Urteil des BPatG vom 25.02.2002

BPatG (bundesrepublik deutschland, bezeichnung, alleinstehende person, check, sprache, marke, eintragung, schweiz, deutschland, beschwerde)

BUNDESPATENTGERICHT
30 W (pat) 113/01
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die IR-Marke 692 924
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 25. Februar 2002 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dr. Buchetmann sowie der Richterin Winter und des Richters Voit
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
- 2 -
G r ü n d e
I.
Die international registrierte Marke 692 924
SingleCheck
begehrt Schutz in der Bundesrepublik Deutschland für die Waren
"Machines pour la production de papiers-valeurs;
Dispositifs de commande pour machines de production de pa-
piers-valeurs".
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes, besetzt
mit einem Beamten des höheren Dienstes, hat nach vorangegangenem Avis de
refus de protection mit Beschluss vom 20. März 2001 den Schutz für die Bundes-
republik Deutschland verweigert. Zur Begründung ist ausgeführt, der Marke, die
aus den schutzunfähigen Angaben "Single" und "Check" zusammengesetzt sei,
fehle auch in der Zusammensetzung dieser beiden Begriffe die erforderliche Un-
terscheidungskraft, im übrigen bestehe ein Freihaltebedürfnis. Bei "Check" handle
es sich um einen glatt beschreibenden, technischen Funktionsbegriff des betref-
fenden Warensektors, der bereits Eingang in die deutsche Sprache gefunden
habe. Auch die Voranstellung von "Single" führe nicht zu einer phantasievollen
Verfremdung des Gesamtbegriffs, weil auch dies den beschreibenden Charakter
nicht ausräume.
Die Markeninhaberin hat Beschwerde erhoben. Sie hält mit näheren Ausführungen
die Bezeichnung insgesamt für schutzfähig, insbesondere auch unter Verweis auf
die Voreintragung in der Schweiz und unter Inanspruchnahme des Telle-Quelle-
Schutzes. Die Markenstelle habe ihrer Beurteilung unzulässigerweise eine zer-
- 3 -
gliedernde Betrachtungsweise zugrunde gelegt und eine analysierende Betrach-
tung vorgenommen.
Die Markeninhaberin beantragt,
den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des
Deutschen Patent- und Markenamtes vom 20. März 2001 aufzu-
heben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den pa-
tentamtlichen Beschluss und den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist in der Sache ohne Erfolg. Die Markenstelle hat der
IR-Marke zu Recht wegen eines bestehenden Freihaltebedürfnisses im Sinne der
Art 5 Abs 1 MMA, Art 6
quinquies
B Nr 2 PVÜ, der § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entspricht,
iVm §§ 103, 113, 37 Abs 1, den Schutz für die Bundesrepublik Deutschland
verweigert.
Gemäß dieser Vorschrift sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen,
die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der
Art, der Beschaffenheit oder der Bestimmung der Waren oder Dienstleistungen
dienen können. Dieses Eintragungshindernis bezieht sich allerdings nicht nur auf
die in der genannten Bestimmung ausdrücklich aufgeführten Angeben, sondern
auch auf solche, die andere, für den Warenverkehr wichtige und für die umworbe-
nen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf
die beanspruchte Ware selbst beschreiben (vgl BGH GRUR 1999, 1093 – FOR
YOU). Diese Regelung gebietet die Versagung einer Eintragung auch dann, wenn
die fragliche Sachangabe zwar noch nicht zu beobachten ist, eine solche Verwen-
- 4 -
dung aber jederzeit in Zukunft erfolgen kann (vgl EuGH GRUR 1999, 723
– Chiemsee; BGH WRP 2001, 692 – Test it).
"Single" steht in der englischen Sprache entweder als Adjektiv für "einzeln, einzig,
einfach" oder aber als Substantiv für der, die und das "Einzelne, Einzige", für eine
bestimmte Art von Schallplatten oder aber für eine alleinstehende Person (vgl Lan-
genscheidts Handwörterbuch, Englisch-Deutsch, S 592). Hinsichtlich der beiden
letztgenannten Bedeutungen wurde das Wort unverändert in die deutsche Spra-
che übernommen, aber auch die übrigen Bedeutungen sind weitesten Kreisen im
deutschsprachigen Raum geläufig.
"Check" steht als ursprünglich englisches Wort im betreffenden (technischen) Wa-
rensektor für "Kontrolle, Überprüfung, Nachprüfung, Überwachung" (vgl Langen-
scheidts Handwörterbuch, S 120) und ist ebenfalls in die deutsche Sprache ein-
gegangen. Hier kommt es neben der hier nicht relevanten Bedeutung einer er-
laubten Behinderung eines Spielers beim Eishockey, der in der Schweiz üblichen
Bezeichnung für Scheck (vgl DUDEN, Fremdwörterbuch, S 140), auch in der Be-
deutung von "Überprüfung, Kontrolle" und in gebräuchlichen, eingedeutschten
Wörtern und Wortzusammensetzungen wie etwa "Checker, Check-in, Checkliste,
Check-out, Checkpoint" vor (vgl Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 6. Aufl; DUDEN,
Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Aufl, jeweils unter "Check,
checken").
In der vorliegenden und sprachüblichen Zusammensetzung ergänzen sich die bei-
den Begriffe daher ohne weiteres verständlich zur beschreibenden Sachangabe
einer Einzelkontroll-, Einzelprüfungs- oder Einzelüberwachungsfunktion, einer ein-
zigen (konzentrierten) Prüfung innerhalb eines Produktionsprozesses, bezie-
hungsweise zur Ausstattung von Geräten mit einer solchen Funktion und ist für die
hier angesprochenen – eingeschränkten – Verkehrskreise so ohne weiteres ver-
ständlich. Wie diese Einzelkontrolle funktioniert, sagt das Zeichen zwar nicht aus,
nimmt ihm damit aber nicht die Eigenschaft einer Sachaussage. Bei technischen
Begriffen wird sehr oft dem Verkehr nur ein allgemeiner Hinweis auf ein bestimm-
- 5 -
tes Merkmal gegeben, zumal Details hier unter Umständen gezielt verschwiegen
werden. So ist beispielsweise im Zusammenhang mit der Einführung des Euro
bekannt, daß bestimmte Sicherheitsmerkmale der Geldscheine nicht nur nicht
veröffentlich werden, sondern sie auch nur mit besonderen Hilfsmitteln erkennbar
sind. Gerade auf ein solches Einzelmerkmal bei Wertpapieren könnte aber auch
das Zeichen hinweisen.
Diese angenommene warenbeschreibende Sachaussage beruht auch nicht auf
einer unzulässigen, zergliedernden Betrachtung der schutzsuchenden Bezeich-
nung (vgl BGH GRUR 1996, 771 – THE HOME DEPOT). Vielmehr beruht diese
Feststellung auf einer Betrachtung des Gesamtzeichens ohne analysierende
Sichtweise der Einzelbestandteile. Unerheblich ist dabei auch die Schreibweise
der Bezeichnung in einem Wort, da dies der Bildung zusammengesetzter Wörter
in der deutschen Sprache entspricht.
Die Annahme eines (aktuellen) Freihaltebedürfnisses ist auch nicht davon abhän-
gig, ob die schutzsuchende Bezeichnung als solche bereits für den hier einschlä-
gigen Warenbereich unmittelbar nachweisbar ist. Nach dem ausdrücklichen Wort-
laut des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, der lediglich voraussetzt, dass die fraglichen
Bezeichnungen zur Beschreibung "dienen können", ergibt sich, dass auch die
erstmalige Verwendung eines Zeichens nicht schutzbegründend wirkt (vgl BGH
GRUR 1996, 770 – MEGA).
Im übrigen kommt es bei der Frage eines Freihaltebedürfnisses vor allem auf die
Belange der Mitbewerber der Markeninhaberin an. Ob die angesprochenen Ver-
kehrskreise, die hier aufgrund der in Frage stehenden, sehr speziellen Waren
vorwiegend im Bereich des Fachpublikums anzusiedeln sind, die konkrete Be-
zeichnung richtig verstehen, ist nur insoweit von Bedeutung, als der Begriff zur
Warenbeschreibung nur dann nicht geeignet wäre, wenn von Anfang an fest-
stünde, dass er für das angesprochene Publikum vollkommen unverständlich wäre
und auch bliebe (vgl Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 8 Rdnr 69). Dies
trifft aber hier schon deswegen nicht zu, weil infolge der Besonderheit der bean-
- 6 -
spruchten Waren Fachkreise angesprochen sind, in denen Englisch als gängige
Fachsprache anzusehen ist.
Ohne Belang ist auch die Voreintragung in der Schweiz, auf die die Markeninha-
berin verweist (vgl Althammer/Ströbele, aaO, § 8 Rdnr 86). Abgesehen davon,
dass nähere Einzelheiten des der ausländischen Eintragung zugrundeliegenden
Sachverhalts hier nicht bekannt sind, wäre eine Indizwirkung allenfalls dort in Be-
tracht zu ziehen, wo es sich um eine Eintragung einer fremdsprachigen Marke in
ihrem originären Sprachraum handelt (vgl BGH GRUR 1999, 988 – HOUSE OF
BLUES; BGH aaO – THE HOME DEPOT). Nachdem die Schweiz kein originär
englischsprachiges Land ist, ist eine tatsächliche Indizwirkung hier nicht gegeben.
Der Hinweis der Anmelderin auf die Entscheidung INDIVIDUELLE des BGH
(GRUR 2002, 64) ist insofern hier ohne Belang, da dort der BGH auf die Unge-
wöhnlichkeit des Wortes und dessen ungenauen Aussagegehalt (individuelle Fer-
tigung/individueller Kunde etc) abstellt.
Ob der Bezeichnung darüber hinaus die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt,
kann dahinstehen.
Dr. Buchetmann
Winter
Voit
Hu