Urteil des BPatG vom 03.11.2008

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BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 86/09
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 306 29 111.8
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
11. Januar 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Schwarz
und Richter Kruppa
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e
I.
Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit
Erstbeschluss vom 13. März 2008 die für Dienstleistungen der Klassen 39, 41 und
43 angemeldete Wortmarke
WildStar-Freunde Rhein-Main
teilweise, nämlich für die Dienstleistungen
"Veranstaltung von Reisen und Ausflugsfahrten, insbesondere mit
Motorrädern; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle
Aktivitäten"
wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Das ist damit begründet,
die sprachüblich gebildete Marke stelle eine bloße Sachangabe der Art, des
Inhalts, der Bestimmung, des Ortes der Erbringung sowie des schwerpunktmäßi-
gen Themen- bzw. Tätigkeitsfeldes des Markeninhabers dar. Der Zeichenbestand-
teil "WildStar" bezeichne ein in der Motorradszene bekanntes und beliebtes Motor-
rad des Herstellers Yamaha, wie sich aus dem Beschluss beigefügten Internetaus-
drucken ergebe. Die Kombination "WildStar-Freunde" verweise lediglich auf einen
Personenkreis, nämlich Personen, die Liebhaber, Fans oder Anhänger dieses
Motorradtyps seien. In Deutschland gebe es zahlreiche Motorradgruppen/-clubs,
deren Interesse dem Motorrad "WildStar" gelte, wie dem Beschluss beigefügte
Internetausdrucke belegten. "Rhein-Main" sei die bekannte Kurzform für das
"Rhein-Main-Gebiet", also die Wirtschaftsregion im Süden von Hessen, wie sich
ebenfalls aus dem Beschluss beigefügten Internetausdrucken ergebe.
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"WildStar-Freunde Rhein-Main" bringe in verständlicher Weise zum Ausdruck,
dass die Dienstleistungen von einer Personengruppe aus dem Rhein-Main-Gebiet
angeboten würden, welche Fans des "WildStar"-Motorrades seien bzw. es sich bei
den Dienstleistungen um solche handele, die für Motorradliebhaber des Typs
"WildStar" im Rhein-Main-Gebiet bestimmt seien. Bei den Dienstleistungen der
Klasse 39 "Veranstaltung von Reisen und Ausflugsfahrten, insbesondere mit
Motorrädern" sei es wohl unzweifelhaft und könne auch durch die bereits
erbrachte Online-Recherche belegt werden, dass dies typischen Angebote von
Motorrad-Clubs oder -gemeinschaften seien. Die Dienstleistung "Ausbildung"
könne z. B. im Rahmen der Reparatur oder des Tunings von Motorrädern angebo-
ten werden, d. h. Schulungen oder Workshops für interessierte Motorradfans
bezüglich des WildStar-Motorrads. "Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitä-
ten" seien ebenso typische Angebote von bzw. für Motorradfreunde. So seien z. B.
Ausstellungen oder Diavorträge denkbar, die sich u. a. mit der "WildStar-Thematik"
befassen könnten. Ebenso liege es nahe, dass Motorradfahren immer eng in Ver-
bindung zum Motorradsport stehe, z. B. bei sportlichen Motorrad-Wettbewerben.
Die dagegen eingelegte Erinnerung hat die Markenstelle mit Beschluss vom
3. November 2008 im Wesentlichen aus den Gründen des Erstbeschlusses
zurückgewiesen. Die aus Sachbezeichnungen und einer geographischen Angabe
zusammengesetzte Angabe sei nicht unterscheidungskräftig. Auf die Eintragung
von Drittmarken könne sich der Anmelder nicht erfolgreich berufen; der Erstprüfer
habe sich mit den Voreintragungen ausreichend auseinandergesetzt.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er
sinngemäß beantragt,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 13. März 2008 und 3. Novem-
ber 2008 insoweit aufzuheben, als die Anmeldung zurückgewie-
sen wurde.
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Eine zunächst angekündigte Beschwerdebegründung hat er nicht zu den Gerichts-
akten gereicht.
II.
1.
Das Bundespatentgericht entscheidet über Beschwerden in Markensachen
grundsätzlich im schriftlichen Verfahren (§ 69 MarkenG) und ohne zeitliche Bin-
dung. Der Anmelder hat eine mündliche Verhandlung nicht beantragt; diese ist
nach Wertung des Senats auch nicht sachdienlich. Der Senat musste dem Anmel-
der den beabsichtigten Termin zur Beschlussfassung nicht zuvor mitteilen; das
Gebot des rechtlichen Gehörs verlangt lediglich, Verfahrensbeteiligten die Mög-
lichkeit zu geben, Stellungnahmen zum Sachverhalt abzugeben, ihre Auffassung
zu Rechtsfragen darzulegen sowie Anträge zu stellen. Nachdem die Beschwerde
vom 5. Dezember 2008 datiert, bestand hierzu hinreichend Gelegenheit.
2.
Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil der ange-
meldeten Bezeichnung für die verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen jegli-
che Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einem Zeichen innewoh-
nende (konkrete) Eignung als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfass-
ten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer
Unternehmen. Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität
der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr.,
EuGH Int. 2005, 1012, Nr. 27 ff. - BioID; BGH GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL
WM 2006). Die Schutzfähigkeit als Marke ist dabei stets anhand der angemelde-
ten Bezeichnung in ihrer Gesamtheit zu beurteilen (vgl. Ströbele/Hacker,
MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 18). Enthält eine Bezeichnung danach einen beschrei-
benden Begriffsinhalt, ist der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung als
Marke wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen. Bei derartigen
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beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass das
Publikum sie als Unterscheidungsmittel versteht (BGH GRUR 2001, 1151, 1152
- marktfrisch; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard).
Ist - wie hier - die Unterscheidungskraft einer Wortfolge zu beurteilen, so bestehen
grundsätzlich keine abweichenden Anforderungen gegenüber anderen Wortmar-
ken. Bei einer aus mehreren Wörtern bestehenden Marke ist auf die Bezeichnung
in ihrer Gesamtheit abzustellen (BGH GRUR 2001, 162 - RATIONAL SOFTWARE
CORPORATION). Wortfolgen sind dann nicht unterscheidungskräftig, wenn es
sich um beschreibende Angaben oder um Anpreisungen und Werbeaussagen all-
gemeiner Art handelt (BGH BlPMZ 2000, 161 - Radio von hier). Dies ist vorliegend
der Fall.
Den Bedeutungsgehalt der Wortfolge hat die Markenstelle auch in ihrer Gesamt-
heit zutreffend dargelegt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Aus-
führungen im Erstbeschluss hingewiesen. Gerade in der Zusammenfassung ergibt
sich der von der Markenstelle aufgezeigte Sinngehalt, nämlich dass die Dienstleis-
tungen von einer Personengruppe aus dem Rhein-Main-Gebiet angeboten wer-
den, welche Fans des WildStar-Motorrads sind bzw. es sich um Dienstleistungen
handelt, die für Motorradliebhaber dieses Motorradtyps im Rhein-Main-Gebiet be-
stimmt sind.
Ein entsprechendes Verständnis ergibt sich insbesondere aus den von der Mar-
kenstelle ermittelten Internetbelegen. Danach gibt es in Deutschland zahlreiche
Motorradgruppen, die Anhänger des Motorradtyps "WildStar" sind und sich als sol-
che unter Hinzufügung einer Region zusammengeschlossen haben, z. B.
"WildStar Nord", "WildStar Schleswig-Holstein" oder "WildStar Rheingau". In diese
Bezeichnungspraxis fügt sich die hier angemeldete Marke ein, indem sie sich an
Freunde des WildStar-Motorrads im Rhein-Main-Gebiet richtet.
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Für sämtliche beschwerdegegenständliche Dienstleistungen vermittelt die ange-
meldete Bezeichnung damit lediglich einen Hinweis auf die Zielgruppe.
Soweit sich der Anmelder im Amtsverfahren auf die Eintragung von seiner Auffas-
sung nach vergleichbaren Marken berufen hat, kann dies der Beschwerde nicht
zum Erfolg verhelfen. Aus der Schutzgewährung für andere Marken kann der
Anmelder nämlich keinen Anspruch auf Eintragung ableiten. Voreintragungen füh-
ren weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgeset-
zes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu
befinden haben, denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist
keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage (EuGH MarkenR 2008, 163, 127,
Rdn. 39 - Terranus; GRUR 2004, 674, Rdn. 43, 44 - Postkantoor; GRUR 2004,
428, Rdn. 63 - Henkel). Die Markenstelle hat sich im Übrigen mit den vom Anmel-
der genannten Vergleichsfällen ausreichend auseinandergesetzt.
Nachdem der Anmelder seine Beschwerde nicht begründet hat, ist nicht ersicht-
lich, aus welchen Gründen er die Beschlüsse der Markenstelle für angreifbar hält.
Ob einer Registrierung der angemeldeten Marke auch das Schutzhindernis der
Merkmalsbezeichnung (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) entgegensteht, kann als nicht
entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.
Dr. Albrecht
Schwarz
Kruppa
br/Fa