Urteil des BPatG vom 10.10.2000

BPatG: marke, eröffnung des konkurses, aussetzung, liquidation, glaubhaftmachung, vertreter, mehrarbeit, billigkeit, versuch, widerspruchsverfahren

BUNDESPATENTGERICHT
24 W (pat) 309/99
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(Aktenzeichen)
An Verkündungs Statt
zugestellt am
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
BPatG 154
6.70
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betreffend die Marke 395 19 221
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat ) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 10. Oktober 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dr. Ströbele, des Richters Dr. Schmitt sowie der Richterin Werner
beschlossen:
I. Die Beschwerde der aus der Marke 1 132 651 Widersprechen-
den wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dieser Wider-
sprechenden auferlegt.
G r ü n d e :
I
Gegen die am 10. April 1996 veröffentlichte Eintragung der Marke 395 19 221
siehe Abb. 1 am Ende
für die Waren
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"Seifen; Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und
Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel"
ist ua Widerspruch erhoben aufgrund der am 29. Dezember 1988 für die Waren
"Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Parfümerien, Toiletten-
seifen"
eingetragene Marke 1 132 651
siehe Abb. 2 am Ende
Die Markeninhaberin hat mit Schriftsatz vom 23. Oktober 1997 die Benutzung der
Widerspruchsmarke bestritten.
Die Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den
Widerspruch aus der Marke 1 132 651 zurückgewiesen mit der Begründung, die
angegriffene Marke halte zu dieser Widerspruchsmarke einen ausreichenden Ab-
stand ein, um Markenverwechslungen auszuschließen. Insoweit könne die Frage
der Benutzung der Widerspruchsmarke dahingestellt bleiben, was die Widerspre-
chende aber nicht davon entbinde, in einem möglichen Rechtsmittelverfahren
diese Benutzung unaufgefordert glaubhaft machen zu müssen.
Die Widersprechende hat Beschwerde eingelegt.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, daß Antrag auf Eröffnung des Konkurs-
verfahrens über das Vermögen der Markeninhaberin gestellt und mangels Masse
zurückgewiesen worden ist, so daß sich die Markeninhaberin in Liquidation befin-
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det. Gleichfalls unstreitig ist, daß die Widersprechende inzwischen Löschungs-
klage gegen die angegriffene Marke beim Landgericht München I erhoben hat.
Die Widersprechende trägt vor, die Markeninhaberin könne sich infolge der Liqui-
dation nicht mehr durch die für sie auftretenden Verfahrensbevollmächtigten ver-
treten lassen. Im übrigen begehrt sie wegen der anhängigen Löschungsklage die
Aussetzung des vorliegenden Verfahrens gemäß § 29 Abs 1 MarkenV wegen
Sachdienlichkeit. Ausdrücklich nimmt die Widersprechende davon Abstand, Un-
terlagen zur Glaubhaftmachung der bestrittenen Benutzung der Widerspruchs-
marke vorzulegen. Davon abgesehen unterlägen die Vergleichsmarken der Gefahr
von Verwechslungen.
Die Widersprechende beantragt insoweit,
unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses der Marken-
stelle wegen des Widerspruchs aus der Marke 1 132 651 die
Löschung der Marke 395 19 221 anzuordnen.
Die Markeninhaberin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die für sie auftretenden Anwälte nach wie vor als ordnungsgemäß be-
vollmächtigt. Daran habe sich durch die Liquidation nichts geändert. Im übrigen
erachtet sie die Entscheidung der Markenstelle für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt
der Akten Bezug genommen.
II
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Die Beschwerde der Widersprechenden ist unbegründet.
Der Widerspruch kann schon deshalb keinen Erfolg haben, weil es die Wider-
sprechende unterlassen hat, gemäß § 43 Abs 1 Satz 1 und 2 MarkenG die in zu-
lässiger Weise bestrittene Benutzung der Widerspruchsmarke glaubhaftzu-
machen. Die Beschwerde ist somit zurückzuweisen.
Das vorliegende Verfahren kann mit dieser Endentscheidung abgeschlossen wer-
den. Die Markeninhaberin ist nach wie vor imstande, das Verfahren in eigener
Person, mithin auch durch die von ihr bestellten Vertreter zu führen. Nachdem die
Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Markeninhaberin abgelehnt
worden ist, hat eine Unterbrechung des Verfahrens nicht stattgefunden und ist die
von der Markeninhaberin erteilte Verfahrensvollmacht nicht erloschen (vgl § 82
Abs 1 Satz 1 MarkenG iVm § 240 ZPO). Daß sich die Markeninhaberin zur Zeit im
Stadium der Liquidation befindet, berührt ihre Rechts- und Beteiligungsfähigkeit
nicht und damit auch nicht die Bevollmächtigung ihrer Vertreter im Verfahren (vgl
BPatGE 41, 160, 162 "ETHOCYN/Entoxin"; s dazu auch § 70 GmbHG).
Eine Aussetzung des Verfahrens wegen der von der Widersprechenden beim
Landgericht München I erhobenen Löschungsklage gegen die angegriffene Marke
ist auch dann nicht gerechtfertigt, wenn zugunsten der Widersprechenden neben
der gemäß § 82 Abs 1 Satz 1 MarkenG im Beschwerdeverfahren anzuwendenden
Vorschrift des § 148 ZPO auch auf die für das Verfahren vor der Markenstelle
geltenden Regelungen des § 29 MarkenV Bezug genommen wird. Zwar ist sowohl
im Widerspruchs- wie auch im Klageverfahren das Löschungsbegehren auf die
markenrechtliche Vewechselbarkeit beider Marken gestützt. Doch steht bereits die
durch das Verhalten der Widersprechenden bedingte besondere Situation des
Verfahrens einer Aussetzung entgegen. Maßgebliche Grundlage der vorliegenden
Beschwerdeentscheidung ist nämlich nicht mehr die Rechtsfrage der Verwechsel-
barkeit beider Marken, sondern die vorgeschaltete Problematik der bewußt un-
terlassenen Glaubhaftmachung der bestrittenen Benutzung der Widerspruchs-
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marke im Widerspruchsverfahren gemäß § 43 Abs 1 Satz 1 und 2 MarkenG, wel-
che für sich bereits zur Zurückweisung des Widerspruchs führen muß. Entgegen
der Ansicht der Widersprechenden kann es somit nicht zu überflüssiger Mehrar-
beit in parallel geführten Verfahren und zu sich widersprechenden Entscheidungen
kommen. Eine Vorgreiflichkeit des anhängigen Zivilprozesses iSv § 148 ZPO, die
gemäß § 29 Abs 2 MarkenV auch in erster Linie zur Begründung der Sach-
dienlichkeit einer Aussetzung nach § 29 Abs 1 MarkenV herangezogen werden
könnte, scheidet somit von vorneherein aus. Abgesehen davon bestehen nach
Ansicht des Senats auch durchgreifende Bedenken gegen die Annahme einer
Vorgreiflichkeit lediglich im Hinblick auf ein gemeinsames rechtliches Ergebnis,
nämlich die Löschung der angegriffenen Marke, die aber in zwei völlig unter-
schiedlichen Rechtszügen betrieben wird. Eine die Aussetzung rechtfertigende
Vorgreiflichkeit ist vielmehr im gegenteiligen Fall anzunehmen, in dem die Wider-
spruchsmarke, auf die der Löschungsanspruch bezogen wird, selbst nicht oder
noch nicht rechtsbeständig ist. Gerade die Bestimmung des § 29 MarkenV, auf die
sich die Widersprechende beruft, hebt in Abs 2 nur diesen Sachverhalt als
wesentlichen Aussetzungsgrund hervor.
Der Kostenausspruch beruht auf § 71 Abs 1 MarkenG. Es entspricht der Billigkeit,
die Widersprechende mit den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu belasten, da
sie auf eine zulässige Einrede der Nichtbenutzung den Widerspruch ohne
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ernsthaften Versuch der Glaubhaftmachung der Benutzung weiterverfolgt hat (vgl
Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 71 Rdn 22 mRsprNachw).
Ströbele Werner Schmitt
Mr/Na
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Abb. 1
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Abb. 2