Urteil des BSG vom 13.09.2006

BSG: umkehr der beweislast, rechtsschein, treuhänder, rechtsgrundlage, arbeitslosenhilfe, rechtsgrundsatz, rückforderung, rechtswidrigkeit, anschluss, anfang

Bundessozialgericht
Urteil vom 13.09.2006
Sozialgericht Itzehoe
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht
Bundessozialgericht B 11a AL 13/06 R
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 24. Februar
2006 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht
zurückverwiesen.
Gründe:
I
1
Die Beteiligten streiten wegen der Aufhebung der Bewilligung und Rückforderung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) nebst
Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen für die Zeit vom 28. September 1996 bis zum 31. Mai 2000.
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Der am 30. Mai 1940 geborene, verheiratete, türkische Kläger lebt seit den 70iger Jahren in Deutschland. Seit 1993
stand er wiederholt im Leistungsbezug der Beklagten. Nach Erschöpfung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg)
bezog er ab dem 28. September 1996 Alhi. Seit dem 1. Juni 2000 bezieht der Kläger Altersrente.
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Nach Hinweis des Bundesamts für Finanzen auf drei für den Kläger gespeicherte Freistellungsaufträge gab dieser im
Jahr 1998 gegenüber der Beklagten ua an, wie viel Erspartes er habe, wisse er nicht genau, jedoch seien es weniger
als 8000,- DM. Im Juni 2002 teilte die gemeinsame Steuerfahndungsstelle beim Finanzamt E. der Beklagten mit, im
Zusammenhang mit Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung seien für den Kläger hochverzinsliche Kapitalanlagen in
Höhe von 235.000,- DM betreffend Anlagezeitpunkte von April 1994 bis Februar 1996 bei der T.C. M. B. (TCMB)
festgestellt worden. In den der Alhi-Gewährung zu Grunde liegenden Leistungs- bzw Fortzahlungsanträgen hatte der
Kläger die Frage nach vorhandenem Vermögen jeweils verneint.
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Im Anhörungsverfahren räumte der Kläger diese Anlagen ein, gab aber an, die Gelder seien im Wesentlichen leihweise
von Verwandten überlassen worden. Die Angabe ihm und seiner Ehefrau selbst zur Verfügung stehender weiterer
erheblicher Beträge sei wegen seiner unzureichenden Sprachkenntnisse unterblieben. Inzwischen habe er deswegen
steuerliche Nachzahlungen getätigt.
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Durch Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 11. Februar 2004 hob die Beklagte die früheren Bescheide über die
Bewilligung von Alhi für die Zeit ab dem 28. September 1996 auf und forderte die gewährten Leistungen einschließlich
der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt (umgerechnet) 38.061,67 Euro (Alhi
29.582,40 Euro; Krankenversicherungsbeiträge 7562,08 Euro; Pflegeversicherungsbeiträge 917,19 Euro) zurück. Den
Widerspruch, mit dem der Kläger unter Bezug auf zwei Schuldanerkenntnisse vom 2. Januar 2004 insbesondere
Fremdeinlagen seiner 1967 und 1970 geborenen Söhne E. und S. in Höhe von 225.000,- DM geltend machte, wies die
Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 28. Juli 2004 zurück. Die dagegen gerichtete Klage hat das Sozialgericht
(SG) Itzehoe durch Gerichtsbescheid vom 17. Dezember 2004 abgewiesen mit der Begründung, zur Überzeugung des
Gerichts stehe fest, dass es sich bei den streitbefangenen Kapitalanlagen um Vermögen des Klägers gehandelt habe,
über dessen Vorhandensein dieser die Beklagte vorsätzlich getäuscht habe. Die Berufung des Klägers hat das
Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 24. Februar 2006 zurückgewiesen.
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In den Gründen ist ua ausgeführt, die Bewilligung der Alhi sei von Anfang wegen fehlender Bedürftigkeit rechtswidrig
gewesen, da der Kläger über entsprechendes Vermögen verfügt habe. Die vom Kläger behauptete fremdnützige
Verwaltungstreuhand insbesondere zu Gunsten der Söhne sei nicht offen gelegt worden. Ein verdecktes
Treuhandkonto sei arbeitsförderungsrechtlich als reines Privatkonto des gegenüber der Bank auftretenden
Kontoinhabers zu behandeln. Entscheidend sei nicht die zivilgerichtliche Rechtsprechung zum insolvenzrechtlichen
Aussonderungsrecht oder zur Drittwiderspruchsklage, ebenso wenig die finanzgerichtliche Rechtsprechung zur Frage,
ob eine (steuerrechtliche) Anerkennung von Darlehensvereinbarungen unter nahen Angehörigen jedenfalls dann in
Betracht zu ziehen ist, wenn die Vereinbarung als solche in allen wesentlichen Punkten dem zwischen fremden
Dritten Üblichen entspricht. Maßgeblich sei vielmehr der Umstand, dass dem Kläger mit Rücksicht auf die von
gegenseitigem Vertrauen geprägten sozialrechtlichen Beziehungen der Beteiligten die Berufung auf ein angeblich
verdecktes Treuhandverhältnis im Rahmen der Alhi-Bedürftigkeitsprüfung verwehrt sei. In dem mit der Beklagten
bestehenden Sozialrechtsverhältnis müsse er sich im Anschluss an die insoweit einhellige Rechtsprechung anderer
Landessozialgerichte an dem von ihm gesetzten Rechtsschein festhalten lassen. Offen bleiben könne deshalb, ob die
vom Kläger behaupteten Vereinbarungen mit seinen Familienangehörigen tatsächlich getroffen worden seien.
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Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 134 Arbeitsförderungsgesetz (AFG),
190 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) und des § 6 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV). Das LSG habe die
Einlagen der Söhne als Vermögen des Klägers behandelt, ohne die in diesem Umfang bestehenden Verbindlichkeiten
des Klägers zu berücksichtigen. In Anbetracht des Alters, des Familienstandes und der Einkünfte habe das LSG
darüber hinaus zu Unrecht die Prüfung unterlassen, ob es sich um Schonvermögen zur Aufrechterhaltung einer
angemessenen Alterssicherung gehandelt habe.
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Der Kläger beantragt, das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 24. Februar 2006, den
Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Itzehoe vom 17. Dezember 2004 sowie den Bescheid vom 11. Februar 2004 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juli 2004 aufzuheben.
9
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
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Die Beklagte hält das Urteil des LSG für zutreffend. Im Ergebnis entspreche es dem Urteil des erkennenden Senats
vom 24. Mai 2006 (B 11a AL 7/05 R), demzufolge es keinen Rechtsgrundsatz gebe, dass sich der Arbeitslose am
Rechtsschein der Kontoinhaberschaft festhalten lassen müsse, es stattdessen auf die getroffenen Vereinbarungen im
Einzelfall ankomme. Der Sachverhalt sei ausermittelt gewesen und habe sich danach so dargestellt, dass der vom
Kläger gesetzte Rechtsschein für seine Vermögensinhaberschaft gesprochen habe. Dies müsse ausreichen, wenn
nicht der Gefahr einer "Optimierung" des Sozialleistungsbezugs durch willkürliche Nichtoffenbarung verdeckten
Treuhandvermögens Vorschub geleistet werden solle.
II
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Die Revision ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung (§ 170 Abs 2 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz (SGG)) begründet.
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Das Urteil des LSG kann keinen Bestand haben. Die Aufhebung der Bescheide über die Bewilligung von Alhi für die
Zeit vom 28. September 1996 bis zum 31. Mai 2000 konnte nicht allein mit Hilfe des Rechtsgrundsatzes bestätigt
werden, wonach sich der Arbeitslose, der als verdeckter Treuhänder den Rechtsschein der Vermögensinhaberschaft
erzeugt, sich daran im Rahmen der Alhi-Bedürftigkeitsprüfung festhalten lassen muss. Denn einen solchen
Rechtsgrundsatz gibt es nicht. Stattdessen ist im Einzelfall festzustellen, welche Vereinbarungen mit welchem Inhalt
getroffen sind. Mangels ausreichender Feststellungen kann eine abschließende Entscheidung nicht ergehen.
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Rechtsgrundlage der streitgegenständlichen Rücknahme der Alhi-Bewilligung vom 11. Februar 2004 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 28. Juli 2004 ist § 45 Abs 1 und Abs 2 Satz 3 Nr 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch
(SGB X) iVm § 330 Abs 2 SGB III, Rechtsgrundlage der daran anknüpfenden Rückforderung der überzahlten Alhi ist §
50 Abs 1 Satz 1 SGB X und der erbrachten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge § 335 Abs 1 Satz 1 und Abs 5
SGB III. Die danach vorgreifliche Rechtmäßigkeit der Rücknahmeentscheidung ist ua davon abhängig, dass die
Bescheide über die Bewilligung der Alhi als begünstigende Verwaltungsakte (VAe) von Anfang an rechtswidrig waren
und der begünstigte Kläger sich auf ein Vertrauen in den Bestand der Entscheidungen nicht berufen kann, weil diese
auf Angaben beruhten, die er vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig
gemacht hat.
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Die anfängliche Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheide wiederum beurteilt sich danach, ob im Zeitpunkt des
jeweiligen Erlasses die Voraussetzungen eines Alhi-Anspruchs gegeben waren, der Kläger also nach den jeweils
einschlägigen Vorschriften des § 134 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG idF des Gesetzes vom 20. Dezember 1985 (BGBl I
2484) und in der Folge des § 190 Abs 1 Nr 5 SGB III idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AFRG) vom 24.
März 1997 (BGBl I 594) ua bedürftig war. Nicht als bedürftig angesehen wird der Arbeitslose nach diesen Vorschriften,
solange mit Rücksicht auf sein Vermögen und ua das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten
die Gewährung von Alhi (nach § 137 Abs 2 AFG: offenbar) nicht gerechtfertigt ist (§§ 137 Abs 2 AFG, 193 Abs 2 SGB
III). Inwieweit Vermögen zu berücksichtigen ist, bestimmt auf der Grundlage des § 137 Abs 3 AFG die (nach Art 81
AFRG auch im Geltungsbereich des SGB III zunächst fortgeltende) AlhiV idF des Arbeitslosenhilfe-Reformgesetzes
(AlhiRG) vom 24. Juni 1996 (BGBl I 878) mit ihren späteren Aktualisierungen. Danach ist Vermögen zu
berücksichtigen, soweit es verwertbar und die Verwertung zumutbar ist und der Wert dieses Vermögens jeweils 8000,-
DM übersteigt (§ 6 Abs 1 AlhiV). Vorausgesetzt ist in jedem Fall ein dem Arbeitslosen zuzuordnendes Vermögen.
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Entgegen den Ausführungen des LSG kann nicht offen bleiben, ob und ggf mit welchem Inhalt danach mit Geltung für
den hier streitigen Bewilligungs- bzw Aufhebungszeitraum vom 28. September 1996 bis zum 31. Mai 2000
Treuhandvereinbarungen des Klägers mit seinen Söhnen (oder sonstigen Familienangehörigen) hinsichtlich der auf
den Namen des Klägers laufenden Kapitalanlagen bei der TCMB getroffen worden sind. Denn für den von der
Vorinstanz angewendeten Rechtsgrundsatz, dass die Vermögensinhaberschaft im Rahmen des bestehenden
Sozialrechtsverhältnisses von dem vom Arbeitslosen gesetzten Rechtsschein abhängt, gibt es keine
Rechtsgrundlage. Dies hat der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 24. Mai 2006 (B 11a AL 7/05 R, zur
Veröffentlichung vorgesehen in BSGE und SozR) anhand einer - behaupteten - stillen Zession des Anspruchs auf ein
Sparguthaben verdeutlicht und diese Rechtsprechung in einer Parallelentscheidung vom 24. Mai 2006 (B 11a AL
49/05 R) im Falle eines - ebenfalls behaupteten - verdeckten Treuhandverhältnisses hinsichtlich eines Sparguthabens
fortgeschrieben. Ein Treuhandvertrag ist - unbeschadet der vielfältig möglichen Erscheinungsformen im Rechtsleben -
anders als eine Abtretung dadurch gekennzeichnet, dass der Treugeber dem Treuhänder Vermögensrechte überträgt,
ihn aber in Ausübung der sich daraus im Außenverhältnis ergebenden Rechtsmacht im Innenverhältnis nach Maßgabe
der schuldrechtlichen Treuhandvereinbarung beschränkt (vgl Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 25. Januar 2006 -
B 12 KR 30/04 R - veröffentlicht in juris, im Anschluss an BFHE 188, 254). Während der abtretende Arbeitslose mithin
einen Anspruch verliert, erwirbt der arbeitslose Treuhänder (je nach Ausgestaltung bis hin zum Vollrecht, vgl
Bassenge in Palandt, BGB, Komm, 65. Aufl, § 903 RdNr 33) ein Vermögensrecht hinzu. Er ist aber zugleich mit einer
schuldrechtlichen (Herausgabe-) Verpflichtung belastet, die, wenn sie nicht unmittelbar auf einem
Vermögensgegenstand lastet (BSGE 84, 48 = SozR 3-4220 § 6 Nr 7; BSG SozR 3-4220 § 6 Nr 9), grundsätzlich erst
bei der Frage der Verwertbarkeit oder Zumutbarkeit Berücksichtigung finden kann (BSGE 87, 143 = SozR 3-4220 § 6
Nr 8; BSG SozR 3-4220 § 6 Nr 9; BSG SozR 3-4100 § 137 Nr 12).
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Diese Unterschiede ändern aber nichts daran, dass im Rahmen der Alhi-Bedürftigkeitsprüfung das Vermögen des
Arbeitslosen in seiner Gesamtheit angesprochen ist. Dazu gehört auch der Anspruch auf ein Sparguthaben (BSG
SozR 3-4100 § 137 Nr 5), was nicht ausschließt, dass das jeweilige Recht an einem Sparguthaben abgetreten werden
oder Gegenstand treuhänderischer Vereinbarungen sein kann. Ob der Arbeitslose einen als Vermögen zu
berücksichtigenden Anspruch hat oder einer berücksichtigungsfähigen Verpflichtung ausgesetzt ist, beurteilt sich
jedoch allein nach bürgerlichem Recht. Dort ist die Publizität des Treuhandkontos für das Widerspruchsrecht des
Treugebers nach § 771 Zivilprozessordnung (ZPO) keine notwendige Voraussetzung (Bundesgerichtshof (BGH) NJW
1993, 2622 und NJW 1996, 1543). Für einen davon abweichenden Rechtsschein der Kontoinhaberschaft im Rahmen
der Bedürftigkeitsprüfung findet sich weder im Gesetz noch in der AlhiV ein Anhalt. Das Hessische LSG (Urteil vom 9.
Mai 2001 - L 6 AL 432/00 - veröffentlicht in juris), auf das sich die von der Vorinstanz zitierte "insoweit einhellige
Rechtsprechung anderer Landessozialgerichte" wesentlich zurückführen lässt, hat auf den Grundsatz der
Unbeachtlichkeit einer verdeckten Treuhand beispielsweise erst nach bzw in Verbindung mit einer eingehenden
Prüfung der Umstände des Einzelfalls zurückgegriffen. Ebenso wenig hat die verwaltungs- und finanzgerichtliche
Rechtsprechung einen allgemeinen Grundsatz der Unbeachtlichkeit verdeckter Treuhandverhältnisse aufgestellt.
Entsprechend verlangt der Bundesfinanzhof (BFH) eine strenge Prüfung des Treuhandverhältnisses (BFHE 183, 518
unter Bezug auf die Beweisregel des § 159 Abs 1 Abgabenordnung (AO)). Schuldverpflichtungen unter nahen
Angehörigen sind zudem nur anzuerkennen, wenn der Vertrag als solcher und seine tatsächliche Durchführung in allen
wesentlichen Punkten dem zwischen Dritten Üblichen entsprechen (BFH, Beschluss vom 25. Juni 2002 - X B 30/01 -
veröffentlicht in juris). Dies hat der Senat in seiner Entscheidung vom 24. Mai 2006 (B 11a AL 7/05 R, mwN) im
Einzelnen ausführlich begründet, worauf zwecks Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird.
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Das LSG wird deshalb anhand aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln haben (§ 103 SGG), ob und ggf mit
welchem Inhalt die vom Kläger behaupteten Treuhandvereinbarungen mit Familienangehörigen überhaupt getätigt
worden sind oder ob es sich - wovon offenbar das SG ausgegangen ist - um Schutzbehauptungen des Klägers
handelt. Des Weiteren wird dann zu prüfen sein, ob es sich hierbei und auch bei den vorgelegten
Schuldanerkenntnissen (§ 781 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) um Scheingeschäfte iS des § 117 BGB handelte, mit
dem Ziel, nur den äußeren Schein eines Rechtsgeschäfts hervorzurufen, nicht aber die damit verbundenen
Rechtsfolgen eintreten lassen zu wollen (BGH NJW 1980, 1572). Da es sich um Angelegenheiten in der Sphäre des
Klägers handelt, ist es nahe liegend, ihn zur Vorlage der näheren Unterlagen heranzuziehen (ua Kontoauszüge,
Nachweise über Kontobewegungen und Herkunft der Geldbeträge).
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Sollten sich nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der
freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu gewinnenden Überzeugung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG)
entscheidungserhebliche Tatsachen nicht feststellen lassen, kommt es auf die objektive Beweislast an, die im
Rahmen des § 45 SGB X grundsätzlich die Beklagte für das Vorliegen der Rechtswidrigkeit der ursprünglichen
Bewilligungsbescheide trägt (vgl BSG SozR 4100 § 132 Nr 1, S 11). Allerdings hat der Senat in seiner Entscheidung
vom 24. Mai 2006 (B 11a AL 7/05 R) im Einzelnen dargelegt und begründet, dass eine Umkehr der Beweislast
gerechtfertigt sein kann, wenn in der Sphäre des Arbeitslosen wurzelnde Vorgänge nicht aufklärbar sind. Auf der
besonderen Beweisnähe des Treuhänders beruht beispielsweise im Steuerrecht die Regelung, dass das Treugut
regelmäßig dem Treuhänder zuzurechnen ist, wenn er die Rechtsinhaberschaft auf Verlangen nicht nachweisen kann
(§ 159 Abs 1 Satz 1 AO, vgl Tipke/Kruse, AO, Komm, § 159 RdNr 2). Hiervon ausgehend kann sich eine dem Kläger
anzulastende Beweisnähe zB daraus ergeben, dass er durch seine (unterbliebenen) Angaben im Zusammenhang mit
den Antragstellungen eine zeitnahe Aufklärung des Sachverhalts unmöglich gemacht hat (vgl auch Senatsurteil vom
24. Mai 2006 - B 11a AL 49/05 R).
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Kann nach allem davon ausgegangen werden, dass die Kapitalanlagen bei der TCMB dem Vermögen des Klägers
zuzurechnen sind und anrechenbare Verbindlichkeiten nicht bestehen, wird in diesem Zusammenhang ggf auch zu
berücksichtigen sein, dass die Revision nunmehr neu geltend macht, die Kapitalanlagen seien Schonvermögen zur
Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung.
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Das LSG hat eine abschließende Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu treffen.