Urteil des BSG vom 17.03.2005

BSG: ambulante behandlung, stationäre behandlung, ärztliche behandlung, nacht, aufrechnung, krankenkasse, patient, abgrenzung, operation, veröffentlichung

Bundessozialgericht
Urteil vom 17.03.2005
Sozialgericht Kiel S 17 KR 44/01
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht L 1 KR 72/02
Bundessozialgericht B 3 KR 11/04 R
Auf die Revision des Klägers werden die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 13. Januar
2004 und des Sozialgerichts Kiel vom 7. Juni 2002 geändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 430,64 ¤ zu
zahlen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in allen Instanzen.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger einen Anspruch auf Zahlung des Pflegesatzes wegen stationärer
Krankenhausbehandlung des Beigeladenen hat oder nur eine vorstationäre Pauschale beanspruchen kann.
Der bei der Beklagten gegen Krankheit versicherte Beigeladene erschien am 31. Januar 2000 morgens in der Klinik für
Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des klagenden Universitätsklinikums, um entsprechend vorangegangener
Planung eine Reihe von Zähnen unter Vollnarkose operativ entfernen zu lassen. Er unterschrieb einen Krankenhaus-
Aufnahmevertrag und wurde sodann voroperativ untersucht, wobei ua ein Zahnabdruck gefertigt wurde, um eine
prothetische Interimsversorgung herstellen zu können. Bei der klinischen Untersuchung stellte sich heraus, dass der
Beigeladene an einem arteriellen Bluthochdruck litt; er wurde deshalb wegen des Operationsrisikos um 17.00 Uhr in
hausärztliche Behandlung entlassen. Nach Einstellung des Blutdrucks wurde die stationäre Zahnbehandlung in der
Zeit vom 7. bis 9. Februar 2000 wie geplant nachgeholt.
Mit Schreiben vom 4. Februar 2000 stellte der Kläger der Beklagten für die ärztliche Behandlung des Beigeladenen am
31. Januar 2000 den Abteilungspflegesatz für einen Tag (834,76 DM) und den Basispflegesatz für vollstationäre
Behandlung (133,50 DM), insgesamt 968,26 DM (= 495,06 ¤) in Rechnung. Die Beklagte bezahlte diese Rechnung
zunächst unter Vorbehalt, teilte dem Kläger jedoch mit Schreiben vom 16. Februar 2000 und nach Einholung einer
Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom 30. Juni 2000 mit weiterem Schreiben vom
10. Juli 2000 mit, dass die Abrechnung wegen der kurzen Verweildauer des Patienten nur mit der vorstationären
Pauschale hätte erfolgen dürfen und sie deshalb um eine neue Rechnung sowie um Gutschrift des überzahlten
Betrages bitte. Da der Kläger darauf nicht reagierte, setzte die Beklagte am 14. September 2000 von einer
Sammelrechnung des Klägers den Betrag von 842,26 DM (= 430,64 ¤) ab; dieser errechnete sich aus dem
Unterschied zwischen den geltend gemachten Pflegesätzen (968,26 DM) und einer vorstationären Pauschale in Höhe
von 126 DM.
Das Sozialgericht (SG) hat die am 4. April 2001 erhobene Zahlungsklage abgewiesen (Urteil vom 7. Juni 2002), das
Landessozialgericht (LSG) die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 13. Januar 2004). Der
Kläger habe lediglich Anspruch auf die vorstationäre Pauschale in Höhe von 126 DM. Ein darüber hinausgehender
Vergütungsanspruch bestehe nicht, weil die Behandlung des Beigeladenen am 31. Januar 2000 keine stationäre
Krankenhausbehandlung gewesen sei. An diesem Tage seien lediglich kleinere Untersuchungen zur Vorbereitung der
Operation durchgeführt worden; hierfür hätte es nicht der besonderen Einrichtung eines Krankenhauses bedurft. Weder
die Gewährung von Unterkunft und Teilverpflegung im Krankenhaus noch die vorherige Planung einer vollstationären
Behandlung durch die Klinikärzte sei ausschlaggebend; es komme allein darauf an, ob die stationäre Behandlung
tatsächlich durchgeführt worden sei. Dies sei hier nicht der Fall, da der Beigeladene nicht mindestens einen Tag und
eine Nacht im Krankenhaus verbracht habe.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 39 Abs 1 Fünftes Buch
Sozialgesetzbuch (SGB V); das LSG habe den dort verwandten Begriff der vollstationären Krankenhausbehandlung im
Hinblick auf die Abgrenzung zur vorstationären Behandlung (§ 115a Abs 1 Nr 1 SGB V) zu seinem - des Klägers -
Nachteil verkannt. Es komme allein darauf an, ob nach dem Behandlungsplan der Klinikärzte eine Übernachtung des
Patienten im Krankenhaus vorgesehen sei, nicht jedoch, ob die Übernachtung auch tatsächlich stattgefunden habe.
Nach der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei für die Abgrenzung zwischen stationärer und
ambulanter Behandlung auf die ex-ante-Bewertung des behandelnden Klinikarztes abzustellen; deshalb spiele es
keine Rolle, ob der Aufenthalt des Patienten im Nachhinein einen anderen Verlauf genommen habe. Dies gelte auch
für die Behandlungsdauer, auf die das LSG ersichtlich abgestellt habe; da im Behandlungsplan eine Übernachtung
vorgesehen gewesen sei, sei es unerheblich, ob es in der Folge tatsächlich zu einer Übernachtung im Krankenhaus
gekommen sei. Wenn das BSG beim Abbruch einer stationären Maßnahme durch den Patienten bzw beim Verlassen
des Krankenhauses entgegen ärztlichem Rat davon ausgehe, dass sich damit der Charakter der stationären
Krankenhausbehandlung nicht ändere, dann müsse dies auch gelten, wenn der Abbruch auf Grund medizinischer
Notwendigkeiten geschehe. Zudem habe das LSG den Begriff "vorstationäre Behandlung" fehlerhaft interpretiert.
Allein aus dem Charakter der erbrachten medizinischen Leistungen könne nicht geschlossen werden, ob es sich um
eine ambulante, vorstationäre oder vollstationäre Maßnahme gehandelt habe; auch insofern sei der Behandlungsplan
des zuständigen Krankenhausarztes maßgeblich.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Änderung der Urteile des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts
vom 13. Januar 2004 und des Sozialgerichts Kiel vom 7. Juni 2002 zu verurteilen, an ihn 430,64 ¤ (= 842,26 DM) zu
zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass es nach der neueren Rechtsprechung des BSG gerade nicht auf den
Behandlungsplan des Klinikarztes, sondern allein darauf ankomme, ob der Patient mindestens einen Tag und eine
Nacht im Krankenhaus verbracht habe - dies sei hier nicht der Fall. Der behandelnde Arzt dürfe nicht unbeirrt und
ohne Rücksicht auf sich verändernde medizinische Umstände und Untersuchungsergebnisse an seinem
ursprünglichen Behandlungsplan festhalten, sondern müsse diesen jeweils dem aktuellen Kenntnisstand anpassen.
Deshalb sei der Beigeladene nach Feststellung des arteriellen Bluthochdrucks zu Recht aus der stationären
Behandlung entlassen worden. Die ursprünglich stationär geplante Krankenhausbehandlung habe sich nicht in eine
ambulante Maßnahme umgewandelt, vielmehr sei der Tatbestand einer stationären Leistungserbringung im
vorliegenden Falle noch nicht erfüllt worden.
Der Beigeladene hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.
II
Die Revision des Klägers ist begründet. Die Vorinstanzen haben die auf Zahlung von 842,26 DM (= 430,64 ¤)
gerichtete Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Kläger hat der Beklagten für die ärztliche Behandlung des Beigeladenen
am 31. Januar 2000 den Abteilungspflegesatz für einen Tag und den Basispflegesatz für vollstationäre Behandlung in
Höhe von insgesamt 968,26 DM (= 495,06 ¤) zu Recht in Rechnung gestellt.
1. Richtigzustellen ist zunächst die Darstellung des LSG, streitbefangen sei ein Vergütungsanspruch des Klägers auf
der Grundlage des zwischen ihm und der Beklagten geltenden Sicherstellungsvertrages. Es geht im vorliegenden
Rechtsstreit nicht (mehr) um den Zahlungsanspruch des Klägers wegen eines stationären Krankenhausaufenthaltes
des Beigeladenen am 31. Januar 2000, denn die Beklagte hat den dafür angesetzten Abteilungspflegesatz für einen
Tag sowie den Basispflegesatz für vollstationäre Behandlung, insgesamt 968,26 DM (= 495,06 ¤), bereits auf Grund
damaliger Rechnungsstellung des Klägers gezahlt. Streitig ist vielmehr, ob die Beklagte berechtigt war, gegen spätere
Forderungen des Klägers nachträglich mit einem Rückzahlungsanspruch in Höhe von 842,26 DM (= 430,64 ¤)
aufzurechnen, weil der Kläger im Hinblick auf seine ursprüngliche Forderung keinen Anspruch auf die Vergütung eines
stationären Krankenhausaufenthaltes besaß und deshalb zu Unrecht bereichert ist.
2. Dem Kläger stand im September 2000 ein - bis auf die hier in Rede stehende Summe - unstreitiger
Zahlungsanspruch in Höhe von fast 500.000 DM wegen laufender Krankenhausbehandlung von Versicherten der
Beklagten zu (Hauptforderung). Rechtsgrundlage dieses Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V in der
seit Jahresbeginn 1993 gültigen Fassung (BGBl 1992 I S 2266) iVm den entsprechenden landesvertraglichen
Regelungen. Der Behandlungspflicht der zugelassenen Krankenhäuser iS des § 109 Abs 4 Satz 2 SGB V steht ein
Vergütungsanspruch gegenüber, der auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigung in den §§ 16, 17
Krankenhausfinanzierungsgesetz nach Maßgabe der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) in der
Pflegesatzvereinbarung zwischen Krankenkasse und Krankenhaus festgelegt wird (vgl BSGE 90, 1, 3 = SozR 3-2500
§ 112 Nr 3). Allerdings hat das LSG weder ausdrücklich noch konkludent festgestellt, welche Vergütungsansprüche
der Kläger auf Grund welcher konkreten Krankenhausbehandlungen geltend gemacht hat. Die Beteiligten haben aber
übereinstimmend und auf der Basis der von der Beklagten im SG-Verfahren vorgelegten Sammelabrechnung vom 14.
September 2000 als selbstverständlich vorausgesetzt, dass dem Kläger gegen die Beklagte laufende
Zahlungsansprüche aus Anlass der Krankenhausbehandlung von Versicherten der Beklagten im Jahre 2000 in Höhe
von fast 500.000 DM erwachsen sind. Da die Beklagte sich gegenüber der Klage ausschließlich im Wege der
Primäraufrechnung mit einer Gegenforderung verteidigt, steht die Klageforderung (Hauptforderung) selbst außer Streit.
3. a) Die Beklagte hat die Hauptforderung bis auf einen Rest von 842,26 DM (= 430,64 ¤) erfüllt und hinsichtlich
dieses Restbetrages die Aufrechnung mit einer gleichartigen und erfüllbaren Gegenforderung erklärt, nämlich mit
einem angeblichen Rückzahlungsanspruch gegen den Kläger in der genannten Höhe. Dies ist grundsätzlich zulässig,
denn auch trotz Fehlens der Voraussetzungen des § 51 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (SGB I), der die
Aufrechnung in bestimmten Fällen regelt, deren tatbestandlichen Voraussetzungen hier aber nicht erfüllt sind, besteht
allgemein die Möglichkeit, einer öffentlich-rechtlichen Forderung im Wege der Aufrechnung, auf die §§ 387 ff
Bürgerliches Gesetzbuch entsprechend anzuwenden sind, entgegenzutreten (vgl das zur Veröffentlichung in BSGE
und SozR vorgesehene Urteil des Senats vom 22. Juli 2004 - B 3 KR 21/03 R -, Umdruck S 6, und zur Aufrechnung
als Institut des öffentlichen Rechts allgemein BSGE 75, 283, 284 ff = SozR 3-2400 § 28 Nr 2 und BSGE 63, 224, 230
f = SozR 1300 § 48 Nr 47 - jeweils mwN). Die Leistung der Beklagten erfolgte im vorliegenden Fall jedoch mit
Rechtsgrund, denn der Kläger durfte den Abteilungspflegesatz und den Basispflegesatz für einen Tag vollstationärer
Behandlung in Höhe von insgesamt 968,26 DM (= 495,06 ¤) in Rechnung stellen (§§ 1 Abs 1, 2 Abs 1, 14 Abs 2 Satz
1 BPflV).
b) Der Senat hat schon in seinem Urteil vom 4. März 2004 (BSGE 92, 223 = SozR 4-2500 § 39 Nr 1) zur Definition
des Begriffes der "stationären Krankenhausbehandlung" darauf hingewiesen, dass das Gesetz die maßgebenden
Merkmale für eine stationäre und teilstationäre Behandlung weder bei den Vergütungsregelungen noch bei den
Regelungen über die Leistungsansprüche des Versicherten in den §§ 39 ff SGB V vorgegeben hat. Nach § 39 Abs 1
Satz 1 SGB V idF des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 2266) wird die
Krankenhausbehandlung vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär (§ 115a SGB V) sowie ambulant (§ 115b
SGB V) erbracht. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus,
wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch
teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht
werden kann (§ 39 Abs 1 Satz 2 SGB V). Eine Abgrenzungsschwierigkeiten weitestgehend vermeidende Definition
von vollstationärer, teilstationärer und ambulanter Krankenhausbehandlung kann - wie der Senat dargelegt hat - nur
vom Merkmal der geplanten Aufenthaltsdauer ausgehen. Eine vollstationäre Behandlung iS einer physischen und
organisatorischen Eingliederung in das spezifische Versorgungssystem eines Krankenhauses ist dann gegeben, wenn
sie sich nach dem Behandlungsplan des Krankenhausarztes zeitlich über mindestens einen Tag und eine Nacht
erstreckt. Der Aufenthalt des Versicherten im Krankenhaus zur Durchführung einer Operation bedeutet deshalb allein
ebenso wenig wie die Unterzeichnung eines Krankenhausaufnahmevertrages, die Durchführung einer Vollnarkose oder
eine mehrstündige, intensive postoperative Überwachung im Krankenhaus bereits eine vollstationäre Behandlung
(BSGE 92, 223 = SozR 4-2500 § 39 Nr 1 - jeweils RdNr 12 ff).
An dieser Rechtssprechung hält der Senat fest (so nunmehr auch der 6. Senat des BSG, Urteil vom 8. September
2004 - B 6 KA 14/03 R -, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Sie bietet klare und in der Praxis gut
handhabbare Abgrenzungskriterien und ist deshalb auch in der Literatur auf Zustimmung gestoßen (vgl Quaas/Dietz
"Vollstationäre, teilstationäre oder ambulante Behandlung durch das Krankenhaus?, f&w 2004, 513, 515; Trefz,
Anmerkung zum oa Urteil des Senats vom 4. März 2004, SGb 2005, 46, 47). Entscheidend ist damit zunächst der
Behandlungsplan. Die Entscheidung zum Verbleib des Patienten über Nacht wird in der Regel zu Beginn der
Behandlung vom Krankenhausarzt getroffen, kann im Einzelfall aber auch noch später erfolgen. Geht es zB um Fälle,
in denen der operative Eingriff zwar nach den Regeln der Heilkunst ambulant vorgenommen werden durfte, ist eine
Entlassung des Patienten nach Hause noch am gleichen Tage nach der üblichen Ruhephase wider Erwarten aber
nicht möglich, weil wegen einer Komplikation im nachoperativen Verlauf eine ständige Beobachtung und weitere
Behandlung über die Nacht hinweg angezeigt erscheint, geht die ambulante in eine vollstationäre
Krankenhausbehandlung über. Auf der anderen Seite entfällt eine stationäre Behandlung nicht, wenn der Patient nach
Durchführung eines Eingriffs oder einer sonstigen Behandlungsmaßnahme über Nacht verbleiben sollte, aber gegen
ärztlichen Rat auf eigenes Betreiben das Krankenhaus noch am selben Tag wieder verlässt; dann handelt es sich um
eine "abgebrochene" stationäre Behandlung (BSGE 92, 223 = SozR 4-2500 § 39 Nr 1 - jeweils RdNr 22 f). Auch im
vorliegenden Fall handelt es sich um eine abgebrochene stationäre Maßnahme, die den mit der Aufnahme des
Versicherten entstandenen pauschalen Vergütungsanspruch für diesen Tag nicht deshalb entfallen lässt, weil nicht
alle geplanten ärztlichen Maßnahmen durchgeführt worden sind und ein Verbleiben des Versicherten über Nacht
deshalb nicht erforderlich war.
c) Nach den nicht angegriffenen und für den Senat daher bindenden (§ 163 Sozialgerichtsgesetz (SGG))
Feststellungen des LSG war die stationäre Aufnahme durch den Krankenhausarzt erfolgt und geplant, den
Versicherten zu operieren und mindestens für eine Nacht im Krankenhaus zu behalten. Die anschließenden
Untersuchungen und Maßnahmen dienten bereits der unmittelbaren Vorbereitung der geplanten kieferchirurgischen
Operation und sollten insbesondere dazu beitragen, die Risikofaktoren für die Anästhesie zu klären bzw die spätere
provisorische Prothetik bereit zu stellen. Nach dem Behandlungsplan hätte sich die operative Maßnahme ohne
zwischenzeitliche Entlassung des Patienten anschließen sollen. Damit war der Tatbestand der vollstationären
Behandlung iS von § 1 Abs 1 BPflV erfüllt und waren sowohl der Abteilungspflegesatz nach § 13 Abs 2 BPflV als
auch der Basispflegesatz nach § 13 Abs 3 BPflV "verdient", ohne dass es konkret darauf ankäme, welche der
geplanten Maßnahmen im Einzelnen durchgeführt worden sind. Denn die tagesgleichen Pflegesätze des § 13 BPflV
stellen keine Einzelleistungsvergütung dar, sondern vielmehr Pauschalen. Sie verfolgen das in § 14 Abs 1 Satz 1
BPflV normierte Ziel, die Pflegesätze für die allgemeinen Krankenhausleistungen für alle Benutzer und
Versicherungen einheitlich zu gestalten (vgl Tuschen/Quaas, Bundespflegesatzverordnung, 5. Aufl 2001, Erl § 14
BPflV, S 323), und werden nach Berechnungstagen ermittelt, ohne dass es - wie früher - auf eine quotenmäßige
Differenzierung bei einer Verweildauer von weniger als 24 Stunden ankommt (Tuschen/Quaas aaO S 327). Wenn eine
stationäre Krankenhausbehandlung mit einer Verweildauer von mindestens einem Tag und einer Nacht geplant ist und
damit begonnen wird, hat die Krankenkasse den dafür vorgesehenen Basis- und Abteilungspflegesatz zu entrichten.
Dies ergibt sich einmal aus § 14 Abs 2 Satz 1 BPflV, wonach der Aufnahmetag grundsätzlich als selbstständiger
Berechnungstag gilt, ohne dass es darauf ankommt, zu welcher Tages- oder Nachtzeit die Aufnahme erfolgt und
welche Maßnahmen an diesem Tag konkret durchgeführt werden. Zum anderen regelt § 14 Abs 5 Satz 1 Nr 2 BPflV
ausdrücklich, dass nur Fallpauschalen nicht abzurechnen sind, wenn die Hauptleistung nicht erbracht wird. Der
anschließende Satz 2 lässt dafür aber die Abrechnung von Pflegesätzen zu. Daraus folgt, dass die vorliegende -
abgebrochene - stationäre Krankenhausbehandlung ebenfalls mit vollen tagesgleichen Pflegesätzen abzurechnen ist.
Der Einwand der Beklagten, der Klinikarzt müsse seinen Behandlungsplan entsprechend einer Änderung im
tatsächlichen Geschehensablauf modifizieren, wenn dazu die Notwendigkeit bestehe, ist zutreffend, ändert aber
nichts an ihrer Zahlungsverpflichtung als Krankenkasse. Im vorliegenden Fall hat der Klinikarzt sich entsprechend der
veränderten medizinischen Situation verhalten und den Patienten vorzeitig in hausärztliche Weiterbehandlung
entlassen. Dadurch ist die begonnene stationäre Krankenhausbehandlung abgebrochen worden, sie hat sich jedoch
nicht nachträglich in eine bloß vorstationäre Maßnahme verändert, die eine Krankenhausbehandlung lediglich
vorbereiten soll (§ 115a Abs 1 Nr 1 2. Alternative SGB V). Zwar kann - wie der Senat in dem oa Urteil vom 4. März
2004 bereits ausgeführt hat - unter bestimmten Voraussetzungen aus einer als ambulant oder vorstationär geplanten
Maßnahme eine stationäre Krankenhausbehandlung werden, nicht aber umgekehrt.
Gegen diese vom BSG entwickelten Kriterien zur Abgrenzung von stationärer und ambulanter bzw vorstationärer
Behandlung lässt sich nicht durchgreifend einwenden, das Krankenhaus könne leicht und unter Missachtung von
Grundprinzipien der Krankenhausvergütung eine ambulante Behandlung in eine stationäre Maßnahme umwandeln,
indem der Patient ohne medizinische Notwendigkeit über Nacht im Krankenhaus behalten wird. In der Tat läge auch in
einem solchen Fall eine stationäre Krankenhausbehandlung vor, doch könnte dem Krankenhaus dann entgegen
gehalten werden, dass die stationäre Versorgung nicht erforderlich war (so auch Quaas/Dietz aaO S 515). In diese
Richtung zielt der weitere und erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Revisionseinwand der Beklagten,
im vorliegenden Fall liege schon im Verzicht auf eine vorstationäre Untersuchung eine mangelhafte
Behandlungsplanung. Dies ist ein neuer Sachvortrag, den das LSG bei seiner Entscheidungsfindung nicht
berücksichtigen konnte und der deshalb in der Revisionsinstanz nicht mehr zulässig ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in der hier noch anwendbaren und bis zum 1. Januar 2002 gültigen
Fassung (vgl § 197a SGG iVm Art 17 Abs 1 Satz 2 des 6. SGG-ÄndG vom 17. August 2001, BGBl I S 2144).