Urteil des BPatG vom 19.06.2002
BPatG: beschreibende angabe, hof, unterscheidungskraft, beratung, verbraucher, patent, zukunft, freihaltebedürfnis, wortmarke, installation
BUNDESPATENTGERICHT
26 W (pat) 290/00
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 399 65 887.4
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung am 19. Juni 2002 unter Mitwirkung des Richters Kraft als Vorsitzendem
sowie der Richterin Eder und des Richters Reker
BPatG 152
10.99
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beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Mar-
kenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts
vom 24. August 2000 aufgehoben.
G r ü n d e
I.
Die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die für
die Dienstleistungen
"Aufstellung von Kosten-Preis-Analysen,
Betriebswirtschaftliche Beratung zur Energieversorgung;
Installation, Reparatur, Instandhaltung von Einrichtungen zur
Energieversorgung;
Verteilung von Elektrizität,
Versorgung privater Haushalte mit elektrischem Strom;
wirtschaftliche Beratung Dritter auf dem Gebiet der Beschaffung,
des Transportes und der Nutzung von elektrischer Energie;
wirtschaftliche und technische Beratung und Leitung von Versor-
gungsunternehmen für elektrische Energie,
Installation und Wartung von Netzen zur Übertragung elektrischer
Energie,
wirtschaftliche und technische Beratung sowie Dienstleistung von
Ingenieuren auf dem Gebiet der Messtechnik"
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angemeldete Wortmarke
HofStrom
gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG wegen des Bestehens eines Freihaltungs-
bedürfnisses und Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zurückgewiesen.
Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angemeldete Bezeichnung stelle einen
schutzunfähigen beschreibenden Sachhinweis dar, denn im Hinblick auf in be-
stimmten Regionen erzeugte Energie füge sich die Wortverbindung "HofStrom"
ohne jede Eigenprägung in die Reihe übereinstimmend gebildeter Begriffskombi-
nationen ein, die aus dem Wortteil "Strom" und einem Präfix gebildet seien, das
einen Hinweis auf den geographischen Ursprung der Stromgewinnung oder einen
Hinweis auf den Sitz der Verbraucher gebe. Die beanspruchte Wortverbindung sei
daher sprachüblich gebildet. Da die Schutzfähigkeit angemeldeter Marken stets im
Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen zu prüfen sei, könne im
vorliegenden Fall ausgeschlossen werden, daß ein markenrechtlich relevanter Teil
des Publikums die angemeldete Marke anders als einen Hinweis auf die Erzeuger-
oder Abnehmerregion werte. Gerade die unmittelbare Verständlichkeit und Griffig-
keit des angemeldeten Begriffs spreche für seine Eignung, als Sach- oder Werbe-
begriff verwendet zu werden, was wiederum ein Freihaltebedürfnis indiziere. Da
die angemeldete Marke den beteiligten Verkehrskreisen in ihrem Begriffsinhalt
völlig geläufig sei und auch keinerlei phantasievolle Eigenart aufweise, würden die
angesprochenen Verbraucher die angemeldete Marke insgesamt nur als
werbeüblichen Hinweis auf in der Hofregion erzeugten oder abgenommenen
Strom und nicht als unternehmerisches Herkunftszeichen auffassen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Ihrer Ansicht nach weist
die angemeldete Marke "HofStrom" ebenso wie die von ihr bereits seit längerem
benutzten Bezeichnungen "HofEnergie", "HofBus", "HofVerkehr" die Eigenart auf,
daß das Wort "Strom" mit einem Großbuchstaben ohne Zwischenraum an das
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Wort "Hof" angeschlossen sei. In ihrer Gesamtheit sei die angemeldete Marke
deshalb unterscheidungskräftig. Zwar bestehe ein begrifflicher Zusammenhang zu
den beanspruchten Dienstleistungen, dennoch sei "HofStrom" für die bean-
spruchten Dienstleistungen keine gebräuchliche beschreibende Angabe. Strom sei
eine Ware und nicht in den angebotenen Dienstleistungsprodukten enthalten.
Ebenso wenig sei ein konkretes Freihaltebedürfnis an der Marke feststellbar, denn
das Markenwort "HofStrom" sei eine Neuschöpfung, der ein eindeutiger Sinngehalt
nicht zu entnehmen sei, denn "Hof" stehe nicht nur für eine oberfränkische
Kreisstadt, sondern auch für einen abgegrenzten Bereich; ebenso stehe "Strom"
nicht nur für elektrischen Strom sondern auch für in großen Mengen bewegte Teile
oder als Bezeichnung für einen großen Fluß.
Die Anmelderin beantragt,
den Beschluß der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts vom 24. August 2000 aufzuheben.
II.
Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als begründet, denn der be-
gehrten Eintragung stehen die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 Mar-
kenG nicht entgegen.
1. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind nur Kennzeichnungen von der Eintragung
ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur
Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung
sonstiger Merkmale der infrage stehenden Waren oder Dienstleistungen dienen
können. Zu den nach dieser Vorschrift vom Markenschutz ausgeschlossenen An-
gaben zählen zwar nicht nur die dort ausdrücklich aufgeführten, sondern auch sol-
che, die für den Warenverkehr wichtige und für den umworbenen Abnehmerkreis
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irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die betreffenden
Dienstleistungen selbst beschreiben (vgl BGH GRUR 1998, 813 – CHANGE;
BlPMZ 1999, 410 – FOR YOU) und die entweder bereits als Sachaussage benutzt
werden oder deren Benutzung als Sachaussage auf Grund konkret feststellbarer
tatsächlicher Umstände in Zukunft zu erwarten ist (vgl BGH GRUR 1995, 408 –
PROTECH). Der Beurteilung ist dabei die angemeldete Bezeichnung in ihrer Ge-
samtheit zu Grunde zu legen und keine zergliedernde Betrachtungsweise vorzu-
nehmen (BGH MarkenR 2000, 420 – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).
Zu diesen Angaben oder Umständen gehört die Anmeldung "HofStrom" jedoch
nicht.
Eine Verwendung der um Schutz nachsuchenden Bezeichnung als beschreibende
Angabe für die von der Anmelderin beanspruchten Dienstleistungen hat die Mar-
kenstelle nicht belegt. Auch der Senat hat die erforderlichen Feststellungen nicht
zu treffen vermocht. Ein auf gegenwärtiger Benutzung beruhendes aktuelles Frei-
haltebedürfnis an der angemeldeten Marke als beschreibende Sachaussage ist
deshalb nicht nachweisbar. Ebenso wenig liegen konkrete Tatsachen vor, die da-
für sprechen könnten, daß die Gesamtbezeichnung "HofStrom" in Zukunft als kon-
kret beschreibende Angabe für die im Dienstleistungsverzeichnis aufgeführten
Leistungen dienen könnte. Selbst wenn mit der Markenstelle davon ausgegangen
wird, daß der angesprochene Verkehr die angemeldete Gesamtbezeichnung
"HofStrom" als Hinweis auf den geographischen Ursprung der Stromgewinnung
oder als ein Hinweis auf den Sitz der Strom-Verbraucher ansieht, so sagen diese
Sinngehalte nichts Konkretes darüber aus, welche konkreten und eindeutigen Mo-
dalitäten die unter dieser Bezeichnung angebotenen Dienstleistungen auszeich-
nen könnten. Gegen die Annahme, daß "HofStrom" in Zukunft als eindeutig be-
schreibende Sachaussage für die hier in Rede stehenden Dienstleistungen einge-
setzt werden könnte, spricht im übrigen auch, daß mit dieser Gesamtbezeichnung
sowohl "Strom aus (der Region) Hof" oder "Strom für (die Region) der Stadt Hof"
gemeint sein kann. Auch soweit "HofStrom" möglicherweise als Hinweis auf
(Öko-)Strom verstanden wird, der auf einem (Bauern-)Hof erzeugt wird, läßt diese
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Deutung zB nicht erkennen, auf welche Art und Weise der dort erzeugte Strom
gewonnen wurde. So kann der auf diese Art und Weise gewonnene Strom durch
die Verwertung von Biogasen oder den Einsatz von Windrädern gewonnen sein.
Diese Mehrdeutigkeit schließt zusätzlich aus, daß die angemeldete Wortmarke die
beanspruchten Dienstleistungen eindeutig beschreiben könnte.
2. Ebenso wenig kann der Marke jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8
Abs 2 Nr 1 MarkenG abgesprochen werden. Unterscheidungskraft im Sinne dieser
Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als
Unterscheidungsmittel für die der Anmeldung zugrundeliegenden Dienstleistungen
eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu
werden. Hierbei ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede
auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis
zu überwinden, zumal der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller
Regel aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden
Betrachtungsweise unterzieht. Kann einer Wortmarke kein für die beanspruchten
Dienstleistungen im Vordergrund beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet wer-
den und handelt es sich auch nicht um eine gebräuchliche Bezeichnung, die vom
Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung
(vgl BGH WRP 1998, 495 – TOBAY) – stets nur als solche und nicht als Unter-
scheidungsmittel verstanden wird, gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß
einem als Marke verwendeten Wortzeichen die Unterscheidungseignung und da-
mit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl BGH MarkenR 1999, 349 – YES).
Hiervon ausgehend kann der Bezeichnung "HofStrom" nicht die erforderliche Un-
terscheidungseignung abgesprochen werden: Eine eindeutige Sachaussage, die
auf bestimmte Eigenschaften oder Merkmale der in Frage stehenden Dienst-
leistungen selbst Bezug nimmt, stellt diese Bezeichnung – wie dargelegt – nicht
dar. Ebenso wenig liegen Anhaltspunkte dafür vor, daß der Verkehr etwa durch
eine Verwendung der angemeldeten Bezeichnung in der Werbung als schlagwort-
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artige Aussage daran gewöhnt sein könnte, in ihr im Bezug auf die beanspruchten
Dienstleistungen keine Marke mehr zu sehen.
Demgemäß war der angefochtene Beschluß aufzuheben.
Kraft Reker Eder
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