Urteil des BPatG vom 17.01.2007
BPatG (gegen die guten sitten, buddhismus, bundesrepublik deutschland, gute sitten, deutschland, marke, sitten, eintragung, bar, stifter)
BUNDESPATENTGERICHT
28 W (pat) 66/06
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
17. Januar 2007
…
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 303 39 171.5
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 17. Januar 2007 unter Mitwirkung …
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 154
08.05
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G r ü n d e
I.
Das Wort
Budha
ist angemeldet worden zur Eintragung in das Markenregister für die folgenden Wa-
ren:
„Parfümeriewaren, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Juwe-
lierwaren und Schmuckwaren, Uhren und Zeitmessinstrumente,
Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“.
Die Markenstelle für Klasse 14 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die
Anmeldung wegen eines Verstoßes gegen die guten Sitten i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 5
MarkenG zurückgewiesen. Eine Internetrecherche habe ergeben, dass das ange-
meldete Wort „Budha“ von vielen Internetnutzern lediglich als eine andere
Schreibweise für das Wort „Buddha“ angesehen werde. „Buddha“ sei der Ehren-
name des Begründers der nach ihm benannten Weltreligion des Buddhismus. Die
Verwendung dieses Namens als Marke im Geschäftsverkehr, d. h. als kommer-
zielle Produkt- und Dienstleistungskennzeichnung, dürfte mit hoher Wahrschein-
lichkeit den religiösen oder ethischen Wertvorstellungen beachtlicher Teile des
angesprochenen inländischen Verkehrs, widersprechen und als anstößig empfun-
den werden und zwar unabhängig von der jeweiligen Weltanschauung des Einzel-
nen.
Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Anmelderin ihr Eintragungsbegehren weiter.
Nach ihrer Ansicht verstößt eine Marke nur dann gegen die guten Sitten, wenn sie
das Empfinden eines beachtlichen Teils der beteiligten Verkehrskreise dadurch
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verletzen könnte, dass sie sittlich, politisch oder religiös anstößig wirkt oder eine
grobe Geschmacksverletzung enthält. Bei der Prüfung müsse berücksichtigt wer-
den, dass sich die traditionellen religiösen Bindungen gelockert hätten und die Un-
kenntnis über diesen Bereich zunehme. Maßgeblich sei die Auffassung des ange-
sprochenen Publikums in seiner Gesamtheit, wobei weder eine übertrieben laxe
noch eine besonders feinfühlige Ansicht entscheidend sein könne.
Die Anmelderin weist darauf hin, dass das Wort „Buddha“ wörtlich „der Erleuch-
tete“ bedeute und im Buddhismus gerade keine Gottheit bezeichne, sondern auf
jeden Menschen angewandt werden könne, der Vollkommenheit im Sinne des
Buddhismus erreicht habe. Hinzu komme, dass sich der deutsche Verkehr an reli-
giöse Markennamen gewöhnt habe und deswegen an dem angemeldeten Wort
„Budha“ keinen Anstoß nehmen werde. Dazu trägt sie vor, dass es in Deutschland
eine Reihe von Gaststätten gebe, die - unangefochten - Namen wie „Buddha-Bar
Tai Spezialitäten“, „China Restaurant lachender Buddha“ oder „Happy Buddha“
führten; teilweise würden diese Gaststätten auch von praktizierenden Buddhisten
geführt. Weiter beruft sich die Anmelderin auf die Eintragung von Marken wie
„CHRIST“, „Messias“, „Yves Saint Laurent“, „Angel“, „Esprit“, „Klosterfrau“ und
„Kneipp“ oder auf die Eintragung der Wortfolge „Buddha Bar“ für „Beherbergung
und Verpflegung von Gästen“ sowie auf ca. 40 weitere Eintragungen mit dem
Wortbestandteil „Buddha“.
Die Anmelderin beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 14 des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 18. Mai 2006 aufzuheben,
und regt die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.
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II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Auch nach Auffassung
des Senats ist das Wort „Budha“ im Zusammenhang mit den beanspruchten Wa-
ren nicht schutzfähig und kann deswegen nicht in das Register eingetragen wer-
den, weil eine markenmäßige Verwendung dieses Wortes für die beanspruchten
Waren i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG gegen die guten Sitten verstößt. Die Mar-
kenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht nach § 37 Abs. 1 MarkenG zurück-
gewiesen.
Gegen die guten Sitten verstoßen u. a. Marken, die geeignet sind, das Empfinden
eines beachtlichen Teils der beteiligten Verkehrskreise zu verletzen, indem sie
religiös anstößig wirken (vgl. BGH GRUR 1964, 136, 137 „Schweizer“). Das ist
hier der Fall.
Wie die Anmelderin zutreffend vorgetragen hat, bedeutet das Wort „Buddha“ „der
Erleuchtete“ und kann zur Beschreibung eines Menschen verwandt werden, der
im Sinne des Buddhismus vollkommen ist. Daneben wird das Wort „Buddha“ in
Deutschland als Name des Stifters des Buddhismus - Siddharta Gautama - ver-
wandt (vgl. z. B. Brockhaus Enzyklopädie in 30 Bänden, 21. Aufl. 2006, Band 5
Seite 10 f. zum Stichwort „Buddha“). Als Stifter der buddhistischen Lebensauffas-
sung und Lebenspraxis ist Buddha - und zwar unter dieser Bezeichnung - in Lehre
und Kultus des Buddhismus allgegenwärtig, seine Reden werden überliefert und
reflektiert, seine Gestalt wird dargestellt in Bildern und Statuen, seine Lebensge-
schichte fortlaufend überliefert (vgl. z.
B. Brockhaus Enzyklopädie a.
a.
O.,
Seite 11 ff. zum Stichwort „Buddhismus“). Diese Tatsachen sind in Deutschland
weiten Bevölkerungsteilen bekannt. Seit den siebziger Jahren gibt es auch in
Deutschland eine von der Öffentlichkeit wahrgenommene buddhistische Bewe-
gung in dem Sinne, dass verschiedene Formen des Buddhismus gelehrt und zu-
nehmend auch von Menschen nicht-asiatischer Abstammung praktiziert werden.
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Aus diesen Gründen werden die angesprochenen weitesten Verkehrskreise das
angemeldete Wort „Budha“ überwiegend als einen Hinweis auf den Stifter des
Buddhismus verstehen. Die Abweichung von der gewöhnlichen Schreibweise
„Buddha“ in einem Buchstaben ändert daran nichts. Die Markenstelle hatte bereits
darauf hingewiesen, dass die angemeldete Schreibweise auf deutschen Seiten
des Internets im dargelegten Sinne der Bezeichnung „Buddha“ verwendet wird.
Das hat die Anmelderin nicht in Frage gestellt. Es kommt hinzu, dass nach Maß-
gabe der deutschen Phonetik kein Grund ersichtlich ist, aus dem heraus „Budha“
anders ausgesprochen werden sollte als „Buddha“. In der sprachlichen Verständi-
gung wird daher der eine Unterschied in der Schreibweise keine Rolle spielen.
Eine eingetragene Marke ist eine kommerzielle Produktbezeichnung, mit dem das
staatlich verliehene Recht verbunden ist, andere von ihrer Verwendung auszu-
schließen. Wegen der herausragenden Bedeutung, die Buddha als eine ge-
bräuchliche Bezeichnung für den Stifter des Buddhismus nicht nur für dessen Ent-
stehungsgeschichte, sondern auch für den aktuellen buddhistischen Kultus und
die tägliche Praxis der Buddhisten hat, ist davon auszugehen, dass die Kommer-
zialisierung des Wortes „Budha“ durch Erteilung einer Marke als einem Aus-
schlussrecht im Geschäftsverkehr den religiösen oder ethischen Wertvorstellun-
gen beachtlicher Teile des deutschen Verkehrs widerspricht und als anstößig
empfunden wird. Das trifft nicht nur auf die praktizierenden Buddhisten in
Deutschland zu, sondern auch auf eine erhebliche Zahl der in Deutschland leben-
den Menschen mit anderen religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen.
Trotz der zu beobachtenden Tendenz zur Lockerung religiöser Bindungen ist die
Tolerierung und Achtung fremder Religionen nach wie vor ein selbstverständliches
Gebot und eine Grundvoraussetzung für das gedeihliche Zusammenleben in einer
pluralistischen Gesellschaft und gehört mit zu den tragenden ethischen Grund-
werten (vgl. BPatGE 46, 66, 70 - Dalailama - und 28, 41, 43 - CORAN; vgl. auch
die Entscheidung der Eidgen. Rekurskommission für geist. Eigentum sic! 2001,
31 ff., mit der die Anmeldung des Wortes „SHIDDARTA“ für die Waren „Fahr-
zeuge, Transportwesen, Beherbergung“ als sittenwidrig zurückgewiesen wurde).
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Diese Feststellungen werden nicht in Frage gestellt durch die Tatsache, dass es in
Deutschland Restaurants gibt, in deren Namen das Wort „Buddha“ vorkommt.
Dieser Umstand kann schon deswegen keine andere Bewertung des register-
rechtlichen Begriffs der Sittenwidrigkeit nahelegen, weil nicht bekannt ist, ob diese
Namen auch als Marken benutzt werden. Nicht bekannt ist auch, ob die derzeit
etwa dreißig Marken mit dem Wortbestandteil „Buddha“ benutzt werden, die im
deutschen Register (ohne die Schutzerstreckungen für internationale Registrie-
rungen) eingetragen sind. Schon deswegen kann aus diesen Eintragungen nicht
auf eine Veränderung allgemeiner sittlicher Maßstäbe geschlossen werden.
Aus der Eintragung anderer, möglicherweise ähnlicher deutscher Marken lässt
sich im Übrigen kein Anspruch der Anmelderin auf Registrierung ableiten. Die
deutsche Rechtsprechung geht von jeher davon aus, dass Voreintragungen
- selbst identischer Marken - weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleich-
heitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen führen,
welche über die Eintragung zu befinden haben (vgl. z. B. BGH BIPMZ 1998, 248
- Today; BPatGE 32, 5 - CREATION GROSS und zuletzt BPatG MarkenR 2007,
88 ff. - Papaya). Denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke stellt
keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar. Im Recht der Europäischen
Gemeinschaft (Markenrichtlinie, GMV) gilt im Übrigen nichts Anderes, wie der Eu-
ropäische Gerichtshof in den letzten Jahren mehrfach festgestellt hat (vgl. z. B.
GRUR 2004, 674 - Postkantoor; GRUR 2004, 428, Nr. 63 - Henkel).
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlasst, weil die Vorausset-
zungen des § 83 Abs. 2 MarkenG nicht erfüllt waren: Weder hat der Senat über
eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung entschieden, noch machen die Fort-
bildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine
Entscheidung des Bundesgerichtshofs erforderlich. Insbesondere steht die vorlie-
gende Entscheidung in keinem Gegensatz zu BPatG PROMA
PAVIS
24 W (pat) 226/02 - Buddha-Bar, mit der der international registrierten Marke
„Buddha-Bar“ Schutzerstreckung für die Bundesrepublik Deutschland gewährt
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wurde. Der Beschluss stellt ausdrücklich fest, dass eine Zurückweisung des An-
trages wegen eines Verstoßes gegen die gute Sitten gem. § 8 Abs. 2 Nr. 5
MarkenG, Art. 6 quinquies B Nr. 3 PVÜ ausgeschlossen war, weil das Deutsche
Patent- und Markenamt eine entsprechende Beanstandung der Markenstelle dem
Internationalen Büro nicht gemäß Art. 5 Abs. 3 MMA innerhalb der Jahresfrist
nach der internationalen Registrierung der Marke mitgeteilt hatte.
gez.
Unterschriften