Urteil des BPatG vom 02.02.2004

BPatG (marke, beschreibende angabe, karte, mitbewerber, bezeichnung, zeichen, beschwerde, gebrauch, ware, eintragung)

BPatG 154
6.70
Bundespatentgericht
30 W (pat) 235/02
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
2. Februar 2004
B e s c h l u s s
In der Beschwerdesache
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betreffend die Löschung der Marke 396 42 147
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 2. Februar 2004 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dr. Buchetmann, der Richterin Winter und des Richters Schramm
beschlossen:
Die Beschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Nach Teilverzicht zuletzt noch für die Waren "Karten mit elektronischer Funktion
auf der Basis der Chip-Technik oder mit Magnetstreifen als Eintrittsberechtigung
für Sonnenstudios" ist seit 5. November 1996 unter der Nr 396 42 147 eingetragen
das Wort
SUNCARD.
Die Antragsteller haben die Löschung dieser Marke gemäß § 50 Absatz 1 Nr. 3
MarkenG in Verbindung mit § 8 MarkenG beantragt.
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Die Markenabteilung 3.4 hat durch Beschluß die Marke gelöscht und dabei be-
gründend ausgeführt, die Marke sei entgegen § 8 Absatz 2 Nr. 1 und 2 MarkenG
eingetragen worden. Dieses Schutzhindernis bestehe auch noch zum Zeitpunkt
der Entscheidung. Die Marke sei eine kurze und treffende Bezeichnung der Wa-
ren, für die sie Schutz genieße. Mit CARD würden im Geschäftsverkehr seit vielen
Jahren Wert-, Berechtigungs- und Ausweiskarten bezeichnet, deren Einsatzbe-
reich auch stetig zunehme. Durch den üblicherweise diesem Begriff vorangestell-
ten Zusatz werde der Einsatzbereich der Karte bestimmt. Somit sei es sprachlich
und begrifflich naheliegend, eine Karte mit Eintrittsberechtigung für Sonnenstudios
mit SUNCARD zu bezeichnen. Auch wenn SUN selbst nicht ein Sonnenstudio be-
zeichne, sei es in diesem Zusammenhang ein vielfach das deutsche Wort Sonne
verdrängendes Werbeschlagwort. SUNCARD werde auch bereits vielfach be-
schreibend für solche Berechtigungskarten verwendet.
Die Antragsgegnerin hat Beschwerde eingelegt und diese mit näherer Begründung
insbesondere darauf gestützt, daß das Markenwort weder rein beschreibend sei,
noch ein beschreibender Begriffsgehalt im Vordergrund stehe. Es handele sich
vielmehr dabei um eine neu geschöpfte Wortkombination, die interpretationsbe-
dürftig und mehrdeutig sei. Die wörtliche Übersetzung Sonnenkarte oder Karte für
Sonne möge zwar für Teile der Verbraucher zutreffend als "Karte mit Eintrittsbe-
rechtigung für Sonnenstudios der Kette Sunpoint" verstanden werden. Zwingend
sei dieses Verständnis indes nicht. Naheliegend sei auch der Gedanke an eine
Eintrittsberechtigung für diverse andere Leistungen, die mit Sonne zu tun haben
oder mit dieser assoziiert würden, etwa Eintrittskarten für Schwimmbäder, insbe-
sondere solche mit Liegewiesen, für Saunen, für Strände, für Fahrkarten in den
Urlaub, für eine ausweisähnliche Karte, welche Angaben zur Bestimmung des
Hauttyps zum Zwecke des Sonnenschutzes wiedergebe oder für eine Karte, mit
der die Intensität der Sonneneinstrahlung festgestellt werden könne. Ohne Nach-
denken könne somit der angesprochene Verkehrskreis nicht erkennen, welche
Leistung gemeint sei.
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Demgemäß handele es sich bei der Marke nicht um einen eindeutig beschreiben-
den Begriff, so daß weder ein Freihalteinteresse, noch mangelnde Unterschei-
dungskraft vorliege, zumal nicht feststellbar sei, weshalb die Mitbewerber gerade
das angemeldete Zeichen als beschreibende Angabe ihrer Waren oder Dienstlei-
stungen benötigten.
Denkbaren Konfliktsituationen im Rahmen von Verletzungsprozessen könnte im
übrigen auch über § 23 Nr. 2 MarkenG ausreichend sicher begegnet werden. Im
Hinblick auf diese weniger einschneidende Möglichkeit wäre die Löschung der
Marke unverhältnismäßig.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den angefochtenen Beschluß aufzuheben und den Löschungsan-
trag zurückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die der Marke innewohnende Aussage für rein beschreibend, weil es nur
darauf ankomme, ob das angemeldete Zeichen für die angemeldeten Waren
mehrdeutig sei, nicht jedoch darauf, ob es ganz allgemein verschiedene Ausle-
gungen ermögliche. Soweit das Landgericht Nürnberg/Fürth in dem von der An-
tragsgegnerin vorgelegten Urteil (3 O 7 852/00) ausgeführt hat, das Zeichenwort
habe keinen originär beschreibenden Inhalt, sei dies für das vorliegende Lö-
schungsverfahren ohne nähere Bedeutung. Über § 23 Nr. 2 MarkenG seien die
Mitbewerber nicht ausreichend geschützt.
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II.
Die Beschwerde ist zulässig, sachlich jedoch ohne Erfolg. Die Löschung der Ein-
tragung ist wegen des schon zum Eintragungszeitpunkt bestehenden absoluten
Schutzhindernisses fehlender Unterscheidungskraft und wegen bestehenden
Freihaltebedürfnisses zu Recht erfolgt. Diese Schutzhindernisse bestehen auch
noch im Zeitpunkt der Entscheidung fort (§ 50 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, 54 Abs. 1 Mar-
kenG iVm § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG). Die Marke ist nämlich geeignet,
eine wesentliche Eigenschaft der beanspruchten Ware anzugeben.
Nach § 8 Absatz 2 Nr. 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Marken ausge-
schlossen, die nur aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der
Art, der Beschaffenheit oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder
Dienstleistungen dienen können. Dabei ist nicht erforderlich, daß das Zeichen von
allen beteiligten Verkehrskreisen ohne weiteres und in einem absolut feststehen-
den beschreibenden Aussagegehalt verstanden wird. Zur Beschreibung dienen
können auch solche Marken, die zumindest in einer ihrer möglichen Bedeutung
ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnen (vgl
EuGH MarkenR 2003, 450 – DOUBLEMINT). Damit sind Formulierungen des
Bundesgerichtshofs (etwa GRUR 1995, 269 U-KEY), die teilweise missverstanden
worden sind, klargestellt. Schutzunfähig sind nämlich Marken, die ausschließlich
aus beschreibenden Angaben bestehen und nicht nur solche Marken, die aus
ausschließlich beschreibenden Angaben bestehen (Ströbele/Hacker, MarkenG,
7. Aufl, § 8 Rdn 226). Auch kann es nicht darauf ankommen, inwieweit Mitbewer-
ber speziell die im Streit befindliche Bezeichnung benötigen, sondern nur darauf,
ob sie sie sinnvoll für ihre Belange einsetzen können. Auch an mehrdeutigen Aus-
drücken läßt sich aber ein Freihalteinteresse nur dann verneinen, wenn der Aus-
druck so unpräzise und unbestimmt ist, daß er für die Mitbewerber generell unin-
teressant wird, um ihre Waren damit zu beschreiben.
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In bezug auf die beanspruchten Waren (nur diese sind bei der Entscheidung zu
berücksichtigen, aber auch nicht zu vernachlässigen), hat die Marke in ihrer Be-
deutung "Sonnenkarte" unter Berücksichtigung der Sprachgewohnheiten einen
beschreibenden Sinn. Bereits kurze Zeit nach Einführung der Magnetstreifenkar-
tentechnik haben sich mehr und mehr Verwendungsmöglichkeiten solcher Karten
als Zugangsberechtigungen eingebürgert. Für welche Art von Leistungen die ein-
zelne Karte zu benutzen ist, wird dabei in sprachüblicher, jedenfalls werbeüblicher
Sprachform durch das vorangestellte Wort ausgedrückt. Auf die hierzu von der
Markenstelle angeführten Beispiele wird verwiesen. Kleinere sprachliche Unge-
nauigkeiten werden vom Publikum dabei übergangen oder überlesen und berüh-
ren somit nicht den beschreibenden Aussagegehalt. So ist jedem klar, daß die
Kreditkarte nicht selbst den Kredit beurkundet oder auch nur den Kredit gewährt,
sondern nur die Möglichkeit eröffnet, den bestehenden Kredit zu nützen. Die Pay-
card ist kein Zahlungsmittel als solches, sondern erleichtert nur die Abwicklung
des Zahlungsvorgangs. Deshalb ist auch bei der SUNCARD davon auszugehen,
daß sie das angesprochene Publikum bei Begegnung mit "Karten mit elektroni-
scher Funktion auf der Basis der Chip-Technik oder mit Magnetstreifen als Ein-
trittsberechtigung für Sonnenstudios" ohne weiteres als hierfür beschreibend wer-
tet, insbesondere, weil der nichtssagende und beschreibende Wortteil Studio im
Wort Sonnenstudio für das Verständnis des Aussagegehaltes der Marke keine
Rolle spielt. Diesen Aussagegehalt räumt auch die Markeninhaberin selbst als
möglich ein. Soweit sie diesen Aussagegehalt nur in Bezug auf Sonnenstudios der
Kette SUNPOINT anerkennen will, ist zwar nicht erkennbar, worauf diese spezielle
Zuordnung auf eine bestimmte Unternehmenskette beruhen soll. Dies ist aber
auch unerheblich, weil die so bezeichnete Magnetkarte innerhalb solcher Studios
gleichwohl eine beschreibende und keine kennzeichnende Aussage enthielte. An-
gaben verlieren ihren beschreibenden Charakter nicht dadurch, dass sie nur in
Sonnenstudios einer bestimmten Kategorie in Gebrauch sind.
Ob dem Markenwort - wie die Markeninhaberin meint – auch noch für andere Lei-
stungen Bedeutung als Zugangsberechtigung zukommen kann, ist unerheblich.
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Auf einer Chipkarte als Eintrittsberechtigung für Sonnenstudios (der beanspruch-
ten Ware) kann sie den Gedanken nicht aufkommen lassen, sie berechtige zum
Eintritt in eine Liegewiese (oder andere von der Markeninhaberin angegebene
Örtlichkeiten). Die Marke ist aber nur im Zusammenhang mit der Ware zu sehen
und nicht ohne deren Berücksichtigung abstrakt auszudeuten.
Soweit das Landgericht Nürnberg-Fürth in dem von der Antragsgegnerin vorge-
legten Urteil (3 O 7852/00) ausführt "im Übrigen sind die streitgegenständliche
Marken keineswegs rein beschreibend, da das Wort SunCard keinen originär be-
schreibenden Inhalt hat", kann dem wenig Bedeutung beigemessen werden. Wie
das Gericht zutreffend anführt, ist es an die Eintragung gebunden, hat also die
Schutzfähigkeit zugrundezulegen. Insoweit hat dieser Satz somit nur deklaratori-
sche Bedeutung. Auch für die Bemessung des Schutzumfangs handelt es sich nur
um eine vage, floskelhafte Formulierung. Offen bleibt zB, ob das Gericht den
Schutz in der im dortigen Verfahren angeführten Schreibweise SunCard sieht.
Als beschreibende Aussage fehlt der Marke auch die erforderliche Unterschei-
dungskraft, zumal das Zeichen von wesentlichen Teilen der beteiligten Verkehrs-
kreise ohne weiteres in seinem Sinn verstanden wird.
Soweit die Antragsgegnerin ausführt, Mitbewerber seien auch über § 23 Nr. 2 Mar-
kenG ausreichend geschützt, spielt dies für die Entscheidung keine Rolle. § 23
Nr. 2 MarkenG und die Schutzausschließungsgründe nach § 8 schließen sich
nicht gegenseitig aus, sondern haben nebeneinander Bedeutung (vgl im einzelnen
Ströbele/Hacker aaO § 23 Rdn 19 f). Soweit der Vertreter der Markeninhaberin in
der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, nur bei Hinzufügung des Firmenna-
mens sehe er einen beschreibenden Gebrauch von Suncard, betrifft diese Kon-
stellation nur den Kollisionsfall von eingliedrigen und mehrgliedrigen Zeichen, nicht
aber den beschreibenden Gebrauch. Durch die Hinzufügung des Firmennamens
wird im Gegenteil dem Publikum ein markenmäßiger Gebrauch einer beschrei-
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benden Bezeichnung eher erst suggeriert als verdeutlicht (vgl BGH GRUR 1988,
542 ROYALE, 1998, 930 Fläminger).
Dem Vertrauensschutz in den Bestand einmal (zu Unrecht) eingetragener Marken
hat der Gesetzgeber mit den Fristen nach § 50 Abs. 2 (und 3 Nr. 1) Rechnung ge-
tragen. Diese Regelungen schließen als Spezialregel eine sie erweiternde An-
wendung des allgemeinen Vertrauensschutzes aus.
Zu einer Kostenauferlegung bietet der Streitfall keinen Anlaß (§ 71 Abs. 1 Satz 1
MarkenG).
Dr. Buchetmann
Winter
Schramm
Hu