Urteil des BPatG vom 28.05.2008
BPatG: stand der technik, patentanspruch, klimagerät, luft, versorgung, sperrung, zusammenwirken, kanal, beschränkung, verfügung
BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
_______________
(Aktenzeichen)
28. Mai 2008
…
B E S C H L U S S
In der Einspruchssache
betreffend das Patent 100 33 732
9 W (pat) 429/04
Verkündet am
…
- 2 -
hat der 9. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
28. Mai 2008 unter Vorsitz des Richters Dipl.-Ing. Bülskämper sowie unter Mitwir-
kung der Richter Hövelmann, Dipl.-Ing. Reinhardt und Dr.-Ing. Höchst
beschlossen:
Das Patent wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechter-
halten:
- Patentansprüche 1 bis 21 gemäß Hilfsantrag 2, überreicht in
der mündlichen Verhandlung vom 28. Mai 2008,
- Beschreibung Seiten 2 bis 6 und 6 Blatt Zeichnungen, Figu-
ren 1 bis 10, gemäß Patentschrift.
G r ü n d e
I.
Gegen das unter Inanspruchnahme der Priorität der französischen Voranmel-
dung 9908997 vom 12. Juli 1999 am 12. Juli 2000 angemeldete und am 5. Au-
gust 2004 veröffentlichte Patent mit der Bezeichnung
"Heizgerät, insbesondere Heizklimaanlage, umfassend
eine Mischklappe"
ist von der Fa. B… GmbH & Co. KG Einspruch erhoben worden.
Die Patentinhaberin verteidigt das Patent mit Hauptantrag und zwei Hilfsanträgen.
- 3 -
Die selbständigen Patentansprüche nach den jeweiligen Anträgen lauten wie folgt:
Hauptantrag (H0)
Patentanspruch 1 (erteilte Fassung):
- 4 -
Diesem Patentanspruch 1 schließen sich rückbezogen die Patentansprüche 2
bis 20 in der erteilten Fassung sowie der nebengeordnete Patentanspruch 21 in
der geltenden Fassung an.
Patentanspruch 21 (geltende Fassung):
21Fahrerstand
Hilfsantrag 1 (H1)
(Abweichungen des Patentanspruchs 1 gegenüber dem Patentanspruch 1 nach
Hauptantrag durch Unterstreichung hervorgehoben):
insbesondere
- 5 -
Hilfsantrag 2 (H2)
Bei gleichlautendem Oberbegriff unterscheidet sich Patentanspruch 1 nach die-
sem Hilfsantrag von Patentanspruch 1 nach dem Hauptantrag durch eine Ergän-
zung im kennzeichnenden Teil (hervorgehoben durch Unterstreichung):
gekennzeichnet
- 6 -
In Übereinstimmung mit dem Hauptantrag schließen sich dem jeweiligen Pa-
tentanspruch 1 der beiden Hilfsanträge die rückbezogenen Patentansprüche 2
bis 20 in der erteilten Fassung sowie der nebengeordnete Patentanspruch 21
in der geltenden Fassung (s. o.) an.
Die Patentinhaberin meint, die Patentansprüche 1 bis 21 der jeweiligen Anträge
seien zulässig und auch patentfähig.
Sie stellt den Antrag,
das Patent aufrechtzuerhalten mit der Maßgabe, dass in Patentan-
spruch 21 der Begriff "Fahrzeug" durch "Fahrerstand eines Kraft-
fahrzeugs" ersetzt wird,
hilfsweise das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten mit
- dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1, überreicht in der
mündlichen Verhandlung,
- den Patentansprüchen 2 bis 21 wie Hauptantrag,
- der Beschreibung und Zeichnung gemäß Patentschrift,
weiter hilfsweise mit
- den Patentansprüchen 1 bis 21 nach Hilfsantrag 2, überreicht in
der mündlichen Verhandlung,
- sonst wie Patentschrift.
Die Einsprechende stellt den Antrag,
das Patent zu widerrufen.
Sie ist der Auffassung, die Gegenstände der selbständigen Patentansprüche aller
drei Anträge seien nicht patentfähig. Die Patentansprüche 1 nach den beiden
Hilfsanträgen seien überdies hinsichtlich des Schutzbereiches unzulässig erwei-
tert. Zum Stand der Technik verweist sie in der mündlichen Verhandlung auf das
- 7 -
in der Streitpatentschrift als Stand der Technik bezeichnete Klimagerät gemäß Fi-
gur 1 der Streitpatentschrift (Absatz 0018) sowie auf folgende Druckschriften:
- EP 266 230 B1
- SU 1 452 716 A1
- RU 5 145 U1.
Schriftsätzlich hat sie außerdem folgenden Stand der Technik in Betracht gezo-
gen:
- DE 24 07 751 A1
- DE 35 10 991 A1
- FR 2 773 111 A1
- FR 2 773 112 A1
- FR 2 773 114 A1
- DE 38 26 182 C1
- FR 2 765 526 A1
- RU 2 128 589 C1
- DE 196 31 371 A1
- US 5 135 046
- FR 2 562 845 A1.
II.
Die Zuständigkeit des Bundespatentgerichts ist durch §
147 Abs.
3 Satz
1
PatG a.F. begründet.
1. Der Einspruch ist zulässig. Er hat teilweise Erfolg durch eine Beschränkung des
Patents.
- 8 -
Das Patent betrifft nach dem Hauptantrag und den beiden Hilfsanträgen ein Klima-
gerät, insbesondere Heizklimagerät, sowie einen Fahrerstand eines Kraftfahr-
zeugs mit einem derartigen Gerät.
In der Beschreibungseinleitung der Streitpatentschrift ist sinngemäß ausgeführt,
dass bei bekannten Heizklimageräten die Mischklappe zur Aufteilung des Luftstro-
mes in einen Heizelement-Kanal und einen Luftverteilbereich vom Schmetterlings-
typ sei. Die Drehachse der Mischklappe sei im Bereich der Kanalverzweigung zu
Luftverteilbereich und Heizelement-Kanal an einem Ende einer Trennwandung
des Heizelement-Kanals angelenkt. Ein Nachteil dieser Bauweise sei darin zu se-
hen, dass die Querschnittsfläche des direkt zum Luftverteilbereich (am Heizele-
ment-Kanal vorbei) führenden Luftkanales relativ begrenzt sei, da sie durch die
Abmessungen des ihr zugeordneten Abschnitts der Mischklappe (einer der beiden
sich von der Drehachse weg erstreckenden Klappenabschnitte) bestimmt werde
(vgl. Streitpatentschrift Absatz 0003, 0004).
Das dem Patent zugrundeliegende und mit der nach Hauptantrag und den Hilfsan-
trägen gleichlautenden Aufgabe formulierte technische Problem besteht daher
sinngemäß darin,
Dieses Problem soll durch das Klimagerät und insbesondere das Heizklimagerät
mit den in dem jeweiligen Patentanspruch 1 nach dem Hauptantrag und den Hilfs-
anträgen angegebenen Merkmalen gelöst werden.
2.0
Zum Hauptantrag (H0)
2.0.1 Bedeutungsinhalte von Angaben zu Lagebeziehungen und Maßverhältnis-
sen in Patentanspruch 1
- 9 -
a) "gegenüberliegend dem Lufteintritt" bedeutet eine Lage innerhalb
einer Fläche, die bei einer orthogonalen Parallel-Projektion der
Lufteintritts-Querschnittsfläche auf eine mit Abstand vor dem Luft-
eintritt liegende Kanalwandung aufgespannt wird. Dieser Interpre-
tation ist die Definition gemäß Duden (Deutsches Universalwörter-
buch 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]) zugrunde gelegt, wonach "gegen-
über" als Lagebeziehung die Bedeutung von "frontal entgegenge-
setzt" hat.
b) Die Formulierung "eine Rotationsachse aufweist, die benachbart
einem Rand
(46) des Umlenkkanals (6) angeordnet ist" be-
schränkt die Lage der Rotationsachse nicht auf den den Umlenk-
kanal auf seiner von dem Lufteintritt abgewandten Seite liegenden
Rand 46. Zwar ist in dieser Formulierung der für die Lage der Ro-
tationsachse in Bezug genommene Rand mit dem Bezugszei-
chen 46 versehen und somit als der den Umlenkkanal auf seiner
vom Lufteintritt abgewandten Seite begrenzende Rand erkennbar.
In Patentansprüchen angegebene Bezugszeichen - die sich regel-
mäßig auf konkrete Ausführungsbeispiele beziehen - schränken
jedoch nicht grundsätzlich auf ein Ausführungsbeispiel ein (BGH in
"Koksofentür", GRUR 2006, 316-319). Da zudem die Lösung der
Aufgabe im vorliegenden Fall durchaus auch bei Anordnung der
Rotationsachse an dem dem Lufteintritt zugewandten Rand mög-
lich ist (vgl. BGH Entscheidungen vom 12.
Februar
2008
- X ZR 153/05, Mehrgangnabe, veröffentlicht in JURIS), führt die
Nennung des Bezugszeichens 46 im streitpatentgemäßen Patent-
anspruch 1 nicht zu einer Beschränkung der Lage der Rotations-
achse benachbart ausschließlich zu dem von dem Lufteintritt ab-
gewandten Rand 46 des Umlenkkanals. Nach dem Wortlaut des
Patentanspruchs muss vielmehr auch der dem Lufteintritt zuge-
wandte Rand als Lagebezug für die Rotationsachse in Betracht
gezogen werden.
- 10 -
c) In der Formulierung "eine Rotationsachse aufweist, die benach-
bart einem Rand (46) ... angeordnet ist, gegenüberliegend dem
Lufteintritt" ist Satzgegenstand die Rotationsachse. Deshalb be-
zieht sich "gegenüberliegend dem Lufteintritt" eindeutig auf die
Rotationsachse, nicht dagegen auf den Rand.
d) In der Terminologie der Streitpatentschrift ist "Rand" gleichbedeu-
tend mit "Wandung". Dieses ergibt sich aus der streitpatentge-
mäßen Verwendung beider Begriffe für denselben Bereich des Kli-
mageräts (vgl. Streitpatentschrift Absätze 0006, 0031, 0033, 0036,
0041, 0043, 0045; Patentansprüche 1, 20) sowie aus dem Ge-
samtzusammenhang.
e) Der "erste" und "zweite" benachbarte Bereich der Mischklappe
sind in ihrer Längserstreckung dadurch definiert, dass anspruchs-
gemäß der erste Klappenbereich in der ersten Position der Klappe
die Öffnung zum Heizkörper hin sperrt. Schlussfolgerichtig muss
dann der zweite Klappenbereich der sich darüber hinaus erstre-
ckende Abschnitt der Klappe sein.
2.0.2 Das Klimagerät nach dem erteilten Patentanspruch 1 ist nicht neu.
Zur Erleichterung von Bezugnahmen in der nachfolgenden Begründung ist Patent-
anspruch 1 nachstehend in Form einer Merkmalsgliederung wiedergegeben:
- 11 -
- 12 -
Bei dem aus der EP 0 266 230 B1 vorbekannten Gerät (vgl. hier wiedergegebene
Figur 2) handelt es sich um ein Klimagerät im Sinne des o. a. Merkmals 1/H0-1
(Spalte 1, Zeilen 3-5 und 32-37). Dieses Klimagerät umfasst einen Lufteintritt 3
sowie einen Heizkörper (Wärmetauscher 5) und eine zwischen zwei Extremposi-
tionen verstellbare Mischklappe 8 (Merkmale 1/H0-2 bis 1/H0-5). Die eine Extrem-
position 8a entspricht einem direkten Durchtritt der Luft zu einem Luftverteiler-
kreis 2, die andere Extremposition 8b entspricht einem umgelenkten Durchtritt
durch eine Öffnung 4 zur Versorgung des Heizkörpers (erste und zweite Position
gemäß o. a. Merkmalen 1/H0-6, 1/H0-7). Flußabwärtsliegend von dem Heizkör-
per 5 wird die Luftströmung umgelenkt (Pfeil f2), der entsprechende Gehäuseab-
schnitt bildet demnach einen Umlenkka-
nal im Sinne des Merkmals 1/H0-8. Wie
ferner aus der figürlichen Darstellung
ohne Weiteres ablesbar, wird (in der zwei-
ten Position
8b der Mischklappe) der
Heizkörper 5 mit Luft versorgt, bevor die-
se den Luftverteilerkreis 2 erreicht (Pfei-
le f1, f2; Merkmal 1/H0-9). Zwischenposi-
tionen der Mischklappe ermöglichen eine
Mischung der direkten und der umgelenk-
ten Luftströmung (Spalte 2, Zeile 52, bis
Spalte 3, Zeile 2; Merkmal 1/H0-10).
Die Mischklappe 8 weist eine Rotations-
achse 9 auf (Merkmal 1/H0-11), die ge-
- 13 -
mäß figürlicher Darstellung benachbart einer Trennwand 6 des Umlenkkanals in
etwa frontal entgegengesetzt zum Lufteintritt 3 (also diesem gegenüberliegend,
s. o. 2.0.1 a) und c)) angeordnet ist. Die Trennwand 6 stellt nach obenstehender
Definition einen Rand des Umlenkkanals dar (so. 2.0.1 d)), dessen Lage auf der
Seite des Lufteintritts von Patentanspruch 1 mit umfasst ist (s. o., 2.0.1 b)). Die La-
gebeziehungen nach den Merkmalen 1/H0-12 und 1/H0-13 (benachbart zu einem
Rand des Umlenkkanals, gegenüberliegend dem Lufteintritt) sind deshalb bei die-
sem vorbekannten Klimagerät ebenfalls verwirklicht.
Die Mischklappe 8 des vorbekannten Klimagerätes weist weiter zwei benachbarte
Abschnitte auf, deren erster in der ersten Position 8a der Mischklappe 8 die Öff-
nung 4 zum Heizkörper hin sperrt (seine Länge entspricht der Querschnittshöhe
der Öffnung 4 in Figur 2; s. o. 2.0.1 e)), während der zweite Abschnitt den Umlenk-
kanal sperrt. In der zweiten Position 8b der Mischklappe wirken ihr erster und
zweiter Abschnitt zur Sperrung der Öffnung vom Lufteintritt 3 zu dem Luftverteiler-
kreis 2 hin zusammen (vgl. hier wiedergegebene Figur 2). Demzufolge weist das
vorbekannte Klimagerät auch die Merkmale 1/H0-14 bis 1/H0-17 auf.
Obenstehende Ausführungen zeigen, dass das mit dem streitpatentgemäßen Pa-
tentanspruch 1 beanspruchte Klimagerät in allen seinen Merkmalen am Anmelde-
tag bereits bekannt war.
Bei dieser Sachlage hat Patentanspruch 1 nach dem Hauptantrag keinen Bestand.
2.0.3 Die Unteransprüche 2 bis 20 sowie der nebengeordnete Patentanspruch 21
teilen das Schicksal des Patentanspruchs 1, da über einen Antrag immer nur in
seiner Gesamtheit entschieden werden kann (BGH GRUR 1997, 120 ff., "Elektri-
sches Speicherheizgerät").
2.1
Zum Hilfsantrag 1 (H1)
Die Änderungen im Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 1 sind unzulässig, da sie
zu einer Erweiterung des Schutzbereichs des Patents führen.
- 14 -
Die im erteilten Patentanspruch 1 vorhandene Angabe der Gegenüberlage der Ro-
tationsachse in Bezug zum Lufteintritt fehlt in Patentanspruch 1 nach dem Hilfsan-
trag 1. Statt dessen ist bei diesem die Lage der Rotationsachse in Bezug zu dem
"dem Lufteintritt gegenüberliegenden Rand (46) des flußabwärtsliegenden Um-
lenkkanals (6)" angegeben. Dieser Rand ist nichts anderes als die dem Lufteintritt
gegenüberliegende Wandung 46 (so. 2.0.1 d)), die zwar einen Abschnitt aufweist,
der "frontal entgegengesetzt" zum Lufteintritt liegt. Diese Wandung erstreckt sich
aber außerdem - zumindest in Richtung auf den Umlenkbereich 44/45 zu - über
den Lufteintritt hinaus, so dass zur Erfüllung der in Patentanspruch 1 gemäß Hilfs-
antrag 1 geforderten Lagebeziehung für die Rotationsachse diese nun in Bezug
zum Lufteintritt auch - zumindest nach unten hin (vgl. Figur 2) - versetzt angeord-
net sein kann. Genau das ist jedoch ist von dem erteilten Patentanspruch 1 ausge-
schlossen (s. o. 2.0.1 a)) und auch den übrigen Angaben der Streitpatentschrift
nicht entnehmbar. Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag 1 erweitert somit den
Schutzbereich des Patents.
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ist deshalb nicht zulässig.
Die Unteransprüche 2 bis 20 sowie der nebengeordnete Patentanspruch 21 fallen
mit dem Patentanspruch 1, da über einen Antrag immer nur in seiner Gesamtheit
entschieden werden kann (BGH GRUR 1997, 120 ff., "Elektrisches Speicherheiz-
gerät").
2.2
Zum Hilfsantrag 2 (H2)
Als Durchschnittsfachmann nimmt der Senat einen Ingenieur der Fachrichtung
Maschinenbau an, der bei einem Kraftfahrzeughersteller/-zulieferer mit der Ent-
wicklung und Konstruktion von Kfz-Klimatisierungssytemen befasst ist und auf die-
sem Gebiet über mehrjährige Berufserfahrung verfügt.
Für Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag 2 ergibt sich folgende Merkmalsglie-
derung:
- 15 -
2.2.1 Die Patentansprüche 1 bis 21 sind zulässig.
Das aus obenstehender Gliederung ersichtliche, gegenüber der erteilten Fassung
des Patentanspruchs 1 (Hauptantrag) zugefügte Merkmal (1/H2-12.1) betrifft den
im erteilten Patentanspruch 1 grundsätzlich bereits in Bezug genommenen Rand
des Umlenkkanals (Hauptantrag Merkmal 1/H0-12). Dieser Rand wird durch be-
sagtes Merkmal konkretisiert, nämlich als äußere Wandung des Umlenkkanals.
Die Bezeichnungen "Wandung" und "Rand" haben gleichen Bedeutungsinhalt und
sind daher gleichrangig nebeneinander verwendbar (s. o. 2.0.1.d)). Der in Merk-
mal 1/H0-12 (Hauptantrag) in Bezug genommene Rand kann vom Wortlaut her so-
wohl als der dem Lufteintritt zugewandte als auch als der von dem Lufteintritt ab-
gewandte Rand interpretiert werden (s. o. 2.0.1 b)). Merkmal 1/H2-12.1 des Pa-
tentanspruchs 1 nach dem Hilfsantrag 2 gibt nun außerdem an, welcher der Rän-
der des Umlenkkanals in Merkmal 1/H2-12 gemeint ist. Bei einem richtungsän-
dernden Kanal (Umlenkkanal) wird die - in Bezug auf die Kanalmitte - längere Um-
lenkstrecke als außenliegend und die kürzere Umlenkstrecke als innenliegend be-
trachtet. Dieses ist fachüblich und für den Fachmann an sich selbstverständlich.
Die "äußere" Wandung kann deshalb nur die Wandung auf der längeren Seite des
Umlenkkanals sein. Durch die Angabe "äußere Wandung" (Merkmal 1/H2-12.1)
wird demnach der den Umlenkkanal auf seiner dem Lufteintritt zugewandten Seite
begrenzende Rand, der von der erteilten Fassung noch mit umfasst ist, ausge-
schlossen.
- 16 -
Auf diese Weise ergibt sich eine gegenüber der erteilten Fassung echte Beschrän-
kung des Patents. Da das zugefügte besagte Merkmal ein bereits im erteilten Pa-
tentanspruch 1 in Bezug genommenes Merkmal konkretisiert (Merkmal 1/H0-12),
ist auch kein Aliud gebildet.
Offenbart ist das zugefügte Merkmal 1/H2-12.1 in der Streitpatentschrift z. B. in
der Figur 2 mit zugehöriger Beschreibung, die Erfindungswesentlichkeit ergibt sich
durch die in der Streitpatentschrift dargelegte Gegenüberstellung des als Stand
der Technik bezeichneten Klimageräts nach Figur 1 und der Weiterbildung dessel-
ben im Sinne der Figur
2 (Absätze
0003,
0004 letzter Satz; Absatz
0006
1.-5. Zeile, Absatz 0031 1.-5. Zeile; Figuren 1, 2). Die übrigen Merkmale nach die-
sem Patentanspruch 1 stimmen mit denen der erteilten Fassung (Hauptantrag)
überein. Es sind demnach alle Merkmale des mit dem hier geltenden Patentan-
spruch 1 definierten Heizklimageräts aus der erteilten Fassung der Streitpatent-
schrift heraus als zur Erfindung gehörend erkennbar.
Die ursprünglichen Unterlagen offenbaren den entsprechenden Sachverhalt in Pa-
tentanspruch 1 im Zusammenhang mit Angaben aus der Beschreibung (Seite 2,
Zeilen 4-7, 20-23 und 30-32; Seite 7, Zeilen 25-27; Figuren 1, 2).
Patentanspruch 21 stimmt mit der ursprünglichen Fassung überein.
Er enthält eine Beschränkung gegenüber der erteilten Fassung, da er sich nun-
mehr auf den Fahrerstand eines Kraftfahrzeugs und nicht mehr allgemein auf ein
Fahrzeug bezieht.
Die Unteransprüche 2 bis 20 stimmen mit der erteilten Fassung identisch, mit der
ursprünglichen Fassung zumindest inhaltlich überein.
2.2.2 Das Heizklimagerät nach dem Patentanspruch 1 ist neu.
Aus keiner der entgegengehaltenen Druckschriften und auch nicht aus dem laut
Streitpatentschrift bekannten Stand der Technik nach Figur 1 der Streitpatenschrift
geht ein Heizklimagerät mit allen in Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 angege-
- 17 -
benen Merkmalen hervor. Keines der bekannten Klimageräte hat eine Mischklap-
pe, die zum einen zwei Bereiche aufweist, die in der einen Extremposition der
Mischklappe zum Sperren der Öffnung hin zu dem Luftverteilerkreis zusammen-
wirken (o. a. Merkmale 1/H2-14, 1/H2-17), und deren Rotationsachse zum ande-
ren benachbart zu einem Rand des Umlenkkanales angeordnet ist, der eine äuße-
re Wandung des Umlenkkanals ist. (Merkmal 1/H1-12.1).
Mangelnde Neuheit hat die Einsprechende auch nicht geltend gemacht.
2.2.3 Das Heizklimagerät nach den Patentanspruch 1 beruht auf einer erfinderi-
schen Tätigkeit.
Bei einem laut Streitpatentschrift bekannten
Heizklimagerät (vgl. hier wiedergegebene Fi-
gur 1 des Streitpatents) sind unstreitig die
Merkmale 1/H2-1 bis 1/H2-12 und 1/H2-13
bis 1/H2-16 des Klimageräts nach Patentan-
spruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 verwirklicht.
Die Mischklappe
8 dieses Klimageräts ist
vom Schmetterlingstyp, d. h. beidseits der
Rotationsachse
80 der Klappe erstrecken
sich zum Sperren jeweiliger Luftdurchtritte
wirksame Klappenabschnitte 81, 82. Die Ro-
tationsachse
80 ist an der Trennwand
41
zwischen Zuführungskanal 5 zum Heizele-
ment 4 und Umlenkkanal 6 angeordnet.
Wenn der Fachmann Unzulänglichkeiten in der Durchmischung von Frisch- und
Heizluft feststellt (vgl. Absatz 0030), z. B. im Betrieb eines solchen Klimageräts,
mag die Abänderung von Lage- und Abmaßverhältnissen der die Durchmischung
beeinflussenden Kanalabschnitte bzw. Klappen für ihn naheliegen. Bei dem Kon-
struktionsprinzip des dargestellten Klimageräts böte sich dem Fachmann zur Rea-
lisierung einer solchen Abänderung eine Verkürzung der Trennwand 41 unter ent-
- 18 -
sprechender Verkürzung der dem Lufteintritt zugewandten Wandung 9 des Heiz-
elementkanals 5 an. Die streitpatentgemäße Aufgabe der Vergrößerung des
Durchtrittsquerschnitts für die direkte Luftströmung (Absatz 0005) wäre auf diese
Weise mit geringem Aufwand gelöst, die Gesamtabmessungen des Systems so-
wie seine Gestalt würden davon nicht beeinflusst. Veranlassung zur Außerachtlas-
sung dieser an sich naheliegenden konstruktiven Lösung und zur Suche nach ei-
ner anderen Lösung besteht nicht. Denn dazu gibt diese gemäß Streitpatentschrift
bekannte Konstruktion angesichts der geschilderten, konstruktiv einfachen Reali-
sierungsmöglichkeit zur Lösung der Aufgabe schon grundsätzlich keine Anregung,
erst recht nicht zur konkreten Realisierung im Sinne der Merkmale 1/H2-12.1 und
1/H2-17.
Bei dem aus der Druckschrift
SU 145 716 A1 bekannten Klimagerät
(vgl. hier wiedergegebene Figur 1) mag
die streitpatentgemäß beanspruchte Be-
dingung erfüllt sein, dass der erste und
zweite Bereich der Mischklappe in de-
ren zweiter Endlage zum Sperren des
direkten Durchtritts zum Luftverteiler-
kreis zusammenwirken (Merkmal
1/H2-17). Denn wie sich aus der Figur
ergibt (erste Position der Klappe 7, durchgezogene Linien), umfasst der zweite Be-
reich der Klappe (über den Wärmetauscher 6 hinausstehend) auch einen Klappen-
abschnitt, der in der zweiten Position der Klappe 7 (unterbrochene Linien) an der
Sperrung des direkten Luftdurchtritts beteiligt ist (vgl. auch. 2.0.1 e)).
Allerdings lehrt auch diese Druckschrift ein vom streitpatentgemäßen abweichen-
des Konstruktionsprinzip, denn die Rotationsachse 9 der Klappe 7 ist nicht be-
nachbart einer Wandung des Umlenkkanales (Vertiefung 13) und schon gar nicht
benachbart der äußeren (im Sinne der Krümmungsaußenseite, s. o. zu 2.2.1)
Wandung des Umlenkkanales angeordnet. Ausgehend von diesem Stand der
- 19 -
Technik würde sich dem Fachmann zur Lösung der ihm gestellten Aufgabe der
Vergrößerung des Durchtrittsquerschnitts für die direkte Luftströmung das Tieferle-
gen des Wärmetauschers 6 und/oder das Höherlegen der der Rotationsachse zu-
geordneten Wandung und/oder das Verringern des Klappenquerschnitts (Dicke
der Klappe in ihrem stromabwärtigen Bereich) anbieten. Die von der Einsprechen-
den als naheliegend behauptete Abänderung mit Verlegung des Luftverteilerkrei-
ses zu den Luftausgängen 2 bis 4 stromaufwärts der Rotationsachse 9 würde der
Fachmann dagegen nicht in Betracht ziehen (Anlage E7 zum Einspruchsschrift-
satz). Denn Gestalt und Abmessungen des Gehäuses für das Gesamtsystem ei-
nes Klimageräts sind schon grundsätzlich - wie auch die Einsprechende ausge-
führt hat - durch den zur Verfügung stehenden Bauraum des betreffenden Fahr-
zeugs fest vorgegeben und können daher nicht oder allenfalls nur geringfügig ver-
ändert werden. Dies ist auch schon für die spezielle Ausführung gemäß dieser
Druckschrift aus deren hier wiedergegebener Figur 1 ablesbar, denn danach wür-
den bei einer entsprechenden Verlegung des Luftverteilerkreises offensichtlich
Probleme im Hinblick auf die funktionsgerechte Unterbringung zumindest des Luft-
ausgangs 2 in Bezug zur Windschutzscheibe die Folge sein (zeigt sich anschau-
lich auch in Anlage E7 zum Einspruchschriftsatz).
Das Klimagerät nach der RU 5145 U1 weist
in Übereinstimmung mit dem streitpatentge-
mäßen Klimagerät eine zwischen zwei Ex-
trempositionen verstellbare Mischklappe
8
mit einer Rotationsachse 9 und zwei Klap-
penabschnitten zum Sperren jeweiliger Luft-
durchtritte sowie ein Heizelement (Wärme-
tauscher 7) auf.
Der stromabwärts liegende Bereich der
S-förmig gestalteten Klappe 8 verursacht in
deren erster Position (durchgehende Linien)
ohne Weiteres erkennbar eine Verringerung
- 20 -
des Mischkammervolumens und eine Verengung des Durchtrittsquerschnitts für
die direkte Luftströmung (zum Luftverteilerkreis). Zur Lösung der streitpatentgemä-
ßen Aufgabe (Vergrößerung des Durchtrittsquerschnitts) läge es für den Fach-
mann daher auf der Hand, den stromabwärts liegenden Bereich der Klappe zu
verflachen und ggf. ihre stromabwärtige Anlageposition an der Trennwandung (für
die erste Klappenstellung, durchgehende Linien) in Richtung auf den Wärme-
tauscher zu verlegen.
Eine Anregung zur Verlegung der Rotationsachse benachbart zur äußeren Wan-
dung des Umlenkkanals ergibt sich dem Fachmann daraus nicht.
Eine Zusammenschau der Konstruktionen nach der streitpatentgemäßen Figur 1
und den beiden dargelegten Druckschriften hält der Senat für eher abwegig. Denn
jede dieser Konstruktionen ist - nach in der mündlichen Verhandlung einhellig zum
Ausdruck gebrachter Auffassung - auf Abmessungen und Gestalt des in einem je-
weiligen Fahrzeugtyp zur Verfügung stehenden Einbauraums zugeschnitten. Der
Fachmann weiß zudem, dass eine Abänderung schon nur eines der Bauteile zwin-
gend die Anpassung aller anderen mit diesem zusammenwirkenden Bauteile er-
forderlich macht. Dies ist für eine ordnungsgemäße Funktion unerlässlich. In jeder
dieser Konstruktionen sind daher alle beweglichen Bauteile sowie die Gestalt und
Querschnitte der Kanäle und auch die Gestalt des umgebenden Gehäuses genau
aufeinander abgestimmt. Eine Verknüpfung von Elementen aus dem einen Klima-
gerät mit Elementen aus einem anderen Klimagerät zu einem neuen, funktionsfä-
higen Ganzen macht deshalb einen Konstruktionsaufwand notwendig, der in Kom-
plexität und Aufwand einer Neukonstruktion gleichkommt.
Für den von der Einsprechenden als dem fachmännischen Können zuzuschrei-
bend geltend gemachten Austausch der Klappe 8 gemäß Figur 1 der Streitpatent-
schrift durch eine Klappe 8 nach Art der RU 5145 U1 (Anlage E8 zum Einspruchs-
schriftsatz) hätte der Fachmann zu der Auffassung gelangen müssen, dass ausge-
hend von der Konstruktion nach Figur 1 der Streitpatentschrift und der sich dort
stellenden Aufgabe (s. o.)
- 21 -
1. die Konstruktion gemäß der RU 5145 U1 trotz ihres anders gearte-
ten Aufbaus für die Lösung der Aufgabe relevant sein könnte,
2. die Rotationsachse der Klappe bei Einbau in ein Klimagerät nach
Figur 1 der Streitpatentschrift abweichend von der RU 5145 U1 an
der äußeren Wandung des Umlenkkanals anzubringen ist,
3. die in der RU 5145 U1 dargestellte Einbaulage der Klappe bei Ein-
bau in ein Klimagerät nach Figur 1 der Streitpatentschrift gedreht
werden muss, so dass der erste Abschnitt der Klappe gemäß Ein-
baulage nach der RU 5145 U1 (Sperrung des Heizkanals) als
zweiter Abschnitt im Sinne der Figur 1 nach Streitpatent (Sperrung
des Umlenkkanals) und der zweite Abschnitt der Klappe nach der
RU 5145 U1 (Sperrung des Umlenkkanals) als erster Abschnitt im
Sinne der Figur 1 nach Streitpatent (Sperrung des Heizkanals)
wirkt.
Schon zu der Erkenntnis, dass die Konstruktion nach der RU 5145 U1 Lösungsan-
sätze für die dem Fachmann gestellte Aufgabe bieten könnte, fehlt dem in der
Streitpatentschrift angegebenen Stand der Technik wie auch der RU 5145 U1 jede
Anregung. Käme der Fachmann allein aufgrund seines Fachverständnisses zu
dieser Erkenntnis - was der Senat für ausgeschlossen hält - so wären zu der von
der Einsprechenden in Anlage E8 dargestellten Konstruktion noch die o. a. Schrit-
te 2 und 3 nötig, um die streitpatentgemäß beanspruchte Lösung aufzufinden. Das
geht deutlich über die dem Fachmann bei herkömmlicher Arbeitsweise zumutbare
Konstruktionsarbeit hinaus. Der Senat ist deshalb der Überzeugung, dass eine Zu-
sammenschau mit dem Ergebnis des in Patentanspruch 1 angegebenen Klimage-
räts nur aus rückschauender Betrachtung in Kenntnis der Erfindung möglich ist.
Die übrigen, aus den von der Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung
nicht mehr aufgegriffenen Druckschriften bekannten Klimageräte kommen dem
beanspruchten Klimagerät zumindest nicht näher als die oben diskutierten Klima-
geräte. Sie können deshalb - sowohl betrachtet für sich als auch in beliebiger Zu-
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sammenschau - ebenfalls nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Pa-
tentanspruchs 1 führen.
Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag 2 ist deshalb gewährbar.
2.1.4 Von der Patentfähigkeit des Gegenstands des Patentanspruchs 1 getragen
werden der nebengeordnete, Patentanspruch 1 in Bezug nehmende Patentan-
spruch 21 sowie die Unteransprüche 2 bis 20, die zweckmäßige Weiterbildungen
des Klimageräts nach Patentanspruch 1 darstellen und keine Selbstverständlich-
keiten enthalten.
Bülskämper Hövelmann
Reinhardt Dr.
Höchst
Ko