Urteil des BPatG vom 15.10.2001

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BUNDESPATENTGERICHT
30 W (pat) 2/01
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
15. Oktober 2001
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
BPatG 154
6.70
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betreffend die angegriffene IR-Marke 598 691
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 15. Oktober 2001 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dr. Buchetmann sowie der Richterin Winter und des Richters Schramm
beschlossen:
Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die Marke CELOFTAL ist international registriert unter der Nummer 598 691 ua für
"médicaments, produits pharmaceutiques". Die Marke wurde am 16. Juni 1993
veröffentlicht. Für diese Marke ist die Schutzbewilligung für die Bundesrepublik
Deutschland beantragt worden. Die IR-Markeninhaberin hat zuletzt das Warenver-
zeichnis des deutschen Teils der IR-Marke auf "ophthalmische pharmazeutische
Präparate zur Anwendung bei ophthalmischen chirurgischen Eingriffen" be-
schränkt.
Widerspruch erhoben hat ua die seinerzeit in der Rolle eingetragene Inhaberin –
die F… Co., Ltd. - der am 21. Januar 1987 für "verschrei-
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bungspflichtige Antibiotika" eingetragenen Marke 1 101 639 Cephoral, deren Be-
nutzung bereits im Verfahren vor dem Patentamt bestritten worden ist.
Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit ei-
nem Beschluß des Erstprüfers die Verwechslungsgefahr verneint und diesen Wi-
derspruch zurückgewiesen. Der Erinnerungsprüfer hat die dagegen eingelegte
Erinnerung wegen fehlender Glaubhaftmachung der Benutzung zurückgewiesen.
Die Widersprechende hat Beschwerde eingelegt. Sie hält mit näheren Ausführun-
gen die Gefahr von Verwechslungen für gegeben.
Die Widersprechende beantragt sinngemäß,
die angefochtenen Beschlüsse des Deutschen Patent- und Mar-
kenamts aufzuheben und der IR-Marke den nachgesuchten
Schutz zu verweigern.
Die IR-Markeninhaberin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die Benutzung nicht für glaubhaft gemacht und darüber hinaus die Gefahr
von Verwechslungen nicht für gegeben.
Die Widerspruchsmarke ist auf Antrag vom 6. August 1996 gemäß Verfügung vom
9. März 1998 auf die M… KGaA umgeschrieben worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse sowie
auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.
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II.
Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig. Insbesondere steht die Um-
schreibung der Widerspruchsmarke einer zulässigen Beschwerdeeinlegung durch
die frühere Markeninhaberin nicht entgegen. Nach der Bestimmung des § 66
Abs 1 Satz 2 MarkenG steht die Beschwerde den am Verfahren vor dem Patent-
amt Beteiligten zu. Das ist hier (auch) die F… Co., Ltd (vgl
BGH BlPMZ 2000, 325 - MTS).
Die Beschwerde ist in der Sache aber nicht begründet. Es besteht auch nach
Auffassung des Senats keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2
MarkenG.
Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr erfolgt durch Gewichtung von in
Wechselbeziehung zueinanderstehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit
der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kenn-
zeichnungskraft der Widerspruchsmarke (ständige Rechtsprechung zB EuGH
MarkenR 1999, 20 - CANON; BGH MarkenR 1999, 297 – HONKA; BGH MarkenR
2001, 204, 205 – REVIAN/EVIAN).
Bei seiner Entscheidung geht der Senat von einer noch durchschnittlichen Kenn-
zeichnungskraft und damit einem normalen Schutzumfang der Widerspruchs-
marke aus. Im Zusammenhang mit den Waren der Widerspruchsmarke mögen für
sich genommen die Bestandteile "Ceph" als Hinweis auf Antibiotika der Chepho-
losporin-Gruppe (INN-Bezeichnung der Wirkstoffe z.B. Cefazolin, Cefixim, Cefodi-
zim) und "oral" als Hinweis auf die Verabreichung des Arzneimittels "durch den
Mund", wenig kennzeichnungskräftig sein; in der Kombination ergibt sich aber
noch eine geschlossene und hinreichend phantasievolle Zusammenfügung, weil
dem Bestandteil "Ceph" kein eindeutig beschreibender, erkennbarer Begriffsinhalt,
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etwa über den verwendeten Wirkstoff, zugeordnet werden kann (vgl BGH
MarkenR 2001, 307, 309); für die Gesamtbezeichnung kann damit jedenfalls noch
keine Kennzeichnungsschwäche angenommen werden.
Aufgeworfene Benutzungsfragen können dahinstehen. Auch bei einer vollständi-
gen Berücksichtigung der Waren der Widerspruchsmarke nach der Registerlage
ist eine Verwechslungsgefahr nicht gegeben. Es kann weiter als nicht entschei-
dungserheblich dahinstehen, wie sich der Warenabstand im einzelnen darstellt.
Selbst wenn von identischen Waren und strengen Anforderungen an den einzu-
haltenden Markenabstand ausgegangen wird, besteht unter keinem Gesichtspunkt
Verwechslungsgefahr.
Kollisionsmindernd wirkt sich allerdings die im Warenverzeichnis der Wider-
spruchsmarke festgeschriebene Rezeptpflicht aus. Denn bei rezeptpflichtigen
Präparaten ist jedenfalls überwiegend auf die Verwechslungsgefahr in den Fach-
kreisen von Ärzten und Apothekern abzustellen (vgl hierzu BGH GRUR 1993, 118,
119 - Corvaton/Corvasal; GRUR 1995, 50, 52 - Indorektal/Indohexal), was in ge-
wissem Umfang auch bei nur einseitiger Rezeptpflicht gelten muß (vgl hierzu BGH
MarkenR 1999, 154, 156 - Cefallone; MarkenR 2000, 138, 139 - Ketof/ETOP, je-
weils mwN). Aber auch bei den ophthalmischen pharmazeutischen Präparaten der
angegriffenen Marke, die nach dem jetzt gültigen Warenverzeichnis bei ophthalmi-
schen chirurgischen Eingriffen zur Anwendung kommen, steht in tatsächlicher
Hinsicht der Fachverkehr deutlich im Vordergrund ophtalmische chirurgische Ein-
griffe sind in aller Regel den Fachleuten vorbehalten. Selbst wenn im Einzelfall
Verbraucher noch zu berücksichtigen sein sollten, ist aber auch bei diesen davon
auszugehen, daß grundsätzlich nicht auf einen sich nur flüchtig mit der Ware be-
fassenden, sondern durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständi-
gen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist, dessen Aufmerksamkeit je nach Art
der Ware oder Dienstleistung unterschiedlich hoch sein kann (vgl BGH
MarkenR 2000, 140, 144 - ATTACHÉ/TISSERAND; BGH GRUR 1998, 942, 943
liSp – ALKA-SELTZER; EuGH MarkenR 1999, 236, 239 unter 24.- Lloyd/Loints)
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und der insbesondere allem, was mit der Gesundheit zusammenhängt, eine ge-
steigerte Aufmerksamkeit beizumessen pflegt (vgl BGH aaO
- Indorektal/Indohexal).
Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Marken ist im Hinblick auf die Verschrei-
bungspflicht der Medikamente der Widerspruchsmarke in erster Linie auf das
Schriftbild abzustellen. Unter Berücksichtigung der dargelegten Umstände ist der
Markenabstand ausreichend. Marken heben sich in allen üblichen Wiedergabe-
formen durch die abweichenden Buchstaben CELOFTAL/Celoftal gegenüber
CEPHORAL/Cephoral und den auch dadurch bedingten abweichenden Aufbau in
den Wortmitten – LOFT/loft gegenüber PHOR/phor - im Gesamteindruck hinrei-
chend deutlich voneinander ab, zumal die Marken im Schriftbild erfahrungsgemäß
sehr viel besser eine ruhige oder auch wiederholte Wahrnehmung der Bezeich-
nung gestattet als das schnell verklingende gesprochene Wort; dies gilt auch unter
angemessener Berücksichtigung des gemeinsamen Wortanfänge "CE/Ce-" und -
endungen "-AL/al".
Diese Überlegungen zur Frage der schriftbildlichen Verwechslungsgefahr gelten in
ähnlicher Weise auch für die Beurteilung der klanglichen Verwechslungsgefahr.
Mündliche Benennungen durch Laien oder gar unter Laien sind mindestens so er-
heblich reduziert, daß sie jedenfalls keine ausschlaggebende Rolle mehr spielen.
Soweit sie in gewissem Umfang noch zu berücksichtigen sind, wirken die oben
genannten Unterschiede auch in klanglicher Hinsicht der Verwechslungsgefahr je-
denfalls so weit entgegen, daß es nicht mehr zu Verwechslungen in markenrecht-
lich relevantem Umfang kommen wird. Vorliegend sind die Wortmitten bei der Be-
urteilung des klanglichen Gesamteindrucks auch von Bedeutung (vgl BGH aaO
307, 310 – CompuNet/ComNet); insbesondere wird der Vokal "O" aufgrund seiner
Stellung in der IR-Marke kurz, in der Widerspruchsmarke hingegen gedehnt aus-
gesprochen, wobei der Senat wegen der natürlichen Sprechsilbeneinteilung von
einer Gliederung der Marken in Ce-lof-tal bzw Ce-pho-ral ausgeht.
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Schließlich wirken auch die unterschiedlichen Sinngehalte in den Endungen der
Markenwörter Verwechslungen entgegen. Diese Bestandteile stellen jedenfalls für
die in erster Linie angesprochenen Fachleute einen verständlichen Hinweis dar,
bei "OFTAL" im Zusammenhang mit den vorliegenden Ophthalmika auf das Auge
betreffende Medikamente, bei "oral" auf die oben bereits angeführte Verabrei-
chung durch den Mund. Dies bewirkt eine zusätzliche Differenzierung zwischen
den Vergleichsmarken (vgl BGH GRUR 1992, 130 ff - BALL/Bally, im Grundsatz
bestätigt in BGH MarkenR 2000, 130, 132 – comtes/ComTel). "OFTAL" und "oral"
werden als eigenständige Bestandteile erkannt werden, auch wenn bei der münd-
lichen Wiedergabe, die hier aber wie ausgeführt nicht im Vordergrund steht, eine
Einteilung der Marken in die Bestandteile "CEL-OFTAL" bzw "Ceph-oral" wegen
der natürlichen Sprechsilbeneinteilung nicht unbedingt nahegelegt ist.
Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlaß,
§ 71 Abs 1 MarkenG.
Dr. Buchetmann
Winter
Schramm
prö