Urteil des BSG vom 09.10.2006

BSG: zugehörigkeit, verwaltungsverfahren, leistungsklage, rechtseinheit, altersrente, ddr

Bundessozialgericht
Beschluss vom 09.10.2006
Sozialgericht Potsdam S 17 RA 854/02
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 21 RA 67/04
Bundessozialgericht B 4 RA 263/05 B
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-
Brandenburg vom 23. September 2005 wird als unzulässig verworfen. Außergerichtliche Kosten des
Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I
1
Der Kläger war in der Zeit vom 21. Mai 1973 bis über den 31. Dezember 1988 hinaus in der DDR als Redakteur bzw
stellvertretender Redaktionsleiter beim A. bzw beim F. beschäftigt.
2
Der Versorgungsträger lehnte es mit noch nicht bestandskräftiger Entscheidung vom 9. August 2005 ab, die
Beschäftigungszeiten vom 1. Mai 1973 bis 31. Dezember 1988 als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen
Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparats iS von Nr 19 der Anlage 1 zum Anspruchs- und
Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) festzustellen.
3
Das gegen die Beklagte als Rentenversicherungsträger gerichtete Begehren des Klägers, einen höheren Wert seines
Rechts auf Altersrente festzusetzen und dabei als versichert geltende Arbeitsverdienste aus Zeiten der - angeblichen
- Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem vom 21. Mai 1973 bis 31. Dezember 1988 zu Grunde zu legen,
hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts vom 29. Januar 2004; Urteil des
Landessozialgerichts (LSG) vom 23. September 2005).
4
Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG.
II
5
Die Beschwerde ist gemäß § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als
unzulässig zu verwerfen, denn der Kläger hat den allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrund der
grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht in der gebotenen Weise dargelegt (§ 160a
Abs 2 Satz 3 SGG).
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Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie geeignet ist, die Rechtseinheit zu erhalten oder
die Fortbildung des Rechts zu fördern. Dass und warum dies der Fall ist, muss sich allein aus der
Beschwerdebegründung ergeben. Der Beschwerdeführer muss die in dem angestrebten Revisionsverfahren zu
entscheidende Rechtsfrage klar bezeichnen und ausführen, dass diese von allgemeiner Bedeutung, klärungsbedürftig
und klärungsfähig ist (vgl ua BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 1).
7
Der Kläger misst folgender Frage grundsätzliche Bedeutung bei:
"Ist nach materiellem Bundesrecht der Nachweis eines Beitritts zum Zusatzversorgungssystem der Mitarbeiter des
Staatsapparats (AVSt) erforderlich, damit Beschäftigungszeiten als Zugehörigkeitszeiten in diesem
Sonderversorgungssystem angesehen werden können?"
8
Es kann offen bleiben, ob der Kläger mit dieser Frage eine Rechtsfrage zur Anwendung und Auslegung einer Norm
des Bundesrechts formuliert hat, die allein Gegenstand der im Revisionsverfahren angestrebten Prüfung sein kann (§
162 SGG). Weiter kann auch dahingestellt bleiben, ob der Kläger damit eine klärungsbedürftige Frage von allgemeiner
Bedeutung dargelegt hat. Denn er hat jedenfalls die Klärungsfähigkeit der von ihm aufgeworfenen Frage nicht
hinreichend dargetan. Er hat insbesondere nicht ausgeführt, warum das Revisionsgericht im späteren
Revisionsverfahren befugt und verpflichtet sein könnte, dieser Frage nachzugehen. Diesbezügliche Ausführungen
waren jedoch schon deswegen erforderlich, weil nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG)
(stellvertretend BSG, Urteil vom 18. Juli 1996 - 4 RA 7/95, SozR 3-8570 § 8 Nr 2; Urteil vom 25. Januar 2001 - B 4 RA
10/99 R, SozR 3-8570 § 14 Nr 1; BSG, Urteil vom 29. Oktober 2002 - B 4 RA 22/02 R; BVerfG, Beschluss der 1.
Kammer des 1. Senats vom 9. März 2000 - 1 BvR 2216/96, SozR 3-8570 § 8 Nr 5) es ausschließlich dem jeweils
zuständigen Versorgungsträger vorbehalten ist, über das Vorliegen der nach den §§ 1, 5 bis 8 AAÜG für die SGB VI-
Rente möglicherweise erheblichen Tatsachen zu entscheiden, also die Anwendbarkeit des AAÜG und ggf die Zeiten
der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem und die als versichert geltenden Arbeitsverdienste aus diesen Zeiten
festzustellen. Jeder Rentenversicherungsträger ist hierfür schlechthin nicht verbandskompetent. Eine gegen ihn
gerichtete Klage, solche Feststellungen zu treffen, wäre unzulässig. Eine fehlende Entscheidung des zuständigen
Versorgungsträgers kann auch das Gericht in einem mit dem Rentenversicherungsträger geführten Streit über
Versicherungsrente nicht ersetzen. Eine Sachentscheidung des Revisionsgerichts über die vom Kläger aufgeworfene
Frage in einem gegen den Rentenversicherungsträger geführten Verfahren wäre deshalb schlechthin nicht möglich.
Solange beim Versorgungsträger ein noch nicht unanfechtbar abgeschlossenes Verwaltungsverfahren anhängig ist,
sind Anfechtungs- und Leistungsklage, mit denen gegen den Rentenversicherungsträger eine abschließende
Entscheidung über das Recht auf Rente begehrt wird, unzulässig und wäre daher auch das BSG nicht befugt, über
diese Frage in der Sache zu entscheiden.
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Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.