Urteil des BPatG vom 15.06.2005

BPatG: beschreibende angabe, unterscheidungskraft, form, eugh, hotel, auslieferung, fremdsprache, restaurant, wortmarke, erwerb

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
26 W (pat) 257/03
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 303 02 269.8
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 15. Juni 2005 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Albert
sowie der Richter Kraft und Reker
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beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
Die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die
Anmeldung der für die Dienstleistungen
„Organisationsberatung, nämlich logistische Beratungskonzepte
und deren Umsetzung in Form von Transporten, Lagerhaltung und
Kommissionierung“
bestimmten Marke
zurückgewiesen, weil der angemeldeten Bezeichnung jegliche
Unterscheidungskraft fehle. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Angabe
„Fünf-Sterne-Warenservice“ komme für die beanspruchten Dienstleistungen ein
hinreichend bestimmter, im Vordergrund stehender beschreibender
Bedeutungsgehalt zu. Die Bezeichnung „Fünf Sterne“ sei insbesondere vom
Hotelbereich her bekannt und gelte als die oberste Qualitätseinstufung. Auch in
anderen Bereichen, wie zB in der Gastronomie, bei Reiseveranstaltungen, bei
Büchern und vielen anderen Dienstleistungen, sei eine Einstufung nach Sternen
üblich, was das Bundespatentgericht iZm der Bezeichnung
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„FÜNF-STERNE-Bäckerei“ bereits ausdrücklich festgestellt habe. Mit dem
weiteren Markenwort „Warenservice“ werde lediglich die Art der Dienstleistung
bezeichnet. Die Kombination aller Markenteile weise somit ohne jegliche
phantasievolle Eigenart und in werbeüblicher Weise nur darauf hin, dass ein
Spitzenservice in Bezug auf Waren angeboten werde. Dass es sich bei der
angemeldeten Marke möglicherweise um eine Wortneubildung handele, verhelfe
ihr nicht zu der erforderlichen Unterscheidungskraft, weil der Verkehr daran
gewöhnt sei, sachbezogene Angaben auch mit Hilfe von Wortneubildungen
vermittelt zu bekommen. Er werde die angemeldete Marke nur als beschreibenden
Sachhinweis nach Art einer Prämierung oder Auszeichnung, jedoch nicht als
betrieblichen Herkunftshinweis verstehen. Ob die angemeldete Marke auch
freihaltungsbedürftig sei, könne bei dieser Sachlage dahingestellt bleiben.
Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht,
die Marke weise die erforderliche Unterscheidungskraft auf. Es möge zwar sein,
dass in Bereichen wie der Gastronomie, bei Reiseveranstaltungen und bei
Büchern Qualitätseinstufungen nach Sternen vorgenommen würden. Solche
Qualitätsangaben erfolgten aber in Form einer Abbildung der entsprechenden
Anzahl von Sternen. Die angemeldete Marke bestehe hingegen aus drei
Wortbestandteilen und sei damit nur scheinbar sprachüblich gebildet. Die
Bezeichnung „Fünf-Sterne-Warenservice“ existiere weder als Fachausdruck noch
sei ihre Benutzung durch Dritte feststellbar. Die Markenstelle gelange zu ihrer
Annahme fehlender Unterscheidungskraft aufgrund einer unzulässigen
zergliedernden und analysierenden Betrachtungsweise, die der Verkehr
erfahrungsgemäß nicht anstelle. Die mit der Marke beanspruchten
Dienstleistungen seien im wesentlichen Organisationsberatungen in Form von
Beratungskonzepten, für die das angemeldete Zeichen weder eine
Merkmalsbeschreibung noch eine Beschaffenheitsangabe sei.
Die Anmelderin beantragt die Aufhebung des angegriffenen Beschlusses.
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II
Die zulässige Beschwerde kann in der Sache keinen Erfolg haben. Der
angemeldeten Marke fehlt, wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, jegliche
Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG).
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom
Verkehr als betriebliches Herkunfts- und Unterscheidungsmittel für die
betreffenden Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber
solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden und damit die betriebliche
Zuordnung dieser Waren und Dienstleistungen zu ermöglichen (BGH GRUR 2001,
1153, 1154 – antiKALK; BlPMZ
2004, 30
f – Cityservice). Auch dieses
Eintragungshindernis ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, das ihm
zugrunde liegt, und das darin besteht, den freien Warenverkehr zu gewährleisten
(EuGH GRUR 2002, 804, 805 und 809 – Philips; MarkenR 2003, 227, 231 d
- Orange). Für kennzeichnungsrechtliche Monopole ist damit nur Raum, soweit
diese geeignet sind, dem Verbraucher die Ursprungsidentität der
gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu garantieren und damit die
Herkunftsfunktion der Marke zu erfüllen (EuGH GRUR
2001, 1148, 1149
- BRAVO). Kann demnach einer Wortmarke ein für die fraglichen Waren oder
Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt
zugeordnet werden oder handelt es sich sonst um ein gebräuchliches Wort der
deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr stets nur als
solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so ergibt sich daraus
ein tatsächlicher Anhalt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH
aaO – Cityservice). Die bloße Kombination von Bestandteilen, von denen jeder
Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibt, bleibt im allgemeinen
selbst eine beschreibende Angabe, auch wenn es sich um eine sprachliche
Neuschöpfung handelt (EuGH GRUR 2004, 680, 681 – BIOMILD).
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Die angemeldete Marke weist für die in der Anmeldung aufgeführten
Dienstleistungen einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt
auf. Sie ist erkennbar aus den begrifflichen Bestandteilen „Fünf Sterne“ und
„Warenservice“ zusammengesetzt. Dabei bezeichnet das Wort „Warenservice“ im
Zusammenhang mit den fraglichen Dienstleistungen eine Serviceleistung, die im
räumlichen und/oder zeitlichen Zusammenhang mit der Bestellung, dem Erwerb
oder der Auslieferung von Waren erbracht wird. Bei der Bezeichnung
„Fünf-Sterne“ handelt es sich um die wörtliche Benennung einer ursprünglich aus
dem Hotel- und Gaststättenbereich stammenden Qualitätseinstufung, die jedoch
längst nicht mehr nur auf diesem Dienstleistungssektor verwendet wird. Entgegen
der Ansicht der Anmelderin wird jedoch nicht nur die bildliche Darstellung von fünf
Sternen, sondern auch die wörtliche Bezeichnung „Fünf Sterne“ von den
angesprochenen Verkehrskreisen nur noch als Hinweis auf die gehobene Qualität
eines Angebots verstanden, weil der Verkehr auch an diese wörtliche
Qualitätsberühmung auf Grund bereits benutzter Begriffe wie „Fünf-Sterne-Hotel“
oder „Fünf-Sterne-Restaurant“ gewöhnt ist (BPatGE 42, 109 – FÜNF-STERNE
BÄCKEREI).
Auch die Bezeichnung „Fünf-Sterne-Warenservice“ insgesamt ist in Bezug auf die
Dienstleistungen, für die sie eingesetzt werden soll, ausschließlich beschreibender
Natur. Sie ist völlig sprachüblich gebildet und erschöpft sich in der Aussage, dass
die Anmelderin logistische Beratungskonzepte entwickelt und anbietet, die zu
einem qualitativ hochwertigen Service bei der Bestellung und/oder Auslieferung
von Waren beitragen können und sollen, und bezeichnet damit den Gegenstand
und die Zielsetzung der beratenden Tätigkeit der Anmelderin. Eine darüber
hinausgehende Besonderheit, z.B. semantischer oder syntaktischer Art, die die
von dem Beratungsangebot der Anmelderin angesprochenen Verkehrskreise
veranlassen könnte, in der angemeldeten Bezeichnung ausnahmsweise doch ein
betriebliches Herkunfts- und Unterscheidungsmittel zu sehen, weist diese nicht
auf. Eine solche Besonderheit ist auch nicht in den zwischen die einzelnen Wörter
gesetzten Bindestrichen zu sehen, die eine sowohl nach den Regeln der Getrennt-
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und Zusammenschreibung korrekte (vgl Duden - Die deutsche Rechtschreibung,
23. Aufl, S 32 (K 26)) als auch in der modernen Werbung weithin übliche
Schreibweise darstellen.
Da der angemeldeten Marke bereits die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt,
kann die Frage, ob sie darüber hinaus auch iSd § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG zur
Bezeichnung von Eigenschaften der beanspruchten Dienstleistungen dienen
könnte, dahingestellt bleiben.
Albert Kraft Reker
Bb