Urteil des BPatG vom 09.02.2000
BPatG (bezeichnung, verkehr, marke, verwendung, unterscheidungskraft, angabe, klasse, werbung, beschwerde, patent)
BUNDESPATENTGERICHT
26 W (pat) 104/99
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 397 39 968.5
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 9. Februar 2000 unter Mitwirkung des Richters Kraft als Vorsitzen-
dem sowie des Richters Reker und der Richterin Eder
BPatG 152
10.99
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beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der
Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Marken-
amts vom 26. August 1998 und vom 22. Februar 1999 aufge-
hoben.
G r ü n d e
I.
Die Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die für
die Waren
"Klasse 32: Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und
andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte;
Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken.
Klasse 33: Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)"
angemeldete Wortmarke
Für Dich
mit Beschlüssen vom 26. August 1998 und 22. Februar 1999, von denen der
letztgenannte im Erinnnerungsverfahren ergangen ist, gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begrün-
dung hat sie unter Bezugnahme auf den Beschluß des Senats zur Anmeldung
"FOR YOU" (GRUR 1997, 279 ff.) ausgeführt, die angemeldete Bezeichnung sei
zur Kennzeichnung der betrieblichen Herkunft der beanspruchten Waren nicht
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geeignet, weil es sich bei ihr um einen Slogan handele, der sich in der Aufforde-
rung zum Warenkonsum erschöpfe und vom Verkehr auch ohne weiteres nur in
diesem Sinne verstanden werde. Zur Begründung der Üblichkeit der angemelde-
ten Bezeichnung als werbliche Anpreisung hat die Markenstelle im Erinnerungs-
beschluß Bezug genommen auf den Slogan der Bahn "Intercity. Eine (neue)
Klasse für Sie." (Aktuelle Slogans 1978/1979, herausgegeben von der Stern-An-
zeigenabteilung). Mit dem Erinnerungsbeschluß an die Anmelderin übersandt hat
sie ferner eine Werbung der Versicherungsgruppe HUK-Coburg, die den Slogan
"FÜR MICH, FÜR DICH, FÜR ALLE" enthält.
Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie ist der Auffas-
sung, maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft der angemeldeten
Bezeichnung sei die Auffassung der Käufer der konkret beanspruchten Waren.
Die Markenstelle habe die Verwendung der Bezeichnung "Für Dich" jedoch nur für
den Versicherungssektor sowie die Verwendung der nicht angemeldeten Be-
zeichnung "Für Sie" nur für den Transportsektor belegt. Dort würden andere
Werbegrundsätze gelten, während die Käufer von alkoholfreien und alkoholischen
Getränken der Bezeichnung "Für Dich" durchaus Originalität beimessen würden.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 26.
August
1998 und vom
22. Februar 1999 aufzuheben.
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II.
Die zulässige, insbesondere frist- und formgerecht erhobene Beschwerde der
Anmelderin ist auch begründet. Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung
"Für Dich" in das Markenregister stehen die Schutzhindernisse des § 8 MarkenG
nicht entgegen.
Bei der angemeldeten Wortmarke handelt es sich insbesondere nicht um eine
gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG freihaltungsbedürftige Angabe. Nach der
genannten Bestimmung sind (nur) solche Marken von der Eintragung
ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im
Verkehr u.a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder
zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen
können. Von §
8 Abs.
2 Nr.
2 MarkenG werden Angaben der vorstehend
bezeichneten Art allerdings nur erfaßt, soweit sie einen konkreten Warenbezug
aufweisen (BGH GRUR 1998, 465, 467 - BONUS; Bl.f.PMZ 1999, 410, 411 - FOR
YOU).
Die angemeldete Bezeichnung enthält - ebenso wie die gleichbedeutende
englischsprachige, vom BGH als nicht freihaltungsbedürftig eingestufte Bezeich-
nung "FOR YOU" (BGH aaO) - keine konkrete Sachaussage über die Merkmale
der beanspruchten Waren. Sie ist insbesondere auch nicht als eine Bestim-
mungsangabe i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG anzusehen, da sie nichts über die
konkrete Bestimmung der beanspruchten Getränke, wie z.B. ihren Einsatzzweck
oder ihre Verwendungsweise, aussagt. Eine Zurückweisung der Anmeldung auf
der Grundlage von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG kommt daher nicht in Betracht.
Gleiches gilt im Hinblick auf § 8 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG, da es auch insoweit an
dem vom BGH geforderten konkreten Warenbezug der angemeldeten Bezeich-
nung (BGH aaO - BONUS; Bl.f.PMZ 1999, 406, 407 - ABSOLUT) fehlt.
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Letztlich fehlt es der Bezeichnung "Für Dich" auch nicht an jeglicher Unter-
scheidungskraft i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Unterscheidungskraft im Sinne
dieser Bestimmung ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom
Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren und Dienstleis-
tungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt
zu werden. Hierbei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszuge-
hen, da der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen keiner analysierenden
Betrachtungsweise unterzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die in
Frage stehenden Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender be-
schreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst
nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremd-
sprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung
in der Werbung (BGH WRP 1998, 495, 496 - Today) - stets nur als solches und
nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen
Anhalt dafür, daß einem als Marke verwendeten Wortzeichen die vorerwähnte
Unterscheidungseignung und damit die Unterscheidungskraft fehlt (BGH Bl.f.PMZ
1999, 257, 258 - PREMIERE II; aaO - FOR YOU).
Der Bezeichnung "Für Dich" kommt, wie bereits dargelegt wurde, ebenso wie der
vom BGH für schutzfähig erachteten englischen Angabe "FOR YOU" kein für die
beanspruchten Waren im Vordergrund stehender, konkreter beschreibender
Sinngehalt zu. Es handelt sich bei der angemeldeten Bezeichnung aber auch nicht
um ein Wort der deutschen Sprache, das bei einer zu unterstellenden Ver-
wendung nach Art einer Marke vom Verkehr nicht mehr als betriebliches Unter-
scheidungsmittel verstanden werden würde.
Zwar ist die Markenstelle bei ihrer Prüfung insoweit im Grundsatz zutreffend davon
ausgegangen, daß die nachweisbare Verwendung einer Angabe in der Werbung
geeignet sein kann, deren Unterscheidungskraft in Frage zu stellen (vgl. auch
BGH aaO - Today). Als Verwendungsnachweise, die den Verkehr dazu ver-
anlassen können, in einer Angabe auch bei Benutzung nach Art einer Marke kein
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betriebliches Unterscheidungsmittel mehr zu sehen, kommen allerdings nur solche
in Betracht, die mit der angemeldeten Bezeichnung übereinstimmen oder mit ihr,
was die Art der Verwendung betrifft, unmittelbar vergleichbar sind. Hierzu zählen
nach Auffassung des Senats jedenfalls keine Verwendungsbeispiele, in denen die
angemeldete Bezeichnung nur einen Teil einer zusammenhängenden Aussage
darstellt; denn aus einer derartigen Verwendungsweise kann nicht der Schluß
gezogen werden, daß der Verkehr der gleichen Angabe auch dann keine
Unterscheidungskraft mehr beimisst, wenn er ihr in Alleinstellung und in nach Art
einer Marke herausgestellter Form begegnet.
Wie der BGH (GRUR 1995, 408, 409 - PROTECH; aaO - FOR YOU) wiederholt
herausgestellt hat, neigt der Verkehr nicht dazu, eine ihm als vermeintliche Marke
gegenübertretende Bezeichnung zu analysieren, sondern nimmt sie so auf, wie sie
ihm begegnet. Wegen dieser in der Regel unkritischen Hinnahme einer als Marke
verwendeten Bezeichnung als solche muß der Verkehr durch eine Anzahl von
Beispielen, z.B. aus der Werbung, die die ausschließlich warenanpreisende
Funktion der beanspruchten Angabe auch bei herausgehobener Verwendung klar
erkennen lassen, dazu veranlasst worden sein, trotz dieser herausgehobenen
Verwendungsform in der Angabe keinen betrieblichen Herkunfts- und Qualitäts-
hinweis mehr zu sehen. Nur in diesem Fall kann mit hinreichender Sicherheit da-
von ausgegangen werden, daß einer nicht konkret warenbeschreibenden Be-
zeichnung "jegliche" Unterscheidungskraft fehlt.
Die von der Markenstelle im vorliegenden Verfahren beigebrachten Verwen-
dungsbeispiele aus der Werbung, die die Bezeichnungen "Für Dich" bzw. "Für Sie"
enthalten, sind nicht geeignet, die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke
zu widerlegen. Sie enthalten die angemeldete Bezeichnung bzw. die mit ihr
vergleichbare, förmlichere Bezeichnung "Für Sie" lediglich in einem Satz- bzw.
Sachzusammenhang, der - nicht zuletzt auch wegen der Länge der Aussagen -
ein ausschließliches Verständnis als anpreisende Angabe deutlich werden läßt.
Dagegen war es weder der Markenstelle noch dem Senat möglich, eine separate,
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herausgehobene Verwendung der Bezeichnung "Für Dich" in der Werbung fest-
zustellen, weshalb es an ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten für die
Annahme fehlt, der Verkehr werde auch bei einer solchen Verwendung in der an-
gemeldeten Bezeichnung keine Marke sehen. Bei dieser Sachlage war der Be-
schwerde der Anmelderin stattzugeben.
Kraft Eder
Reker
prö