Urteil des BSG vom 13.03.2017

BSG (untersuchung, körperliche untersuchung, leistung, beratung, kläger, abrechnung, besuch, verhältnis zwischen, sitzung, bestandteil)

BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 5.11.2008, B 6 KA 1/08 R
Vertragszahnarzt - Besuch - keine Abrechnung von Untersuchungsleistung neben
Besuchsgebühr - gesetzliche Berechtigung und Verpflichtung einer
Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung
Leitsätze
Im Rahmen eines Besuchs erbrachte Untersuchungsleistungen nach der Nr 01 Bema (juris:
Bema-Z) sind nicht neben der Besuchsgebühr nach Nr 50 GOÄ (bzw Nr 7500 Bema (juris:
Bema-Z)) berechnungsfähig.
Tatbestand
1 Streitig ist die Abrechenbarkeit der Gebühr für eine eingehende zahnärztliche Untersuchung
neben der Besuchsgebühr.
2 Der Kläger war im streitbefangenen Quartal II/2004 als Zahnarzt zur vertragszahnärztlichen
Versorgung zugelassen. Mit Bescheid vom 19.8.2004 berichtigte die Rechtsvorgängerin der
beklagten Kassenzahnärztlichen Vereinigung seine Honorarabrechnung für das Quartal
II/2004, indem sie in 123 Fällen die Gebühren-Nr 01 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs
für zahnärztliche Leistungen (BEMA-Z) strich. Sie führte aus, der Kläger habe in der gleichen
Sitzung die Gebühren-Nr 01 BEMA-Z neben der Besuchsgebühr nach der Gebühren-Nr 50
der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ; abrechnungstechnisch Gebühren-Nr 7500 BEMA-Z)
abgerechnet; dies sei nach den seit dem 1.1.2004 geltenden Abrechnungsbestimmungen
nicht mehr möglich.
3 Widerspruch und Klage sind ohne Erfolg geblieben. Nach Auffassung des Sozialgerichts (SG)
kann die Gebühren-Nr 01 BEMA-Z nicht in derselben Sitzung neben der Gebühren-Nr 50
GOÄ abgerechnet werden, da nach Ziffer 2 der Allgemeinen Bestimmungen zum BEMA-Z
eine Leistung als selbständige Leistung dann nicht abrechnungsfähig sei, wenn sie
Bestandteil einer anderen abrechnungsfähigen Leistung sei. Die Leistung der Gebühren-Nr
01 BEMA-Z sei Bestandteil der Gebühren-Nr 50 GOÄ, deren Leistungsinhalt u.a. eine
symptombezogene Untersuchung umfasse. Die symptombezogene Untersuchung stelle im
Bereich der Zahnheilkunde den Ausnahmefall dar; im Regelfall erfolge hier zu Beginn einer
Behandlung eine eingehende Untersuchung. Vor diesem Hintergrund sei eine parallele
Berechnung beider Gebührennummern nur dann vorstellbar, wenn der Zahnarzt neben einer
eingehenden Untersuchung in derselben Sitzung eine symptombezogene Untersuchung
durchgeführt hätte; diese Möglichkeit bestehe jedoch tatsächlich nicht. Ferner bestimme Ziffer
4 der Abrechnungsbestimmungen zur Gebühren-Nr 01 BEMA-Z, dass über die Gebühren-Nr
01 BEMA-Z hinaus keine weitere Möglichkeit der Abrechnung einer Untersuchung bestehe.
Dass die Gebühren-Nr 6 GOÄ ("vollständige körperliche Untersuchung … eines ...
Organsystems") neben der Gebühren-Nr 50 GOÄ abgerechnet werden könne, ändere daran
nichts. Schließlich sei jeweils eine Beratung Bestandteil der Gebühren-Nr 01 BEMA-Z und Nr
50 GOÄ; da jeweils nur eine einzige Beratung erfolgt sein könne, scheide die Abrechenbarkeit
beider Gebührennummern schon mangels vollständiger Erfüllung des Leistungsinhalts beider
Gebührennummern aus (Urteil vom 24.10.2007).
4 Mit seiner Sprungrevision rügt der Kläger die Verletzung von Bundesrecht. Der
vertragszahnärztliche Besuch sei im Rückgriff auf die Gebühren-Nr 50 GOÄ abzurechnen,
welche (neben der Beratung) auch die symptombezogene Untersuchung einschließe. Hiervon
grenze die GOÄ die vollständige körperliche Untersuchung eines Organsystems ab; neben
der Gebühren-Nr 50 GOÄ sei dementsprechend zwar nicht die Gebühren-Nr 5 GOÄ, wohl
aber die Gebühren-Nr 6 GOÄ abrechenbar. Der BEMA-Z kenne als Untersuchungsleistung
allein die Gebühren-Nr 01. Der Wortlaut der Gebühren-Nr 50 GOÄ sei eindeutig; andere als
symptombezogene Untersuchungsmaßnahmen - also (einfache) diagnostische Maßnahmen,
die sich auf einzelne Teile des Zahn-, Mund- und Kiefer-Systems beschränkten - seien vom
Inhalt der Besuchsziffer nicht umfasst, also auch nicht die eingehende Untersuchung gemäß
der Gebühren-Nr 01 BEMA-Z als deutlich weitergehende Untersuchungsmaßnahme. Die
Gebühren-Nr 50 GOÄ diene der Vergütung einer Besuchsleistung, die auch dann nach dieser
Leistungsposition berechnungsfähig sei, wenn der Besuch ohne Beratung und ohne
symptombezogene Untersuchung erfolge; die beiden letztgenannten Leistungen seien im
Zusammenhang mit einem Besuch lediglich nicht gesondert berechenbar. Der Umstand, dass
eine weitergehende Untersuchung in zahnmedizinischer Hinsicht (möglicherweise) stets auch
eine symptombezogene Untersuchung umfasse, schließe die Abrechenbarkeit der Gebühren-
Nr 01 BEMA-Z neben der Gebühren-Nr 50 GOÄ folglich nicht aus. Ziffer 4 der
Abrechnungsbestimmungen zur Gebühren-Nr 01 BEMA-Z schließe nur weitergehende
Möglichkeiten einer Abrechnung von Untersuchungen aus; auf eine Besuchsleistung
erstrecke sich die Regelung hingegen nicht. Dass sowohl die Gebühren-Nr 50 GOÄ als auch
die Gebühren-Nr 01 BEMA-Z eine Beratung des Patienten mit umfassten, sei unerheblich, da
die Beratung keine Abrechnungsvoraussetzung sei, sondern lediglich als mit abgegolten
("einschließlich") angesehen werde.
5 Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.10.2007 sowie den Bescheid der Beklagten
vom 19.8.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.7.2005 aufzuheben, und
die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger die Gebühren-Nr 01 BEMA-Z in 123 Fällen in Höhe
eines Betrages von insgesamt 1.893,57 Euro nachzuvergüten.
6 Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
7 Das SG habe ihre Auffassung bestätigt, wonach der Zahnarzt für einen Arzt-Patientenkontakt
die Gebühren-Nrn 01 BEMA-Z und 50 GOÄ nicht nebeneinander berechnen dürfe. Aus der
Abrechnungsbestimmung zur Gebühren-Nr 01 BEMA-Z ergebe sich eindeutig, dass eine
weitere Untersuchung gleich welcher Art neben der Gebühren-Nr 01 BEMA-Z nicht
abgerechnet werden könne. Gleiches gelte hinsichtlich der in beiden Gebührenziffern
enthaltenen Beratung; die Abrechnungsbestimmung Ziffer 1 zur Gebühren-Nr 01 BEMA-Z
stelle ausdrücklich klar, dass eine weitere Beratungsgebühr für dieselbe Sitzung nicht
abgerechnet werden könne. Zudem könne ein Vertragszahnarzt Leistungen nur dann
abrechnen, wenn der Leistungsinhalt vollständig erbracht werde. Bestandteil beider
Leistungslegenden sei jeweils eine Beratung und eine Untersuchung. Der Kläger gebe
sinngemäß an, beides jeweils nur einmal zu erbringen. Damit sei aber eine Abrechnung
beider Gebührenziffern nebeneinander bereits deshalb ausgeschlossen, weil der vollständige
Leistungsinhalt nur einer der beiden Gebührenziffern erfüllt sein könne.
Entscheidungsgründe
8 Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die die Richtigstellung der
Beklagten bezüglich der zusätzlichen Ansätze der Gebühren-Nr 01 BEMA-Z, die der Kläger
bei seinen Honorarabrechnungen für das Quartal II/2004 neben der Gebühren-Nr 50 GOÄ
aus Anlass desselben Patientenkontakts geltend gemacht hat, zu Recht gebilligt.
9 Die Beklagte ist berechtigt, die Abrechnungen der Vertragszahnärzte sachlich und
rechnerisch zu berichtigen. Dieses Recht ergab sich bislang aus den
bundesmantelvertraglichen Regelungen über sachlich-rechnerische Richtigstellungen (vgl §
19 lit a Bundesmantelvertrag-Zahnärzte in unverändert fortgeltender Fassung und § 12 Abs 1
Satz 1 Zahnarzt-Ersatzkassenvertrag in der vom 1.1.2002 bis zum 31.12.2004 geltenden
Fassung) . Nunmehr ist die Beklagte aufgrund von § 106a Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V,
der durch Art 1 Nr 83 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen
Krankenversicherung (GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190, 2217) mit Wirkung zum 1.1.2004
(Art 37 Abs 1 GMG) eingefügt worden ist, gesetzlich berechtigt und verpflichtet, die sachliche
und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte festzustellen.
10 Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des
Vertrags(zahn)arztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im
Einklang mit den gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen - mit Ausnahme des
Wirtschaftlichkeitsgebots - abgerechnet worden sind (vgl § 5 Abs 1 iVm Abs 3 der
"Richtlinien der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der
Krankenkassen nach § 106a Abs 6 SGB V", zm vom 16.6.2008, S 111 ff; s schon BSG SozR
5557 Nr 5451 Nr 1, S 2) . Festzustellen ist, ob die Abrechnungen mit den
Abrechnungsvorgaben des Regelwerks, also mit den einheitlichen Bewertungsmaßstäben,
den Honorarverteilungsverträgen sowie weiteren Abrechnungsbestimmungen
übereinstimmen oder ob zu Unrecht Honorare angefordert werden (Gesetzentwurf der
Fraktionen SPD, CDU/CSU und Bündnis 90/DIE GRÜNEN - Entwurf eines GMG, BT-Drucks
15/1525 S 119 zu § 106a). Mithin geht es vor allem um die Auslegung und Anwendung der
Gebührenordnungen (s schon BSGE 42, 268, 270 = SozR 2200 § 368n Nr 9, S 20, 21).
Während bislang das Richtigstellungsverfahren von Amts wegen oder auf Antrag einer
Krankenkasse durchgeführt werden konnte (vgl BSGE 89, 90, 93 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3
S 6 und stRspr, zB BSG SozR 4-5520 § 32 Nr 2 RdNr 10 und BSG SozR 4-5533 Nr 40 Nr 2
RdNr 11; zuletzt Urteil vom 7.2.2007 - B 6 KA 32/05 R- Juris RdNr 11 = USK 2007-14;
speziell zum EKV-Z: BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 8), ist die Beklagte nach neuem
Recht - unabhängig von einem weiterhin möglichen Antrag - zu einem Tätigwerden von
Amts wegen verpflichtet. Bei Fehlern in der Abrechnung des Vertragszahnarztes berichtigt
die Beklagte dessen Honoraranforderung. Dies kann auch im Wege nachgehender
Richtigstellung erfolgen (s die vorstehenden Nachweise) .
11 Die Beklagte war auch in der Sache berechtigt, die vom Kläger für das Quartal II/2004
vorgenommenen Ansätze der Gebühren-Nr 01 BEMA-Z richtig zu stellen. Denn der Kläger
hat keinen Anspruch auf Anerkennung seiner Ansätze der Gebühren-Nr 01 BEMA-Z, soweit
diese neben der Gebühren-Nr 50 GOÄ für Untersuchungen während eines Besuches
abgerechnet worden sind. Dies ergibt sich aus der Auslegung dieses Leistungstatbestandes.
12 Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung Grundsätze für die Auslegung
vertrags(zahn)ärztlicher Gebührenbestimmungen aufgestellt. Danach ist für die Auslegung in
erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich (speziell zum vertragszahnärztlichen
Bereich: BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 11) . Dies gründet sich zum einen darauf, dass
das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von (Zahn-
)Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Bewertungsausschusses
selbst ist, Unklarheiten zu beseitigen. Zum anderen folgt die primäre Bindung an den
Wortlaut aus dem Gesamtkonzept des Bewertungsmaßstabs als einer abschließenden
Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere
Leistungsverzeichnisse bzw Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt
(vgl zuletzt BSG, Urteil vom 7.2.2007 - B 6 KA 32/05 R - Juris RdNr 13 = USK 2007-14 und
BSG SozR 4-5533 Nr 40 Nr 2 RdNr 13, in Fortführung von zB BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 5
RdNr 11 und Nr 10 RdNr 10) . Soweit indessen der Wortlaut eines Leistungstatbestandes
zweifelhaft ist und es seiner Klarstellung dient, ist Raum für eine systematische Interpretation
im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder
ähnlichen Leistungstatbestände. Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei
unklaren oder mehrdeutigen Regelungen ebenfalls in Betracht. Sie kann allerdings nur
anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit
ihrer Entstehung selbst erläutert haben (BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 11 und Nr 10
RdNr 10, jeweils mwN; zuletzt BSG, Urteil vom 7.2.2007 - B 6 KA 32/05 R - Juris RdNr 13 =
USK 2007-14 und BSG SozR 4-5533 Nr 40 Nr 2 RdNr 13; speziell zum
vertragszahnärztlichen Bereich: BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 11).
Leistungsbeschreibungen dürfen weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewendet
werden (vgl zB BSG, aaO) .
13 In Anwendung dieser Maßstäbe kann der Kläger die Anerkennung der streitbefangenen
Ansätze der Gebühren-Nr 01 BEMA-Z nicht beanspruchen. Die Frage, ob dem Zahnarzt für
seine in einer Sitzung erbrachten Leistungen neben der Gebühren-Nr 50 GOÄ auch die
Gebühren-Nr 01 BEMA-Z zusteht, kann allerdings nicht allein anhand des Wortlauts der
Abrechnungsbestimmungen entschieden werden. Denn dieser ist nicht eindeutig. Die
Gebühren-Nr 50 GOÄ, welche nach Ziffer 3 Satz 1 der Allgemeinen Bestimmungen zum
BEMA-Z auch im vertragszahnärztlichen Bereich angesetzt werden darf und dort
abrechnungstechnisch als - mit 36 Punkten bewertete - Gebühren-Nr 7500 BEMA-Z geführt
wird, betrifft den "Besuch, einschließlich Beratung und symptombezogene Untersuchung",
die mit 18 Punkten bewertete Gebühren-Nr 01 BEMA-Z demgegenüber die "Eingehende
Untersuchung zur Feststellung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten einschließlich
Beratung".
14 Die speziellen Abrechnungsbestimmungen der Gebühren-Nr 01 BEMA-Z stehen der
(zusätzlichen) Abrechenbarkeit dieser Gebührenposition neben der Gebühren-Nr 50 GOÄ
nicht entgegen. Zwar ordnet die Ziffer 1 Satz 1 der Abrechnungsbestimmungen an, dass
neben einer Leistung nach der Gebühren-Nr 01 BEMA-Z eine Beratungsgebühr für dieselbe
Sitzung nicht abgerechnet werden kann, und in Ziffer 4 ist bestimmt, dass über die
Gebühren-Nrn Ä 1, 01k und 01 BEMA-Z hinausgehende Möglichkeiten der Abrechnung
einer Untersuchung nicht bestehen. Dadurch wird aber lediglich die Abrechnung weiterer
Gebührenpositionen neben der Gebühren-Nr 01 BEMA-Z ausgeschlossen, nicht jedoch
umgekehrt die Abrechenbarkeit der Gebühren-Nr 01 BEMA-Z selbst.
15 Ebenso wenig steht die Regelung in Ziffer 2 Satz 2der Allgemeinen Bestimmungen zum
BEMA-Z dem Ansatz beider Gebühren-Nrn entgegen. Danach ist eine Leistung nur dann
abrechnungsfähig, wenn der Leistungsinhalt vollständig erbracht wird. Hierdurch wird
klargestellt, dass der gesamte Leistungsinhalt zu erbringen ist, um die Leistung abrechnen
zu können (Liebold/Raff/Wissing, BEMA-Z, Komm, Stand Januar 2008, Ziffer 2.2.2.2 zu
Allgemeine Bestimmungen). Der Umstand, dass die Leistungslegenden beider Gebühren-
Nrn eine Beratung einschließen, und die Gebühren-Nr 01 BEMA-Z eine eingehende, die
Gebühren-Nr 50 GOÄ eine symptombezogene Untersuchung beinhaltet, steht einer
vollständigen Erbringung beider Leistungen in derselben Sitzung nicht entgegen. Denn die
Ziffer 2 Satz 2 der Allgemeinen Bestimmungen gilt nicht für fakultative Leistungsbestandteile
(Liebold/Raff/Wissing, aaO). Um solche handelt es sich aber bei Leistungsbestandteilen mit
dem Zusatz "einschließlich". Diese beschreiben keine Abrechnungsvoraussetzung, so dass
ihre Nichterbringung der Abrechenbarkeit nicht entgegensteht. Insoweit handelt es sich um
eine "Abgeltungsvorschrift" im Sinne der Senatsrechtsprechung (vgl BSG SozR 3-2500 § 87
Nr 1 S 1, 3) . Dafür spricht schon der Wortsinn des Begriffes "einschließlich" im Sinne von
"beinhalten". Bestätigt wird dies durch weitere Abrechnungsbestimmungen zu
Gebührenpositionen, die diesen Terminus verwenden. In der Regel stellen diese - wie Ziffer
1 zur Gebühren-Nr 01 BEMA-Z - ergänzend klar, dass eine gesonderte Abrechnung der
eingeschlossenen Leistung ausgeschlossen ist. Auch die Formulierung "einschließlich
Materialkosten" (zB in Gebühren-Nr 05 BEMA-Z) lässt nur den Schluss zu, dass diese
Kosten nicht gesondert berechnungsfähig sind, macht die Aufwendung von Material aber
nicht zur Leistungsvoraussetzung.
16 Überschneiden sich somit die Leistungslegenden in Bezug auf eine fakultative Leistung, wie
dies vorliegend hinsichtlich der "Beratung" wie auch der "symptombezogenen
Untersuchung" der Fall ist, bedeutet dies daher nicht, dass etwa eine Beratung, die - wie hier
unstrittig - in einer Sitzung nur einmal erfolgt ist, nur alternativ der einen oder der anderen
Gebühren-Nr zugeordnet werden kann und infolgedessen der Leistungsinhalt der jeweils
anderen Gebühren-Nr nicht erfüllt ist. Gäbe es einen derartigen Abrechnungsgrundsatz,
bedürfte es im Übrigen Regelungen der Art nicht, welche die (gesonderte)
Abrechnungsfähigkeit solcher Leistungen ausschließen, die bereits Bestandteil einer
Gebührenposition sind (siehe unten).
17 Jedoch steht einer Abrechnung der Gebühren-Nr 01 BEMA-Z neben der Gebühren-Nr 50
GOÄ die Regelung in Ziffer 2 Satz 1 der Allgemeinen Bestimmungen zum BEMA-Z
entgegen. Danach ist eine Leistung als selbständige Leistung dann nicht abrechnungsfähig,
wenn sie Bestandteil einer anderen abrechnungsfähigen Leistung ist. Diese Regelung soll
Doppelberechnungen ausschließen (BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 3 RdNr 25;
Liebold/Raff/Wissing, aaO, Ziffer 2.2.2.1 zu Allgemeine Bestimmungen) . Bestimmte
Leistungen setzen sich aus mehreren Therapieschritten zusammen, für die für den Fall, dass
sie auch allein erbracht werden können, eventuell besondere Gebühren-Nrn vorgesehen
sind; wird eine Gebühren-Nr abgerechnet, die solche Therapieschritte umfasst, so können
nicht noch andere Gebühren-Nrn, die nur einen bestimmten Therapieschritt beinhalten,
daneben angesetzt werden (Liebold/Raff/Wissing, aaO).
18 Dass die Gebühren-Nr 01 BEMA-Z Bestandteil der Gebühren-Nr 50 GOÄ ist, ergibt sich
allerdings erst im Wege der Auslegung, denn die Ziffer 2 Satz 1 der Allgemeinen
Bestimmungen lässt offen, ob sie nur dann Anwendung findet, wenn die weitere Leistung
vollständig in der anderen aufgeht, oder auch dann, wenn sich die Leistungsinhalte beider
Leistungen lediglich überschneiden, wie dies vorliegend der Fall ist. Allerdings hat der Senat
bereits entschieden (BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 3 RdNr 25 mwN; BSG SozR 4-5533 Nr
273 Nr 1, RdNr 10 mwN) , dass dieser Abrechnungsausschluss nicht nur den Fall der so
genannten Spezialität regelt, bei der ein Leistungstatbestand notwendigerweise zugleich mit
einem anderen erfüllt wird, sondern auch die Konstellation, dass eine Leistung im Zuge einer
anderen typischerweise mit erbracht wird und der für sie erforderliche Aufwand im Regelfall
hinter dem für die andere Leistung - die Hauptleistung - zurücktritt. Dann ist die eine Leistung
durch die Vergütung für die andere mit abgegolten, weil sie nur einen unselbstständigen
Anhang darstellt.
19 Ein derartiges Verhältnis zwischen berechnungsfähiger Hauptleistung und abgegoltener
unselbstständiger Teilleistung liegt auch vor, wenn sich beide zu einem wesentlichen Teil
überschneiden, wie dies hier bei den betroffenen Gebührenpositionen nach Nr 01 BEMA-Z
und Nr 50 GOÄ hinsichtlich der Leistung "Untersuchung" der Fall ist; volle Identität ist nicht
Voraussetzung für das Eingreifen des Abrechnungsausschlusses nach Ziffer 2 Satz 1 der
Allgemeinen Bestimmungen zum BEMA-Z.
20 Wesentlicher Leistungsinhalt der Gebühren-Nr 01 BEMA-Z ist die eingehende
Untersuchung, dh die das gewöhnliche Maß übersteigende Untersuchung der gesamten
Mundhöhle, die zeitlich umfangreicher ist als eine "normale" oder "allgemeine"
Untersuchung (Liebold/Raff/Wissing, aaO, Ziffer 2.1 zu Gebühren-Nr 01 BEMA-Z); bei der
Gebühren-Nr 50 GOÄ ist wesentlicher Leistungsinhalt der Besuch. Überschneidungen treten
- neben dem Umstand, dass beide eine Beratung mit einschließen - insoweit auf, als die
Gebühren-Nr 50 GOÄ eine, wenn auch lediglich symptombezogene, Untersuchung umfasst.
Zwar liegt insofern weder ein Fall der Spezialität vor, noch kann eine eingehende
Untersuchung als unselbstständiger Anhang der symptombezogenen Untersuchung
angesehen werden. Jedoch ist die aufgeworfene Frage unter Einbeziehung systematischer
Gesichtspunkte - jedenfalls im Verhältnis der vorliegend in Rede stehenden
Gebührenpositionen zueinander - dahingehend zu beantworten, dass eine lediglich
teilweise Überschneidung ausreicht, um die eine Gebühren-Nr als Bestandteil der anderen
zu werten.
21 Maßgeblich ist hierfür zunächst, dass die von der Gebühren-Nr 01 BEMA-Z erfassten
Leistungen - die symptombezogene Untersuchung als Teil einer eingehenden Untersuchung
sowie die Beratung - bereits in erheblichem Umfang mit der Gebühren-Nr 50 GOÄ
abgegolten sind. Der kalkulatorischen Einbeziehung dieser Leistungen steht nicht entgegen,
dass es sich hierbei um fakultative Leistungsbestandteile handelt (siehe oben), denn es liegt
zumindest ("mischkalkulatorisch") nahe, dass sie typischerweise bei Besuchen mit erbracht
werden. Dass die Gebühren-Nr 50 GOÄ zu einem nicht unbeträchtlichen Anteil auch die
Abgeltung (ggf) erbrachter Untersuchungsleistungen beinhaltet, legt schon ein Vergleich mit
der Gebühren-Nr 48 GOÄ (abrechnungstechnisch Gebühren-Nr 7480 BEMA-Z; "Besuch
eines Patienten auf einer Pflegestation eines Heimes, in dem der Arzt regelmäßig tätig ist
…") nahe, welche weder Untersuchung noch Beratung mit einschließt und erheblich
niedriger (mit 120 statt 320 Punkten nach der GOÄ bzw 14 statt 36 Punkten nach erfolgter
Umrechnung im BEMA-Z) vergütet wird. Dafür, dass ein in der Gebühren-Nr 50 GOÄ bereits
eingerechneter Vergütungsanteil für Untersuchungsleistungen auch den überwiegenden Teil
derartiger Leistungen mit abdeckt, spricht wiederum der Gesichtspunkt, dass die GOÄ für die
isoliert erbrachte symptombezogene Untersuchung (Gebühren-Nr 5 GOÄ) bereits 80 Punkte
vorsieht, für die - einer eingehenden Untersuchung nach der Gebühren-Nr 01 BEMA-Z
nahekommende - vollständige körperliche Untersuchung mindestens eines Organsystems
(Gebühren-Nr 6 GOÄ) hingegen nur 20 Punkte mehr, nämlich 100 Punkte.
22 Hinzu kommt, dass die Gebühren-Nr 50 GOÄ nicht originär dem BEMA-Z entstammt,
sondern aus einer anderen Gebührenordnung entliehen ist. Nach Ziffer 3 Satz 1 der
Allgemeinen Bestimmungen zum BEMA-Z werden nicht in diesem Bewertungsmaßstab
enthaltene zahnärztliche Leistungen - wie der Besuch - nach dem Gebührenverzeichnis der
GOÄ in der jeweils gültigen Fassung bewertet. Auch wenn dies dort nicht ausdrücklich
bestimmt ist, kommt dabei nur eine "entsprechende" Anwendung der GOÄ in Betracht,
welche die Besonderheiten der vertragszahnärztlichen Versorgung berücksichtigt. Wie das
SG zutreffend dargelegt hat, stellt die symptombezogene Untersuchung im Bereich der
Zahnheilkunde - anders als im ärztlichen Bereich - den Ausnahmefall dar, während
umgekehrt die eingehende Untersuchung hier in der Regel die erste Maßnahme in einem
Behandlungsfall ist (vgl Ziffer 5 der Abrechnungsbestimmungen zur Gebühren-Nr 01 BEMA-
Z). Im Regelfall muss der Zahnarzt, der einen Patienten zB wegen Schmerzzuständen
besucht, dessen Mundbereich "eingehend" - also nicht nur punktuell - untersuchen, um die
Quelle des Schmerzes lokalisieren zu können.
23 Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass es bei Anerkennung der zusätzlichen
Abrechenbarkeit der Gebühren-Nr 01 BEMA-Z zu einer teilweisen Doppelvergütung von
Leistungen kommen würde, da die Gebühren-Nr 50 GOÄ - wie ausgeführt - bereits eine
symptombezogene Untersuchung einschließt. Insgesamt würde der Kläger - würde man
seiner Argumentation folgen - für einen Besuch einschließlich Untersuchung 54 Punkte
erhalten, während er bei einer Kombination der ausschließlich die Besuchsleistung
umfassenden Gebühren-Nr 48 GOÄ und der Gebühren-Nr 01 BEMA-Z lediglich 32 Punkte
beanspruchen könnte. Damit würde das Abrechnungsgefüge gesprengt.
24 Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2
Verwaltungsgerichtsordnung. Der mit seinem Rechtsmittel erfolglose Kläger hat auch die
Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.