Urteil des BPatG vom 10.02.2004

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BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
25 W (pat) 57/04
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 399 74 800
hat der 25.
Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
10. November 2005 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Kliems sowie der
Richterin Bayer und des Richters Merzbach
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke wird
der Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts vom 10. Februar 2004 aufgehoben und die
Sache zur erneuten Entscheidung an das Deutsche Patent- und
Markenamt zurückverwiesen.
G r ü n d e
I.
Die Marke
StressNo
ist am 6. April 2000 unter der Nummer 399 74 800 ua für
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„Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie
Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für
medizinische Zwecke; Babykost“
in das Markenregister eingetragen worden.
Dagegen haben die Inhaberin der seit dem 3. November 1997 für die Waren
„Diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke“
unter der Nummer 2 104 137 eingetragenen nationalen Marke
Stresson
sowie die Inhaberin der seit dem 26. November 1999 für die Waren
„Nährstoffhaltige Substanzen für die Behandlung von stressbedingten
Stoffwechselkrankheiten durch enterale Verabreichung“
unter der Nummer EU 571 943 eingetragenen Gemeinschaftsmarke
Stresson
Widerspruch erhoben.
Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat durch
Erstprüferbeschluss vom 29. August 2001 die Löschung der angegriffenen Marke
aufgrund der Widersprüche aus den Marken EU 571 943 und 2 104 137 für die bei
der angegriffenen Marke genannten Waren angeordnet und im übrigen die Wider-
sprüche zurückgewiesen.
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Ausgehend von der Registerlage, wonach die Marken sich hinsichtlich der ge-
löschten Waren auf identischen oder sehr ähnlichen Erzeugnissen begegnen
könnten, sowie einer durchschnittlichen KK der beiden WiM müssten die Marken
beachtliche Unterschiede aufweisen, um eine VG zu vermeiden. Dies sei jedoch
nicht der Fall. Zwar könne den Marken „StressNO“ und „STRESSON“ trotz der
übereinstimmenden und am stärker beachteten Wortanfang stehenden Lautfolge
„S T R E S S“ eine nur unterdurchschnittliche Ähnlichkeit zugestanden werden,
weil die Struktur der Silben „-No“ und „-ON“ durch Wechsel von Vokal und Konso-
nant verändert sei und beide Silben mit unterschiedlichen Sinninhalten versehen
seien. Dennoch reiche die geringe Markenähnlichkeit noch nicht, um angesichts
identischer oder sehr ähnlicher Produkte sowie unter Berücksichtigung der weite-
ren kollisionsfördernden Gesichtspunkte markenrechtliche Kollisionen für die ge-
löschten Waren völlig auszuschließen.
Gegen diesen ihr am 7. September 2001 zugestellten Beschluss hat die Inhaberin
der angegriffenen Marke mit einem am 20. September 2001 beim Deutschen Pa-
tent- und Markenamt eingegangenen Schriftsatz Erinnerung eingelegt. Im Betreff
des Schreibens heißt es ua:
Widerspruch aus der EG-Marke 571 943 „Stresson“
der Firma NV Nutricia, MA Zoetermeer, NL
Weiter heißt es im Text:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
in dieser Angelegenheit nehmen wir Bezug auf den Beschluss des Patent-
und Markenamtes Jena vom 29. August 2001 und legen namens und im
Auftrage unserer Mandantschaft
Erinnerung
gegen diesen Beschluss ein.“
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Diese begründete sie mit Schriftsatz vom 20. Februar 2002 im wesentlichen damit,
dass weder die sich gegenüberstehenden Waren noch die Vergleichsmarken eine
die Gefahr von Verwechslungen begründende Ähnlichkeit aufwiesen.
Mit Bescheid vom 13. Oktober 2003 wurde die Inhaberin der angegriffenen Marke
darauf hingewiesen, dass Erinnerung nur gegen die aufgrund des Widerspruchs
aus der Gemeinschaftsmarke 571 943 angeordnete Teillöschung eingelegt wor-
den sei. Da somit der Beschluss der Markenstelle vom 29. August 2001 in Bezug
auf die auch aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 2 104 137 angeordnete
Teillöschung rechtskräftig geworden sei, müsse die Erinnerung vom 7. Septem-
ber 2001 als gegenstandslos betrachtet werden.
Dementsprechend hat die Markenstelle nach Ablauf einer Frist zur Stellungnahme
mit Beschluss vom 10. Februar 2004 festgestellt, dass die Erinnerung der Inhabe-
rin der angegriffenen Marke gegen den Beschluss der Markenstelle für Klasse 5
vom 29. August 2001 als gegenstandslos zu betrachten ist.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden mit dem sinngemä-
ßen Antrag,
unter Aufhebung der Beschlüsse der Markenstelle vom 29. Au-
gust 2001 und 10. Februar 2004 die Widersprüche zurückzuwei-
sen und die Teillöschung der angegriffenen Marke aufzuheben.
Die von der Markenstelle in dem Erinnerungsbeschluss vom 10. Februar 2004 an-
genommene Beschränkung der Erinnerung auf die mit Erstprüferbeschluss vom
29. August 2001 verfügte Teillöschung der angegriffenen Marke aufgrund des Wi-
derspruchs aus der Gemeinschaftsmarke 571 943 könne der Erinnerungsschrift
nicht entnommen werden. Aus der alleinigen Benennung der Gemeinschaftsmarke
und deren Inhaberin im Betreff dieses Schriftsatzes lasse sich eine solche Be-
schränkung nicht herleiten. In der mit Schriftsatz vom 20. Februar 2004 erfolgten
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Erinnerungsbegründung sei dementsprechend ausdrücklich beantragt worden, die
Widersprüche zurückzuweisen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Mit der Erinnerung sei der Erstprüferbeschluss der Markenstelle für Klasse 5 vom
29. August 2001 nur insoweit angegriffen worden sei, als mit diesem Beschluss
die Teillöschung der angegriffenen Marke aufgrund des Widerspruchs aus der
Gemeinschaftsmarke 571 943 verfügt worden ist.
II.
Die zulässige Beschwerde führt zur Aufhebung des Beschlusses vom 10. Feb-
ruar 2004 und Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Marke-
namt, weil die Markenstelle die Erinnerung zu Unrecht als „gegenstandlos“ be-
trachtet und daher in der Sache selbst noch nicht entschieden hat (§ 70 Abs 3
Nr 1 MarkenG).
Für die seitens der Markenstelle angenommene Beschränkung der Erinnerung auf
die mit Erstprüferbeschluss vom 29. August 2001 angeordnete Teillöschung der
angegriffenen Marke aufgrund des Widerspruchs aus der Gemeinschaftsmarke
571 943 bietet sich keine Grundlage. Vielmehr richtete sich die Erinnerung gegen
den Beschluss der Markenstelle vom 20. September 2001 in vollem Umfang, dh
gegen die durch den vorgenannten Beschluss angeordnete Teillöschung sowohl
aufgrund des Widerspruchs aus der Gemeinschaftsmarke 571 943 als auch auf-
grund des Widerspruchs aus der Marke 2 104 137.
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Erforderlich ist sowohl bei der Beschwerde wie auch bei der Erinnerung eine Er-
klärung, die erkennen lässt, welche Entscheidung in welchem Umfang angefoch-
ten wird (vgl Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl, § 66 Rdnr 66). Ist die Erin-
nerung bzw. Beschwerde jedoch nicht auf einen bestimmten Teil des angegriffe-
nen Beschluss beschränkt, zB in den Anträgen, muss von einer Anfechtung des
Beschlusses in vollem Umfang ausgegangen werden (vgl dazu Ströbele/Hacker,
Markengesetz, 7. Aufl, § 66 Rdnr 68; v Schultz, Markenrecht, § 66 Rdnr 6). Dies
gilt auch für die Erinnerung der Inhaberin der angegriffenen Marke vom 20. Sep-
tember 2001. Dem Text der Erinnerungsschrift vom 20. September 2001, wonach
gegen den Beschluss der Markenstelle vom 29. August 2001 „Erinnerung“ ein-
gelegt und die Begründung in einem gesonderten Schriftsatz nachgereicht werde,
kann eine Beschränkung der Erinnerung nicht entnommen werden. Begriffe wie
zB „Teilererinnerung“ oder Anträge, die eine entsprechende Schlussfolgerung
erlauben würden, fehlen. Eine Beschränkung der Erinnerung in dem von der
Markenstelle angenommenen Umfang lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass
in dem erkennbar als Betreff ausgestalteten Teil der Erinnerungsschrift vom
20. September 2001 allein die Gemeinschaftsmarke 571 943 und deren Inhaberin
benannt worden ist. Denn solche Angaben im Betreff dienen allgemein nur der
Ermöglichung einer Zuordnung eines Schreibens bzw einer Erklärung zu einem
Sachvorgang. Ein Erklärungsinhalt zum Nachteil der Erinnerungsführerin in Form
einer Beschränkung der Erinnerung auf die mit Erstprüferbeschluss vom
29. August 2001 angeordnete Teillöschung der angegriffenen Marke aufgrund des
Widerspruchs aus der Gemeinschaftsmarke 571 943 lässt sich daraus jedoch
nicht ableiten. Insoweit hätte die Markenstelle auch berücksichtigen müssen, dass
es nicht dem Willen der Inhaberin der angegriffenen Marke entsprechen konnte,
eine erkennbar wirkungslose Teilerinnerung einzulegen, so dass auch vor diesem
Hintergrund jegliche Grundlage für die Annahme einer Beschränkung fehlt.
Die Markenstelle hätte daher nicht davon ausgehen dürfen, dass sich die Erinne-
rung nur gegen die mit Erstprüferbeschluss vom 29. August 2001 angeordnete
Teillöschung der angegriffenen Marke aufgrund des Widerspruchs aus der Ge-
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meinschaftsmarke 571 943 richtet. Die Sache wird gemäß § 70 Abs 2 Nr 1 Mar-
kenG an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen. Von der Mög-
lichkeit, in der Sache selbst zu entscheiden, macht der Senat keinen Gebrauch,
weil die Markenstelle den Kollisionsfall in der Sache noch nicht entschieden hat.
Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass
(§ 71 Abs 1 MarkenG).
Kliems Bayer
Merzbach
Na