Urteil des BSG vom 09.08.2001

BSG: insoweit wird die Sache an das Landessozialgericht zurückverwiesen. Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen., auflage, verfügung, schenkungsvertrag, arbeitsförderung, einkünfte, bedürftigkeit

Bundessozialgericht
Urteil vom 09.08.2001
Sozialgericht Aachen
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen
Bundessozialgericht B 11 AL 15/01 R
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 9. November 2000,
soweit es einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe ab 1. November 1998 betrifft, und im Kostenpunkt aufgehoben;
insoweit wird die Sache an das Landessozialgericht zurückverwiesen. Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Gründe:
I
Der Rechtsstreit betrifft die Höhe eines Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe (Alhi); die Beteiligten streiten darüber, ob ein
dem Kläger am 13. November 1997 zugeflossener jährlich wiederkehrender Zinsertrag von 3.655 DM bei der ab 1.
Januar 1998 zu zahlenden Alhi zu berücksichtigen ist.
Der Kläger bezieht von der beklagten Bundesanstalt für Arbeit (BA) seit Jahren Alhi. Mit seinem Antrag auf
Weiterbewilligung der Leistung ab 1. Januar 1998 legte er einen schriftlich mit seiner Mutter geschlossenen
Schenkungsvertrag vom 9. November 1992 vor. Danach überließ ihm seine Mutter 80.000 DM mit der Auflage, das
Kapital für mindestens sechs Jahre zinsgünstig anzulegen. Die jährlich anfallenden Zinsen seien für die Anschaffung
von Hausrat (Möbel, Haushaltsgegenstände) zu verwenden. Nach Fälligkeit des freiwerdenden Kapitals sei dieses
ausschließlich für den Erwerb einer Immobilie einzusetzen. Der Kläger erzielte einen jährlichen Zinsertrag von 3.655
DM, der ihm nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) zuletzt am 13. November 1997 ausgezahlt
wurde. Mit Bescheid vom 28. Januar 1998 bewilligte die BA die Alhi weiter mit einem wöchentlichen Leistungssatz
von 236,04 DM. Den jährlichen Zinsbetrag rechnete sie als Einkommen mit wöchentlich 70,28 DM (3.655: 52 = 70,28)
an. Während des Leistungszeitraums setzte die BA den Leistungssatz nach § 201 Sozialgesetzbuch -
Arbeitsförderung (SGB III) herab, ohne die Berechnungsgrundlagen im übrigen zu ändern. Eine Verletztenrente aus
der gesetzlichen Unfallversicherung berücksichtigte die BA mit dem Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom
16. Dezember 1998 mit Wirkung ab 18. August 1997 und laufend ab 1. Oktober 1998 (Bescheid vom 21. Oktober
1998). Wegen Änderung der Lohnsteuerklasse anläßlich der Eheschließung des Klägers am 9. September 1998
erhöhte die BA den Leistungssatz (Bescheid vom 16. Dezember 1998). Schließlich berechnete sie mit Bescheid vom
17. Dezember 1998 die Alhi für Dezember 1998 neu. Seit dem 1. Januar 1999 bezieht der Kläger Altersrente aus der
gesetzlichen Rentenversicherung.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, der Zinsertrag dürfe nicht als Einkommen leistungsmindernd
berücksichtigt werden, weil nicht nur der geschenkte Betrag von 80.000 DM, sondern auch die daraus gezogenen
Zinsen einer Zweckbindung unterlägen. Den Rechtsbehelf wies die BA mit Widerspruchsbescheid vom 5. Oktober
1998 zurück.
Mit der Klage hat der Kläger seine Ansicht weiter verfolgt und ergänzend geltend gemacht, die Zinseinkünfte von
Oktober 1997 ständen ihm nicht zur Verfügung, weil er den Betrag seiner Mutter überwiesen habe.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die
Zinseinkünfte seien als wiederkehrende Einnahmen auf die Alhi anzurechnen. Die jährlich zufließenden Zinsen dienten
zur Deckung des Lebensunterhalts im Zahlungszeitraum bis zum nächsten Zinszahlungstermin. Die Zahlung des
Zinsertrages an die Mutter sei unerheblich, weil diese Zahlung nicht einer rechtlichen Pflicht entsprochen habe.
Mit der Berufung hat der Kläger geltend gemacht, der Zinsertrag von 3.655 DM stelle kein Einkommen dar, weil er
nicht mehr darüber verfügen könne. Die Zinsen aus dem geschenkten Kapital hätten nicht zum Lebensunterhalt
gedient. Auch könne der Zinsertrag nicht vorgreifend wöchentlich auf das Folgejahr angerechnet werden. Dies ergäbe
sich aus Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) (Hinweis auf BSGE 41, 197 = SozR 4100 § 137 Nr 1).
Danach seien Zinsen nur in dem Zahlungsabschnitt als Einkommen zu berücksichtigen, in dem sie dem
Leistungsbezieher zuflössen. Er habe Anspruch auf Alhi ohne Anrechnung der Zinsen, weil vom SG herangezogene
Rechtsprechung (Hinweis auf BSGE 79, 297= SozR 3-4100 § 138 Nr 9) hier nicht einschlägig sei.
Das LSG hat die Berufung mit Urteil vom 9. November 2000 zurückgewiesen. Zur Begründung hat das LSG
ausgeführt, nachdem der Kläger frühere Beanstandungen der Bemessung der Alhi ab 1. Januar 1998 habe fallen
lassen, sei nur noch zu klären, ob und wie die im November 1997 zugeflossenen Zinsen auf die ab 1. Januar 1998 zu
zahlende Alhi anzurechnen seien. Bei den im sechsjährigen Anlegungszeitraum jährlich zu zahlenden Zinsen handele
es sich nicht um einmalige, sondern wiederkehrende Einkünfte. Die BA habe den Zinsbetrag nach dessen Auszahlung
auch zutreffend für den folgenden Bewilligungsabschnitt von 52 Wochen anteilig berücksichtigt. Eine solche
Behandlung sei überzeugender als eine auf den Zahlungsabschnitt des Zuflusses beschränkte Berücksichtigung als
Einkommen und einer Vermögensbildung im übrigen. Der Gedanke, wiederkehrende Zinseinkünfte auf die Zeit nach
dem Zufluß zur Minderung der Bedürftigkeit zu verteilen, komme bereits in der vom Kläger für die Gegenansicht in
Anspruch genommene Rechtsprechung des BSG zum Ausdruck. Es bestehe kein sachlicher Grund dafür, regelmäßig
wiederkehrende Zinsen aus einem längerfristig angelegten Kapital anders zu behandeln als eine im voraus für einen
längeren Zeitraum gezahlte Rente. Die Abführung des Zinsertrages an die Mutter des Klägers sei unerheblich. Es
handele sich dabei um eine bewußte und zielgerichtete Handlung zu dem Zweck, eine Anrechnung im Rahmen der
Bedürftigkeitsprüfung zu vermeiden. Dieses Vorgehen sei unzulässig.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung der §§ 193, 194 SGB III; §§ 6, 11
Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV) und des § 136 Abs 1 Nr 6 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Zur Begründung führt er
aus, nach der Rechtsprechung des BSG habe die Bedürftigkeitsprüfung zwischen Einkommen und Vermögen zu
unterscheiden. Als Einkommen seien Kapitalzinsen nur in dem "jeweiligen Zeitraum" zu berücksichtigen, in dem sie
dem Arbeitslosen zuflössen. Der am Ende des Alhi-Zeitraums nicht verbrauchte Teil sei Vermögen, dessen
Verwertung grundsätzlich zumutbar sei. Halte man die Zinseinkünfte mit dem LSG für wiederkehrende Leistungen, so
seien sie allenfalls für die Zeit vom 14. November 1997 bis 13. November 1998 anrechenbar. Das LSG habe die
Zinsen jedoch vom 1. Januar bis 31. Dezember 1998 angerechnet, so daß die Entscheidung für die Zeit ab 14.
November 1998 nicht mit Gründen versehen sei. Im übrigen habe es im vorliegenden Falle nahegelegen zu prüfen, ob
die dem Kläger am 13. November 1997 zugeflossenen Zinsen noch im laufenden Alhi-Bezugsraum bis 31. Dezember
1997 als Einkommen, für den neuen Bezugszeitraum ab 1. Januar 1998 aber als Vermögen zu berücksichtigen
gewesen seien. Auch nach der vom LSG in Bezug genommenen Rechtsprechung des BSG (Hinweis auf BSGE 79,
297, 300 = SozR 3-4100 § 138 Nr 9) hätte es einer Begründung dafür bedurft, warum der im November 1997
zugeflossene Zinsbetrag auf den gesamten Bewilligungszeitraum von Januar bis Dezember 1998 anzurechnen sei.
Die Einmalzahlung der Zinsen könne als privilegierte Einnahme gelten, weil sie nach dem Schenkungsvertrag
zweckgebunden gewesen sei. Sie hätte deshalb nicht dem laufenden Lebensunterhalt gedient. Auch liege der
Gedanke nahe, daß der Zinsertrag als Surrogat für angemessenen Haushalt von einer Vermögensverwertung nach § 6
Abs 3 Nr 1 AlhiV ausgeschlossen sei. Die Berücksichtigung sei im übrigen nicht zulässig, weil der Kläger nach dem
Schenkungsvertrag in seiner Verfügung beschränkt gewesen sei. Auch als Einkommen könne der Zinsbetrag deshalb
nicht berücksichtigt werden.
Der Kläger beantragt,
auf die Revision des Klägers das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 9. November 2000 und
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 26. März 1999 aufzuheben und die Beklagte in Abänderung ihrer Bescheide
vom 28. Januar 1998 und vom 28. Juli 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Oktober 1998 zu
verurteilen, dem Kläger Arbeitslosenhilfe ab 1. Januar 1998 ohne Anrechnung von Zinseinkünften in Höhe von 70,28
DM wöchentlich zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie führt aus, die Berücksichtigung von Zinseinkünften im gesamten nächstfolgenden Bewilligungsabschnitt
entspreche dem Gebot der Gleichbehandlung und der Verwaltungspraxis. Eine Berücksichtigung als Einkommen im
Zahlungsabschnitt und eine Bewertung als Vermögen im übrigen führe zu Zufallsergebnissen. Die Anrechnung
unmittelbar ab Zufluß der Zinsen lasse sich nur mit der alsbaldigen Berichtigung von Bewilligungsentscheidungen
bewerkstelligen. Zinseinnahmen seien nicht privilegiert und deshalb im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zu
berücksichtigen.
II
Die Revision des Klägers ist nur teilweise im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet. Insoweit reichen
die tatsächlichen Feststellungen des LSG für eine abschließende Entscheidung des BSG nicht aus. Zum
überwiegenden Teil ist die Revision nicht begründet, denn jährlich wiederkehrende Zinseinkünfte sind in dem auf den
Zufluß folgenden Jahr anteilig auf die Alhi anzurechnen.
1. Gegenstand des Verfahrens ist ausschließlich ein Anspruch auf um 70,28 DM höhere Alhi ab 1. Januar 1998.
Weitere Regelungen der BA zur Höhe der Leistung in diesem Bezugszeitraum verfolgt der Kläger nicht mehr.
Zutreffend hat das LSG dazu ausgeführt, die Bemessung der Alhi unterliege insoweit keinen rechtlichen Bedenken.
Maßgebend für die Berücksichtigung der Zinseinkünfte ab 1. Januar 1998 ist das als Art 1 des Arbeitsförderungs-
Reformgesetzes (AFRG) vom 24. März 1997 (BGBl I 594) am 1. Januar 1998 in Kraft getretene Sozialgesetzbuch -
Arbeitsförderung (SGB III) (Art 83 Abs 1 AFRG). Abweichendes ist für die Beurteilung der Bedürftigkeit und die daran
anknüpfende Bemessung der Alhi aus der Übergangsvorschrift des § 427 SGB III nicht zu entnehmen.
2.1 Anspruch auf Alhi haben nach § 190 Abs 1 SGB III Arbeitnehmer, die arbeitslos sind, sich beim Arbeitsamt
arbeitslos gemeldet haben, einen Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht haben, weil sie die Anwartschaftszeit nicht
erfüllt haben, in der Vorfrist Arbeitslosengeld bezogen haben, ohne daß der Anspruch wegen des Eintritts von
Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt 24 Wochen erloschen ist, wenn sie bedürftig sind. Fehlt eine dieser
Voraussetzungen für den Anspruch dem Grunde nach, ist auch ein Anspruch auf höhere Alhi nicht begründet. Dem ist
hier nicht im einzelnen nachzugehen, denn jedenfalls für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Oktober 1998 stand dem
Kläger ein Anspruch auf wöchentlich weitere 70,28 DM Alhi nicht zu, weil sich die Leistung im Rahmen der
Bedürftigkeitsprüfung um anteilig als Einkommen zu berücksichtigende Zinseinkünfte in der von ihm beanspruchten
Höhe mindert (§ 195 Satz 2 SGB III).
2.2 Bedürftig ist ein Arbeitsloser nach § 193 Abs 1 SGB III nur, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere
Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann. Deshalb ist Einkommen des Arbeitslosen im Bezugszeitraum
nach § 194 Abs 1 SGB III zu berücksichtigen. Einkommen im Sinne der Vorschriften über die Alhi sind alle
Einnahmen in Geld oder Geldeswert einschließlich der Leistungen, die von Dritten beansprucht werden können (§ 194
Abs 2 Satz 1 SGB III). Beträge, die hier von den Zinseinkünften nach § 194 Abs 2 Satz 2 SGB III absetzbar sein
könnten, sind nicht ersichtlich.
Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, daß die jährlich ausgezahlten Zinsen aus dem auf sechs Jahre
festgelegten Kapital wiederkehrende Einnahmen des Klägers sind. Es handelt sich für den Bezugszeitraum ab 1.
Januar 1998 bei den am 23. November 1997 zugeflossenen Zinsen auch nicht etwa um Vermögen, dessen
Berücksichtigung sich nach anderen Maßstäben richtet als wiederkehrendes Einkommen. Damit sind die §§ 6 Abs 3
Nr 3, 11 Nr 1 AlhiV hier nicht anwendbar.
Allerdings hat das BSG ausgesprochen, jede Leistung in Geld oder Geldeswert sei in dem Zahlungszeitraum der Alhi,
in dem sie dem Arbeitslosen zufließt, Einkommen im Sinne der Vorschriften über die Alhi, während der am Ende
dieses Zeitraums nicht verbrauchte Teil zum Vermögen werde (BSGE 41, 187, 191 = SozR 4100 § 137 Nr 1). Diese
begriffliche Unterscheidung hat jedoch im Hinblick auf die Nachrangigkeit der Alhi gegenüber anderweitigen
Möglichkeiten, den Lebensunterhalt zu bestreiten (§ 193 Abs 1 SGB III), gerade für während des Leistungsbezugs
wiederkehrende Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Vermietung oder Verpachtung sowie Kapitalvermögen
Einschränkungen und Präzisierungen erfahren (BSGE 45, 60, 66 = SozR 4100 § 138 Nr 2; BSG Urteil vom 17. Mai
1983 - 7 RAr 38/82 - DBlR 2894 AFG § 138; Gagel/Ebsen, SGB III - Arbeitsförderung, § 194 RdNr 168 ff - Stand Juli
1999; Niesel/Kärcher, SGB III, 1998, § 194 RdNr 35). Eine Berücksichtigung jährlich wiederkehrender Zinseinkünfte
lediglich im Berechnungszeitraum (§§ 198 Satz 2, 139 Satz 1 SGB III), Zahlungsabschnitt (§ 337 Abs 2 SGB III) oder
Bewilligungszeitraum (§ 190 Abs 3 SGB III) des Zuflusses läßt sich der begrifflichen Abgrenzung von Einkommen und
Vermögen im Sinne der Vorschriften über die Alhi nicht entnehmen (BSGE 45, 60, 66 = SozR 4100 § 138 Nr 2; BSG
DBlR 2894 AFG § 138; BSGE 79, 297, 300 = SozR 3-4100 § 138 Nr 9). Dem auf der Nachrangigkeit der Alhi
gegenüber anderen Möglichkeiten, den Lebensunterhalt zu bestreiten, beruhenden Grundgedanken der
Einkommensanrechnung ist zu entsprechen, indem wiederkehrende Zinseinkünfte Zeiträumen zugeordnet werden, in
denen der Arbeitslose mit ihnen seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Kehren Zinseinkünfte - wie hier - in größeren
Zeitabschnitten als den Zahlungsabschnitten der Alhi (§ 190 Abs 3 SGB III) wieder, so sind sie den
Zahlungsabschnitten bis zur nächsten Zinsausschüttung gleichmäßig zuzuordnen. Der Zufluß von Jahreszinsen
bedeutet, daß der Arbeitslose mit diesem Einkommen monatlich anteilig seinen Lebensunterhalt iS des § 193 Abs 1
SGB III bestreiten kann. Dieser Gedanke ist schon in BSGE 41, 187, 191 = SozR 4100 § 137 Nr 1 angedeutet, ohne
daß er konsequent zur Grundlage der Entscheidung geworden ist. Zwar ist es dem Arbeitslosen unbenommen, mit
seinen Einkünften nach Belieben zu verfahren, gegenüber der Allgemeinheit kann er sich aber nicht darauf berufen,
die Zinsen ständen ihm wegen anderweitiger Verwendung nicht mehr zur Verfügung. In dieser Hinsicht unterscheidet
sich das Recht der Alhi von den Strukturprinzipien der Sozialhilfe (BVerwGE 29, 99, 106; 67, 1, 6; Rothkegel, Die
Strukturprinzipien des Sozialhilferechts - Bestand, Bedeutung und Bewertung, 2000, 102). Eine solche
Berücksichtigung von jährlichen Zinseinnahmen entspricht nicht nur dem Grundgedanken des § 193 Abs 1 SGB III;
sie trägt auch den Vorschriften über die Ermittlung des Nettoeinkommens Rechnung (§ 194 Abs 2 Satz 1 SGB III).
Bei vom Einkommen abzusetzenden Belastungen ist das BSG bereits entsprechend verfahren (BSGE 45, 60, 66 =
SozR 4100 § 139 Nr 2; BSG SozR 3-4100 § 138 Nr 10). Die Ansicht des Senats ermöglicht die Gegenüberstellung
von Einkünften und Belastungen für den gleichen Zeitraum und damit die zur Einkommensermittlung unerläßliche
Saldierung. Das entspricht auch wirtschaftlich vernünftiger Haushaltsführung und vermeidet Zufallsergebnisse und
Ungleichheit bei wiederkehrenden Einkünften (Gagel/Ebsen aaO § 194 RdNr 170 f). Zu den gleichen Ergebnissen
kommt die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) mit einem aus speziellen Vorschriften des
Sozialhilferechts entwickelten "normativen Zuflußbegriff" (BVerwGE 108, 297, 300 = NJW 1999, 3649).
2.3 Der Einwand des Klägers, auch die Zinseinkünfte seien durch den Schenkungsvertrag zweckgebunden, greift
nicht durch. Bei einer der angeblichen Auflage entsprechenden Verwendung der Zinsen hätten diese jedenfalls zum
Lebensunterhalt beigetragen. Insofern ist eine die Anrechnung ausschließende Zweckbindung nicht zu erkennen. Da
die behauptete Bestimmung zur Verwendung der Zinsen dem Interesse des Klägers, nicht aber der Schenkerin oder
eines begünstigten Dritten entspricht, dürfte es sich ohnehin nur um eine sog Zweckschenkung handeln, die nicht mit
einer Bindung des Beschenkten einhergeht (dazu: Soergel/Mühl/Teichmann, BGB Bd IV/1, 12. Aufl 1997, § 525 RdNr
6). Es ist ferner zweifelhaft, ob ein Schenker eine Auflage nicht nur auf den Gegenstand der Schenkung selbst,
sondern auch auf dessen Erträgnisse beziehen kann (vgl Palandt/Putzo, BGB, 59. Aufl 2000, § 525 RdNr 1). Durch
den Vollzug der Schenkung ist das Kapital in das Eigentum des Klägers übergegangen. Die Zinseinkünfte beruhen auf
der Anlage des Kapitals durch den Kläger. Die Wendung "Leistung aus dem Wert und auf der Grundlage des
geschenkten Gegenstandes" (BGH NJW 1982, 818) besagt nichts anderes. Die Regelung für den Fall mangelnder
Vollziehung der Auflage (§ 527 Abs 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) läßt erkennen, daß sich die Auflage nur auf die
Schenkung, nicht aber nach dem Vollzug der Schenkung gezogene Früchte beziehen kann. Abgesehen davon
erscheint es zweifelhaft, ob die Schenkerin jemals von einem Recht nach § 527 Abs 1 Bürgerliches Gesetzbuch
(BGB) Gebrauch gemacht hätte, zumal der Kläger die Schenkung selbst der "Auflage" entsprechend verwendet hat.
Bei alledem kann dahinstehen, ob die angeblichen Auflagen wirklich einem rechtsgeschäftlichen Willen der
Schenkerin entsprochen haben oder nur einen Vorwand darstellen, um nicht gerechtfertigte öffentliche Leistungen in
Anspruch nehmen zu können (§ 117 Abs 1 BGB).
3. Nicht abschließend entscheiden kann der Senat darüber, ob dem Kläger für die Zeit vom 1. November bis 31.
Dezember 1998 weitere 70,28 DM Alhi zustanden. Sind jährlich wiederkehrende Zinseinkünfte bei der
Einkommensanrechnung anteilig auf die Zeit bis zur nächsten Zinszahlung zu verteilen, so gilt dies für die am 23.
November 1997 zugeflossenen Zinsen für die Zeit ab 1. November 1997 bis 31. Oktober 1998. Dies folgt aus dem
Umstand, daß laufende Geldleistungen bei Arbeitslosigkeit regelmäßig monatlich nachträglich auszuzahlen sind (§
337 Abs 2 SGB III). Durchgreifende Einwände der Praktikabilität sind insoweit nicht ersichtlich, zumal
Bewilligungsbescheide häufig - wie hier - nachträglich ergehen und der Bewilligungszeitraum von einem Jahr bei
entsprechenden Anhaltspunkten abgekürzt werden kann (§ 190 Abs 3 SGB III). Der vom Kläger verfolgte höhere
Anspruch auf Alhi ist für die Zeit ab 1. November 1998 nur auszuschließen, wenn ihm am 23. November 1998 nicht
die letzte fällige Zinszahlung oder sonstige Einkünfte zugeflossen sind oder ihm in diesem Zeitraum Vermögen zur
Verfügung stand, aus dem er seinen Lebensunterhalt bestreiten konnte. Für eine abschließende Entscheidung kann
der Senat weder dem Urteil des LSG noch den (pauschal) in Bezug genommenen Akten hinreichende Tatsachen
entnehmen. Dies gilt insbesondere wegen der ungenauen und möglicherweise auch unvollständigen Angaben des
Klägers zur Bedürftig-
keitsprüfung vom 24. November 1998, die sich Bl 350 f der Leistungsakten befinden. Für die Zeit ab 1. November
1998 wird das LSG das Einkommen und Vermögen des Klägers zu ermitteln und über den Alhi-Anspruch in der
geltend gemachten Höhe sowie die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.