Urteil des BPatG vom 27.06.2005

BPatG: beschreibende angabe, unterscheidungskraft, begriff, exklusivität, verbraucher, eugh, kunststoff, anpreisung, gehalt, winter

BPatG 152
10.99
BUNDESPATENTGERICHT
30 W (pat) 337/03
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 303 17 712.8
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 27.
Juni
2005 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dr. Buchetmann sowie der Richterinnen Winter und Hartlieb
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e
I.
Zur Eintragung in das Markenregister als Wortmarke angemeldet für die Waren
"Türen, Zargen und Türelemente (nicht aus Metall), soweit in
Klasse 19 enthalten; Halbfertig- und Fertigteile aus Holz, Kunst-
stoff, Mineralewerkstoffen und holzartigen oder ähnlichen Ver-
bundwerkstoffen für den Innenausbau und Möbelbau, insbeson-
dere Küchenarbeitsplatten und Fensterbänke"
ist die Bezeichnung
"Brillant".
Die Markenstelle für Klasse 19 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die
Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. "Brillant" be-
deute in der englischen und der deutschen Sprache "glänzend, hervorragend" und
sei ein in der Werbesprache die Warenqualität unmittelbar und allgemein lobendes
Wort und damit eine allgemein anpreisende Aussage, die im allgemeinen Sprach-
gebrauch zur Bezeichnung von Waren üblich geworden sei.
Die Bedeutung im Sinne von "geschliffener Diamant" sei nicht naheliegend, Her-
vorhebungen durch Großschreibungen seien in der Werbesprache üblich. Die An-
gabe könne eine Eigenschaft der beanspruchten Waren beschreiben, so würden
Türen mit hochglänzender Kassettenfront angeboten.
Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt.
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Wegen der Großschreibung werde der Verkehr in der angemeldeten Bezeichnung
nur das Substantiv "Brillant" sehen. Zudem sei der Begriff mehrdeutig, so könne
der Verbraucher ebenso wie bei der Bezeichnung "best" (32 W (pat) 95/02) meh-
rere Bedeutungen annehmen nämlich "das brillante Produkt", "der brillante An-
bieter" oder "der brillante Verbraucher". Die von der Markenstelle angegebenen
Internetbelege zeigten lediglich eine kennzeichenmäßige Verwendung.
Die Anmelderin beantragt,
den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 19 vom
13. Oktober 2003 aufzuheben.
Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten und die der Anmelderin übersandten In-
ternetrechercheergebnisse Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Die angemeldete
Marke "Brillant" ist gemäß § 8 Absatz 2 Nr 1 MarkenG von der Eintragung ausge-
schlossen, weil ihr für die angemeldeten Waren jegliche Unterscheidungskraft
fehlt.
1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist nach ständiger
Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion einer Marke, die Ursprungs-
identität der gekennzeichneten Waren bzw Dienstleistungen zu gewährleisten, die
einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterschei-
dungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren oder Dienstleistungen eines
Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden
(BGH MarkenR 2004, 39 – City Service). Die Unterscheidungskraft einer Marke ist
dabei zum einen in Bezug auf die genannten Waren oder Dienstleistungen und
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zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise
zu beurteilen, die sich aus den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und
verständigen Durchschnittsverbrauchern dieser Waren oder Durchschnittsempfän-
gern dieser Dienstleistungen zusammensetzen (vgl EuGH MarkenR 2004, 99
– Postkantoor).
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH sind Wortmarken nach § 8 Abs 2 Nr 1
MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlos-
sen, wenn ihnen entweder ein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im
Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden kann
oder es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer be-
kannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr – etwa auch wegen einer ent-
sprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solches und nicht als
Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl BGH aaO – City Service). So kann
auch solchen Bezeichnungen, die keine beschreibenden Angaben im Sinne des
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG darstellen und die auch nicht zu den allgemein gebräuch-
lichen Wörtern der Alltagssprache gehören, jegliche Unterscheidungskraft fehlen.
Das ist insbesondere bei allgemein warenanpreisenden Ausdrücken oder Wortfol-
gen anzunehmen, bei denen – ohne eine warenbeschreibende Sachangabe zu
sein – ein auf die Ware bezogener Sinngehalt so stark im Vordergrund steht, dass
der Gedanke fern liegt, es könnte sich – über eine Werbeaussage hinaus – um
einen Herkunftshinweis handeln (vgl BGH GRUR 2000, 720, 721 – Unter Uns;
GRUR 2000, 323, 324 – Partner with the Best).
Bei der Prüfung ist von einem großzügigen Maßstab auszugehen, dh jede noch so
geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden
(vgl BGH GRUR 2001, 1151 – marktfrisch). Allerdings darf die Prüfung dabei nicht
auf ein Mindestmaß beschränkt werden, sondern sie muß vielmehr streng und
vollständig ausfallen (vgl EuGH WRP 2003, 735 – Libertel-Orange; aaO – Post-
kantoor).
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Nach diesen Grundsätzen erfüllt die angemeldete Marke selbst diese geringen An-
forderungen nicht, da sie eine Sachaussage beinhaltet, die sich ausschließlich in
der Beschreibung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen erschöpft (vgl
BGH aaO – marktfrisch).
Das Wort "brillant" bedeutet in der deutschen wie in der französischen Sprache
"glänzend, schimmernd, strahlend" und im übertragenen Sinne "glänzend, glanz-
voll, prächtig" (vgl LEO Onlinewörterbuch Deutsch-Französisch der TU München).
In seiner übertragenen Bedeutung wird "brillant" daher verwendet, um auf etwas
besonders Gelungenes, etwas besonders Formvollendetes, Fehlerfreies von her-
vorragender Qualität und Exklusivität hinzuweisen. Der Begriff "brillant" wird des-
halb wie vergleichbare Adjektive – wie super, mega, best, extra – im Sinne von
sehr gut, hervorragend, exzellent deshalb auch in Zusammensetzungen gerade in
der Werbesprache benutzt, um das Produkt oder dessen konkrete Eigenschaften
besonders hervorzuheben und werbeanpreisend herauszustellen.
Die Verwendung des Begriffes "brillant" in dieser Bedeutung – auch in Großschrei-
bung - läßt sich für den hier vorliegenden Warenbereich feststellen. So wird für op-
timale Niedrigenergiefenster, die sich durch "Eleganz, klasse Details und Wärme-
dämmung" auszeichnen mit dem Begriff "Brillant Design" geworben (vgl
http://www.integral-apolda.de/de/produkte/fenster/kunststoff/fenster_brillant.htm).
Für den Bereich von Garagentoren wird mit einem einzigartigen Design geworben
"... Normstahl g 30 besitzt ein echt attraktives Erscheinungsbild ... die Brillantober-
fläche" (vgl http://www.g30.de/g30-shop/g30_tueren.htm ).
Beworben wird bei diesem G30 Tor auch die "... neu kreierte Oberfläche, die ele-
gant, edel und gleichzeitig modern ist, einfach brillant" (vgl http://www.montage-
bau-weiss.de).
Für den Bereich der Oberflächen klingt bei dem Begriff "brillant" neben Eleganz,
Exklusivität, Pracht und Glanz daneben auch der eigentliche Bedeutungsgehalt
(im nicht übertragenen Sinn) nämlich "glänzend" an und wird im Bereich der
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Holzfußböden für eine "Brillantoberfläche" verwendet (vgl http://www.decker-
holz.de/por2.htm).
Von der Anmelderin selbst wird die Bezeichnung "Brillant" in der Zusammenset-
zung "Brillantglanz" verwendet, um die Oberflächenausführung von Küchenar-
beitsplatten zu bezeichnen (vgl http://www.westag-getalit.de/wg-laminate-elemen-
te/index.php?a=358).
Daneben wird der Begriff "brillant" im Bereich der lackierten Oberflächen – wie
auch der Farben allgemein – dazu verwendet, um einen bestimmten Glanzgrad zu
bezeichnen, dabei steht "brillant" als Synonym für "hochglänzend", meist für einen
Glanzgrad von 100 % als der höchsten erzielbaren Wirkung (vgl http://www.kern-
gmbh.de/kunststoff/service/lackierung/glanzgrad.htm). All diese Fundstellen sind
der Anmelderin mit der Ladung zum Termin zugestellt worden.
In der Werbesprache allgemein und auch gerade in dem hier maßgeblichen Be-
reich ist dem Publikum der Begriff "Brillant" vertraut, so dass es den Bedeutungs-
gehalt von "exklusiv, hervorragend, hochglänzend" als im Vordergrund stehenden
beschreibenden Sinngehalt deutlich, unmittelbar und ohne weiteres Nachdenken
erkennen wird. Der beschreibende Aussagegehalt "exklusiv, hervorragend, hoch-
glänzend" ist dabei so deutlich und unmißverständlich, dass seine Funktion als
sachbezogener Begriff nahegelegt ist und die beteiligten Verkehrskreise in dem
Zeichen lediglich eine werbeschlagwortartige Anpreisung der Waren, nicht jedoch
einen betrieblichen Herkunftshinweis erkennen.
Dabei ist es in der Werbesprache üblich, Adjektive entweder mit dem nachfolgen-
den Substantiv zu verbinden oder bei Getrenntschreibung auch das Adjektiv mit
großem Anfangsbuchstaben zu schreiben, um die Begriffe besonders hervorzu-
heben (vgl Brillant Design).
Die Bedeutung "Brillant" im Sinne von "geschliffener Diamant" ist in bezug auf die
beanspruchten Waren nicht naheliegend, da der Einsatz von Brillanten zur Ober-
flächengestaltung bei den hier maßgeblichen Waren nicht üblich ist.
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Somit wird die Bezeichnung "Brillant" in dem angeführten Bedeutungsgehalt von
den angesprochenen Verkehrskreisen als werbeschlagwortartige Anpreisung der
Waren in dem Sinne verstanden werden, dass es sich um Waren von "ausge-
suchter Qualität, Exklusivität, Eleganz und Pracht" handelt (so auch HABM BlPMZ
2001, 251 – PRIMA).
Eine schutzbegründende Unbestimmtheit oder Mehrdeutigkeit ist daher nicht zu
erkennen. Im übrigen besteht ein Schutzhindernis bereits dann, wenn eine von
mehreren möglichen Bedeutungen eine beschreibende Angabe darstellt (vgl
EuGH MarkenR 2003, 450 DOUBLEMINT), durch die die auf die Entscheidung
des BGH (BlPMZ 2000, 163 – Partner with the Best) bezugnehmende Entschei-
dung "best" des 32. Senats (32 W (pat) 95/02) überholt ist.
So genügt es für die Unterscheidungskraft des Wortzeichens nicht schon, dass es
seinem semantischen Gehalt nach keine Informationen über die Art der bezeich-
neten Waren enthält. Das Fehlen der Unterscheidungskraft kann nämlich bereits
festgestellt werden, wenn der semantische Gehalt des Wortzeichens den Ver-
braucher auf ein Merkmal der Ware hinweist, das deren Verkehrswert betrifft und,
ohne präzise zu sein, eine verkaufsfördernde, oder eine Werbebotschaft enthält,
die von den maßgebenden Verkehrskreisen in erster Linie als eine solche und
nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Dienstleistungen wahrgenom-
men werden wird (vgl EuG MarkenR 2003, 314 – Best Buy).
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Aufgrund der vorgenannten Feststellungen bestehen auch hinreichende Anhalts-
punkte dafür, dass das angemeldete Zeichen im Hinblick auf die beanspruchten
Waren eine beschreibende Angabe im Sinne des § 8 Absatz 2 Nr 2 MarkenG dar-
stellt, an der die Mitbewerber ein berechtigtes Freihaltebedürfnis haben.
Dr. Buchetmann
Winter
Hartlieb
Hu