Urteil des BSG vom 11.10.2006

BSG: vergütung, versorgung, sicherstellung, zahl, kontrolle, anteil, gestaltungsspielraum, haus, bestandteil, berechtigung

Bundessozialgericht
Urteil vom 11.10.2006
Sozialgericht Stuttgart S 5 KA 4609/00
Landessozialgericht Baden-Württemberg L 5 KA 4486/03
Bundessozialgericht B 6 KA 47/05 R
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 2. November 2005 wird
zurückgewiesen. Die Klägerin hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten auch für das Revisionsverfahren zu
erstatten.
Gründe:
I
1
Streitig ist die Höhe der Vergütung von Laborleistungen.
2
Die klagende Gemeinschaftspraxis, die gegenwärtig aus fünf und im Jahre 1999 aus vier Ärzten für
Laboratoriumsmedizin bzw für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie besteht bzw bestand, legte gegen den
Honorarbescheid der Rechtsvorgängerin der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV; im Folgenden nur:
Beklagte) für das Quartal III/1999 Widerspruch ein, mit dem sie höheres Honorar für die von ihr in diesem Quartal
erbrachten Laborleistungen begehrte. Ihr Honorar habe sich gegenüber dem entsprechenden Vorjahresquartal III/1998
um ca 40 % verringert. Ursächlich dafür seien die Änderungen, die der Bewertungsausschuss im Einheitlichen
Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) hinsichtlich der Bewertung von Laborleistungen zum 1.
Juli 1999 vorgenommen habe. Die Neubewertungen, insbesondere die Einführung des sog Wirtschaftlichkeitsbonus,
hätten nicht nur zu einem massiven Rückgang der Fallzahl, sondern auch der pro Fall in Auftrag gegebenen
Parameter geführt. Dies habe zu einer Verkürzung der Serienlängen und damit zu einer Verteuerung der
Untersuchungen geführt. Die Umsatzrückgänge bei den Laborärzten seien weit über die vom Bewertungsausschuss
kalkulierten 15 % der bisherigen Umsätze hinausgegangen und hätten insbesondere kleinere, nur regional tätige
Laborarztpraxen in wirtschaftliche Schwierigkeiten gebracht.
3
Widerspruch, Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Das Landessozialgericht (LSG) hat den angefochtenen
Bescheid als rechtmäßig beurteilt. Der Bewertungsausschuss sei bei der Neukonzeption des Kapitels O EBM-Ä
(Laborleistungen) von der Annahme ausgegangen, dass Laborleistungen in Relation zu anderen ärztlichen Leistungen
überbewertet seien und sowohl bei den von den behandelnden Ärzten selbst erbrachten Laborleistungen als auch bei
den auf Überweisung angefertigten Analysen erhebliche Wirtschaftlichkeitsreserven vorhanden seien. Diese sollten zu
Gunsten anderer ärztlicher Leistungen erschlossen werden. Selbst wenn der tatsächliche Umsatzrückgang bei der
klagenden Praxis höher sei als vom Bewertungsausschuss - bezogen auf die gesamte Bundesrepublik Deutschland -
kalkuliert, habe das nicht zur Folge, dass die Laborreform rechtswidrig gewesen sei. Die Vertragspartner auf
Bundesebene hätten im Übrigen auf den auch aus ihrer Sicht gravierenden Umsatzrückgang bei den Laborärzten
reagiert und am 16. Februar 2000 rückwirkend zum Quartal I/2000 eine Erhöhung der Kostenerstattungssätze um 24
% sowie zum 1. April 2000 weitere Vergütungsverbesserungen beschlossen. Der Bewertungsausschuss habe damit
seiner Beobachtungs- und Korrekturpflicht hinsichtlich solcher Regelungen entsprochen, deren Auswirkungen nicht
von vornherein sicher abschätzbar gewesen seien. Eine Verpflichtung zur rückwirkenden Verbesserung der
Honorierung auch für das hier streitbefangene Quartal bestehe nicht. Auch die Regelungen im
Honorarverteilungsmaßstab (HVM) der Beklagten seien nicht zu beanstanden. Diese habe einen Honorartopf bilden
dürfen, aus dem alle Laborleistungen zu honorieren seien. Es sei nicht sachwidrig, dass aus diesem
Honorarkontingent auch Leistungen anderer Arztgruppen als derjenigen der Laborärzte vergütet worden seien (Urteil
vom 2. November 2005).
4
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin zunächst eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht des Berufungsgerichts (§ 103
Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Das LSG habe seine das Urteil tragende Erwägung, der Umsatzrückgang bei ihr - wie
auch bei anderen laborärztlichen Praxen - sei zumutbar, vor allem darauf gestützt, dass die Gruppe der Laborärzte in
der Vergangenheit überdurchschnittlich hohe Gewinne erzielt hätten. Dabei handele es sich nur um eine Vermutung,
die nicht durch Feststellungen belegt sei. Das LSG habe sich ersichtlich auf Angaben der Kassenärztlichen
Bundesvereinigung (KÄBV) gestützt. Diese seien jedoch auf die Leistungsmenge und nicht auf die Umsätze
labormedizinischer Praxen in der Vergangenheit bezogen gewesen. Das LSG habe nähere Feststellungen dazu
ebenso wenig getroffen wie zu dem von ihm unterstellten Zusammenhang, höhere Umsätze in der Vergangenheit
hätten auch zu höheren Gewinnen der Laborärzte geführt. Das LSG habe zudem sein Urteil auch damit begründet,
dass die ihr - der Klägerin - angehörenden Ärzte es abgelehnt hätten, die Höhe ihres ärztlichen Einkommens bzw
eventuelle negative Einkünfte aus vertragsärztlicher Tätigkeit konkret zur Begründung einer für sie unzumutbaren
Vergütungssituation darzulegen. Das treffe jedoch nicht zu. Vielmehr habe das Gericht sie - die Klägerin - zu keinem
Zeitpunkt zu derartigen Angaben aufgefordert. Das Gericht hätte sie auf die nach seiner Einschätzung maßgeblichen
Annahmen hinsichtlich der Umsatz- und Ertragssituation laborärztlicher Praxen hinweisen müssen, um ihr Gelegenheit
zu geben, dazu substantiiert vorzutragen.
5
In der Sache verletze das Berufungsurteil ihr - der Klägerin - Grundrecht aus Art 12 Abs 1 Grundgesetz (GG) iVm Art
3 Abs 1 GG, vor allem, weil die Kostenerstattungen für Laborleistungen in dem streitbefangenen Quartal durch den
Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (BMÄ) bzw die Ersatzkassen-Gebührenordnung (E-GO) zu niedrig
festgesetzt worden seien. Schon die Kalkulation der Erstattungssätze sei fehlerhaft, weil sich die Normgeber des
BMÄ und der E-GO allein an den Kostenstrukturen der 50 % kostengünstigsten Laborarztpraxen orientiert hätten.
Zwar sei es den Vertragspartnern nicht von vornherein verwehrt, tatsächliche oder vermutete Unwirtschaftlichkeiten
bei der Erbringung von Laborleistungen durch geeignete Veränderungen der Gebührenordnungen abzuschöpfen.
Dieses Bestreben könne es allerdings nicht rechtfertigen, dass die Erstattungssätze nicht mehr kostendeckend seien.
Das sei bei ihrer Praxis der Fall. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts könnten die Partner der
Vergütungsregelungen sich hier nicht auf eine besonders weite Gestaltungsfreiheit unter dem Gesichtspunkt einer
Anfangs- und Erprobungsregelung berufen. Auf die strukturellen Probleme der geplanten Neuregelung sei bereits vor
deren Inkrafttreten in mehreren Abhandlungen hingewiesen worden. Wenn sich die Normgeber gleichwohl zur
übergangslosen Einführung derart einschneidender Änderungen der Vergütung von Laborleistungen entschlossen
hätten, seien sie verpflichtet, entstandene Verwerfungen rückwirkend zu korrigieren. Sie - die Klägerin - habe deshalb
Anspruch darauf, dass die Erhöhung der Kostenerstattungssätze, die mit Wirkung vom 1. Januar 2000 beschlossen
worden sei, auch auf das streitbefangene Quartal III/1999 angewandt werde.
6
Entgegen der Auffassung des LSG seien die Regelungen über die Vergütung der Laborleistungen im HVM der
(früheren) KÄV Nord-Württemberg rechtswidrig. Die KÄV habe ihren Gestaltungsspielraum bei der Bildung von
Honorarkontingenten dadurch überschritten, dass sie einen einheitlichen Vergütungstopf für alle laborärztlichen
Leistungen einschließlich derer anderer Arztgruppen gebildet habe. Das habe zur Folge, dass der Punktwert für die
laborärztlichen Leistungen durch das Leistungserbringungs- und Anforderungsverhalten anderer Arztgruppen
beeinträchtigt worden sei. Das sei unzulässig. Für den Mengenzuwachs im Bereich der Laborleistungen, der sich auf
den Punktwert ausgewirkt habe, seien nicht in erster Linie die Laborärzte, sondern andere Arztgruppen verantwortlich.
7
Die Klägerin beantragt, die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 2. November 2005 und des
Sozialgerichts Stuttgart vom 30. September 2003 aufzuheben und den Honorarabrechnungsbescheid vom 12. Januar
2000 sowie den Widerspruchsbescheid vom 24. Juli 2000 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, über ihren -
der Klägerin - Honoraranspruch für das Quartal III/1999 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu
entscheiden, hilfsweise, das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 2. November 2005 aufzuheben
und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an einen anderen Senat des Berufungsgerichts
zurückzuverweisen.
8
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
9
Sie hält das Berufungsurteil für zutreffend. Das LSG habe sich für seine Feststellungen zur Umsatz- und
Ertragssituation der Laborärzte auf eine Stellungnahme der KÄBV stützen können, die der Klägerin bekannt sei.
II
10
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet.
11
Das Berufungsgericht hat zutreffend entschieden, dass der angefochtene Honorarbescheid rechtmäßig ist. Die
Klägerin hat keinen Anspruch auf ein höheres als mit dem angefochtenen Bescheid festgesetztes Honorar. Die
bundesrechtlichen Vorgaben für die Honorierung der Laborleistungen in dem streitbefangenen Quartal stehen mit
höherrangigem Recht in Einklang (1). Soweit in diesem Zusammenhang tatsächliche Feststellungen von Bedeutung
sind, hat das LSG diese ohne Verletzung von Verfahrensrecht getroffen (2). Auch die Ausgestaltung der
Honorarverteilung im HVM der Beklagten ist - soweit der Senat darüber zu entscheiden hat - nicht zu beanstanden (3).
12
1. Mit dem angefochtenen Honorarbescheid werden die von der Klägerin erbrachten Leistungen auf der Grundlage der
seit dem 1. Juli 1999 geltenden Bestimmungen des EBM-Ä sowie der vertraglich als Bestandteil von BMÄ und E-GO
vereinbarten Kostensätze für spezielle Laboratoriumsuntersuchungen (Nr 3901 ff BMÄ und E-GO) honoriert. Der
Bewertungsausschuss hat mit Wirkung zum 1. Juli 1999 das Kapitel O (Laborleistungen) des EBM-Ä tiefgreifend
umgestaltet. Danach wird zwischen analytisch-technischen und spezifisch ärztlichen Leistungen unterschieden. Für
die Analyseleistungen werden bundesweit einheitliche Kostensätze als Bestandteil von BMÄ und E-GO, nicht des
EBM-Ä selbst, vereinbart. Diese Sätze gelten für alle Laborleistungen, während die spezifisch ärztlichen Leistungen in
eigenen Behandlungsfällen anders als in Auftragsfällen vergütet werden.
13
Die Vergütung der spezifisch ärztlichen Leistung setzt sich bei den von Vertragsärzten in eigenen Behandlungsfällen
selbst erbrachten Laborleistungen aus zwei Komponenten zusammen. Zunächst erhält der behandelnde Arzt eine
Laborgrundgebühr nach Nr 3450 EBM-Ä, die unabhängig von der Inanspruchnahme von Laborleistungen je kurativ-
ambulantem Behandlungsfall der Arztpraxis anfällt und deren Höhe je nach Arztgruppe differiert. Hinzu tritt eine
ebenfalls arztgruppenbezogen variierende und je Behandlungsfall abrechenbare Vergütungspauschale für die
wirtschaftliche Erbringung und/oder Veranlassung von Laborleistungen, der sog Wirtschaftlichkeitsbonus nach Nr 3452
EBM-Ä.
14
Für die hier betroffenen Auftragsleistungen ist in Nr 3454 EBM-Ä eine "Grundpauschale für Ärzte für
Laboratoriumsmedizin, Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie bei Probeneinsendung, je kurativ-ambulanten
Behandlungsfall mit Auftragsleistung(en) des Kapitels O" festgelegt. Die Bewertung mit 65 Punkten gilt für bis zu
6000 Behandlungsfälle. Sie beträgt 10 Punkte für den 6.001. bis 12.000. Behandlungsfall und 2 Punkte für jeden
weiteren Behandlungsfall. Der Vergütungsanspruch der Ärzte für Laboratoriumsmedizin beruht danach seit dem 1. Juli
1999 auf den Komponenten der Grundpauschale nach Nr 3454, die der Abstaffelung unterliegt, und der Erstattung der
Kosten der einzelnen Untersuchung, die bei Leistungen des Abschnitts O III EBM-Ä ab dem 450 001 Parameter je
Praxis und Quartal ebenfalls abgestaffelt wird (Präambel des Anhangs zu Abschnitt O.III. BMÄ und E-GO; vgl
Wezel/Liebold, Handkommentar BMÄ, E-GO und GOÄ, Stand 1. Januar 2002, S 9 O-4). Die Grundpauschale nach Nr
3456 EBM-Ä, die für in Nr 3454 nicht genannte Arztgruppen gilt, ist deutlich niedriger (vgl zu der Differenzierung
zwischen Nr 3454 und Nr 3456 EBM-Ä: Senatsurteil vom 31. August 2005 - SozR 4-2500 § 87 Nr 11).
15
Der Senat hat sich bereits in seinem Urteil vom 23. Februar 2005 - B 6 KA 55/03 R - (SozR 4-2500 § 87 Nr 9) mit der
Umgestaltung der Vergütung von Laborleistungen im EBM-Ä zum 1. Juli 1999 befasst, soweit die Honorierung und der
Wirtschaftlichkeitsbonus bei Laborleistungen betroffen sind, die von Allgemeinärzten selbst erbracht werden. Er hat
entschieden, dass die im EBM-Ä vorgeschriebene Abhängigkeit einer besonderen, zusätzlichen Vergütung für die
wirtschaftliche Erbringung und Veranlassung von Laboruntersuchungen von den Kosten der in einer Praxis insgesamt
erbrachten und veranlassten Laborleistungen (Wirtschaftlichkeitsbonus) durch § 87 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch
(SGB V) gedeckt ist und nicht gegen das GG verstößt. Das bedarf hier keiner näheren Darlegung, weil sowohl das
Berufungsgericht als auch die Klägerin von dieser Rechtsauffassung ausgehen.
16
Die Normen, die unmittelbar und mittelbar zu dem Umsatzrückgang bei den Laborärzten beigetragen haben, sind
entgegen der Auffassung der Klägerin weder hinsichtlich der grundsätzlichen Zielrichtung noch hinsichtlich ihrer
konkreten Umsetzung zu beanstanden. Das gilt sowohl für die Bestimmungen, die das Überweisungsverhalten
steuern, als auch für die Festsetzung der Kostensätze in BMÄ und E-GO. Die Neuordnung der Laborvergütungen zum
1. Juli 1999 betrifft nicht nur diejenigen Ärzte, die die Basislaborleistungen nach den Abschnitten O I/II EBM-Ä selbst
erbringen und zur Durchführung spezieller Laborleistungen Überweisungen ausstellen. In erster Linie werden durch die
Neuordnung die Laborärzte, die nach § 13 Abs 4 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) nur auf Überweisung anderer
Vertragsärzte tätig werden dürfen (dazu BSG SozR 3-2500 § 72 Nr 7), tangiert. Unmittelbar wirken sich auf diese
Arztgruppe die Regelungen über die punktzahlmäßige Bewertung der spezifisch ärztlichen Leistungen (Nr 3454 EBM-
Ä) und die Vergütung der technisch-analytischen Leistungen (Nr 3901 - 4823 BMÄ/E-GO in der ab dem 1. Juli 1999
geltenden Fassung) mit festen DM-(später Euro-)Beträgen aus. Mittelbare Auswirkungen ergeben sich daraus, dass
die Anreize für die überweisenden Ärzte zur wirtschaftlichen Anforderung von Laborleistungen einen deutlichen
Rückgang von Anzahl und Volumen der Überweisungen an die Laborärzte nach sich gezogen haben.
17
Der Rückgang im Gefolge der Neuregelung der Vergütung von Laborleistungen und insbesondere der Einführung des
Wirtschaftlichkeitsbonus lässt sich bezogen auf die Klägerin an der Fallzahl und auch an dem Fallwert im
streitbefangenen Quartal im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal ablesen. Nach den von ihr nicht mit
Verfahrensrügen angegriffenen und deshalb für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des
Berufungsgerichts ist ihre Fallzahl vom Quartal III/1998 zum Quartal III/1999 von 34.763 auf 25.102 zurückgegangen.
Der Fallwert ist von 71,38 DM im Quartal III/1998 auf 61,62 DM im Quartal III/1999 abgesunken. Dem entsprechen die
Daten, die die KÄBV dem Senat zugänglich gemacht hat. Danach ist das Honorarvolumen für alle laborärztlichen
Leistungen in der Bundesrepublik Deutschland von 183.766.906 EUR im Quartal III/1998 auf 123.152.659 EUR im
Quartal III/1999 und von 200.817.262 EUR im Quartal IV/1998 auf 130.290.901 EUR im Quartal IV/1999
zurückgegangen. Der Rückgang des pro Laborarzt gezahlten Honorars ist weniger stark ausgefallen, weil die Zahl der
Laborärzte zum Quartal III/1999 um 9 % gegenüber dem Vorjahresquartal gesunken ist. Die Beteiligten stimmen
überein, dass in erster Linie das veränderte Überweisungsverhalten der die Patienten behandelnden Ärzte für die
beträchtlichen Umsatzeinbußen verantwortlich ist. Der Senat zweifelt nicht an der Richtigkeit dieser Annahme.
18
Um in den Genuss des Wirtschaftlichkeitsbonus zu gelangen, verminderten die Vertragsärzte ersichtlich die Zahl der
Fälle, in denen sie überhaupt Laboruntersuchungen veranlassten, sowie den Umfang der pro Fall erteilten Aufträge.
Die Klägerin verweist in diesem Zusammenhang vor allem darauf, dass dies zu einem Rückgang der so genannten
Serienlängen geführt habe und sich damit die Kosten für die Untersuchung der einzelnen Laborparameter erhöht
hätten. Der Rückgang der Fallzahlen und des Volumens der angeforderten Laborleistungen pro Behandlungsfall war
indessen von den Normgebern des EBM-Ä gewollt, weil diese davon ausgegangen sind, dass nach dem bis zum 30.
Juni 1999 geltenden Rechtszustand Anreize zur wirtschaftlichen Veranlassung von Laborleistungen gefehlt haben.
Das beruht vor allem darauf, dass die von einem behandelnden Arzt bei einem Laborarzt in Auftrag gegebenen
Laborleistungen keiner effektiven Wirtschaftlichkeitsprüfung unterlagen. Die durch Überweisung veranlassten
Leistungen konnten dem einzelnen Arzt nur mit unzumutbarem Aufwand zugeordnet werden, und die
Wirtschaftlichkeitsprüfung bei den Laborärzten scheiterte im Wesentlichen daran, dass diese an den Umfang der
ihnen erteilten Aufträge gebunden und so nur eingeschränkt für deren Wirtschaftlichkeit verantwortlich sind (BSG
SozR 4-2500 § 87 Nr 9 RdNr 18).
19
Diese Lücke hat der Bewertungsausschuss dadurch zu schließen versucht, dass er über den Wirtschaftlichkeitsbonus
und das Laborbudget sowohl für die Basis- als auch für die Speziallaborleistungen Anreize gesetzt hat,
Laborleistungen nur in dem erforderlichen Umfang in Auftrag zu geben. Der Bewertungsausschuss hat damit bei der
Steuerung der Versorgung mit Laborleistungen nicht allein bei den die Überweisungen ausführenden Laborärzten,
sondern auch bei den Ärzten angesetzt, die Laborleistungen in Auftrag geben, und ihr Überweisungsverhalten über die
Bewertungsfigur eines Wirtschaftlichkeitsbonus zu beeinflussen versucht. Diesen Wirtschaftlichkeitsbonus erhielten
Laborleistungen in Auftrag gebende Ärzte uneingeschränkt dann, wenn das Auftragsvolumen je kurativ-ambulantem
Behandlungsfall im Quartal bestimmte Punktwerte nicht überschritt. Diese betrugen bei den großen Arztgruppen
zwischen 5 Punkten (Hautärzte, HNO-Ärzte, Orthopäden) und 40 Punkten (Allgemeinärzte, praktische Ärzte,
hausärztliche Internisten).
20
Soweit sich die Erwartung des Normgebers, ohne gravierende Auswirkungen auf die angemessene Versorgung der
Versicherten seien deutliche Einsparungen im Bereich der Laborleistungen erzielbar, als zutreffend erwiesen hat,
können die damit verbundenen Rückgänge bei Fallzahlen und Auftragsvolumen der Laborärzte nicht beanstandet
werden. Die Rückgänge beruhen auf einer in der Vergangenheit unwirtschaftlichen Leistungsveranlassung und folglich
auch Leistungserbringung insbesondere im Bereich des für die Laborärzte wirtschaftlich relevanten Speziallabors. Es
ist eine wichtige Aufgabe der Vertragspartner auf Bundesebene, unwirtschaftliche Leistungserbringung in jedem dafür
verantwortlichen Leistungsbereich einzuschränken, die sie nicht nur verfolgen können, sondern der sie sich nicht
einmal entziehen dürfen.
21
Es bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung, ob auch solche Regelungen der Vergütung vertragsärztlicher
Leistungen den Schutzbereich des Art 12 Abs 1 GG berühren, die nicht an die Betroffenen selbst gerichtet sind,
sondern die lediglich faktisch Auswirkungen auf deren Vergütung haben. Für das die Laborärzte nur mittelbar treffende
Verbot, ab dem Quartal II/1994 Basislaborleistungen nach Abschnitt O I EBM-Ä aF bei Laborärzten in Auftrag zu
geben, hat der Senat eine im Hinblick auf Art 12 Abs 1 GG relevante Beschränkung der Berufsfreiheit angenommen
(BSGE 78, 91, 93 = SozR 3-5540 § 25 Nr 2 S 4 f). Auch die Schwächung der Absatzchancen von
Arzneimittelherstellern durch einen an die Vertragsärzte gerichteten Therapiehinweis des Gemeinsamen
Bundesausschusses zum wirtschaftlichen Einsatz eines bestimmten Wirkstoffs hat der Senat als vom Schutzbereich
des Art 12 Abs 1 GG erfasst angesehen (Urteil vom 31. Mai 2006, B 6 KA 13/05 R, zur Veröffentlichung in BSGE und
SozR 4 vorgesehen). Selbst wenn in Fortführung dieser Rechtsprechung auch der Wirtschaftlichkeitsbonus wegen
seiner Lenkungstendenz als mittelbarer Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Laborärzte gewertet wird, liegt eine
Grundrechtsverletzung nicht vor. Die Vorschriften über den Wirtschaftlichkeitsbonus und das Laborbudget beruhen auf
einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage und sind auch gegenüber den mittelbar betroffenen Laborärzten
durch wichtige Gemeinwohlbelange gedeckt und verhältnismäßig.
22
Die Einführung der Bewertungsfiguren "Laborbudget" und "Wirtschaftlichkeitsbonus" ist, wie der Senat bereits
entschieden hat, mit § 87 Abs 2, 2a SGB V vereinbar (BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 9). Das vom Bewertungsausschuss
dabei verfolgte Ziel einer stärkeren Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes bei der Anforderung von
Laborleistungen ist - auch nach Einschätzung der Klägerin - legitim. Hinsichtlich der rechtlichen Konstruktion, für die
sich der Bewertungsausschuss im Hinblick auf die Zielerreichung entschieden hat, kommt diesem wie jedem
Normgeber eine von den Gerichten zu beachtende Gestaltungsfreiheit zugute. Diese ist hier besonders weit, weil es
sich um eine Anfangs- und Erprobungsregelung im Kontext einer komplexen Materie gehandelt hat (vgl zur Einführung
eines Laborbudgets für Basislaborleistungen im Jahre 1994 bereits BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 16 S 66 sowie SozR 3-
2500 § 85 Nr 38 unter dem speziellen Aspekt der Auswirkungen der Laborreform auf die Honorarverteilung).
23
Es war weder dem fachkundig besetzten Bewertungsausschuss noch den Spitzenverbänden der Krankenkassen und
der KÄBV möglich, genau zu prognostizieren, wie diejenigen Ärzte, die Laborleistungen veranlassen, nämlich die
Haus- und die Fachärzte in der unmittelbaren Patientenversorgung, auf die Einführung eines Budgets auch für
Speziallaborleistungen und den Wirtschaftlichkeitsbonus reagieren würden. Angesichts des Umstands, dass insofern
keine Honorarkürzungen drohten, sondern die "schärfste Sanktion" darin bestand, dass bei Überschreiten eines
bestimmten Grenzwertes für Laborleistungen dem einzelnen Arzt der Wirtschaftlichkeitsbonus nicht zugute kommen
würde, war die Vermutung, die überweisenden Ärzte würden ihr bisheriges Anforderungsverhalten hinsichtlich von
Leistungen des Speziallabors nur sehr behutsam korrigieren, genauso nahe liegend wie die Vermutung, die
behandelnden Ärzte würden im Hinblick auf den Wirtschaftlichkeitsbonus ihre Überweisungen bei den Laborleistungen
erheblich reduzieren. Da der vom Bewertungsausschuss gewählte Steuerungsmechanismus für sich genommen
sachgerecht und zielgenau war, blieb diesem lediglich die Möglichkeit, dessen Auswirkungen in der Praxis zu testen,
um nach Ablauf einer Testphase gegebenenfalls steuernd einzugreifen. Davon hat der Bewertungsausschuss mit
Wirkung zum 1. Januar 2000 durch die Erhöhung der Kostenerstattungssätze um 24 % Gebrauch gemacht, um eine
weitere und dauerhafte Reduzierung der Umsätze der Laborärzte zu verhindern (DÄ 2000 A-559 ff). Aus dem
Umstand, dass der Bewertungsausschuss nach Bekanntwerden der Abrechnungsergebnisse des ersten Quartals
nach der Laborreform (III/1999) Korrekturbedarf gesehen hat, lässt sich nicht schließen, dass bei rückblickender
Betrachtung die Vergütungsregelungen für das hier streitbefangene Quartal rechtswidrig gewesen sind.
24
Ebenfalls erfolglos ist das Vorbringen der Klägerin, die Auswirkungen der ohne hinreichende Übergangsvorschriften
eingeführten Laborreform seien für die Laborarztpraxen unzumutbar. Gegenüber den gewünschten und im Interesse
der Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung notwendigen Effekten der Laborreform steht den
Laborärzten kein Abwehr- bzw Abfederungsanspruch zu, auch nicht - wie die Klägerin in erster Linie geltend macht -
für eine Übergangszeit. Insofern gelten hier nicht die Grundsätze, die der Senat zu den Ausnahmevorschriften im
Zusammenhang mit der Einführung der Praxisbudgets zum 1. Juli 1997 dargelegt hat (BSGE 86, 16, 19 ff = SozR 3-
2500 § 87 Nr 23 S 118 ff). Die Regelungen über die Erweiterung der Praxisbudgets und über die qualifikations- bzw
bedarfsgebundenen Zusatzbudgets im EBM-Ä in der ab 1. Juli 1997 geltenden Fassung betrafen in erster Linie
atypische Praxisausrichtungen und damit im Wesentlichen Fallgestaltungen, in denen das für die vertragsärztliche
Versorgung wichtige, nicht überflüssige oder unwirtschaftliche Leistungsangebot von spezialisierten, über Jahre
gewachsenen Praxen unter den Bedingungen der Praxisbudgets und der vielfach relativ kleinen Zusatzbudgets so hat
nicht aufrecht erhalten werden können. Dem haben die Partner des Bewertungsausschusses durch Ausnahme- und
Härteregelungen umfassend Rechnung getragen, und zumindest im Kern waren sie dazu auch bundesrechtlich sowohl
im Hinblick auf die rechtlich geschützten Belange der Vertragsärzte (Art 12 Abs 1 GG) als auch zur Sicherstellung der
vertragsärztlichen Versorgung (§ 75 SGB V) gehalten. Entsprechendes gilt für die Neuregelung der Vergütung von
Laborleistungen nicht. Das Zusammenwirken von Laborbudget und Wirtschaftlichkeitsbonus, das zu einem Rückgang
der in Auftrag gegebenen Laboruntersuchungen geführt hat, zeigt, dass bei den Laborleistungen deutliche
Einsparungen ohne Gefährdung der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten möglich gewesen sind. Einen
Rechtsanspruch auf Aufrechterhaltung unwirtschaftlicher Strukturen auch nur für einen begrenzten Zeitraum kennt das
Recht der gesetzlichen Krankenversicherung nicht.
25
Soweit die Klägerin mit ihren Beweisanträgen im Berufungsrechtszug nähere Ermittlungen dazu hat erreichen wollen,
ob der Rückgang von Zahl und Umfang der in Auftrag gegebenen Laboruntersuchungen zu einer Gefährdung der
Versorgung der Versicherten oder zu einer Steigerung der Zahl von meldepflichtigen Erkrankungen geführt hat, die
nicht oder zu spät entdeckt worden sind, ist das LSG dem zu Recht nicht nachgegangen. Zunächst besteht eine
Vermutung dahin, dass die Vertragsärzte ihre Patienten entsprechend den gesetzlichen Vorgaben nach den Regeln
der ärztlichen Kunst in angemessener, das Maß des Notwendigen nicht übersteigender Weise behandeln, und nicht
etwa notwendige diagnostische Maßnahmen, wie zB die Erhebung von Laborbefunden, im Interesse der Schonung
ihrer Honorareinnahmen unterlassen. Soweit die Klägerin dem entgegentritt, erhebt sie inzident den Vorwurf
massenhafter vertragsärztlicher Pflichtverletzungen seitens der die Patienten behandelnden Haus- und Fachärzte. Für
die Berechtigung dieses Vorwurfs sind weder hinreichende Anhaltspunkte vorgetragen noch ersichtlich. Es ist
gerichtsbekannt, dass es nach der Laborreform vor inzwischen mehr als sieben Jahren aufs Ganze gesehen nicht zu
einer messbaren Verschlechterung des Gesundheitszustands der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung
gekommen ist. Daraus ist wiederum zu schließen, dass das vom Gesetz vorgegebene Versorgungsniveau trotz
erheblicher Einsparungen bei den in Auftrag gegebenen Laboruntersuchungen hat gehalten werden können. Im Übrigen
ist die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung im Einklang mit dem Gesetz und den untergesetzlichen
Vorschriften den KÄVen und den Krankenkassen gesetzlich überantwortet worden (§ 72 Abs 2, § 75 Abs 1 SGB V).
Die staatlichen Aufsichtsbehörden wachen darüber, dass diese ihren Verpflichtungen nachkommen. Beanstandungen
auf diesem vom Gesetz vorgesehenen Verfahrensweg sind nicht bekannt.
26
Die zum 1. Juli 1999 neu festgesetzten Erstattungsbeträge für die einzelnen Laborparameter der Abschnitte O I/II bzw
O III BMÄ/E-GO stehen ebenfalls mit Bundesrecht in Einklang. Insoweit handelt es sich um Vergütungsregelungen
auf Bundesebene, die unmittelbar (auch und vor allem) die Laborärzte betreffen und die am Maßstab des Art 12 Abs 1
GG auf Erforderlichkeit, Geeignetheit und Verhältnismäßigkeit zu überprüfen sind (vgl BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 §
72 Nr 2, jeweils RdNr 61). Bei Beachtung der den Normgebern insoweit zukommenden, vom Senat in ständiger
Rechtsprechung anerkannten Gestaltungsfreiheit ist eine Grundrechtsverletzung nicht ersichtlich.
27
Zunächst sind die Laborärzte durch die Umstellung der Vergütung für die analytisch-technische Komponente ihrer
Leistungen auf feste DM- bzw Euro-Beträge begünstigt worden. Die in den Jahrzehnten zuvor praktizierte Vergütung
auf der Grundlage von Punkten hatte zur Folge, dass das Honorar der Laborärzte von der Höhe des Punktwertes der
einzelnen KÄV im jeweiligen Quartal abhing. Das hat sich bei Leistungen, die einen hohen technischen Anteil haben
und dementsprechend sehr kostenintensiv sind, als problematisch erwiesen, weil kurzfristige Punktwertschwankungen
bei unveränderter Leistungsstruktur und Leistungsmenge die Kostenkalkulation in den laborärztlichen Praxen
erschwerten. Zudem wies die KÄBV in ihrer auf die Beratungsfirma McKinsey zurückgehenden Stellungnahme vom
April 1998 zur Notwendigkeit einer Laborvergütungsreform darauf hin, dass die unterschiedlichen Punktwerte in den
KÄV-Bezirken Versendeströme von Präparaten auslösten, die allein auf das Bestreben zurückzuführen waren, die
Leistungen dort abzurechnen, wo die höchsten Punktwerte zu erwarten waren. Die Umstellung der Vergütung der
technisch-analytischen Leistungen auf feste DM- bzw Euro-Beträgen hat für die Laborärzte ein hohes Maß an Kosten-
und Kalkulationssicherheit geschaffen, weil sie mit Eingang einer Laboranforderung bzw der Einsendung einer Probe
wissen, welche Vergütung ihnen insoweit zusteht. Das hat nur dadurch erreicht werden können, dass zu einem
bestimmten Stichtag jedem Laborparameter ein eigener Erstattungsbetrag zugeordnet worden ist. Die Normgeber von
BMÄ und E-GO haben dabei vor der Schwierigkeit gestanden, diese Beträge bundeseinheitlich festzusetzen, obwohl
in der Vergangenheit in Folge der deutlichen Abweichungen der Punktwerte das tatsächliche Honorar einer
laborärztlichen Praxis für eine bestimmte Untersuchung erheblich schwankte. Die von ihnen gefundene Lösung hält
einer Prüfung am Maßstab höherrangigen Rechts stand.
28
Zu Recht hat das LSG zunächst ausgeführt, dass die Vertragspartner auf Bundesebene generell berechtigt sind, für
die Vergütung des technisch-analytischen Teils der Laboruntersuchungen feste Kostensätze in DM- bzw Euro-
Beträgen vorzuschreiben. Die Kostensätze für die Leistungspositionen 3500 bis 4983 BMÄ/E-GO sind auf der
Grundlage des § 82 Abs 1 Satz 1 SGB V von den Vertragspartnern auf Bundesebene vereinbart worden. Der Senat
hat es stets gebilligt, dass die Partner der Bundesmantelverträge Übergangsregelungen im Zuge von Neugestaltungen
der einheitlichen Bewertungsmaßstäbe und auch ergänzende Abrechnungsregelungen zu einzelnen
Leistungspositionen treffen können (vgl BSGE 78, 191, 200 = SozR 3-2200 § 368i Nr 1 S 11/12 zum zahnärztlichen
Bereich; BSG SozR 3-2500 § 72 Nr 11 S 29 zum ärztlichen Bereich). Jedenfalls sind die Vertragspartner der
Bundesmantelverträge berechtigt, für einen bestimmten Leistungsbereich von der für den Regelfall vorgeschriebenen
punktzahlmäßigen Bewertung von Leistungen abzuweichen, wenn dies sachgerecht ist und den in § 87 Abs 1 und 2
SGB V niedergelegten Grundsätzen zur Honorierung der vertragsärztlichen Leistungen nicht zuwiderläuft (vgl BSGE
aaO, S 200 = SozR aaO S 12). Dem steht auch nicht entgegen, dass der Bewertungsausschuss die Kostensätze
durch Beschluss vom 16. Februar 2000 mit Wirkung vom 1. Januar 2000 angehoben und sich damit die Festsetzung
der Kostensätze zu eigen gemacht hat. Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob der Bewertungsausschuss auf der
Grundlage des § 87 Abs 2 Satz 1 SGB V generell ärztliche Leistungen in DM-Beträgen hätte bewerten dürfen; denn
dort ist formuliert, der Bewertungsmaßstab bestimmt "den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr
wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander". Dies ist hier auch hinsichtlich des ärztlichen Anteils
der Laborleistungen durch die Festlegung der Laborgrundpauschalen und des Wirtschaftlichkeitsbonus geschehen. Die
Vereinbarung der Partner der Bundesmantelverträge, für den technisch-analytischen Anteil der Laborleistungen
Kostensätze als Festpreise festzulegen, und die spätere Anhebung dieser Kostensätze überschreitet mithin nicht die
Kompetenz des Bewertungsausschusses aus § 87 Abs 2 Satz 1 SGB V.
29
Die Klägerin beanstandet vor allem, dass die festgesetzten Beträge für alle Laborleistungen, die in den Positionen
3901 bis 4823 BMÄ/E-GO verzeichnet sind, zu niedrig seien. Dem kann in Übereinstimmung mit dem LSG nicht
gefolgt werden. Schon im Ausgangspunkt unzutreffend ist ihre Annahme, bei den DM- bzw Euro-Beträgen für die
einzelnen Laborparameter handele es sich um echte Kostenerstattungsregelungen. Wenn normativ bestimmt ist, dass
in einem vertraglich geregelten Austauschverhältnis der eine Partner dem anderen dessen für eine bestimmte
Verrichtung "entstandenen Aufwendungen" zu erstatten hat (zB §§ 670, 683 Bürgerliches Gesetzbuch), stellt der
erstattungsberechtigte Teil dem erstattungspflichtigen die nachgewiesenen Aufwendungen in Rechnung. Der
erstattungspflichtige Teil hat diese, soweit sie nicht offensichtlich unangemessen sind, im geltend gemachten Umfang
zu vergüten. Ein solches Verständnis von Kostenerstattungen liegt den Bewertungen der analytischen
Laborleistungen nach Nr 3901 ff BMÄ/E-GO ersichtlich nicht zu Grunde. Vielmehr haben die Vertragspartner auf
Bundesebene Festpreise für alle im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung berechnungsfähigen Laborleistungen
festgesetzt. Selbst wenn diese auf der Grundlage von betriebswirtschaftlichen Untersuchungen über die
Kostenstrukturen einzelner Praxen vereinbart worden sind, ändert sich dadurch an dem Charakter einer
Festpreisregelung nichts. Der einzelne Laborarzt erhält für eine bestimmte Laboruntersuchung den dafür im Anhang zu
Abschnitt O III EBM-Ä vereinbarten Preis, unabhängig davon, wie hoch tatsächlich seine "Kosten" für diese Leistung
sind.
30
Das hat zur Folge, dass bei bundesmantelvertraglich vereinbarten Preisen für bestimmte ärztliche Leistungen der
einzelne Arzt die Rechtswidrigkeit der Bewertung nicht damit belegen kann, er könne die entsprechende Leistung zu
dem festgesetzten Preis nicht kostendeckend erbringen. Für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit von festen DM- bzw
Euro-Beträgen als Bestandteil von Vergütungsregelungen auf Bundesebene gelten keine anderen Maßstäbe, als sie in
der Rechtsprechung des Senats für die Kontrolle punktzahlmäßiger Bewertungen im EBM-Ä entwickelt worden sind.
Dem Bewertungsausschuss als Normgeber steht danach bei der Erfüllung der ihm gesetzlich übertragenen Aufgaben
ein Gestaltungsspielraum zu. Dieser ist grundsätzlich auch von der Rechtsprechung zu respektieren. Sie darf die
Regelungen des EBM-Ä nur in Ausnahmefällen korrigieren. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der
Bewertungsausschuss seinen Regelungsspielraum überschritten oder seine Bewertungskompetenz missbräuchlich
ausgeübt hat, indem er etwa eine ärztliche Minderheitsgruppe bei der Honorierung bewusst benachteiligt hat oder sich
sonst erkennbar von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen. Eine strengere gerichtliche Kontrolle hält das BSG
für geboten, wenn das eigene Normprogramm des EBM-Ä auf tatsächliche Verhältnisse Bezug nimmt; allerdings
beschränkt sich diese strengere Kontrolle darauf, ob der Bewertungsausschuss alle Arztgruppen nach denselben
Maßstäben behandelt hat und ob seine Festsetzungen inhaltlich frei von Willkür sind (zuletzt BSGE 94, 50 = SozR 4-
2500 § 72 Nr 2, jeweils RdNr 86). Selbst wenn hier die strengeren Prüfungsmaßstäbe angelegt werden, die der Senat
bei der Kontrolle der Kostensätze der Praxisbudgets zu Grunde gelegt hat (BSGE 89, 259, 265 = SozR 3-2500 § 87
Nr 34 S 193), kann eine Rechtswidrigkeit der Preisfestsetzung für die Laborleistungen durch die Vertragspartner auf
Bundesebene nicht festgestellt werden.
31
Als Rechtsfehler kommen vor allem generelle Fehlannahmen und Fehleinschätzungen der Normgeber in Betracht, die
sich auf alle oder zumindest auf nahezu alle festgesetzten Preise für die einzelnen Laboruntersuchungen ausgewirkt
haben. Die Klägerin rügt nämlich nicht, dass bestimmte - etwa besonders kostenintensive oder besonders
arbeitsaufwendige - Leistungen falsch bewertet worden sind, sondern sie macht insgesamt ein zu niedriges
Vergütungsniveau geltend. Derartige generelle Rechtsfehler lassen sich indessen nicht erkennen.
32
In erster Linie beanstandet die Klägerin, dass die Vertragspartner des BMÄ und der E-GO die Kosten von
Laboruntersuchungen deshalb falsch kalkuliert hätten, weil sie sich im Anschluss an eine Untersuchung der
Unternehmensberatung McKinsey auf eine Analyse der kostengünstigeren Hälfte der repräsentativ untersuchten
Laborpraxen in Deutschland gestützt hätten. Diese Kalkulationsgrundlage ist jedoch grundsätzlich unbedenklich.
Jeder Bewertung einer Dienstleistung mit einem bestimmten Preis liegt eine Einschätzung darüber zu Grunde, welche
Kosten (Material- und Personalkosten) mit der Erbringung der Leistung verbunden sind. Da diese Kostenanteile in
Arztpraxen unterschiedlich sind, weil sich die dafür maßgeblichen Umstände - von den Kosten einer Immobilie bis zu
dem Gehaltsniveau der Mitarbeiter - unterscheiden, muss insoweit auf typische, durchschnittliche oder als
wirtschaftlich eingeschätzte Kosten zurückgegriffen werden. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 25. August
1999 - B 6 KA 57/98 R - (MedR 2000, S 201 ff) dargelegt, dass die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze
für die Auslegungen von Vergütungstatbeständen jedenfalls dann auch für sog Erstattungstatbestände maßgeblich
sind, wenn diese nicht auf Erstattung des konkreten Kostenaufwands angelegt sind, sondern Pauschalerstattungen
vorsehen.
33
In dem am 25. August 1999 entschiedenen Rechtsstreit waren Auslegung und Anwendung der
Versandpauschalregelung nach Nr 7103 BMÄ/E-GO zu überprüfen. Auch dort hatte der klagende Arzt eingewandt, die
tatsächlichen Kosten für die Versendung seien höher als der Erstattungsbetrag. Dazu hat der Senat ausgeführt, die
konkrete Höhe der entstandenen Kosten sei grundsätzlich unmaßgeblich, wenn in der maßgeblichen
Vergütungsordnung lediglich eine Pauschalerstattung festgesetzt worden sei. Er hat es nicht beanstandet, dass für
die Versandkosten Pauschalbeträge statt konkreter Aufwandsentschädigungen festgesetzt worden sind, und
ausgeführt, darin liege keine Überschreitung des den Vertragspartnern zustehenden Entscheidungsspielraums. Die
Gerichte könnten lediglich eingreifen, wenn die Festsetzung des Betrages, gemessen am Aufwand typischer Fälle,
missbräuchlich niedrig wäre. Allerdings hat der Senat dies bisher nur für die Kosten für die Versendung von
Präparaten entschieden, bei der es sich um eine sog "Randleistung" (damals der Pathologen) und nicht um die
Kerntätigkeit des Arztes handelte (BSG, MedR aaO, S 203). Im Ausgangspunkt gilt jedoch bei der Festsetzung
pauschaler Kostensätze auch für die Kerntätigkeit des Arztes nichts anderes. Generell können nämlich nur typische
Praxis- und Kostenstrukturen der Ermittlung angemessener, bundesweit geltender Bewertungen zu Grunde gelegt
werden. Auf die Kostensituation in einzelnen Praxen oder Praxistypen (Stadt/Land; groß/klein) kann von vornherein
nicht abgestellt werden. Der Senat hat dementsprechend in einem die angemessene punktzahlmäßige Bewertung
endoskopischer Leistungen betreffenden Urteil vom 7. Februar 1996 (BSG SozR 3-5533 Nr 763 Nr 1) näher dargelegt,
dass die Rentabilität der Leistungserbringung von zahlreichen individuellen Faktoren abhängt, die auch in extrem
unterschiedlichen Annahmen zum Zeitbedarf für die einzelnen Untersuchungen ihren Niederschlag finden (SozR aaO
S 4). Das ist auf technisierte Laboranalysen übertragbar, weil es auch insoweit auf die unterschiedliche Organisation
und Auslastung der Praxen und der einzelnen Analysegeräte ankommt.
34
Soweit die Vertragspartner von BMÄ und E-GO auf betriebswirtschaftliche Analysen repräsentativ ausgewählter
Laborpraxen Bezug genommen haben, ist die Anknüpfung der Kostenkalkulation an den Durchschnitt der
kostengünstigeren Hälfte der untersuchten Laboratorien nicht zu beanstanden. Die Normgeber mussten bei der
Festlegung der Preise für jede einzelne Analyse nicht nur die Kostensituation der Praxen, sondern auch den
unterschiedlichen Umfang berücksichtigen, in dem die einzelnen Parameter in den verschiedenen Praxen nachgefragt
werden. Ob die Partner der Bundesmantelverträge berechtigt gewesen wären, von den kostengünstigsten Praxen im
Sinne der Ausrichtung an einer optimalen Effizienz auszugehen, kann offen bleiben. Jedenfalls waren sie nicht
verpflichtet, sich am Durchschnitt zu orientieren, der von allen Praxen gebildet wird. Damit wären nämlich die
erheblichen Gewinne, die gerade kostengünstig arbeitende Großlabore in der Vergangenheit erzielen konnten,
unangetastet geblieben.
35
Entgegen der Auffassung der Klägerin waren die Vertragspartner auf Bundesebene auch nicht verpflichtet, die
Kostenstrukturen kleinerer, nur regional arbeitender laborärztlicher Praxen besonders zu berücksichtigen. Ihrem
Vorbringen liegt ersichtlich die Einschätzung zu Grunde, nur große, überregional arbeitende Praxen, die alle
Rationalisierungsvorteile nutzen könnten, seien in der Lage, nach einer nur kurzen Umstellungszeit mit den seit dem
1. Juli 1999 geltenden Erstattungssätzen unter Berücksichtigung des Honorars für die Leistung nach Nr 3454 EBM-Ä
mit Aussicht auf Gewinn zu arbeiten. Mit dieser Bewertung vermengt die Klägerin jedoch in unzulässiger Weise
Aspekte der angemessenen Leistungsvergütung und der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung. Der Senat
hat in seinem die Vergütung radiologischer Leistungen betreffenden Urteil vom 9. Dezember 2004 (BSGE 94, 50 =
SozR 4-2500 § 72 Nr 2, jeweils RdNr 148) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es in ganz bestimmten atypischen
Konstellationen im Interesse der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung notwendig oder zumindest sinnvoll
sein kann, eine Praxis, die wegen ihrer Lage und ihres Leistungsangebotes unter den gegenwärtigen
Vergütungsbedingungen nicht wirtschaftlich betrieben werden kann, durch Sonderzahlungen auf der Grundlage von
Härtefallregelungen im HVM zu stützen, wenn die KÄV selbst und/oder die Krankenkassen der Auffassung sind, die
entsprechende Praxis sei für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung erforderlich. Das hat der Senat für
eine konventionelle radiologische Praxis in einem ländlichen Gebiet näher ausgeführt, hinsichtlich derer die KÄV zu
der Einschätzung gekommen war, unter Versorgungsgesichtspunkten, insbesondere im Hinblick auf Unfälle und
andere Verletzungen sei die Existenz dieser radiologischen Praxis als einziger derartiger Praxis in einem Landkreis
notwendig.
36
Sofern eine vergleichbare Sachlage bei typischen Einsendepraxen wie laborärztlichen und pathologischen Praxen
bestehen sollte - was zwar nicht ohne weiteres nahe liegt, der Senat aber hier nicht abschließend zu beurteilen hat -,
kann dem über Sicherstellungszahlungen im Einzelfall Rechnung getragen werden. Eine kleine, nur regional
arbeitende laborärztliche Praxis kann von vornherein nicht beanspruchen, dass ihre Vergütung auf der Grundlage des
EBM-Ä bzw der Vertragsgebührenordnungen diejenigen wirtschaftlichen Nachteile, die eine solche Praxis
möglicherweise gegenüber einem Großlabor hat, ausgleicht. Wenn nach Einschätzung der insoweit gemäß § 75 Abs 1
Satz 1 SGB V vorrangig zuständigen KÄV kleinere, regional ausgerichtete laborärztliche Praxen mit einem
bestimmten Leistungsspektrum für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung in einer Region erforderlich
sind, muss dem ggf durch Sicherstellungszahlungen Rechnung getragen werden. Von dieser Stützung im Einzelfall
abgesehen müssen sich auch laborärztliche Praxen unabhängig von ihrer Größe auf die Kosten- und
Wettbewerbsbedingungen im gesamten Bundesgebiet einstellen.
37
Nicht zu folgen ist weiterhin der Ansicht der Klägerin, es stelle eine gleichheitswidrige Benachteiligung der Laborärzte
gegenüber allen anderen Arztgruppen dar, dass ihre Vergütung maßgeblich durch bundeseinheitlich festgesetzte
Preise für den Kernbereich der ärztlichen Tätigkeit bestimmt werde. Das Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 GG
ist deshalb nicht verletzt, weil sich die Leistungsbedingungen laborärztlicher Tätigkeit wesentlich von denjenigen
anderer Arztgruppen unterscheiden. Die Laborärzte werden nach § 13 Abs 4 BMV-Ä nur auf Überweisung tätig und
können die Patienten nicht unmittelbar behandeln. In laborärztlichen Praxen werden unter Einsatz unterschiedlicher
biologischer und chemischer Verfahren Körperflüssigkeiten auf ihre Zusammensetzung und das Vorhandensein
bestimmter Substanzen untersucht. Die spezifisch ärztliche Leistung besteht in der Beurteilung der durch rein
technische Prüfverfahren ermittelten Resultate und der Interpretation von Befunden. Diese Leistungsbedingungen
unterscheiden sich wesentlich von denjenigen der meisten anderen Arztgruppen. Für diese ist kennzeichnend, dass
die Patienten den Arzt in der Praxis aufsuchen und dort von ihm persönlich untersucht und behandelt werden. Auch
das zahlenmäßige Verhältnis zwischen Ärzten und Praxismitarbeitern unterscheidet sich bei Laborpraxen gravierend
von dem der Mehrzahl der haus- oder fachärztlichen Praxen. So ist der klagende Laborarzt im parallel gelagerten
Verfahren B 6 KA 49/05 R, das der Senat ebenfalls am heutigen Tage entschieden hat, in einer Einzelpraxis tätig und
beschäftigt nach seinen eigenen Angaben auf seiner Homepage (Stand: 1. September 2006) 40 Mitarbeiter(innen).
Ohne nähere Ermittlungen kann als gerichtsbekannt unterstellt werden, dass diese Relation bei anderen
Vertragsärzten bei 1:2 bis 1:4 Mitarbeitern - jeweils Vollzeitkräften - beträgt. Es liegt auf der Hand, dass die Vergütung
von Leistungen, die in mittelständischen Unternehmen weitgehend ohne persönliche Einflussnahme des Arztes
erbracht werden, anderen Regeln folgen darf als die von Leistungen, die in hausärztlichen oder - vielfach ganz ohne
Mitarbeitern arbeitenden - psychotherapeutischen Praxen erbracht werden.
38
Im Übrigen beachtet die Klägerin mit ihrem Verweis auf eine vermeintliche Ungleichbehandlung der Laborärzte
gegenüber den anderen Arztgruppen nicht hinreichend, dass tatsächlich nicht die gesamte Gruppe der Laborärzte
durch die Umstellung des Vergütungsregimes für den technisch-analytischen Teil der Laborleistungen von Punkten
auf feste DM- bzw Euro-Beträge nachhaltig betroffen worden ist. Belastet worden sind im Wesentlichen kleinere, nur
regional tätige Laborpraxen, deren Kostenstrukturen ungünstiger sind als diejenigen von Großlaboren. Das richtige
Vergleichspaar für die Anwendung des Art 3 Abs 1 GG sind danach die großen und die kleinen Labore, und aus den
obigen Ausführungen ergibt sich, dass die Vertragspartner auf Bundesebene insoweit nicht zu einer differenzierenden
Festsetzung der Preise verpflichtet waren.
39
Darüber hinaus hat der Senat in seinen Entscheidungen, in denen die Angemessenheit der vertragsärztlichen
Vergütung Streitgegenstand war, darauf hingewiesen, dass Ausgangspunkt jeder Beurteilung nur eine optimal
ausgelastete, wirtschaftlich geführte vertragsärztliche Praxis sein kann (zuletzt BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr
2, jeweils RdNr 146). Es bedarf hier keiner Entscheidung, wie diesem Grundsatz bei den untypisch strukturierten
laborärztlichen Praxen Rechnung zu tragen ist. Jedenfalls ergibt sich aus den vom LSG festgestellten Umständen,
dass die Klägerin in dem streitbefangenen Quartal in Relation zu den durchschnittlichen laborärztlichen Praxen nur
unterdurchschnittlich ausgelastet war. Das galt schon vor Einführung der Laborreform, hat sich aber seit dem Beginn
des Quartals III/1999 in Folge der veränderten Vergütungsregelungen aus der Perspektive der Klägerin bedrohlich
verschärft. Im Quartal III/1998 belief sich die Fallzahl der Klägerin auf insgesamt 34.763, diejenige der Fachgruppe
bezogen auf den einzelnen Arzt auf 40.054. Ausgehend von dieser durchschnittlichen Fallzahl hätte die Fallzahl in der
von vier Ärzten betriebenen Praxis der Klägerin ca 160.000 betragen müssen, um den durchschnittlichen Werten zu
entsprechen. Tatsächlich lag die Fallzahl jedoch um ca.120.000 Fälle niedriger. An diesen Relationen änderte sich im
Quartal III/1999 nichts grundsätzlich. Die Fallzahl der Klägerin betrug 25.102, diejenige der Fachgruppe je Arzt 24.769.
Unter Zugrundelegung durchschnittlicher Auslastungszahlen hätte die Klägerin ca. 99.000 Fälle behandeln müssen.
Sofern eine unterdurchschnittlich ausgelastete laborärztliche Praxis Umsatzrückgänge schlechter verkraften kann als
eine durchschnittlich oder überdurchschnittlich große laborärztliche Praxis, gehört das zu den Umständen, für die
nicht die Vertragspartner auf Bundesebene verantwortlich zu machen sind. Diese trifft - sieht man von dem oben
erörterten Aspekt der Sicherstellungsnotwendigkeiten im Einzelfall ab - keine Verpflichtung, die wirtschaftliche
Existenz wenig kostengünstig arbeitender laborärztlicher Praxen zu erhalten.
40
Schließlich macht die Klägerin zu Unrecht geltend, der Bewertungsausschuss sei verpflichtet gewesen, für das
Quartal III/1999 die Kostensätze rückwirkend pauschal um 24 % zu erhöhen, wie dies auf der Grundlage des
Beschlusses vom 16. Februar 2000 mit Wirkung zum Quartal I/2000 geschehen ist. Soweit sich die Klägerin zur
Begründung ihres Anspruchs auf eine Nachbesserungspflicht des Normgebers stützt, wie sie in der Rechtsprechung
des Senats anerkannt sei, liegt dem eine unzutreffende Interpretation der Senatsrechtsprechung zu Grunde. Der
Senat billigt im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts den Normgebern in der
vertragsärztlichen Versorgung bei der Neuregelung komplexer Materien einen relativ weiten Gestaltungsspielraum
unter dem Gesichtspunkt von Anfangs- und Erprobungsregelungen zu (st Rspr seit Urteil vom 29. Januar 1997 - SozR
3-2500 § 87 Nr 15 S 60). Mit dieser weiten Gestaltungsfreiheit bei Anfangs- und Erprobungsregelungen korrespondiert
allerdings eine Beobachtungs- und gegebenenfalls Nachbesserungspflicht des Normgebers, wenn sich "im Vollzug
von ursprünglich gerechtfertigten Regelungen" herausstellt, dass ... Auswirkungen für einzelne betroffene Adressaten
unzumutbar geworden sind (aaO, S 60 f; s auch BSGE 83, 1, 4 bis 6 = SozR 3-2500 § 85 Nr 26 S 186 bis 188; BSGE
93, 258 = SozR 4-2500 § 85 Nr 12, jeweils RdNr 31). Diese Nachbesserung kann regelmäßig nur "für die Zukunft"
gefordert werden, wie der Senat ausdrücklich entschieden hat (BSG SozR 3-5533 Nr 763 Nr 1 S 5).
41
Die Klägerin beachtet bei ihrer Forderung, eine Nachbesserung bezogen auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens der
Neuregelung vorzunehmen, nicht hinreichend, dass der Verweis des Senats auf den weiten Gestaltungsspielraum des
Normgebers bei Anfangs- und Erprobungsregelungen ein Element zur Begründung der Rechtmäßigkeit der
Neuregelung darstellt. Rechtmäßige untergesetzliche Normen muss der Normgeber nicht rückwirkend zu Gunsten
einzelner Arztgruppen korrigieren. Er dürfte daran sogar gehindert sein, wenn damit Nachzahlungen aus den für das
aktuelle Quartal gezahlten Gesamtvergütungen verbunden wären. Der Senat hat in unterschiedlichen
Zusammenhängen mehrfach betont, dass die Vergütungsvorschriften so zu handhaben sind, dass die
Gesamtvergütungen, die für ein bestimmtes Quartal entrichtet werden, möglichst vollständig und ausschließlich für
die Honorierung der vertragsärztlichen Leistungen in diesem Quartal zur Verfügung stehen (zB BSGE 82, 50, 53 f =
SozR 3-1300 § 44 Nr 23 S 52; BSGE 89, 62, 70 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 350; BSG SozR 4-1300 § 44 Nr 6 RdNr
13). Das steht der aus dem allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht abgeleiteten Überlegung der Klägerin entgegen,
sie müsse zwar die (unterstellt) unzureichende Honorierung ihrer Leistungen in den ersten Quartalen nach einer
Neuregelung zunächst - quasi als "Nichtstörer" - hinnehmen, habe aber später einen entsprechenden
Ausgleichsanspruch. Für dieses "Dulde und Liquidiere-Prinzip" ist im vertragsärztlichen Vergütungsrecht kein Raum.
Wenn eine Neuregelung unter Beachtung des Gestaltungsspielraums des Normgebers rechtmäßig ist, bleibt es
endgültig bei den in korrekter Umsetzung dieser Norm erzielten Abrechnungsergebnissen. Korrekturen auf der
Normebene können nur für die Zeit beansprucht werden, ab der der Normgeber sein Regelwerk nachbessern muss.
42
2. Soweit die Klägerin rügt, das LSG habe die tatsächlichen Feststellungen, die für seine Beurteilung der Bewertung
der technischen Laborleistungen tragend gewesen seien, unter Verletzung von Verfahrensrecht getroffen, trifft das
nicht zu. Nach den Ausführungen unter 1. sind die nach Ansicht der Klägerin unzulänglich mit tatsächlichen
Feststellungen unterlegten Erwägungen des LSG zu den Möglichkeiten der Laborärzte generell oder der Klägerin
speziell, Kostenunterdeckungen in dem streitbefangenen Quartal durch Gewinne aus der Zeit davor zu kompensieren,
nicht entscheidungserheblich. Sollte dem Berufungsgericht in diesem Zusammenhang eine unzureichende
Sachaufklärung unterlaufen sein, würde sein Urteil darauf nicht beruhen.
43
Das LSG hat im Rahmen der Prüfung, ob eine Kostenunterdeckung wegen einer (unterstellt) zu geringen Höhe der
Erstattungsbeträge der analytischen Leistungen für die Dauer von einem Quartal noch zumutbar ist, auch darauf
abgestellt, dass die Klägerin nicht mehr geltend mache, weiter in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht zu sein.
Diese Feststellung wird von der Klägerin nicht angegriffen. Zumindest missverständlich ist allerdings die Wendung im
Berufungsurteil, die der Klägerin angehörenden Ärzte hätten abgelehnt, die Höhe ihres gesamten Einkommens aus
ärztlicher Tätigkeit offen zulegen. Dazu hatte das LSG ihnen - anders als der Senat den Klägern in den am 9.
Dezember 2004 entschiedenen Verfahren (zB BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, jeweils RdNr 143) - nicht
ausdrücklich Gelegenheit gegeben. Die der Klägerin angehörenden Ärzte hätten dies jedoch von sich aus anbieten
können, wenn sie die finanzielle Gesamtsituation der Praxis für maßgeblich gehalten hätten. Im Übrigen beruht das
LSG-Urteil nicht darauf, dass es der Einkommenssituation der Angehörigen der Klägerin nicht näher nachgegangen
ist. Die Revision selbst lässt erkennen, dass sie es gerade nicht ernsthaft für möglich hält, dass das LSG bei
Klarstellung der Einkommenssituation der Mitglieder der Klägerin zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre.
Einerseits stellt das LSG bereits im Obersatz seiner Prüfung einer Verletzung des Art 12 Abs 1 GG auf "die
Laborärzte" ab. Andererseits lässt die Klägerin auch im Rahmen ihres Revisionsvorbringens nicht erkennen, weshalb
sich für sie eine unzumutbare wirtschaftliche Situation - richtigerweise verstanden im Sinne einer nachhaltigen
Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Existenz der Praxis - aufgrund der (möglichen) Kostenunterdeckung in dem
streitgegenständlichen Quartal ergeben habe.
44
Auch mit seinen Feststellungen zur Umsatzentwicklung der Laborarztpraxen in der Vergangenheit hat das LSG seine
Pflicht zur Aufklärung des Sachverhaltes nach § 103 SGG nicht verletzt. In diesem Zusammenhang rügt die Klägerin
eine inhaltliche Fehlerhaftigkeit der Würdigung des LSG. Damit kann aber ein Verstoß gegen den
Amtsermittlungsgrundsatz nicht belegt werden. Die Klägerin trägt selbst vor, das LSG leite seine Annahmen
"offensichtlich" aus dem von der KÄBV bei der Unternehmensberatung McKinsey in Auftrag gegebenen Gutachten ab.
In der Tat ist davon auszugehen, dass das LSG die in diesem Gutachten festgestellte durchschnittliche jährliche
Steigerungsrate der Leistungsmenge mit einer entsprechenden Umsatzsteigerung in den Laborpraxen gleichgesetzt
hat. Wenn die Klägerin diese Schlussfolgerung beanstandet, rügt sie in der Sache den fehlerhaften Umfang des LSG
mit betriebswirtschaftlichen Erfahrungssätzen. Die unterlassene Berücksichtigung eines bestehenden
Erfahrungssatzes (vgl dazu BSG SozR 1500 § 128 Nr 4 S 3; SozR 1500 § 103 Nr 25 S 18) oder die Anwendung eines
tatsächlich nicht existierenden Erfahrungssatzes (vgl dazu BSGE 36, 35, 36 = SozR Nr 40 zu § 548 RVO Aa 53;
SozR 1500 § 103 Nr 25 S 18) beinhalten jedoch keinen Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG),
sondern betreffen die richterliche Überzeugungsbildung iS des § 128 Abs 1 SGG. Die in diesem Zusammenhang
maßgeblichen Vorgaben hat das LSG nicht verletzt. Es hat sich auf der Grundlage der allen Verfahrensbeteiligten
zugänglichen Unterlagen (§ 128 Abs 2 SGG) die Überzeugung gebildet, dass die Umsätze in laborärztlichen Praxen in
der Zeit bis Mitte 1999 kontinuierlich erheblich gestiegen sind. Wenn es sich dabei (auch) auf Daten über einen
Anstieg der Leistungsmenge im Laborbereich gestützt hat, wäre das nur zu beanstanden, wenn es einen gesicherten
betriebswirtschaftlichen Erfahrungssatz gäbe, wonach zwischen der Zahl der von einer Praxis abgerechneten Punkte
und dem Umsatz in DM bzw Euro schlechthin kein Zusammenhang bestehen könnte. Einen derartigen Erfahrungssatz
hat die Revision weder schlüssig geltend gemacht noch näher belegt. Diesem vermeintlichen Erfahrungssatz
widersprechen schon die Darlegungen der Klägerin selbst, dass vor allem der Rückgang der Leistungsmenge ab dem
Quartal III/1999 zu einem bedrohlichen Umsatzverlust in ihrer Praxis geführt habe.
45
3. Die für die Honorierung der Leistungen der Klägerin maßgeblichen Bestimmungen im HVM der früheren KÄV Nord-
Württemberg stehen ebenfalls mit Bundesrecht in Einklang. Rechtsgrundlage für die Honorarverteilungsregelungen ist
§ 85 Abs 4 Satz 1 bis 3 SGB V (in der bis zum 31. Dezember 1999 geltenden Fassung des Gesundheits-
Reformgesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl I 2477). Danach haben die KÄVen die Gesamtvergütung nach
Maßgabe des HVM an die Vertragsärzte zu verteilen; bei der Verteilung sind Art und Umfang der Leistungen der
Vertragsärzte zu Grunde zu legen.
46
Anlage 1 des HVM in der für die Honorarverteilung des Jahres 1999 maßgeblichen Fassung lautet, soweit die
Honorierung von Laborleistungen betroffen ist:
8.1 Abweichend von den Nrn. 2.4, 2.5, 3.3 bis 3.5 und 4.4 wird für die Leistungen der Ärzte für Laboratoriumsmedizin
bzw. für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie sowie für - so weit sie von übrigen Ärzten abgerechnet werden -
Leistungen des Kapitels O EBM (einschließlich der Pauschalerstattungen des Kapitels U) und der Nrn. 169, 174 und
176 EBM ein eigener Honorartopf gebildet. DM-Werte (Euro-Werte) werden vorweg abgezogen und wie anerkannt
vergütet; der Punktwert ergibt sich durch Division des verbleibenden Betrages durch die anerkannten Punktzahlen.
8.2 Der Honorartopf nach Nr. 8.1 ergibt sich, in dem die nach Nr. 7 ermittelten Ausgangswerte für die Quartale ab 3/99
um den Anteil für die Leistungen nach Nr. 8.1 bereinigt werden; die Fortentwicklung erfolgt anhand der
Veränderungsrate des nach Kopfpauschalen ermittelten Gesamtvergütungsteils.
47
Die Klägerin beanstandet an diesen Regelungen nur noch die Bildung eines einheitlichen Honorarkontingentes für alle
Leistungen der Laborärzte wie für sämtliche Laborleistungen aller anderen Vertragsärzte. Soweit in der
Revisionsbegründung darüber hinaus Regelungen im HVM über einen Maximalpunktwert von 10 Pf gerügt worden
sind, ist dem nicht weiter nachzugehen; denn die Regelung über den Punktwert von 10 Pf hat in dem streitbefangenen
Quartal nicht gegolten. Dementsprechend sind die in Punkten bewerteten Leistungen der Klägerin nach Nr 3454 EBM-
Ä in diesem Quartal mit deutlich höheren Punktwerten, nämlich zwischen 13,0 und 15,5 Pf, vergütet worden.
48
Die Bildung eines einheitlichen Labortopfes nach Nr 8.1 HVM ist rechtmäßig. Die KÄVen sind im Rahmen der
Honorarverteilung trotz ihrer Bindung an den Grundsatz der leistungsproportionalen Verteilung nicht gehindert, feste
Honorarkontingente für einzelne Arztgruppen und einzelne Leistungsbereiche zu bilden. Die insoweit maßgeblichen
Grundsätze hat der Senat insbesondere im Urteil vom 22. Juni 2005 (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 17) unter Hinweis vor
allem auf die Urteile vom 20. Oktober 2004 (BSGE 93, 258 = SozR 4-2500 § 85 Nr 12) und vom 9. Dezember 2004
(BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, jeweils RdNr 50 ff) aufgezeigt (vgl auch zuletzt Urteil vom 19. Juli 2006 - B 6
KA 8/05 R - RdNr 12 ff, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen). Ausgehend davon stellt die Klägerin zu Recht
nicht die Berechtigung der Beklagten in Frage, alle Leistungen der Laborärzte aus einem festen Honorartopf zu
vergüten. Diese Berechtigung besteht ungeachtet des Umstandes, dass Laborärzte nur auf Überweisung tätig werden,
und die Menge der von dieser Arztgruppe erbrachten Leistungen vorwiegend vom Überweisungsverhalten der anderen
Vertragsärzte abhängig ist (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 24 S 164 ff; zuletzt BSGE 93, 258 = SozR 4-2500 § 85 Nr 12,
jeweils RdNr 15 und 30). In gleicher Weise zulässig ist die Bildung von festen Honorarkontingenten für bestimmte
Leistungen, auch soweit diese von verschiedenen Arztgruppen erbracht werden; auch von derartigen
leistungsbezogenen Töpfen können Leistungen erfasst werden, die nur auf Überweisung erbracht werden dürfen
(BSGE 83, 1 = SozR 3-2500 § 85 Nr 26: CT/MRT-Leistungen; SozR 3-2500 § 85 Nr 38: Basis- und Speziallabor;
BSGE 93, 258 = SozR 4-2500 § 85 Nr 12, jeweils RdNr 15 und 30: Radiologie insgesamt). Schließlich sind auch
Mischsysteme mit Honorartöpfen sowohl für bestimmte Leistungsbereiche als auch für bestimmte Arztgruppen
zulässig (BSGE 83, 1, 3 = SozR 3-2500 § 85 Nr 26 S 184; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 31 S 237; aaO Nr 48 S 408).
49
Der Senat hat im Laborbereich allerdings in der Vergangenheit Verteilungsregelungen beanstandet, nach denen alle
Laborleistungen aus einem einheitlichen Kontingent mit einem identischen Punktwert zu vergüten sind, also sowohl
der Mengenausweitung leicht zugängliche Leistungen nach den Abschnitten O I/II EBM-Ä in der bis zum 30. Juni
1999 geltenden Fassung als auch überweisungsabhängige Leistungen vor allem der Laborärzte (Urteil vom 29.
September 1993, BSGE 73, 131 = SozR 3-2500 § 85 Nr 4). Soweit aus dem genannten Urteil die Folgerung gezogen
worden ist, überweisungsgebundene Leistungen nach Abschnitt O III EBM-Ä seien generell einer Topfbildung
entzogen, ist der Senat dem bereits mit seinem Urteil vom 28. Januar 1998 (SozR 3-2500 § 85 Nr 24)
entgegengetreten. Er hat darauf hingewiesen, dass den Laborärzten auch bei den spezialisierten O III-Leistungen ein
erheblicher Spielraum zur Bestimmung von Art und Umfang der zu erbringenden Leistungen bleibt (SozR aaO, S 166).
Deshalb bestehen gegen die Einbeziehung der Laborärzte in das vornehmlich der Mengensteuerung dienende System
der Bildung fester Honorarkontingente keine prinzipiellen Bedenken. In seinem Urteil vom 31. Januar 2001 hat der
Senat dementsprechend Honorarverteilungsregelungen für den Laborbereich aus dem Jahr 1994 gebilligt, nach denen
ein einheitlicher Honorartopf für Leistungen des Speziallabors gebildet, hinsichtlich des Mindestpunktwertes aber
zwischen Zielaufträgen und selbst zugewiesenen Laborleistungen differenziert worden ist (SozR 3-2500 § 85 Nr 38).
50
Im Senatsurteil vom 28. Januar 1998 ist allerdings nicht die Bildung eines einheitlichen Topfes für alle Laborleistungen
und alle laborärztlichen Leistungen ausnahmslos für rechtmäßig gehalten, sondern ausdrücklich darauf hingewiesen
worden, dass die damals beklagte KÄV einen solchen Honorartopf gerade nicht gebildet hatte (SozR 3-2500 § 85 Nr
38; SozR aaO Nr 24 S 167). Die hier zu beurteilende Regelung in Nr 8.1 HVM sieht indessen genau einen derartigen
Honorartopf vor, aus dem alle Laborleistungen der Vertragsärzte, also die O I/II- Leistungen (Basislabor) aller Ärzte,
die O III-Leistungen (Speziallabor) derjenigen Fachärzte, die diese erbringen dürfen, sowie alle Leistungen der
Laborärzte vergütet werden. Die Bildung eines solchen Kontingents ist nur unter bestimmten, hier gegebenen
Voraussetzungen zulässig; soweit sich aus dem Senatsurteil vom 29. September 1993 die generelle Unzulässigkeit
einer derartigen Regelung entnehmen lässt, hält der Senat daran jedenfalls für Vergütungszeiträume nach der
Laborreform zum 1. Juli 1999 nicht fest. Dasselbe gilt für die im Urteil vom 31. Januar 2001 (SozR, aaO, Nr 38 S 314)
angesprochene Notwendigkeit einer Differenzierung bei der Honorierung des Speziallabors zwischen laborärztlichen
Leistungen und solchen, die von Ärzten anderer Arztgruppen (Gynäkologen, Urologen) selbst erbracht werden. Der
Senat hatte dort allerdings bereits auf die geringe quantitative Relevanz sowohl der in eigenen Behandlungsfällen wie
der auf Überweisung erbrachten Speziallaborleistungen der anderen Arztgruppen hingewiesen (aaO, S 316 f).
51
Die Aussage im Urteil vom 29. September 1993, dass die Vergütung frei erbringbarer Basislaborleistungen und
überweisungsgebundener Speziallaborleistungen aus demselben Vergütungstopf ungleiche Sachverhalte gleich
behandele und einen zu großen Einfluss der nicht mengenbegrenzten Basislaborleistungen auf den für die Laborärzte
wichtigen Punktwert für die O III-Leistungen zur Folge haben könne (BSGE 73, 131, 139 = SozR 3-2500 § 85 Nr 4 S
27), trifft die hier zu beurteilende Situation nur sehr eingeschränkt. Der zentrale Unterschied zwischen der
Vergütungssituation der Laborärzte im Quartal III/1999 und der Rechtslage des Jahres 1987, die Gegenstand des
Senatsurteils vom 29. September 1993 gewesen ist, liegt zunächst in der weitaus geringeren Bedeutung des
Punktwertes für die Umsätze der Laborärzte. Das ergibt sich beispielhaft aus den Abrechnungsergebnissen der
Klägerin, wie sie vom LSG festgestellt bzw den von diesem zum Verfahrensgegenstand gemachten Verwaltungsakten
zu entnehmen sind. Vom Gesamthonorar der Klägerin im streitbefangenen Quartal (1.546.976 DM nach den
Feststellungen des LSG) entfallen 1.082.616,85 DM auf die Pauschalkostenerstattung für die einzelnen
Laborparameter. Weitere 125.796,60 DM entfallen auf die Erstattungen für Versandmaterial und Porto nach Nr 7103,
7120 des vertraglich vereinbarten Kapitels U EBM-Ä. Diese Leistungen werden in DM bewertet und nach Nr 8.1 HVM
"vorweg abgezogen und wie anerkannt vergütet". Lässt man die im Rahmen der Mutterschaftsvorsorge nach
Abschnitt B IX EBM-Ä aF (Nr 114 - 138 EBM-Ä) erbrachten präventiven Leistungen außer Betracht, auf die ca
528.630 Punkte entfallen und die mit Punktwerten zwischen ca 9 Pf und 14 Pf vergütet worden sind, rechnete die
Klägerin noch weitere ca 1,6 Mio Punkte ab, von denen wiederum ca 1,5 Mio auf die Laborgrundgebühr nach Nr 3454
EBM-Ä entfallen. Im kurativen Bereich wirken sich Punktwertveränderungen danach nur auf einen Anteil von 10 % am
Gesamtumsatz der Klägerin aus, wenn ein fiktiver Punktwert von 10 Pf angesetzt wird. Diese geringe Bedeutung des
Punktwertes für die Vergütung laborärztlicher Leistungen seit der Laborreform ist nicht auf Besonderheiten in der
Praxisausrichtung der Klägerin zurückzuführen, wie die vom Senat am 11. Oktober 2006 verhandelten und
entschiedenen Verfahren B 6 KA 46/05 R, B 6 KA 48/05 R und B 6 KA 49/05 R trotz im Einzelnen unterschiedlicher
Abrechnungsergebnisse belegen.
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Hinzu kommt, dass die Laborleistungen der anderen Ärzte, die den Punktwert der Laborärzte beeinflussen können, ab
dem Quartal III/1999 einer effektiven Mengensteuerung unterlagen. Das oben dargestellte und im Urteil des Senats
vom 23. Februar 2005 (SozR 4-2500 § 87 Nr 9) gebilligte Konzept der Bindung des Wirtschaftlichkeitsbonus (Nr 3452
EBM-Ä) an die Einhaltung des Laborbudgets sollte massiv die Erbringung und Veranlassung von Laborleistungen
durch die Ärzte begrenzen. Das ist in einem Umfang gelungen, den die Klägerin beklagt und den sie vor allem für ihre
massiven Umsatzeinbußen seit dem Quartal III/1999 verantwortlich macht. Gerade weil auf EBM-Ä-Ebene seit
diesem Quartal steuernde Ansätze mit dem Ziel einer Begrenzung selbst zu erbringender und zu veranlassender
Laborleistungen im Basis- wie im Speziallaborbereich gesetzt worden waren, konnte die Beklagte davon ausgehen,
ein einheitlicher Labortopf werde nicht zu Lasten des Punktwertes für die überweisungsabhängigen Laborleistungen
gehen. Anhaltspunkte dafür, dass diese Prognose greifbar fehlerhaft gewesen wäre, sind weder von der Klägerin
geltend gemacht worden noch sonst für den Senat ersichtlich.
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Unter der Voraussetzung einer mutmaßlich wirksamen Mengenbegrenzung der nicht überweisungsgebundenen
Laborleistungen der anderen Vertragsärzte stellt ein einheitlicher Vergütungstopf für diese Leistungen und alle
laborärztlichen Leistungen keine gleichheitswidrige Benachteiligung der Laborärzte dar. Tatsächlich ist es auch im
streitbefangenen Quartal zu keinem Punktwertverfall gekommen; die Punktwerte beliefen sich - wie schon ausgeführt
- auf Werte zwischen 13,0 und 15,5 Pf.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden und hier noch
anzuwendenden Fassung (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 115 ff).