Urteil des BPatG vom 29.09.2004

BPatG: form, eugh, verarbeitung, begriff, verkehr, software, inhaber, internet, konkurrenz, zukunft

BPatG 154
6.70
BUNDESPATENTGERICHT
28 W (pat) 217/03
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
29. September 2004
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 300 33 022.7
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 29. September 2004 unter Mitwirkung des Vorsitzen-
den Richters Stoppel sowie der Richterin Schwarz-Angele und des Richters
Paetzold
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beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I .
Die Anmelderinnen begehren die Eintragung des Wortes
CorrectPlus
in das Markenregister als Kennzeichnung für folgende Waren
"Maschinen und Werkzeuge für die Metallbe- und -verarbeitung,
Bauholz-, Schnittholz-, Holzbe- und -verarbeitungs-, Furnier- und
Sperrholzmaschinen und -geräte; Maschinen und Werkzeuge für
die Kunststoffbe- und -verarbeitung; Maschinen und Werkzeuge
für die Steinbe- und -verarbeitung;
Messapparate und -instrumente; Maschinen und Instrumente zur
elektronischen Anwendung; Computerprogramme zur Verwen-
dung in Messapparaten und -instrumenten; Computerprogramme
zur Verwendung in Be- und Verarbeitungsmaschinen und –werk-
zeugen"
Die Markenstelle für Klasse 7 des DPMA hat die Anmeldung wegen fehlender Un-
terscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG mit der Begründung zurück-
gewiesen, "CorrectPlus" werde nicht als Betriebskennzeichnung verstanden, son-
dern nur im Sinn einer beschreibenden Sachangabe dahingehend, dass die Wa-
ren entweder (Kl. 9) einer verbesserten, genaueren Messung, Überprüfung und
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Korrektur von maschinellen Arbeitsprozessen dienten oder (Kl. 7) noch genauer
und korrekter - etwa mit Hilfe eines entsprechenden Korrekturinstruments/-pro-
gramms - arbeiteten. In einem solchen werbenden Hinweis erblicke auch der an-
gesprochene Fachverkehr keinen betrieblichen Herkunftshinweis.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderinnen, denn nach ihrer An-
sicht fehlt es an dem für eine Zurückweisung notwendigen konkreten und eindeuti-
gen Warenbezug. "Plus" in Alleinstellung könne zB im Sinn eines Zusatzes oder
aber eines Denkanstoßes verstanden werden. Als Gesamtwort in der Übersetzung
"korrigiere plus" sei die Marke ergänzungsbedürftig, wohingegen der Fachverkehr
unzweideutige Funktionenbeschreibungen gewohnt sei. Angesichts der unschar-
fen Bedeutung bestehe auch kein Freihaltungsbedürfnis an der Wortkombination,
zumal sie in den USA und dem Vereinigten Königreich als Marke eingetragen sei.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderinnen (§ 165 Abs 4 MarkenG) ist nicht be-
gründet, denn das als Marke beanspruchte Markenwort besteht lediglich aus zwei
beschreibenden Begriffen, die auch in ihrer Kombination den Mitbewerbern zur
freien Verfügung offen stehen muss (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).
Im Kontext der Waren enthält das englischsprachige Wort "correct", das als Verb
("korrigieren, berichtigen") und als - im Deutschen fast identischen - Adjektiv ("rich-
tig, korrekt") existiert, die Sachaussage, dass die so gekennzeichneten Maschi-
nen, Messapparate und Computerprogramme äußerst korrekt arbeiten oder auch
der Fehlerbeseitigung/-vorbeugung dienen. Gerade im Bereich der Maschinen zur
Bearbeitung von Holz, Metall, Kunststoff oder auch Stein kommt es auf eine kor-
rekte Ausführung an, weil bereits kleine Fehler das Werkstück wertlos machen
können. Dementsprechend benötigt der Verkehr auch Werkzeuge und Korrektur-
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programme, die bereits im Vorfeld Fehler vermeiden, indem sie zum Beispiel
falsch justierte Werkstücke erkennen und womöglich neu ausrichten; ebenso ist es
möglich, dass die Waren zur Beseitigung von Fehlern eingesetzt werden, die bei
der Bearbeitung aufgetreten sind. Letzteres haben die Anmelderinnen ausdrück-
lich eingeräumt (Bl. 11 der Gerichtsakte) und wird auch durch deren Auftritt im In-
ternet belegt, wo es in Bezug auf die beanspruchten Waren unter anderem heißt
(vgl. Anlage zum Protokoll S. 1): "Features: allows construction of a production sy-
stem with improved accuracy and reduced ration of defected parts" und: "If the NC
program is partially corrected prior to processing, there is no need to make a co-
rection during processing". In der anschließenden Grafik mit Erläuterungen wer-
den die Begriffe "corrected" und "correction" insgesamt siebenmal verwendet. Für
den Senat ist damit offenkundig, dass für derartige Korrekturmaschinen und zuge-
hörige Programme der zum Grundwortschatz gehörende englischsprachige Be-
griff "correct" für die Mitbewerber zur Beschreibung unentbehrlich ist. Hierbei spielt
es keine Rolle, ob das englische Verb ("korrigieren, verbessern") oder Adjektiv
("sauber, korrekt") gemeint ist. Denn in beiden Varianten enthält es eine lediglich
beschreibende Sachangabe, die zu keiner echten Mehrdeutigkeit führt.
Das Freihaltungsbedürfnis an diesem Begriff entfällt auch nicht in der Kombination
mit dem geläufigen Werbeschlagwort "Plus", das durch seinen großen Anfangs-
buchstaben sofort in seinem Bedeutungsgehalt erkannt wird. Nach den von der
Markenstelle und dem Gericht getroffenen Feststellungen - deren Ergebnis den
Anmelderinnen zur Kenntnis gebracht wurden - wird das Wort "Plus" sowohl kenn-
zeichnend wie beschreibend auf einer Vielzahl von Warengebieten verwendet, um
auf eine zusätzliche, verbesserte Eigenschaft, auf einen Vorteil oder Vorzug hinzu-
weisen. Anders als die Anmelderinnen meinen, erfolgt der Gebrauch von "Plus"
dabei weniger in adverbialer Form - also mit der Notwendigkeit, das jeweilige Plus
zu konkretisieren –, sondern weit häufiger ist die Verwendung in substantivischer
Form und ohne eine konkrete Aussage, welche genaue Wareneigenschaft nun
verbessert ist oder einen Mehrwert darstellt. Dies erlaubt dem Verbraucher, in al-
len angebotenen Waren- und Dienstleistungseigenschaften ein "Mehr" gegenüber
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denen der Konkurrenz-Produkten zu erblicken (zB Canal plus, RTL plus, UHU
plus, LTU plus, One Plus oder Postbank Giro Plus: "Postbank, das Plus für den
Kunden", NWS: "Neckarwerke Stuttgart AG, unsere Energie, Ihr Plus", Sony: "Eine
Microsystemanlage mit dem großen Plus", Eubos: "Das Plus für die Zukunft mei-
ner Haut", Crowne Plaza: "Weekender Plus", usw). Die vorliegende Wortkombina-
tion wird sogar bereits im Zusammenhang mit Computerprogrammen, hier einem
Rechtschreibprogramm, in eindeutig beschreibender Form eingesetzt und vom
Verkehr auch so verstanden, wie aus einer Internet-Fundstelle hervorgeht (vgl.
www.wein-plus.de/weinforum/faq_visite.htm: "...möchte ich eine Software empfeh-
len, die ich seit einiger Zeit einsetze und die mich begeistert: Auto Correct Plus
....Diese Software korrigiert nicht nur Tippfehler in beliebigen Anwendungen auto-
matisch.... Man kann auch problemlos kleine Makros nutzen die häufig genutzte
Begriffe oder Sequenzen schnell und einfach abkürzen lassen. ...").
Derartige nahezu universell verwendbare Begriffe, wie sie vorliegend kombiniert
sind, dürfen nicht nur für einen Anbieter monopolisiert werden (vgl. auch BGH,
BlPMZ 1996, 498 – MEGA). Die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 MarkenG sind
im Lichte des Allgemeininteresses an einem unverfälschten Wettbewerb zu würdi-
gen (vgl. EuGH MarkenR 2003, 227 - Libertel, EuGH Mitt 2004, 222 – Biomild). Al-
le sich aus einer Marke für den Inhaber ergebenden Rechte und Befugnisse sind
anhand dieses Zieles zu prüfen, denn die eingetragene Marke gewährt ihrem In-
haber ein ausschließliches und unbefristetes Recht zur Monopolisierung und damit
einen Wettbewerbsvorteil. Dieser Vorteil ist nur dann gerechtfertigt, wenn das Zei-
chen von den Mitbewerbern nicht zur Beschreibung von Produkt- oder Dienstlei-
stungs-Merkmalen benötigt wird. Bei der bloßen Aneinanderreihung von beschrei-
benden Bestandteilen bleibt die Kombination - selbst als sprachliche Neuschöp-
fung - solange ebenfalls beschreibend, wie sie nicht durch ungewöhnliche Abwei-
chungen syntaktischer oder semantischer Art von dem Eindruck abweicht, der
durch die bloße Zusammenfügung der Einzelbestandteile entsteht (EuGH aaO –
Biomild); eine solche Abweichung liegt hier aber gerade nicht vor.
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Dementsprechend hat die Rechtsprechung, wie in der mündlichen Verhandlung
ausführlich erörtert, die Verbindung von "Plus" mit beschreibenden Zusätzen bzw.
umgekehrt in den Fällen für markenschutzunfähig erklärt, in denen ohne weiteres
die beschreibende Gesamtaussage erkennbar war (z.B. BPatG
Az. 33 W (pat) 131/01 vom 5. November 2002 – FinanzPlus; 29 W (pat) 229/99
vom 10. Januar 2001 –Global Plus; 32 W (pat) 019/00 vom 28. Juni 2000 –Kom-
fort Plus; 33 W (pat) 068/98 vom 5. März 1999 – OPTIK PLUS MARKETING
RING; 29 W (pat) 351/99 vom 7. März 2001 – SelectPlus).
Dem Freihaltungsbedürfnis stehen vorliegend auch nicht die Voreintragungen in
den USA und im Vereinigten Königreich entgegen. Zwar kommt diesen regelmä-
ßig eine gewisse Indizwirkung gegen die Annahme eines Freihaltungsinteresses
zu, doch lassen sie sich auch mit abweichenden Sprach- und Werbegewohnheiten
erklären, die vorliegend besonders evident sind, da die beanspruchten Marken-
wörter für sich wie in der Kombination auch zum deutschen Sprachschatz gehö-
ren. Auch bei der Beurteilung von Gemeinschaftsmarken wird beispielsweise auf
eventuelle nationale Voreintragungen keine entscheidungserhebliche Rücksicht
genommen (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl. 2003, § 8 Rdn. 263 ff., 267
m.w.N.). So hat etwa das HABM vergleichbare Markenanmeldungen trotz Vorein-
tragung in einem englischsprachigen Land für nicht schutzfähig erachtet (vgl. PA-
VIS-Auszüge zu HABM R0008/99-3 vom 8. September 1999 -QUICK VIEW PLUS;
R0416/99-1 vom 16. Mai 2000 - LIFE PLUS; R0066/98-1 vom 30. Septem-
ber 1998 - COMFORT PLUS; R0329/99-1 vom 15. Dezember 1999 - PLATINUM
PLUS;).
Die Beschwerde der Anmelderinnen war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Stoppel Schwarz-Angele Paetzold