Urteil des BPatG vom 27.01.2009
BPatG (beschwerde, beschreibende angabe, marke, kennzeichnungskraft, körper, register, verwechslungsgefahr, angabe, nummer, bildmarke)
BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
24 W (pat) 16/07
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 305 04 524
hat  der  24. Senat  (Marken-Beschwerdesenat)  des  Bundespatentgerichts  in  der
Sitzung  vom  27. Januar 2009  unter  Mitwirkung  des  Vorsitzenden  Richters
Prof. Dr. Hacker, der Richterin Dr. Kober-Dehm und des Richters Eisenrauch
beschlossen:
1. Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
2. Die  Kosten  des Beschwerdeverfahrens  werden  der Widerspre-
chenden auferlegt.
G r ü n d e
I.
Die Wort-/Bildmarke
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ist am 22. April 2005 unter der Nummer 305 04 524 für die Waren
„Parfümeriewaren, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haar-
wässer,  Präparate  zur  Haar-,  Haut-,  Körper-,  Nagel-  und  Schön-
heitspflege,  Reinigung,  Styling  und  Verschönerung,  insbesondere
Seifen,  Shampoos,  Bodyshampoos,  Conditioner,  Haarkuren,  Par-
fums,  Duft-  und  Haarwässer,  Haarwuchsmittel,  ätherische  Öle,
Haarwasser;  Kosmetikprodukte,  namentlich  Mittel  zur  Förderung
und  Stärkung  des  Kopf-,  Bart-  und  Körperhaarwuchses  sowie
Mittel  zur  Entfernung  von  Kopf-,  Bart-  und  Körperhaar;  medizini-
sche Präparate für Haarwuchs“
mit den Farben „blau, weiß, schwarz“ in das beim Deutschen Patent- und Marken-
amt (DPMA) geführte Register eingetragen worden.
Gegen die Eintragung der vorgenannten Marke hat die Inhaberin der prioritätsälte-
ren Wort-/Bildmarke Nummer 396 02 967
,
die u. a. für die Waren
„Seifen;  Parfümerien,  ätherische  Öle,  Mittel  zur  Körper-  und
Schönheitspflege,  Haarwässer;  Zahnputzmittel;  pharmazeutische
Erzeugnisse  sowie  Präparate  für  die  Gesundheitspflege;  diäteti-
sche Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost“
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mit  den  Farben  „blau,  weiß,  schwarz,  orange“  in  das  beim  DPMA  geführte  Re-
gister eingetragen worden ist, Widerspruch erhoben.
Die mit einem Beamten im höheren Dienst besetzte Markenstelle für Klasse 3 des
DPMA  hat  eine  zwischen  den  Vergleichsmarken  bestehende  Verwechslungsge-
fahr  gemäß  § 9  Abs. 1  Nr. 2  MarkenG  verneint  und  den  Widerspruch  mit  Be-
schluss vom 12. Januar 2007 zurückgewiesen (§ 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG). Mit
der Entscheidung hat die Markenstelle der Widersprechenden gleichzeitig gemäß
§ 63  Abs. 1  Satz 1  MarkenG  die  Kosten  des  Widerspruchsverfahrens  auferlegt.
Zur  Kostenauferlegung  hat  die  Markenstelle  ausgeführt,  die  Widersprechende
hätte erkennen müssen, dass eine Übereinstimmung zwischen den Marken nur in
einem  schutzunfähigen  Bestandteil  vorliege  und  diese  Übereinstimmung  eine
Verwechslungsgefahr  nicht  begründen  könne.  Der  in  beiden  Marken  vorkom-
mende Wortbestandteil  „Plus“  sei  auch  im  Bereich  der  Gesundheits-  und  Schön-
heitspflege  eine  unmittelbar  beschreibende  Angabe.  In  Bezug  auf  die  bean-
spruchten  Waren  weise  die  Angabe  „Plus“  lediglich  auf  für  den  Verkehr  bedeut-
same Umstände hin, nämlich auf zusätzliche, verbesserte Eigenschaften der Wa-
ren.  Die  Widersprechende  habe  somit  in  einer  aussichtslosen  oder  zumindest
kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation versucht, ihr Interesse am Er-
löschen der angegriffenen Marke durchzusetzen. Dies sei jedoch als ein Verstoß
gegen die zu fordernde prozessuale Sorgfalt zu werten.
Gegen diese Entscheidung hat die Widersprechende zunächst vollumfänglich Be-
schwerde  eingelegt.  Im  Verlauf  des  Verfahrens  hat  sie  mit  Eingabe  vom
19. Januar 2009 die Beschwerde insoweit, als diese sich gegen die Entscheidung
in  der  Hauptsache  richtet,  zurückgenommen  und  die  Beschwerde  nur  noch  hin-
sichtlich  der  im  angefochtenen  Beschluss  getroffenen  Kostengrundentscheidung
aufrecht erhalten.
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Die Widersprechende beantragt (sinngemäß),
den  Beschluss  der  Markenstelle  für  Klasse 3  des  DPMA  vom
12. Januar 2007  insoweit  aufzuheben,  als  ihr  die  Kosten  des  Wi-
derspruchsverfahrens auferlegt worden sind.
Die Markeninhaberin beantragt (sinngemäß),
die  Beschwerde  der  Widersprechenden  zurückzuweisen  und  der
Widersprechenden  zusätzlich  die  Kosten  des  Beschwerdeverfah-
rens aufzuerlegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Nachdem  die  Widersprechende  ihre  gegen  den  Beschluss  der  Markenstelle  ge-
richtete  Beschwerde  hinsichtlich  der  Hauptsache  zurückgenommen  hat,  ist  ledig-
lich  noch  über  die  von  der  Markenstelle  im  angefochtenen  Beschluss  getroffene
Kostengrundentscheidung  und  über  die  Kosten  des  Beschwerdeverfahrens  zu
entscheiden.
1. Die Beschwerde der Widersprechenden ist zwar zulässig, jedoch nicht begrün-
det. Im vorliegenden Fall hat die Markenstelle der Widersprechenden zu Recht die
Kosten des Widerspruchsverfahrens auferlegt.
Eine Kostenauferlegung kommt im Widerspruchsverfahren - abweichend von dem
Grundsatz, dass jede Partei die ihr erwachsenen Kosten selbst trägt - grundsätz-
lich  dann  in  Betracht,  wenn  ein  Verfahrensbeteiligter  in  einer  nach  anerkannten
Beurteilungsgesichtspunkten  aussichtslosen  oder  zumindest  kaum  Aussicht  auf
Erfolg  versprechenden  Situation  sein  Interesse  an  dem  Erlöschen  des  Marken-
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schutzes  durchzusetzen  versucht  (vgl.  Ströbele/Hacker,  MarkenG,  8. Aufl.,  § 63
Rdn. 7,  § 71  Rdn. 11 m. w. N).  Ein  solcher  Fall  ist  u. a.  dann  gegeben,  wenn  ein
Widerspruch auf eine prioritätsältere mehrgliedrige Marke gestützt wird, die nur in
einem  schutzunfähigen  Bestandteil  Ähnlichkeit  mit  der  angegriffenen  Marke  auf-
weist  (Ströbele/Hacker,  a. a. O.,  § 63  Rdn. 7,  § 71  Rdn. 13).  Ein  schutzunfähiger
Wortbestandteil kann aus Rechtsgründen keine Verwechslungsgefahr hervorrufen
(vgl.  BGH  GRUR 2003,  1040,  1042  „Kinder“;  GRUR 2004,  778,  779  „URLAUB
DIREKT“;  WRP 2004,  1037,  1039  „EURO 2000“;  GRUR 2007,  1071,  1072  „Kin-
der II“). So liegt der Fall hier.
Der  übereinstimmend  in  den  vorliegenden  Vergleichsmarken  enthaltene  Marken-
bestandteil  „PLUS“  bzw.  „Plus“  stellt  im  Bereich  der  Warenklassen 3  und  5  eine
sachbezogene  Angabe  dar,  die  auf  zusätzliche  oder  verbesserte  Eigenschaften
und Vorteile der so gekennzeichneten Waren hinweist und damit in Alleinstellung
dem  in  § 8  Abs. 2  Nr. 1  MarkenG  geregelten  Schutzausschlussgrund  der  fehlen-
den  Unterscheidungskraft  unterfällt.  Dass  es  sich  hierbei um  anerkannte Beurtei-
lungsgesichtspunkte  handelt,  denen  sich  die  Widersprechenden  nicht  ver-
schließen durfte, macht eine überaus breite und gefestigte Rechtsprechung deut-
lich  (BPatG  Mitt. 1972,  212  „Plus“;  BPatG  in  PAVIS  PROMA,  30 W (pat) 41/97
„CABLE PLUS/CANAL PLUS;  BPatG  in  PAVIS  PROMA,  30 W (pat) 140/97
„PLUS“;  BPatG  in  PAVIS  PROMA,  33 W (pat) 159/01  „MH-Plus/Xplus“;  BPatG  in
PAVIS PROMA, 24 W (pat) 41/04 „sani plus/SANIFORM PLUS“). Auch das HABM
geht  von  der  Schutzunfähigkeit  des  Wortbestandteils  „PLUS“  aus  (vgl.  PAVIS
PROMA,  R0075/04-2,  6.09.2004  „FELIPLUS/FERTI-PLUS“).  In  diese  Rechtspre-
chung reiht sich - entgegen der Auffassung der Widersprechenden – auch die von
ihr
zitierte,
in
PAVIS
PROMA
veröffentlichte
BPatG-Entscheidung
28 W (pat) 296/03 „Plus“ vom 3. März 2004 ein; in dieser Entscheidung ist die als
Marke
angemeldete
Bezeichnung
„Plus“
lediglich
für
die
Ware
„Christbaumschmuck“  und  auch  nur  deshalb  als  schutzfähig  angesehen  worden,
weil das „moderne“ und „schlagkräftige“ Wort „Plus“ im Zusammenhang mit dieser
Ware als eher ungewöhnlich angesehen wurde.
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Nicht  überzeugen  kann  die  Widersprechende  auch  mit  ihrem  Vortrag,  dass  der
Wortbestandteil  „Plus“  innerhalb  der  Widerspruchsmarke  tatsächlich  über  eine
erhöhte  Kennzeichnungskraft  verfüge  und  ihre  Rechtsverfolgung  deshalb  nicht
offensichtlich  aussichtslos  gewesen  sei.  Richtig  ist  zwar,  dass  im  Register  des
DPMA  sowohl  die  Wortmarken  Nummer  149 132  „Plus“  als  auch  die  weitere
Wortmarke  396 18 658  „PLUS“  eingetragen  sind  und  die  zuletzt  genannte  Marke
aufgrund von Verkehrsdurchsetzung den Weg ins Register gefunden hat. Die Wi-
dersprechende  hat  jedoch  nicht  schlüssig  vorgetragen,  dass  sie  ihre  beiden
Wortmarken  ernsthaft  für  die  hier  in  Rede  stehenden  Vergleichswaren,  nämlich
„Parfümeriewaren“,  „Mittel  zur  Körper-  und  Schönheitspflege“  u. ä.  benutzt  hätte.
Der  Senat  schließt allerdings  nicht  aus,  dass  es  sich  bei  der  Bezeichnung  „Plus“
um  eine  bekannte  Einzelhandelsdienstleistungsmarke  handelt  (vgl.  hierzu  allge-
mein: EuGH GRUR 2005, 764 ff. „Praktiker“); insoweit gegebenenfalls als relevant
anzusehende Benutzungshandlungen lassen aber keinen Rückschluss zu, ob eine
Marke auch als Warenmarke eine gesteigerte Kennzeichnungskraft erworben hat
(vgl.  Ströbele,  GRUR Int. 2008,  719,  723).  Hinsichtlich  der  vorliegenden  Wider-
spruchsmarke können jedenfalls die für diese Einschätzung notwendigen Informa-
tionen  weder  dem  Vortrag  der Widersprechenden  zu  dem  von  ihr  in  der  Vergan-
genheit betriebenen Werbeaufwand noch dem zur Verkehrsdurchsetzung der vor-
liegenden  Widerspruchsmarke  396  02  967  „Plus“  vorgelegten  demoskopischen
Gutachten,  das  die  Firma  T…  GmbH  &  Co.  KG  im  Jahr 2003  erstellt  hat,
entnommen werden.
Mangels  erkennbar  gesteigerter  Kennzeichnungskraft  des  Markenbestandteils
„Plus“  kann  sich  die  Widersprechende  zur  Begründung  einer  Verwechslungsge-
fahr  auch  nicht  mit  Erfolg  auf  die  von  ihr  zitierte  BGH-Entscheidung  „City Plus“
(GRUR 2003, 880 ff.) berufen. Diese Entscheidung liefert, da sie die Feststellung
einer  durch  Benutzung  erworbenen  gesteigerten  Kennzeichnungskraft  voraus-
setzt,  zum  vorliegenden  Fall  keine  brauchbaren  Erkenntnisse.  In  dem  genannten
Verfahren hatte der BGH nur deshalb von einer abschließenden Entscheidung des
Falles  abgesehen,  weil  er  nicht  ausschließen  konnte,  dass  die  Wortmarke
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„City Plus“  für  „Dienstleistungen  der  Telekommunikation“  durch  Benutzung  eine
gesteigerte Kennzeichnungskraft erworben hatte.
2. Gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 4 MarkenG sind der Widersprechenden
auch  die  Kosten  des  Beschwerdeverfahrens  aufzuerlegen.  Diese  Kostentragung
kann  vorliegend  nicht  anders  beurteilt  werden  als  die  nach  § 63  Abs. 1  Satz 1
MarkenG.  Nicht  zuletzt  wegen  der  Ausführungen,  die  in  der  angefochtenen  pa-
tentamtlichen  Entscheidung  enthaltend  sind,  musste  der  Widersprechenden  klar
sein, dass eine Weiterverfolgung ihrer Interessen im Wege der Beschwerde aus-
sichtslos war. Diese Bewertung war ihr auch bereits durch eine frühere Entschei-
dungen des BPatG bekannt, mit der ihr in einem Verfahren, dem ebenfalls ein Wi-
derspruch aus der vorliegenden Wort-/Bildmarke 396 02 967 „Plus“ zugrunde lag,
die Kosten des Beschwerdeverfahrens aus Gründen der Billigkeit auferlegt worden
waren  (vgl.  33 W (pat) 141/04  „One System Plus/Plus“,  25.10.05).  Im  Übrigen
kann  hier  auch  auf  die  Entscheidung  des  BPatG  in  PAVIS  PROMA,
33 W (pat) 159/01 „MH-Plus/Xplus“ verwiesen werden.
Prof. Dr. Hacker
Richterin  Dr.  Kober-Dehm
ist  wegen  Urlaubs  verhin-
dert zu unterschreiben.
Prof. Dr. Hacker
Eisenrauch
Bb