Urteil des BPatG vom 07.06.2006
BPatG: beschreibende angabe, unterscheidungskraft, werbung, verkehr, eugh, form, gestaltung, beschränkung, dienstleistung, graphik
BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
25 W (pat) 146/04
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 303 54 305
hat der 25.
Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
7. Juni 2006 unter Mitwirkung …
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e
I.
Das Zeichen
ist am 18. Oktober 2003 für
"Dienstleistungen von Graphikern; Fotosatzarbeiten, insbesondere
für die Druckvorstufe; Werbung, insbesondere in gedruckter Form"
zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.
Mit zwei Beschlüssen der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und
Markenamts vom 19. April 2004 und vom 28. Juni 2004, wobei letzterer im Erinne-
rungsverfahren ergangen ist, wurde die Anmeldung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG zurückgewiesen.
Die im Vordergrund stehende Wortfolge "Grafic Arts" habe die Bedeutung von
"Grafik" bzw. von "Polygraphie", d. h. eine alle Zweige des grafischen Gewerbes
umfassendes Gebiet. Zwar werde "Grafic" im Englischen mit "ph" geschrieben, ein
erheblicher Teil der Verkehrskreise werde den Unterschied in der Schreibweise
jedoch nicht wahrnehmen oder ihn gar als "korrekt" einstufen, zumal derartige
Abwandlungen gerade im Bereich der Werbung als nahezu gängig zu bezeichnen
seien. Die angesprochenen Verkehrskreise, insbesondere Fachverkehrskreise,
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sähen in dem angemeldeten Zeichen lediglich eine im Vordergrund stehende be-
schreibende Sachaussage. Die hier angeführten Dienstleistungen entstammten
dem umfassenden Bereich des Grafikwesens, also der künstlerischen grafischen
Ausgestaltung, was auch sogenannte Fotosatzarbeiten/Drucke bzw. die Darstel-
lung in gedruckter Form gerade auf dem Werbesektor beinhalte. Dem könne nicht
entgegengehalten werden, dass der Begriff "Grafic Arts" bzw. die Wortbestandteile
im Einzelnen noch andere Bedeutungen haben können. Hinsichtlich der hier maß-
geblichen Dienstleistungen dränge sich der oben dargelegte beschreibende Be-
deutungsgehalt im Sinne von "Grafik" bzw. "Polygraphie" förmlich auf. Selbst eine
getrennte Beurteilung der einzelnen Wortbestandteile im Sinne von "Grafikkünste,
grafische Künste" würde als beschreibende Angabe wirken. Schriftart und Farbge-
bung sowie die Darstellungsform "Schild" werde nicht als eigenständiger Her-
kunftshinweis aufgefasst. Diese Einzelkomponenten ließen keinen über den Sinn-
gehalt des Markenwortes hinausgehenden, die Unterscheidungskraft begründen-
den, bildlichen Gesamteindruck entstehen. Das Vorliegen des Schutzhindernisses
des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG blieb dahingestellt.
Dagegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders mit dem Antrag,
das angemeldete Zeichen einzutragen. Rein vorsorglich wird als
Hilfsantrag die Beschränkung auf die Klasse 35 (Werbung) vorge-
nommen.
Der Beschwerdeführer nimmt Bezug auf seine Eingaben vor der Markenstelle. Er
verweist insbesondere auf die Mehrdeutigkeit des Begriffs "Grafic Arts", dessen
eigentümliche inkorrekte Schreibweise und die originelle grafische Gestaltung. Es
handele sich eindeutig um eine Wortbildmarke, deren bildlicher Anteil sehr wohl
von Bedeutung sei und eine hervortretende, dominierende Wirkung habe. So
werde ein starker optischer Reiz erzeugt, der den Wortbestandteil von der Wahr-
nehmung her zurückdränge. Ferner sei der Wortbestandteil nicht unmittelbar be-
schreibend.
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Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Anmelders ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg,
denn der Eintragung des angemeldeten Zeichens steht für die beanspruchten
Dienstleistungen zumindest ein Schutzhindernis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG entgegen.
Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist nach ständiger Rechtspre-
chung im Hinblick auf die Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der ge-
kennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke
innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die
von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens ge-
genüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. zur st. Rspr.
BGH GRUR 2003, 1050 – Cityservice; EuGH GRUR 2004, 674 – Postkantoor). Es
muss also eine Kennzeichnungskraft mit der Eignung zur Ausübung der Her-
kunftsfunktion verbunden sein, auch wenn eine Marke zusätzlich noch weitere
Funktionen haben kann (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl. § 8 Rdn. 42).
Die Unterscheidungskraft ist zum Einen im Hinblick auf die angemeldeten
Dienstleistungen und zum Anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrs-
kreise zu beurteilen, wobei auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines durch-
schnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrau-
chers der fraglichen Dienstleistungen abzustellen ist.
Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung vor allem solche
Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren
und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden
Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 – Postkantoor). Je-
doch hat der EuGH auch darauf hingewiesen, dass eine unmittelbar beschrei-
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bende Bedeutung nicht Voraussetzung für die Annahme fehlender Unterschei-
dungskraft ist. Vielmehr kann die Unterscheidungskraft auch aus anderen
Gründen fehlen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 – Postkantoor; GRUR 2004, 680
- Biomild).
Der Verkehr wird in der angemeldeten, grafisch gestalteten Marke mit dem Wort-
bestandteil "Grafic Arts" keine Kennzeichnung eines bestimmten Unternehmens
sehen, sondern einen Hinweis, dass die angemeldeten Dienstleistungen dazu die-
nen, Grafiken zu erstellen oder dafür zu werben.
Die englischsprachige Bezeichnung "graphic arts" bedeutet im Deutschen
Graphik/Grafik. Soweit die Markenstelle die Angabe mit "Polygraphie" übersetzt
hat, versteht sie das Wort wie im Beschluss ausgeführt auch nur im Sinne von
"alle Zweige des grafischen Gewerbes umfassendes Gebiet" und nicht im Sinne
eines Lügendetektors, was zusätzlich auch aus den von ihr zitierten Fundstellen
ohne Weiteres ersichtlich wird. Die Ansicht des Beschwerdeführers, "Grafic Arts"
könne man auch im Sinne von "Lügendetektor" verstehen, weil "Polygraphie" vor-
rangig diese Bedeutung habe, ist im vorliegenden Fall nicht nachvollziehbar. Die
englische Bezeichnung für "Lügendetektor" lautet vielmehr "lie detector". Es ist
auch unerheblich, ob der Verkehr das Fachwort "Polygraphie" kennt und die an-
gemeldete Marke so übersetzt. Soweit der Verkehr diese Übersetzung wählt,
meint er auch nur die Bedeutung von Polygraphie im Sinne von Grafik. Selbst
diejenigen, die lediglich die einzelnen Wörter kennen, werden das Zeichen mit
"grafische Künste" übersetzen und dann ebenfalls im Sinne von Grafik verstehen.
Da es sich um einfache englische Wörter handelt, werden weite Verkehrskreise
das angemeldete Zeichen verstehen. Es ist dagegen nicht damit zu rechnen, dass
deutsche Verkehrskreise wegen des deutschen Wortes "Art" die Angabe - wie der
Beschwerdeführer meint - im Sinne von "grafische Arten" auffassen, und das "s"
als Pluralform des deutschen Wortes "Art" ansehen könnten.
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Die Grafik im weitesten Sinn ist der Sammelbegriff aller Tätigkeiten künstlerischer,
technischer und industrieller Zeichnung sowie ferner deren manuell-drucktechni-
sche Vervielfältigung. In der engsten Begriffsverwendung bezieht sich Grafik allein
auf die künstlerische Druckgrafik, die zur bildenden Kunst gehört (vgl. Definition in
http://de.wikipedia.org/wiki/Grafik).
Für alle angemeldeten Dienstleistungen ist "graphic arts" eine Sachangabe. Zu
Dienstleistungen von Graphikern gehört die Herstellung von Grafiken ebenso wie
Fotosatzarbeiten, insbesondere für die Druckvorstufe. Ebenso können Grafiken
Gegenstand der Werbung, insbesondere in gedruckter Form, sein, oder Grafiken
können ein Gestaltungsmittel der Werbung sein.
Zur Versagung der Eintragung reicht es bereits aus, wenn das Zeichen nur für ei-
nen Teil der Dienstleistungen nicht schutzfähig ist, der unter die jeweiligen Ober-
begriffe fällt. Unterscheidungskraft einer Bezeichnung liegt auch nicht schon dann
vor, wenn man allein aus der Bezeichnung noch nicht ersehen kann, um welche
Dienstleistung es sich im Einzelnen handelt. Zur Bejahung einer Unterscheidungs-
kraft müsste man vielmehr auch dann, wenn man die Dienstleistungen kennt, in
dem angemeldeten Zeichen, wenn es in dem jeweiligen Zusammenhang verwen-
det wird, eine Marke sehen und nicht bloß einen Sachhinweis. Auch liegt wegen
der bereits erwähnten möglichen Bedeutungsnuancen keine Schutz begründende
Mehrdeutigkeit vor, da die Angabe in jedem Fall nur als Sachangabe verstanden
wird.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers begründet auch die Schreibweise
des Wortbestandteils der angemeldeten Marke mit "f" statt "ph" keine Unterschei-
dungskraft. Da in der deutschen Rechtschreibung "Graphik" auch mit "f" geschrie-
ben werden kann, wird in Ansehung der fraglichen Bezeichnung vielen gar nicht
bewusst werden, dass bei korrekter englischer Schreibweise das Wort mit "ph"
geschrieben wird. Sie werden daher "graphic" und "grafic" gleichsetzen und in bei-
den Schreibweisen nur eine Sachangabe sehen.
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Die grafische Ausgestaltung des angemeldeten Zeichens, die in einer leicht drei-
dimensional wirkenden Schrift mit einer kaum sichtbaren Schattenbildung auf ei-
nem rechteckigen Schild als Hintergrund besteht, führt ebenfalls nicht dazu, dass
der Verkehr in dem angemeldeten Zeichen eine Marke sieht. Die grafische
Gestaltung der angemeldeten Marke führt nicht von einer Sachangabe weg. Die
einfachen grafischen Elemente treten selbst nicht besonders hervor, sondern he-
ben lediglich den Wortbestandteil "Grafic Arts" hervor, so dass sie nicht als Her-
kunftshinweis erfasst werden und die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke
nicht begründen können (vgl. BGH GRUR 2001, 1153 - antiKALK). Sie dienen le-
diglich der Hervorhebung und Ausschmückung der schutzunfähigen Bestandteile.
Dies gilt hier um so mehr, als die in Rede stehenden Dienstleistungen den künstle-
rischen und gestalterischen Bereich betreffen, so dass eine grafische Gestaltung
der Angabe den beschreibenden Begriffsinhalt noch verstärkt.
Insgesamt wird der Verkehr daher in der angemeldeten Bezeichnung in Bezug auf
die angemeldeten Dienstleistungen keine Marke sehen.
Die vorsorglich erklärte hilfsweise Beschränkung auf die Klasse 35 (Werbung) än-
dert nichts am Ergebnis, da Grafiken wie bereits ausgeführt ein Gestaltungsmittel
oder der Gegenstand der Werbung sein können und die angemeldete Marke da-
her auch für die Dienstleistung "Werbung" nicht unterscheidungskräftig ist. Im Üb-
rigen handelt es sich auch nicht um einen echten Hilfsantrag, da ohnehin diejeni-
gen aufgeführten Oberbegriffe des Dienstleistungsverzeichnisses nicht zurückge-
wiesen würden, für die die angemeldete Marke schutzfähig wäre, was hier aber
nicht der Fall ist.
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Da die Anmeldung bereits wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückzuweisen
ist, kann dahingestellt bleiben, ob sie für die angemeldeten Dienstleistungen eine
beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist.
Die Beschwerde war deshalb zurückzuweisen.
gez.
Unterschriften