 zusammenfallen, unbegrenzt zu
berücksichtigen oder die freiwilligen Beitragsanteile, die bei Beachtung der Beitragsbemessungsgrenze nicht zu einer
höheren Rente führen, auf einen späteren Versicherungszeitraum ohne Beitragszeiten zu übertragen,
7
hilfsweise,
8
ihr ihre freiwilligen Beitragsanteile in diesen Zeiträumen, soweit sie nicht zu einer höheren Rente führen, zu erstatten.
9
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.
II
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Die Revision der Klägerin ist unbegründet.
12
Die angegriffenen Bescheide der Beklagten sind nicht rechtswidrig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höhere
Rente unter Außerachtlassung der Beitragsbemessungsgrenze (vgl unten 1) oder aufgrund Verschiebung der
freiwilligen Beitragsteile, die nicht zu einer höheren Rente führen, auf spätere unbelegte Versicherungszeiten (vgl
unten 2). Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Erstattung der freiwilligen Beitragsanteile, die nicht zu einer
höheren Rente führen (vgl unten 3). Die maßgeblichen Regelungen sind nicht verfassungswidrig (vgl unten 4). Der
Klägerin steht insbesondere kein Anspruch zu, dass die für die Rentenhöhe nicht zum Tragen kommenden
Beitragsteile auf andere Weise berücksichtigt werden (vgl unten 5).
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Streitgegenstand des Hauptantrags ist ausschließlich, ob der Klägerin deswegen höhere Rente zusteht, weil sie für
bestimmte bereits mit hohen freiwilligen Beiträgen belegte Zeiten die additive Wirkung der Pflichtbeiträge für
Kindererziehung wegen Überschreitens der Beitragsbemessungsgrenze nicht ausschöpfen kann. Sie meint, ihr stehe
für jene Zeiten die unbegrenzte Anrechnung der EP zu oder aber ein Anspruch auf Verschiebung der in diesen
Zeiträumen entrichteten freiwilligen Beitragsanteile, die nicht zu einer höheren Rente führen, auf spätere beitragsfreie
Zeiten. Sie wendet sich nicht allgemein gegen die Festsetzung der Rentenhöhe. Sie hat damit den Streitgegenstand
zulässig eingegrenzt.
14
Aus der Rentenberechnung in dem angefochtenen Bescheid vom 25. Mai 2000, den das LSG ausdrücklich in Bezug
nimmt, ergibt sich, dass die Kindererziehungszeiten in einzelnen (18) Monaten (Januar bis September 1970, April bis
Dezember 1972) in vollem Umfang nicht berücksichtigt werden, dass jedoch in größerem Umfang (27 Monate:
Dezember 1969, Januar bis Dezember 1973, Januar bis Dezember 1974, Januar und Februar 1975) die Beiträge für
Kindererziehung neben den freiwilligen Beiträgen noch teilweise zu Buche schlagen; voll angerechnet werden Beiträge
für Kindererziehung für drei Monate (Oktober und November 1969, März 1975).
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1) Ein Anspruch auf höhere AlR unter unbegrenzter - die Beitragsbemessungsgrenze übersteigender -
Berücksichtigung der freiwilligen Beiträge sowie der Pflichtbeiträge für die Kindererziehung in den og Zeiträumen
besteht nicht.
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Der Monatsbetrag der Rente ergibt sich für die Klägerin gemäß § 63 Abs 6, § 64 Nr 1 SGB VI, indem die unter
Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen EP, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert
mit dem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden. Nach § 70 Abs 2 SGB VI erhalten
Kindererziehungszeiten für jeden Kalendermonat 0,0833 EP (Satz 1). EP für Kindererziehungszeiten sind auch EP,
die für Kindererziehungszeiten mit sonstigen Beitragszeiten ermittelt werden, indem die EP für sonstige
Beitragszeiten um 0,0833 erhöht werden, höchstens um die EP bis zum Erreichen der jeweiligen Höchstwerte nach
Anlage 2b (Satz 2).
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Nach diesen gesetzlichen Grundlagen ist die Beklagte im Ergebnis in den angegriffenen Bescheiden verfahren.
Hierüber besteht auch unter den Beteiligen kein Streit. Die Beklagte hat die EP beim Zusammentreffen von freiwilligen
Beitragszeiten mit Zeiten wegen Kindererziehung zutreffend ermittelt. Sie ist bei der Ermittlung der EP zunächst von
den Beitragszeiten aufgrund freiwilliger Beiträge ausgegangen und hat dann die Beitragszeiten wegen Kindererziehung
nur bis zur den Höchstwerten der Anlage 2b zum SGB VI hinzugerechnet, dh übersteigende EP unberücksichtigt
gelassen. Unerheblich ist dabei, dass die Beklagte die Berechnung zT nicht nur pro Kalendermonat (vgl § 70 Abs 2
Satz 1 SGB VI), sondern (evtl aus EDV-technischen Gründen) teilweise ebenfalls für bestimmte längere
zusammenhängende Zeitabschnitte vorgenommen hat, denn auch insoweit sind für jeden Kalendermonat die
jährlichen Höchstwerte an EP der Anlage 2b durch anteilige monatliche Berechnung maßgebend geblieben (vgl BSG
SozR 3-2600 § 70 Nr 6 S 10).
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2) Die Klägerin hat auch keinen Anspruch aus sonstigen Gründen auf höhere AlR. Der von der Klägerin geltend
gemachte Anspruch auf Verschiebung der nicht berücksichtigten freiwilligen Beitragsanteile auf spätere beitragsfreie
Versicherungszeiten besteht nicht. Die materiellen Vorschriften des SGB VI sehen einen solchen Anspruch nicht vor.
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Die Klägerin hat im Revisionsverfahren nicht - wie noch im Berufungsverfahren - die Verschiebung von nicht
berücksichtigten Pflichtbeitragsanteilen wegen Kindererziehung auf spätere nicht belegte Beitragszeiten beantragt -
was im Erfolgsfall der oben angesprochenen Verschiebung der nicht berücksichtigten freiwilligen Beitragsanteile
entspräche. Der Senat weist insoweit darauf hin, dass ein solches Begehren ebenfalls keine Aussicht auf Erfolg hätte.
Das LSG hat zu Recht ausgeführt, dass auch für einen solchen Anspruch die Rechtsgrundlage fehlt. Insbesondere ist
§ 56 Abs 5 SGB VI nicht einschlägig. Nach Satz 2 dieser Vorschrift verlängert die Erziehung mehrerer Kinder den
Zeitraum, für den eine Kindererziehungszeit anzurechnen ist. Diese Regelung betrifft allein die Folgen einer
Konkurrenz mehrerer auf denselben Zeitraum entfallende Kindererziehungszeiten. Eine Rechtsfolge bei Vorliegen
sonstiger Zeiten (zB Beitragszeiten) ist dort hingegen nicht vorgesehen.
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Ein Anlass, die Vorschrift des § 56 Abs 5 SGB VI in erweiternder Auslegung oder entsprechender Anwendung zur
Rechtsgrundlage für weitere Verlagerungen der Kindererziehungszeit zu machen, besteht nicht. Immerhin hatte der
Gesetzgeber bis zum 31. Dezember 1996 Gelegenheit gegeben, die Kindererziehungszeiten vor dem 1. Januar 1986
auf den Vater zu verschieben (vgl zuletzt § 249 Abs 6 Satz 1 SGB VI idF von Art 1 Nr 8 Buchst a aa des
Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetzes vom 24. Juni 1993, BGBl I 1038; aufgehoben bzw neugefasst durch das
Rentenreformgesetz 1999 vom 16. Dezember 1997, BGBl I 2998, mit Wirkung ab 1. Januar 1998, vgl Art 1 Nr 86, Art
33 Abs 10). Auch aus dieser zeitlichen Begrenzung ist zu schließen, dass keine weiteren Dispositionsmöglichkeiten
bestehen sollten als ausdrücklich gesetzlich geregelt.
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3) Zu Recht hat das LSG auch den hilfsweise geltend gemachten Anspruch der Klägerin auf anteilige Erstattung der
freiwilligen Beitragsteile, soweit sie nicht zu einer Erhöhung der Rente führen, verneint.
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Der Hilfsantrag war zulässig, weil auch insoweit ein ablehnender Verwaltungsakt der Beklagten und ein
abgeschlossenes Vorverfahren vorlag. Das Schreiben der Beklagten vom 8. Februar 2001 ist als Ablehnungsbescheid
zu werten. Die Klägerin hat zwar erst während des Widerspruchsverfahrens gegen den Rentenbescheid der Beklagten
vom 25. Juni 2000 mit einem im Dezember 2000 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben hilfsweise die anteilige
Beitragserstattung beantragt. Hierauf hat ihr die Beklagte (nicht die Widerspruchsbehörde) mit Schreiben vom 8.
Februar 2001 mitgeteilt, dass eine Rückzahlung der Beiträge nicht erfolgen könne. Auch wenn das Schreiben nicht in
die übliche Form eines Bescheides gekleidet war und die Beklagte insbesondere nicht den Begriff "Bescheid"
verwendet hat, handelt es sich dabei inhaltlich um einen (ablehnenden) Verwaltungsakt. Denn die Beklagte hat
ausreichend zu erkennen gegeben, dass sie eine Entscheidung in der Sache treffen wolle, nämlich dass der Anspruch
der Klägerin auf Beitragserstattung abgelehnt werde (im Unterschied zu dem vom 4. Senat am 18. Mai 2006
entschiedenen Fall - B 4 RA 36/05 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, in dem der Anspruch auf
Beitragserstattung erstmals im Widerspruchsbescheid abgelehnt worden war). Die Entscheidung war auch nicht
bedingt, weil die Beklagte gleichzeitig zu erkennen gegeben hat, dass sie dem in erster Linie geltend gemachten
Anspruch auf Berücksichtigung der Beiträge über der Beitragsbemessungsgrenze bzw auf Verschiebung der Beiträge
nicht stattgeben wolle und auch den hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf anteilige Beitragserstattung ablehnen
möchte. Unerheblich ist, dass das Schreiben keine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt. Letzteres hatte nur Bedeutung
für die Verlängerung der Rechtsbehelfsfrist (Jahresfrist). Der Bescheid vom 8. Februar 2001 wurde (entsprechend § 86
des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) zum Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen den Rentenbescheid vom
25. Juni 2000; das Vorverfahren wurde mit dem Widerspruchsbescheid vom 17. September 2001 abgeschlossen, der
in seinen Gründen ausdrücklich auf das Schreiben vom 8. Februar 2001 Bezug nimmt.
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Ein Anspruch auf Beitragserstattung besteht jedoch nicht. Die freiwilligen Beiträge in den og Zeiträumen wurden
gemäß dem damals maßgeblichen § 1233 RVO wirksam entrichtet. Als Anspruchsgrundlage für die mit der Klage
geltend gemachte Beitragserstattung kommt nunmehr nur § 210 SGB VI in Frage. Die Voraussetzungen nach Abs 1
der Vorschrift (insbesondere Wegfall der Versicherungspflicht bzw Nichterfüllen der allgemeinen Wartezeit) erfüllt die
Klägerin offenkundig nicht. In Abs 6 Satz 1 der Vorschrift ist zudem vorgesehen, dass eine Erstattung, bezogen auf
einzelne Beitragszeiten oder Teile der Beiträge, nicht möglich ist. Außerdem käme eine solche für die streitigen Zeiten
vorliegend auch schon deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerin bereits Rente bezieht und damit Leistungen aus der
vorliegend auch schon deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerin bereits Rente bezieht und damit Leistungen aus der
Versicherung bezogen hat (vgl Abs 5 der Vorschrift). Angesichts dieser klaren und abschließenden Regelung bleibt
kein Raum für die Annahme einer Gesetzeslücke.
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Für die Annahme eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs als Grundlage für die geltend gemachte
Beitragserstattung fehlt jeder Anhalt.
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4) Die angegriffenen Regelungen sind nicht verfassungswidrig. Das Verfahren war insoweit nicht gemäß Art 100 Abs 1
GG auszusetzen, um die Entscheidung des BVerfG einzuholen.
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Die Begrenzung der EP auf die Beitragsbemessungsgrenze (§§ 157, 159, 260 SGB VI) verlangt auch in Fällen wie
dem vorliegenden nicht von Verfassung wegen nach einer Ausnahmeregelung. Der 4. Senat des BSG hat bereits in
mehreren Urteilen entschieden, dass nicht aufgrund Verfassungsrechts eine höhere Rentenzahlung zusteht, wenn für
bestimmte Monate die berücksichtigten Pflichtbeiträge für Kindererziehungszeiten sowie die für dieselben Monate
entrichteten Pflichtbeiträge aufgrund einer Beschäftigung bzw die entrichteten freiwilligen Beiträge "additiv" die
(monatliche) Beitragsbemessungsgrenze überschreiten (Urteile vom 17. Dezember 2002, SozR 3-2600 § 70 Nr 6; vom
30. Januar 2003 - B 4 RA 47/02 R - und Urteil vom 18. Mai 2006 - B 4 RA 36/05 R -, letzteres zur Veröffentlichung in
BSGE und SozR vorgesehen). Der erkennende Senat schließt sich dem aufgrund eigener Prüfung im Ergebnis an.
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Insbesondere die Regelung des § 70 Abs 2 SGB VI, nach deren Wortlaut die EP für sonstige Beitragszeiten beim
Vorliegen von Kindererziehungszeiten um einen bestimmten Wert erhöht werden, dies aber auf die
Beitragsbemessungsgrenze begrenzt wird, ist nicht verfassungswidrig.
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Sie verstößt nicht gegen Art 14 Abs 1 GG. In eine Rentenanwartschaft der Klägerin wird nicht unzulässig eingegriffen.
Auch soweit sie bei Zusammentreffen mit sonstigen Beiträgen additiv - bis zur Beitragsbemessungsgrenze -
hinzugerechnet werden, ist für die Nichtberücksichtigung der EP oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze letztlich
nicht erheblich, ob EP für Kindererziehungszeiten oder für freiwillige Beiträge zugrunde liegen. Nach § 70 Abs 2 Satz
2 SGB VI sind EP für Kindererziehungszeiten auch EP, die dadurch ermittelt werden, dass EP für sonstige
Beitragszeiten um den Wert der EP für Kindererziehungszeiten erhöht werden. Hierdurch wird jedoch nicht
vorgegeben, welcher EP-Anteil oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze gekürzt wird.
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Bereits der zeitliche Ablauf (Entrichtung der freiwilligen Beiträge zwischen 1969 und 1975, Einfügung des § 70 Abs 2
Satz 2 SGB VI durch das Rentenreformgesetz 1999 vom 16. Dezember 1997, BGBl I 2998) legt jedoch nahe, für die
verfassungsrechtliche Beurteilung die Begrenzung als eine solche der Bewertung der Kindererziehungszeiten zu
verstehen. Damit aber greift sie nicht in eine durch Art 14 Abs 1 GG geschützte Rechtsposition ein; denn der
Gesetzgeber hat diese Rechtsposition von vornherein mit dieser Begrenzung geschaffen (vgl BVerfGE 87,1, 42; 94,
242, 258). Überdies trägt der Steuerzahler und nicht der Versicherte die Beiträge für Kindererziehungszeiten (vgl
VerbandsKomm, § 157 SGB VI Anm 3.3).
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Keine andere verfassungsrechtliche Bewertung ergäbe sich, wenn der Gesetzgeber einen "Vorrang" der Beiträge für
Kindererziehungszeiten dergestalt ausdrücklich geregelt hätte, dass diese bei kumulativem Überschreiten der
Beitragsbemessungsgrenze den Vorrang hätten und somit die freiwilligen Beiträge (oder Pflichtbeiträge aufgrund
Beschäftigung) gekürzt würden. Denn allein ein derartiges Vorgehen des Gesetzgebers, das auf das
Berechnungsergebnis keinen Einfluss hätte ("keine justitiable Norm des Außenrechts": BSG 4. Senat vom 18. Mai
2006 - B 4 RA 36/05 R, RdNr 18), vermag keine Verfassungswidrigkeit einer Regelung zu begründen, deren Ergebnis
sich verfassungskonform mit einer anderen Berechnungsweise erzielen ließe. Eine Entwertung der vor Einführung der
Kindererziehungszeiten einbezahlten Beiträge liegt in der Regelung nicht - ebenso wenig wie Einkommen oder
Vermögen dadurch entwertet werden, dass bestimmte Sozialleistungen nur Einkommens- oder Vermögenslosen
gewährt werden.
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Im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin verletzt § 70 Abs 2 Satz 2 SGB VI auch nicht Art 6 Abs 1 GG iVm Art 3
GG. Nach Art 6 Abs 1 GG stehen Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz des Staates. Zu Recht ist bereits
das LSG davon ausgegangen, dass sich aus der in Art 6 Abs 1 GG getroffenen Wertentscheidung zugunsten von Ehe
und Familie in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip lediglich eine allgemeine Pflicht des Staates zu einem
Familienlastenausgleich ergibt, nicht aber eine konkrete Entscheidung darüber, in welchem Umfang und in welcher
Weise ein solcher sozialer Ausgleich vorzunehmen ist; vielmehr besteht insoweit grundsätzlich eine
Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers (BVerfGE 87, 1, 35 f, 40 = SozR 3-5761 Allg Nr 1). Auch der 12. Senat des
BSG hat unter eingehender Auswertung der Rechtsprechung des BVerfG darauf hingewiesen (Urteil vom 5. Juli 2006 -
B 12 KR 20/04 R, RdNr 49 - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), dass Art 6 Abs 1 GG den Gesetzgeber weder
verpflichtet, jegliche die Familie betreffende Belastung auszugleichen oder jeden Unterhaltspflichtigen zu entlasten,
noch ihn dazu zwingt, Familien - ohne Ausgleich mit anderen Gemeinwohlbelangen sowie ohne Beachtung der
Funktionsfähigkeit und des Gleichgewichts des Ganzen - zu fördern.
32
Art 6 Abs 4 GG scheidet als Prüfungsmaßstab aus. Aus dieser Norm können für Sachverhalte, die - wie hier - nicht
allein Mütter betreffen, keine besonderen Rechte hergeleitet werden (BVerfGE 87, 1, 41; 94, 241, 259).
33
Die angegriffenen Regelungen verstoßen nicht gegen Art 3 Abs 1 GG, auch unter Berücksichtigung des Art 6 GG. Der
allgemeine Gleichheitssatz ist verletzt, wenn eine Personengruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen
Normadressaten ohne sachlichen Grund anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede
von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfGE
110, 412, 431 mwN). Bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von Beitragsregelungen, die Personen mit und ohne
Kinder gleich behandeln, ist der besondere Schutz zu beachten, den der Staat nach Art 6 Abs 1 GG der Familie
schuldet (vgl BVerfGE 103, 242, 258).
34
Gleichwohl sind die genannten Grundrechte nicht verletzt durch die unterschiedliche Wirkung der
Beitragsbemessungsgrenze einerseits bei der Fallgruppe der Klägerin, andererseits bei solchen Personen, die die
Beitragsbemessungsgrenze durch Arbeitsentgelt oder aber zu hohe freiwillige Beiträge überschreiten. Es ist zwar
zuzugeben, dass in den beiden letztgenannten Fällen im Regelfall keine Beiträge unnütz bleiben: Sie werden vielmehr
entweder von vornherein entsprechend der Beitragsbemessungsgrenze entrichtet oder die zu hohen Anteile werden
zeitnah beanstandet und erstattet (hierzu Lenze jurisPR-SozR 22/2006 Anm 3 in Auseinandersetzung mit BSG 4.
Senat vom 18. Mai 2006 - B 4 RA 36/05 R, RdNr 21 ff); demgegenüber weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass
sie, rückblickend betrachtet, nur erheblich geringere freiwillige Beiträge hätte entrichten müssen, um die
Beitragsbemessungsgrenze (mit Hilfe der Beiträge für Kindererziehungszeiten) auszuschöpfen.
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Hierin liegt jedoch schon deshalb keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung, weil der Gesetzgeber von
Verfassung wegen nicht verpflichtet war, Kindererziehungszeiten rentenversicherungsrechtlich so zu behandeln, dass
sich für den begünstigten Personenkreis auch jeweils eine effektive Rentenerhöhung entsprechend 0,0833 EP pro
Beitragsmonat ergibt. Vielmehr konnte er sich damit begnügen, die Betroffenen in dem Maße zu begünstigen, wie sie
nicht bereits zuvor aus eigenen Kräften (sei es mit freiwilligen Beiträgen oder mit Pflichtbeiträgen aufgrund
Beschäftigung) die Beitragsbemessungsgrenze ausgeschöpft hatten.
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Das BVerfG hat es in seinem Beschluss vom 12. März 1996 (BVerfGE 94, 241 = SozR 3-2200 § 1255a Nr 5), das
schließlich zur "additiven" Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten und sonstigen Beiträgen führte, zwar als
verfassungswidrig angesehen, dass bei denjenigen Versicherten überhaupt keine Kindererziehungszeiten angerechnet
wurden, die (nach damaligem Recht) in den fraglichen Zeiten bereits Beiträge nach zumindest 75 % des
Durchschnittseinkommens (75 Werteinheiten/Jahr, heute: 0,75 EP/Jahr) entrichtet hatten. Damals hatte das BVerfG
nämlich ausdrücklich ausgeführt, dass der Gesetzgeber von Verfassung wegen nicht gehalten sei,
Kindererziehungszeiten auf der Grundlage des additiven Modells zu berücksichtigen, sondern dass ihm vielmehr
mehrere Möglichkeiten zur Verfügung stünden, innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung die Nachteile
auszugleichen, die sich daraus ergeben, dass Kindererziehung beim erziehenden Elternteil typischerweise
Sicherungslücken in der Rentenbiographie hinterlässt (BVerfGE 94, 241, 260 ff = SozR 3-2200 § 1255a Nr 5). Dann
aber kann jedenfalls aufgrund dieser Entscheidung nicht behauptet werden, dass, wenn sich der Gesetzgeber in der
Tat für die additive Lösung entschieden hat, er verpflichtet sei, diese auch über die Beitragsbemessungsgrenze
hinaus durchzuhalten. Der Gesetzgeber hat im Ergebnis die vom BVerfG als verfassungswidrig verworfene Lösung
"Kindererziehungsbeiträge entsprechen einem Wert von 75 % des Durchschnittseinkommens und stocken bereits
vorhandene Beiträge höchstens bis zu diesem Wert auf" durch die weitaus großzügigere Lösung
"Kindererziehungsbeiträge entsprechen dem Wert des Durchschnittseinkommens und stocken bereits vorhandene
Beiträge, höchstens bis zur Beitragsbemessungsgrenze, auf" ersetzt. Gerade im Vergleich beider Lösungen zeigt
sich, dass die nunmehr bestehende Rechtslage sachgerecht ist.
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Aus den oben angesprochenen "sozialfürsorgerischen" Motiven lässt sich jedenfalls eine zusätzliche, über den
Rentenhöchstwert hinausgehende Anrechnung nicht begründen (so auch Lenze, JurisPR-SozR 22/2006 Anm 3 zum
Urteil des 4. Senats vom 18. Mai 2006). Im Gegensatz dazu wird zwar auch die Meinung vertreten (Lenze aaO), die
rentenrechtliche Bewertung der Kindererziehung sei keine fürsorgerische staatliche Leistung mit einem entsprechend
weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, sondern die Kindererziehung selbst sei eine genuine Leistung, auf
die die staatlichen Umlageverfahren für ihre Weiterexistenz ebenso angewiesen seien wie auf die monatliche
Beitragszahlung der Versicherten (Hinweis auf die Entscheidung des BVerfG zur Pflegeversicherung vom 3. April
2001, BVerfGE 103, 242 = SozR 3-3300 § 54 Nr 2 sowie auf das sog Trümmerfrauenurteil vom 7. Juli 1992, BVerfGE
87, 1 = SozR 3-5761 Allg Nr 1). Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass das BVerfG in seinem Urteil vom 3. April
2001 zwar ausgeführt hat, es werde zu prüfen sein, ob die Grundsätze dieses Urteils (zum "generativen Beitrag")
"auch für andere Zweige der Sozialversicherung Bedeutung haben" (BVerfGE 103, 242, 270 = SozR 3-3300 § 54 Nr
2). Hiervon ist das BVerfG inzwischen jedoch wieder abgerückt. In seinem Beschluss vom 9. Dezember 2003
(BVerfGE 109, 96, 127 = SozR 4-5868 § 1 Nr 2 zur Alterssicherung der Landwirte) hat es die eigenständige
Berücksichtigung eines generativen Beitrags in der Rentenversicherung nicht für verfassungsrechtlich geboten
erachtet; es hat insoweit ua darauf hingewiesen, dass die Erziehungsleistung bei der Alterssicherung im Rahmen der
Rentenversicherung nicht völlig unberücksichtigt bleibe, sich zB bereits ua rechtsbegründend (wie bei der Wartezeit
gemäß § 56 Abs 1 SGB VI) auswirke.
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Auch im Übrigen ist die Benachteiligung der Kindererziehenden in der Alterssicherung gemäß den Vorgaben des
BVerfG bereits mehrfach abgebaut worden; verschiedene Rentenreformen haben den "Familienlastenausgleich" iS der
Vorgaben des BVerfG ausgeweitet (vgl näher zB Ruland, MittLVA Oberfranken 2001, 699, 705). Dieser beschränkt
sich nicht in der Anrechnung von Kindererziehungszeiten; insgesamt ergeben sich nunmehr wegen Kindern erhebliche
zusätzliche Rentenansprüche (nach VerbandsKomm § 157 SGB VI Anm 3.3, S 6, Stand 2003, rund EUR 190 im
Monat für das erste Kind, Wert für 2002). In diesem Zusammenhang ist insbesondere auch zB auf die
Höherbewertung von Beitragszeiten hinzuweisen, die Eltern begünstigt, die während der ersten zehn Lebensjahre des
Kindes - also während der Berücksichtigungszeiten (§ 57 SGB VI) wegen Kindererziehung erwerbstätig sind und nur
unterdurchschnittlich verdienen; die in dieser Zeit erzielten Entgelte werden - für Zeiten ab 1992 - bei der
Rentenberechnung gemäß § 70 Abs 3a Satz 1 und 2 SGB VI aufgewertet (näher Hase, MittLVA Oberfranken 2001,
728, 731); dasselbe gilt für Pflichtbeitragszeiten aufgrund einer nicht erwerbsmäßigen Pflege eines pflegebedürftigen
Kindes bis zu seinem 18. Lebensjahr. Eltern, die wegen gleichzeitiger Erziehung bzw Pflege von zwei oder mehr
Kindern nicht erwerbstätig sein können, erhalten einen Zuschlag an EP, der der höchstmöglichen Förderung von
Erziehungspersonen entspricht (vgl Ruland, aaO, 705). Außerdem erhöht sich - mit Wirkung ab 1. Januar 2002 - die
Hinterbliebenenrente um Kinderzuschläge (§ 78a SGB VI).
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Die Regelung des § 70 Abs 2 Satz 2 SGB VI verstößt weiterhin nicht gegen das Diskriminierungsverbot des Art 3 Abs
3 Satz 1 GG oder gegen das Gleichberechtigungsgebot des Art 3 Abs 2 GG. Nach Art 3 Abs 3 Satz 1 GG darf
niemand wegen seines Geschlechts benachteiligt werden; gemäß Art 3 Abs 2 GG sind Männer und Frauen
gleichberechtigt. Die Benachteiligung der Klägerin liegt nicht in ihrem Geschlecht begründet, sondern in den alle
Versicherten gleichermaßen betreffenden Regelungen der Leistungsbegrenzung (§§ 157, 159, 260 SGB VI). Wenn die
Klägerin auch typischerweise als Frau von einer Fallkonstellation wie der vorliegenden betroffen ist, so liegt dies
lediglich daran, weil Frauen häufiger durch die Regelungen zu Kindererziehungszeiten begünstigt sind als Männer.
Damit sind zwangsläufig auch vor allem sie von der Begrenzung jener Begünstigung durch die
Beitragsbemessungsgrenze betroffen.
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5) Da die Fallkonstellation der Klägerin in keinerlei Hinsicht durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken aufwirft,
hat sie auch keinen Anspruch darauf, dass ihrer spezifischen Situation (es wurden freiwillige Beiträge neben (fiktiven)
Pflichtbeiträgen entrichtet, ohne dass eine entsprechende Gegenleistung folgt) in anderer Weise als ausdrücklich
beantragt (Außerachtlassung der Beitragsbemessungsgrenze, Verschiebung oder Erstattung von Beiträgen) Rechnung
getragen wird. Der 4. Senat des BSG hat zwar in mehreren Urteilen offen gelassen (vgl BSG SozR 3-2600 § 70 Nr 6
und Urteile vom 30. Januar 2003 - B 4 RA 47/02 R und 18. Mai 2006 - B 4 RA 36/05 R), ob der Gesetzgeber nicht
etwa von Verfassung wegen gehalten sei, für die Betroffenen anderweit (sei es steuerfinanziert innerhalb des
Rentenrechts oder außerhalb dessen, zB im Steuerrecht) Leistungen vorzusehen. Dies beruht jedoch auf der vom
erkennenden Senat nicht geteilten Überlegung, die der 4. Senat obiter dictum geäußert hat, es liege, soweit man die
Beiträge für die Kindererziehungszeiten als gekürzt ansehe, eine "sachlich kaum zu rechtfertigende nachteilige
Ungleichbehandlung" (SozR 3-2600 § 70 Nr 6 S 16) vor, und zwar im Vergleich mit denjenigen, die neben der
Kindererziehungszeit niedrigere Arbeitsverdienste versichert hatten, sowie gegenüber den Beziehern einer Leistung für
Kindererziehung (§§ 294 ff SGB VI); eine solche könnte zB durch einen steuerfinanzierten Kinderzuschuss
ausgeglichen werden. Sehe man hingegen die Belastung durch Beiträge (freiwillige oder aufgrund Beschäftigung) als
versicherungsrechtlich "fruchtlos" und deshalb verfassungswidrig an, kämen eine Beitragserstattung oder
Steigerungsbeträge als beitragsfinanzierte Zusatzleistungen zur Versicherungsleistung in Betracht.
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6) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.