Urteil des BPatG vom 05.03.2007

BPatG: beschreibende angabe, eugh, veranstaltung, verkehr, form, musik, vermietung, patent, zusammensetzung, organisation

BUNDESPATENTGERICHT
30 W (pat) 23/05
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
5. März 2007
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 303 60 659.2
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 5. März 2007 unter Mitwirkung …
BPatG 154
08.05
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beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Bezeichnung
KUNST-MAHL
für die Dienstleistungen
Organisation und/oder Durchführung von kulturellen und/oder kuli-
narischen Veranstaltungen und Events; Organisation und/oder
Veranstaltung von Festen, Feiern und Partys; Planung von Fes-
ten, Feiern und Partys; Veranstaltung und/oder Durchführung von
Kochkursen; Catering, sowohl Food als auch Non-Food; Ver-
mietung von Glasartikeln, Besteck, Tischzubehör, Küchentechnik
und sonstiges Veranstaltungs-Equipment; Verpflegung von Gäs-
ten; Vermietung von Partyräumen.
Die Markenstelle für Klasse 43 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die
Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die angemel-
dete Marke sei ein beschreibender Slogan mit dem Hinweis auf ein literarisch-
musikalisches Gala-Diner verbunden mit Kunstgenuss und exquisitem Essen.
Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt und im Wesentlichen aus-
geführt, es handele sich bei der angemeldeten Marke um eine ungewöhnliche und
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fantasievolle Wortneuschöpfung. Die Bezeichnung sei in ihrer Zusammensetzung
mehrdeutig und könne auch vom Fachverkehr nicht ohne vorausgehende Analyse
der Bestandteile klar einer der beanspruchten Dienstleistungen zugeordnet wer-
den. Das Wort „Mahl“ weise in erster Linie auf eine Ware, nicht aber auf eine
Dienstleistung hin. Die Kombination „KUNST-MAHL“ sei auch nicht als Wer-
beslogan geeignet, da die Bezeichnung keinen eindeutigen thematischen Bezug
aufweise. Es handele sich um eine ungewöhnliche und damit schutzfähige Be-
zeichnung im Sinne der EuGH Entscheidung „Baby-Dry“.
Die Anmelderin beantragt,
den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 43 des
Deutschen Patent- und Markenamtes vom 3. Dezember 2004 auf-
zuheben.
Der Anmelderin wurden die Ergebnisse einer Internetrecherche zu vergleichbaren
Wortzusammensetzungen mit entsprechendem Hinweis des Senats übersandt.
Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten und die der Anmelderin übermittelten Er-
gebnisse einer Internetrecherche Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist in der Sache ohne Erfolg.
Die angemeldete Marke ist für die beanspruchten Dienstleistungen von der Eintra-
gung ausgeschlossen, da sie eine für den Wettbewerb freizuhaltende, beschrei-
bende Angabe im Sinne von § 8 Absatz 2 Nr. 2 MarkenG ist.
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Nach § 8 Absatz 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausge-
schlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr
u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger
Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen können.
Auch Wortneubildungen kann der Eintragungsversagungsgrund des § 8 Abs. 2
Nr. 2 MarkenG entgegenstehen, wenn sie sprachüblich gebildet sind und ihr be-
schreibender Aussagegehalt so deutlich und unmissverständlich ist, dass sie ihre
Funktion als Sachbegriffe erfüllen können. Dies ist dann der Fall, wenn sich den
angesprochenen Abnehmern eine konkret beschreibende Angabe ohne die Not-
wendigkeit besonderer Denkprozesse unmittelbar erschließt, (vgl. EuGH GRUR
2003, 58, 59 –
Companyline; BGH GRUR 1995, 269, 270 –
U-Key;
Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rdn. 260 m. w. N).
Insbesondere hat eine Marke, die sich aus einem Wort mit mehreren Bestand-
teilen zusammensetzt, von deren Inhalt jeder Merkmale der beanspruchten Waren
oder Dienstleistungen beschreibt, selbst einen die genannten Merkmale beschrei-
benden Charakter im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, es sei denn, dass ein
merklicher Unterschied zwischen dem Wortinhalt und der bloßen Summe des
Inhalts seiner Bestandteile besteht. Dabei führt die bloße Aneinanderreihung sol-
cher beschreibenden Bestandteile ohne Vornahme einer ungewöhnlichen Ände-
rung, insbesondere syntaktischer oder semantischer Art, nur zu einer Marke, die
ausschließlich aus beschreibenden Zeichen oder Angaben besteht (EuGH GRUR
Int. 2004, 410, 413 - BIOMILD; EuGH GRUR Int. 2004, 500, 507 – KPN-Postkan-
toor).
Auf die Frage der Mehrdeutigkeit der Wortzusammensetzung kommt es bei § 8
Abs. 2 Nr. 2 MarkenG regelmäßig nicht an. Ein Wortzeichen ist nämlich auch dann
von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es zumindest in einer seiner möglichen
Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen
bezeichnet (vgl. EuGH MarkenR, 2003, 450 - DOUBLEMINT). Es ist zudem nicht
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erforderlich, dass die Zeichen oder Angaben, aus denen die Marke besteht, zum
Zeitpunkt der Anmeldung bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken für
Dienstleistungen wie die in der Anmeldung aufgeführten verwendet werden. Es
genügt, wie sich schon aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ergibt,
dass die Zeichen oder Angaben zu diesem Zweck „dienen können“ (vgl. EuGH
GRUR 1999, 723, 726 – Chiemsee).
Die angemeldete Bezeichnung setzt sich, durch den Bindestrich verbunden, er-
kennbar aus den beiden Bestandteilen „Kunst“ und „Mahl“ zusammen. Das Wort
„Kunst“ bedeutet „schöpferisches Gestalten aus den verschiedensten Materialien
oder mit den Mitteln der Sprache, Töne in Auseinandersetzung mit Natur und
Welt“ bzw. „ein einzelnes Werk; die Werke eines Künstlers; künstlerisches Schaf-
fen“ sowie auch „das Können, besonderes Geschick auf einem bestimmten Ge-
biet“ (vgl. Duden – Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. Mannheim 2006 - CD-
ROM). „Kunst“ ist „ein Kulturprodukt, das Ergebnis eines kreativen Prozesses, an
dessen Ende entweder das Kunstwerk steht oder auch der Prozess selbst als
Ergebnis gewertet wird“ (vgl. wikipedia.org unter dem Stichwort „Kunst“). Das Wort
„Mahl“ bedeutet „Essen, Speise“ sowie „das Einnehmen einer Mahlzeit“ (vgl.
Duden a. a. O.).
Der Senat hat die Anmelderin bereits auf vergleichbare Zusammensetzungen mit
dem Bestandteil „Mahl“ hingewiesen. So wird die Kombination „Denk Mahl“ ver-
wendet für die Leistungen eines Caterers, der individuelle Feste in privaten Bur-
gen und Schlössern anbietet (vgl. www. denk-mahl-exclusiv.de), die Zusammen-
setzung „Schau Mahl“ als Name eines Restaurants mit einem besonderen und
kreativen Konzept (vgl. u. a. „Das Verschwinden der Speisekarte: Schau Mahl“
unter www. hr-online.de), die Kombination „Hör- Mahl“ für eine Kochveranstaltung
(vgl. www. b-hasselberg.de).
Sogar die Kombination „Kunstmahl“ selbst wird bereits verwendet für die sog. Er-
lebnis- oder Eventgastronomie bzw. von Veranstaltern sog. Kulturevents (vgl.
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www. kultureventbuero.de) für z. B. „eine Kombination aus Museumsbesuch und
Spitzenküche“ in Köln (vgl. www. sehenswert-koeln.de/besonders), für ein „Gala-
Diner bei Musik und Ausstellungen“ bei Bremen (vgl. www.
taz.de/pt/2003/09/01/a0223.1/text) sowie eine Veranstaltung zu einer Kunstaus-
stellung in Köln (vgl. openpr. de/news/70547/Toulouse-Lautrec-oder-die-Kunst-
des-Kochens.html).
Die angemeldete Kombination „KUNST-MAHL“ ist daher zum einen im Sinne von
„künstlerisches Mahl“ - als Mahl, das sich durch die Kochkunst auszeichnet mit der
es zubereitet wurde - zu verstehen, zum anderen als „Kunst und Mahl“ - als eine
Verbindung aus Kunst in Form von bildender Kunst, Musik, Theater, Darstellung
oder irgendeines kreativen Vorgangs in Verbindung mit dem Einnehmen einer
Mahlzeit, letzteres eine unterdessen verbreitete Form eines Events.
Ebenso wie die oben genannten Zusammensetzungen ist auch die Kombination
„KUNST-MAHL“ eine sprachübliche und naheliegende Wortverbindung. Beide
Markenbestandteile werden dabei entsprechend ihrem Sinngehalt verwendet und
bilden auch in der Gesamtheit keinen neuen, über die bloße Kombination hinaus-
gehenden Begriff. In diesem Sinne wird der inländische Verkehr die angemeldete
Marke ohne weiteres verstehen.
Soweit sich die Anmelderin hierzu auf die Entscheidung des EuGH – „Baby-dry“
(GRUR 2001, 1145) bezieht, ist festzustellen, dass in den nachfolgenden Ent-
scheidungen des EuGH deutlich höhere Anforderungen an die Eintragungs-
fähigkeit von Wortneubildungen gestellt wurden (vgl. EuGH a. a. O. – Company-
line; - DOUBLEMINT; - Biomild; Ströbele/Hacker, a. a. O. § 8 Rdn. 94, 195).
Es liegt für die allgemeinen Verkehrskreise in Bezug auf die beanspruchten
Dienstleistungen daher nahe, die angemeldete Bezeichnung „KUNST-MAHL“ als
„kulinarischen Kunstgenuss, kulinarisches Event mit kulturellem Begleitprogramm“
zu verstehen. In Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen ergibt die ange-
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meldete Bezeichnung „KUNST-MAHL“ die zur Beschreibung geeignete Sachaus-
sage, dass es sich nach Art, Beschaffenheit und Bestimmung um Dienstleistungen
handelt, die einen „kulinarischen Kunstgenuss“, ein „kulinarisches Event mit kul-
turellem Begleitprogramm“ darstellen oder beinhalten, dazu dienen oder hierfür
bestimmt sind. Die im Dienstleistungsverzeichnis aufgeführten Dienstleistungen
können dazu dienen, eine derartige Verbindung von kultureller und kulinarischer
Veranstaltung als Fest, Party oder Event zu organisieren und durchzuführen bzw.
die hierfür notwendige Ausstattung bereitzustellen.
Dabei ist es nicht erforderlich, dass die beanspruchten Dienstleistungen selbst
eine derartige Veranstaltung darstellen, da die Bezeichnung „KUNST-MAHL“ auch
einen beschreibenden Hinweis für Dienstleistungen geben kann, die hierfür be-
stimmt sind oder Verwendung finden können (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).
Dabei führen auch mögliche Bedeutungsvarianten der Einzelbestandteile nicht zur
Schutzfähigkeit, da es nicht erforderlich ist, dass der Verkehr die angemeldete Be-
zeichnung in allen Bedeutungsmöglichkeiten als Sachangabe versteht (vgl. EuGH
- DOUBLEMINT a. a. O.; EuGH - BIOMILD a. a. O.). Ohnehin verstehen die ange-
sprochenen Verkehrskreise die Marke im Hinblick auf die beanspruchten Waren
und Dienstleistungen, so dass entferntere Bedeutungsvarianten (z. B. „künstliches
Essen“) unbeachtet bleiben.
Selbst wenn der Begriff „KUNST-MAHL“ auf eine Wortschöpfung durch die An-
melderin zurückzuführen wäre, so ist er doch, wie die vergleichbaren Wortschöp-
fungen (s. o.) zeigen, sprachüblich gebildet, ohne weiteres verständlich und des-
halb zur Beschreibung der Waren geeignet, so dass seine freie Benutzung durch
Dritte gewährleistet sein muss (vgl. BGH GRUR 2005, 578, 580 - LOKMAUS).
Wegen des in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen im Vordergrund ste-
henden Begriffsgehalts sowohl der Einzelelemente als auch der daraus gebildeten
Kombination, die über den Sinngehalt der Einzelelemente nicht hinaus geht, han-
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delt es sich um eine deutlich und unmissverständlich beschreibende Angabe ohne
jegliche begriffliche Ungenauigkeit, die zu einer konkreten beschreibenden Be-
zeichnung dienen kann. Markenschutz kann hierfür nicht gewährt werden.
gez.
Unterschriften