Urteil des BPatG vom 19.10.2010
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BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
6 W (pat) 28/09
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
19. Oktober 2010
…
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend das Patent 103 24 127
…
- 2 -
…
hat der 6. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 19. Oktober 2010 unter Mitwirkung des Vorsit-
zenden Richters Dr.-Ing. Lischke sowie der Richter Guth, Dipl.-Ing. Schneider und
Dipl.-Ing. Küest
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Patentinhaberin wird der Beschluss der
Patentabteilung 23 des Deutschen Patent- und Markenamts vom
24. November 2008 insoweit aufgehoben, als das Patent
103 24 127 mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten
wird:
-
Patentansprüche 1 bis 4 vom 19. Oktober 2010,
überreicht in der mündlichen Verhandlung,
-
übrige Unterlagen wie erteilt.
G r ü n d e
I.
Die Patentabteilung 23 des Deutschen Patent- und Markenamts hat das am
3. Juni 2003 angemeldete Patent 103 24 127 mit Beschluss vom 24. Novem-
ber 2008 widerrufen.
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Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin. Sie
überreicht in der mündlichen Verhandlung neue Ansprüche 1 bis 4 und beantragt,
den angefochtenen Beschluss insoweit aufzuheben, als das an-
gegriffene Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht-
erhalten wird:
-
neue Patentansprüche 1 bis 4 vom 19. Oktober 2010,
überreicht in der mündlichen Verhandlung,
-
übrige Unterlagen wie erteilt.
Die Einsprechende beantragt,
die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen.
Der geltende Anspruch 1 lautet:
Hydraulischer Türantrieb, bei dem in einem Kolbenraum (1) ein
Arbeitskolben (2) gegen die Kraft einer Feder (5) hydraulisch ver-
fahrbar ist und bei dem eine Federvorspannung der Feder (5) ein-
stellbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass
die Einstellung der Federvorspannung hydraulisch erfolgt,
die Federvorspannung zur Einstellung einer Schließkraft des Tür-
antrieb dient,
in dem Kolbenraum (1) auf der der Feder (5) abgewandten Seite
des Arbeitskolbens (2) ein erster Druckraum (7) und auf der der
Feder (5) abgewandten Seite eines Hilfskolbens (6) ein zweiter
Druckraum (8) vorgesehen ist,
beide Druckräume (7, 8) an den gleichen Hydraulikkreislauf ange-
schlossen sind,
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in dem Hydraulikkreislauf eine von einem Motor (11) antreibbare
Pumpe (12) und eine Leistungs- und Steuereinheit (14) vorgese-
hen sind, und
nach der erfolgreichen Einstellung der Federvorspannung der
Hilfskolben (6) in der entsprechenden Position hydraulisch
und/oder mechanisch festgesetzt wird,
wobei zur Einstellung der Federvorspannung die beiden Druck-
räume (7, 8) aufpumpbar sind, wodurch sich der Arbeitskolben (2)
und der Hilfskolben (6) unter Zurücklegung des gleichen Weges
aufeinander zubewegen und die dazwischen liegende Feder (5)
vorspannen,
wobei die jeweilige lineare Position des Arbeitskolbens (2) direkt
von einem Dreh-Inkrementalgeber (13) erfassbar ist, und
wobei der Betrag der Federvorspannung in der Leistungs- und
Steuereinheit (14) berechen- und damit vorgebbar ist.
Hinsichtlich des Wortlauts der Unteransprüche wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Im Prüfungs- und Einspruchsverfahren sind folgende Druckschriften in Betracht
gezogen worden:
(E1) WO 95/02 107 A1
(E2) WO 99/05 379 A1
(E3) DE 32 34 319 A1
(E4) DE 42 00 972 A1
(E5) DE 34 23 242 C1
(E6) DE 202 19 720 U1
(E7) DE 101 01 515 A1
DE 43 23 152 C2
DE 196 07 878 A1
DE 195 24 780 A1.
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Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwie-
sen.
II.
Die Beschwerde der Patentinhaberin ist zulässig, sie hat in der Sache auch inso-
weit Erfolg, als das Patent beschränkt aufrecht erhalten wird.
1.
Die geltenden Ansprüche sind zulässig.
Der geltende Anspruch 1 ergibt sich aus den erteilten bzw. ursprünglichen An-
sprüchen 1, 5, 6, 8 und Abs. [0021] und [0022] der Streitpatentschrift bzw. S. 3,
Z. 21 bis S. 4, Z. 3 der Anmeldungsunterlagen. Die geltenden Ansprüche 2 bis 4
ergeben sich aus den erteilten bzw. ursprünglichen Ansprüchen 2 bis 4.
Die Zulässigkeit der geltenden Ansprüche ist im Übrigen auch nicht streitig.
2.
Der Patentgegenstand erweist sich als patentfähig.
a)
Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 ist neu.
Die Neuheit des Gegenstandes des geltenden Anspruchs 1 wurde seitens der
Einsprechenden nicht bestritten, sie ist auch gegeben, wie eine Überprüfung durch
den Senat im Rahmen der Amtsermittlung ergeben hat.
b)
Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 beruht auf erfinderischer
Tätigkeit.
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Der geltende Anspruch 1 umfasst u. a. die Merkmale, wonach
zur Einstellung der Federvorspannung die beiden Druckräume (7,
8) aufpumpbar sind, wodurch sich der Arbeitskolben (2) und der
Hilfskolben (6) unter Zurücklegung des gleichen Weges aufeinan-
der zubewegen und die dazwischen liegende Feder (5) vorspan-
nen,
wobei die jeweilige lineare Position des Arbeitskolbens (2) direkt
von einem Dreh-Inkrementalgeber (13) erfassbar ist, und
wobei der Betrag der Federvorspannung in der Leistungs- und
Steuereinheit (14) berechen- und damit vorgebbar ist.
Derartige Merkmale sind im nachgewiesenen Stand der Technik ohne Vorbild oder
Anregung.
Die Einsprechende hat in der mündlichen Verhandlung zwar ausgeführt, das
Merkmal, wonach zur Einstellung der Federvorspannung die beiden Druckräume
aufpumpbar sind, wodurch sich der Arbeitskolben und der Hilfskolben unter Zu-
rücklegung des gleichen Weges aufeinander zu bewegen und die dazwischen lie-
gende Feder vorspannen, sei auch beim Türantrieb nach der WO 95/02 107 A1
(E1) verwirklicht, dies ist jedoch unzutreffend. Denn wie sich der Beschreibung
S. 14, Abs. 2 entnehmen lässt, wird dort zur Vorspannung der Schließerfeder 10
ausschließlich der Schieber 21 nach links in die in Figur 4 gestrichelt dargestellte
Position bewegt, während der Kolben 7 bei diesem Vorgang nicht bewegt wird, so
dass von einem Aufeinander-zu-bewegen der beiden Kolben keine Rede sein
kann.
Die DE 34 23 242 C1 (E5) offenbart einen Türschließer, bei dem die Vorspannung
der Feder 47 hydraulisch einstellbar und anschließend festsetzbar ist, jedoch sind
auch dort die Merkmale, wonach zur Einstellung der Federvorspannung die beiden
Druckräume aufpumpbar sind, wodurch sich der Arbeitskolben und der Hilfskolben
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unter Zurücklegung des gleichen Weges aufeinander zubewegen und die dazwi-
schen liegende Feder vorspannen, nicht verwirklicht.
Die DE 202 19 720 U1 oder die DE 101 01 515 A1 offenbaren Türantriebe, bei
denen Dreh-Inkrementalgeber Verwendung finden, diese Druckschriften weisen
jedoch insbesondere keine Merkmale auf, wie die Vorspannung der Feder einge-
stellt werden kann.
Die übrigen Druckschriften, die in der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufge-
griffen worden sind, liegen erkennbarerweise noch weiter vom Streitgegenstand
ab, so dass der Stand der Technik weder einzeln noch in einer Zusammenschau
dem Fachmann, einem Maschinenbauingenieur (FH) mit einschlägiger Erfahrung
in der Konstruktion und Entwicklung von Türantrieben, eine Anregung zu dem
Kern der vorliegenden Erfindung, nämlich zur Einstellung der Federvorspannung
die beiden Druckräume aufzupumpen, wodurch sich der Arbeitskolben und der
Hilfskolben unter Zurücklegung des gleichen Weges aufeinander zu bewegen und
die dazwischen liegende Feder vorspannen, geben kann.
Der Anspruch 1 ist somit gewährbar.
c.
Zusammen mit dem Anspruch 1 sind auch die auf ihn rückbezogenen
Unteransprüche gewährbar, da sie nicht platt selbstverständliche Ausgestaltungen
des erfindungsgemäßen Türantriebs betreffen.
Lischke
Guth
Schneider
Küest
Cl