Urteil des BPatG vom 15.07.2008

BPatG: unterscheidungskraft, verkehr, begriff, eugh, dienstleistung, unterhaltung, veranstaltung, rafting, freizeit, ausstellung

BUNDESPATENTGERICHT
25 W (pat) 165/05
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 303 45 944
hat der 25.
Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
15. Juli 2008 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Kliems sowie des Rich-
ters Merzbach und der Richterin Bayer
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 152
08.05
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G r ü n d e
I.
Die Wortmarke
ZeitrafferLand
ist am 10. September 2003 für die Dienstleistungen
„Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten“
zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.
Mit zwei Beschlüssen der Markenstelle für Klasse 41 des DPMA vom 1. April 2005
und vom 8. August 2005, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen
ist, wurde die Anmeldung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Ob
auch § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG der Eintragung entgegensteht, was die Erstprüfe-
rin angenommen hatte, blieb im Erinnerungsbeschluss dahingestellt.
Die Wortzusammensetzung „ZeitrafferLand“ werde der hier angesprochene Ver-
kehr dahingehend verstehen, dass es sich um eine Art Freizeitvergnügen oder
Bildung in unterhaltsamer Form handle, in dem bestimmte Vorgänge im Zeitraffer,
z.B. im Rahmen eines Vergnügungs- oder Themenparks, dargestellt werden. Der
Begriff beschreibe die Art und das Thema der Dienstleistungen. Er sei als sprach-
üblich gebildete Wortzusammensetzung ohne weiteres verständlich und für die in
Rede stehenden Dienstleistungen beschreibend. Er enthalte eine für die Ver-
kehrskreise wichtige Information. Darauf, ob der Begriff so bereits existiere,
komme es nicht an. Da der Begriff eine sinnvolle Aussage über das Thema der
Dienstleistungen treffe, sei er eindeutig und bedürfe keiner Interpretation.
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Dagegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem Antrag (sinnge-
mäß),
die Beschlüsse der Markenstelle des Deutschen Patent- und Mar-
kenamts für Klasse 41 vom 1. April 2005 und vom 8. August 2005
aufzuheben.
Die Angabe Zeitraffer vermittle dem Verkehr anders als etwa Begriffe wie „Wild-
wasser-Rafting“, „Achterbahn“, „Geisterbahn“ oder „Bootsfahrt“ keine brauchbaren
Informationen darüber, um was für eine Unterhaltungsdienstleistung es sich han-
dele und welche Themen die jeweiligen Attraktionen haben. Die zu prüfende
Marke vermittle keine klare Vorstellung vom Gegenstand oder Inhalt der Dienst-
leistung. Allenfalls lasse sie Assoziationen zu, inhaltlich bleibe die Angabe aber
diffus. Sie sei auch keine gebräuchliche Wortfolge und lasse keinen beschreiben-
den Sinngehalt erkennen.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Der Eintragung des angemeldeten Zeichens steht zumindest das Schutzhindernis
der fehlenden Unterscheidungskraft entgegen.
Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nach ständiger
Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsiden-
tität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, die ei-
ner Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungs-
mittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unter-
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nehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. zur
st. Rspr. BGH GRUR 2003, 1050 – Cityservice; EuGH GRUR 2004, 674 –
Postkantoor). Es muss also eine Kennzeichnungskraft mit der Eignung zur Aus-
übung der Herkunftsfunktion verbunden sein, auch wenn eine Marke zusätzlich
noch weitere Funktionen haben kann (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl. § 8
Rdn. 39).
Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung vor allem solche
Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren und
Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden
Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 – Postkantoor). Jedoch
hat der EuGH auch darauf hingewiesen, dass eine unmittelbar beschreibende
Bedeutung nicht Voraussetzung für die Annahme fehlender Unterscheidungskraft
ist. Vielmehr kann die Unterscheidungskraft auch aus anderen Gründen fehlen
(vgl. EuGH GRUR 2004, 674 – Postkantoor; GRUR 2004, 680 – Biomild).
Die Unterscheidungskraft ist dabei zum einen im Hinblick auf die angemeldeten
Waren und Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten
Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines
durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnitts-
verbrauchers der fraglichen Waren und Dienstleistungen abzustellen ist.
Der Bestandteil „Land“ wird in Wortzusammensetzungen vom Verkehr in Verbin-
dung mit Waren und Dienstleistungen in der Werbesprache, worauf bereits die
Markenstelle hingewiesen hat, als Hinweis auf eine Verkaufsstätte bzw. eine
Erbringungsstätte von Waren und Dienstleistungen verstanden. Außerdem werden
in größeren Freizeit- und Erlebnisparks einzelne Bereiche in Themenländer ein-
geteilt und entsprechend bezeichnet, worauf die Markenstelle ebenfalls hingewie-
sen hat.
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Der Verkehr wird die angemeldete Bezeichnung, welche aus den allgemeinver-
ständlichen Bestandteilen „Zeitraffer“ und „Land“ zusammengesetzt ist, in Verbin-
dung mit den Dienstleistungen „Unterhaltung und kulturelle Aktivitäten“ dahinge-
hend verstehen, dass deren Thema Zeitlupenaufnahmen sind bzw. mit Zeitraffer-
aufnahmen oder in Zeitraffer dargestellt wird. Die angemeldete Marke ist dabei in
Verbindung mit den jeweiligen Dienstleistungen zu beurteilen, so dass unerheblich
ist, ob man aus der Bezeichnung selbst auf die Dienstleistung schließen kann. Zur
Beschreibung der Dienstleistungen „Unterhaltung und kulturelle Aktivitäten“ ver-
wendet man nicht lediglich so konkrete Bezeichnungen wie „Wildwasser-Rafting“,
„Achterbahn“, „Geisterbahn“ oder „Bootsfahrt“, sondern die Themenangaben kön-
nen sehr allgemein sein wie z. B. „Abenteuerland“. Auch wenn die Art der techni-
schen Darstellung von Sachverhalten häufig nicht das verbindende Element des
Dienstleistungsangebots bildet, so wird der Verkehr jedoch, wenn dies der Fall ist,
auch die Verbindung der Angabe über die Art der technischen Darstellung mit dem
Wort „Land“ im Sinne einer Themenangabe verstehen. So könnten etwa eine Un-
terhaltung oder Ausstellung mit 3D-Aufnahmen oder hier in Zeitraffer ganz unter-
schiedliche Bereiche betreffen, die Angabe dieser Art der Darstellung jedoch
ebenso als Themenangabe in Betracht kommen. Bei den angemeldeten Dienst-
leistungen spielt gerade auch die Art der Darstellung eine große Rolle, so dass der
Verkehr den Hinweis auf die Art der Darstellung als Sachangabe versteht. Die
Schutzfähigkeit wird deshalb nicht dadurch begründet, dass eine „Zeitraffer“ keine
Ware oder Dienstleistung ist. Ebenso wie man in einem „Abenteuerland“ Aben-
teuer, seien es reale oder virtuelle, erleben kann, ohne dass der genaue Themen-
bereich angesprochen ist, weist „Zeitrafferland“ darauf hin, dass man etwas in
Zeitraffer sehen bzw. erleben kann.
Auch hinsichtlich der Dienstleistungen „sportliche Aktivitäten“ ist die angemeldete
Marke nicht schutzfähig. Selbst wenn sportliche Aktivitäten in einer bestimmten
Zeit absolviert werden, wird bei entsprechenden Veranstaltungen häufig das Er-
eignis gefilmt, so dass Teilnehmer oder Interessenten sich die entscheidenden
Momente vergegenwärtigen können. Dabei kann je nach Länge der Veranstaltung
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auch eine Wiedergabe in Zeitraffer angeboten werden, bzw. ein geschichtlicher
Abriss der Veranstaltung in Zeitraffer zu sehen sein. Der Verkehr wird daher auch
in Verbindung mit der Dienstleistung „sportliche Aktivitäten“ die angemeldete Be-
zeichnung lediglich als Sachhinweis ansehen, dass die Möglichkeit besteht, diese
Aktivität in Zeitraffer zu sehen. Hinzu kommt, dass im Rahmen von Unterhal-
tungsveranstaltungen sportliche Aktivitäten vorgeführt und in Zeitraffer wie-
derzugeben werden können, um z. B. nochmals einen zusätzlichen Unterhal-
tungseffekt zu bewirken.
Es kommt nicht darauf an, ob die angemeldete Marke „ZeitrafferLand“ lexikalisch
nachweisbar ist, denn auch sprachüblich gebildeten Wortneubildungen, die ledig-
lich eine Sachaussage darstellen, fehlt die Unterscheidungskraft. Die Binnengroß-
schreibung ist dabei ein werbeübliches Stilmittel, das ebenfalls keine Unterschei-
dungskraft begründen kann. Vielmehr dient sie dazu, dass der angemeldete Beg-
riff noch leichter erfasst und verstanden wird.
Da bereits die Unterscheidungskraft fehlt, kommt es nicht mehr darauf an, ob die
angemeldete Bezeichnung auch nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht schutzfähig
ist.
Die Beschwerde war deshalb zurückzuweisen.
Kliems Merzbach Bayer
Na