Urteil des BPatG vom 17.01.2000

BPatG (beschreibende angabe, werbung, beschwerde, dienstleistung, telekommunikation, marke, klasse, zeichen, vermietung, kennzeichnungskraft)

BUNDESPATENTGERICHT
30 W (pat) 118/99
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(Aktenzeichen)
An Verkündungs Statt
zugestellt
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
BPatG 154
6.70
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betreffend die Marke 395 45 787
hat der 30. Senat des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom
17. Januar 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel sowie der
Richter Dr. Buchetmann und Schramm
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Markeninhaberin werden die Be-
schlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes vom
10. Juni 1998 und 25. Februar 1999 aufgehoben, soweit die
Löschung der eingetragenen Marke 395 45 787.4 auch für
die Dienstleistung "Werbung" angeordnet worden ist.
Im übrigen wird die Beschwerde der Markeninhaberin zu-
rückgewiesen.
G r ü n d e
I.
In das Markenregister eingetragen ist unter der Rollennummer 395 45 787 die Be-
zeichnung
CCcard
für die Waren und Dienstleistungen
"Telekommunikation; Werbung; Finanzen, Geldgeschäfte;
wissenschaftliche, elektrische, photographische, Film-, opti-
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sche, Wäge-, Meß-, Signal-, Kontroll- und Unterrichtsappara-
te und Instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Geräte zur
Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und
Bild; Magnetaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und
Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungs-
geräte und Computer; Erstellen von Programmen für die Da-
tenverarbeitung".
Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der rangälteren, seit 1996 für die Waren
und Dienstleistungen
"Elektrische, elektronische, optische, Meß-, Signal-, Kontroll- oder
Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthal-
ten; Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und
Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; magnetische oder optische
Datenaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mechaniken
für geldbetätigte Apparate, Datenverarbeitungsgeräte und Compu-
ter; Juwelierwaren; Uhren und Zeitmeßinstrumente; Druckereier-
zeugnisse; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate);
Büroartikel (ausgenommen Möbel); Reise- und Handkoffer; Be-
kleidungsstücke, Kopfbedeckungen, Schuhwaren; Spiele, Spiel-
zeug; gymnastische Geräte und Sportgeräte (soweit in Klasse 28
enthalten); Finanzdienstleistungen; Immobilienwesen; Bauwesen;
Wartung, Reparatur und Installation von Einrichtungen für die Te-
lekommunikation; Telekommunikation, Vermietung von Einrich-
tungen für die Telekommunikation; Erziehung; Ausbildung, Unter-
haltung; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung;
Vermietung der Zugriffszeit zu Datenbanken; Vermietung von Da-
tenverarbeitungseinrichtungen und Computern; Projektierung und
Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation; Regen-
schirme, Sonnenschirme, Lederwaren und Lederimitationen (so-
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weit in Klasse 18 enthalten); Organisation von sportlichen und kul-
turellen Veranstaltungen, Veröffentlichung und Herausgabe von
Drucksachen"
unter der Rollennummer 395 295 343 eingetragenen Marke
TCard.
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat in
zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, eine
Verwechslungsgefahr bejaht und die Löschung der angegriffenen Marke angeord-
net. Zur Begründung ist ausgeführt, hinsichtlich der sich gegenüberstehenden Wa-
ren und Dienstleistungen bestehe nicht nur unbedenklich Ähnlichkeit, sondern
größtenteils sogar Identität. Der Widerspruchsmarke, bei der es sich um die Kom-
bination eines einzelnen Großbuchstabens mit dem Begriff "Card" handele, könne
keine für die beanspruchten Waren/Dienstleistungen beschreibende Aussage ent-
nommen werden. Sie erscheine daher noch ausreichend phantasievoll, um von
einem (noch) durchschnittlichen Schutzumfang ausgehen zu können. Der danach
erforderliche deutliche Abstand von der Widerspruchsmarke werde von dem an-
gegriffenen Zeichen in klanglicher Hinsicht nicht eingehalten. Neben der Überein-
stimmung in der Lautfolge "Card" seien die jeweils ersten Buchstaben - jedenfalls
bei der Einbindung in ein Gesamtwort - nicht mehr ausreichend zu unterscheiden.
Die Markeninhaberin hat Beschwerde eingelegt, die sie im wesentlichen auf die
geringe Kennzeichnungskraft der nach ihrer Auffassung aus zwei nicht unter-
scheidungskräftigen und freihaltebedürftigen Komponenten zusammengesetzten
Widerspruchsmarke stützt. Zudem wiege der bestehende Unterschied im An-
fangskonsonanten weniger schwer, da isolierte Konsonanten zu einer vernünftigen
Aussprache der Beifügung eines Vokals bedürften und deshalb eine erhebliche
Ähnlichkeit zwischen denjenigen Konsonanten, zu deren "Klanghaftmachung" der-
selbe Vokal verwendet werde, bestehe.
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Im Wege eines Hilfsantrags hat die Markeninhaberin das Verzeichnis der Waren-
und Dienstleistungen auf
"Chipkarte mit akustischer Eingabeeinheit zur akustischen
Übertragung digitalisierter Daten"
beschränkt.
Die Markeninhaberin beantragt (sinngemäß),
die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben.
Die Widersprechende beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zur Sache hat sie sich nicht geäußert.
II.
Die zulässige Beschwerde hat nur teilweise Erfolg. Mit Ausnahme der Dienstleis-
tung "Werbung" besteht Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Absatz 1 Nr 2
Markengesetz.
Nach der maßgeblichen Registerlage können die beiderseitigen Marken mit Aus-
nahme der Dienstleistung "Werbung" zur Kennzeichnung gleicher Waren bzw
Dienstleistungen verwendet werden. Die Waren und Dienstleistungen in dem an-
gegriffenen Zeichen finden sich überwiegend in identischer bzw in sehr ähnlicher
Form im Verzeichnis der Widerspruchsmarke wieder. Ausgenommen hiervon ist
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die Dienstleistung "Werbung", die nur mit "Finanzdienstleistungen" in der Wider-
spruchsmarke in Verbindung gebracht werden kann und hierzu allenfalls eine ent-
fernte Ähnlichkeit aufweist.
Der Senat hat für den hier maßgeblichen Ähnlichkeitsbereich eine noch durch-
schnittliche Kennzeichnungskraft und damit einen noch normalen Schutzumfang
der Widerspruchsmarke zugrunde gelegt. Zwar weist der Zeichenbestandteil
"Card" in beschreibender Weise darauf hin, daß die so gekennzeichneten Waren
und Dienstleistungen nur unter Verwendung entsprechender Karten genutzt wer-
den können oder diese Waren selbst derartige Karten darstellen. Durch die Einfü-
gung des Anfangslautes "T" erscheint das Gesamtzeichen aber noch hinreichend
phantasievoll. Es bestehen insbesondere keine hinreichenden Anhaltspunkte da-
für, daß dieser Laut allgemeinverständlich auf den hier einschlägigen Bereich "Te-
lekommunikation" bzw "Telefon" hinweist.
Der unter diesen Umständen gebotene noch deutliche Abstand wird von der an-
gegriffenen Marke - ausgenommen bezüglich der Dienstleistung "Werbung" - in
klanglicher Hinsicht nicht eingehalten.
Zwar kann eine Verwechslungsgefahr noch nicht aus der Übereinstimmung der
Marken in dem Bestandteil "Card" hergeleitet werden, da dieser die sich gegenü-
berstehenden Zeichen nicht prägt. Ihm kommt als beschreibende Angabe allen-
falls eine geringe Kennzeichnungskraft zu (PAVIS PROMA, Knoll,
33 W (pat) 114/96 - Multi Card Manager/MARS MULTICARD). Hinzu kommt aber,
daß vorliegend auch die Anfangskonsonanten eine große klangliche Ähnlichkeit
aufweisen. Zumindest im Rahmen der hier in relevantem Umfang in Betracht zu
ziehenden deutschen Aussprache beinhaltet der Anfangskonsonant "C" in der an-
gegriffenen Marke in klanglicher Hinsicht auch den Konsonanten "t" und somit den
Anfangslaut des Widerspruchszeichens. Entgegen der Auffassung der Markenin-
haberin werden durch einen derartigen Schutzumfang der Widerspruchsmarke
nicht notwendigerweise eine größere Zahl ähnlicher Konsonanten, zu deren
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"Klanghaftmachung" derselbe Vokal verwendet wird, für Mitkonkurrenten ausge-
schlossen. Dies zeigt sich schon daran, daß die ähnlich klingenden Konsonan-
ten "B", "G" und "P" bei einer Aussprache als Einzelbuchstaben dem Anfangs-
laut "T" in der Widerspruchsmarke klanglich ferner stehen als der Anfangskonso-
nant im angegriffenen Zeichen.
Hinsichtlich der Dienstleistung "Werbung" reicht der Markenabstand auch bei einer
- unterstellten - entfernten Warenähnlichkeit aus.
Über das im Wege eines Hilfsantrags eingeschränkte Verzeichnis der Waren und
Dienstleistungen ist nicht zu entscheiden. Ein derartiger Hilfsantrag steht zum
Hauptantrag im Verhältnis einer Eventualhäufung. Über ihn ist demgemäß erst
dann zu entscheiden, wenn der Antragsteller mit dem Hauptantrag nicht durch-
dringt (Thomas/Putzo, ZPO, 22. Aufl, § 260 Rdn 8). Vorliegend hat die Markenin-
haberin mit ihrem Hauptantrag jedoch teilweise Erfolg. Ungeachtet dessen enthält
das Warenverzeichnis gemäß dem Hilfsantrag lediglich eine Spezifizierung der
Waren "Magnetaufzeichnungsträger", die wegen ihrer Identität zu den entspre-
chenden Widerspruchswaren - wie ausgeführt - keinen ausreichenden Warenab-
stand aufweisen.
Auf die Beschwerde sind daher die angegriffenen Beschlüsse der Markenstelle
teilweise aufzuheben und im übrigen die Beschwerde zurückzuweisen.
Eine Kostenauferlegung (§ 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG) ist nicht veranlaßt.
Stoppel Dr.
Buchetmann
Schramm
br/Na