Urteil des BPatG vom 26.03.2007

BPatG: verwechslungsgefahr, kennzeichnungskraft, gesamteindruck, vorname, eugh, geschäftsverkehr, anschluss, wiedergabe, vergleich, nummer

BUNDESPATENTGERICHT
30 W (pat) 41/05
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
BPatG 152
08.05
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betreffend die angegriffene Marke 302 14 281
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 26. März 2007 unter Mitwirkung …
beschlossen:
Die Beschwerde Widersprechenden wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Am 17. Dezember 2002 unter der Nummer 302 14 281 in das Markenregister
Laletta
der Teillöschung hat das Warenverzeichnis folgende Fassung erhalten:
„Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und
Schleifmittel; Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur
Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel; phar-
mazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präpa-
rate für die Gesundheitspflege; Sanitärprodukte für medizinische
Zwecke; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Baby-
kost; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmas-
sen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertil-
gung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide; chirurgische,
ärztliche, zahn- und tierärztliche Instrumente und Apparate, künst-
liche Gliedmaßen, Augen und Zähne; orthopädische Artikel, aus-
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genommen orthopädische Bandagen, Miederwaren und Strumpf-
waren; chirurgisches Nahtmaterial“.
Gegen die Eintragung ist am 16. April 2003 Widerspruch erhoben worden aus der
Lolita
renverzeichnis lautet:
„Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und
Schleifmittel; Seifen; Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Kör-
per- und Schönheitspflege, Haarwasser; pharmazeutische und ve-
terinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesund-
heitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke,
Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruck-
massen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur
Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide“.
Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat im
Erstbeschluss die Gefahr von Verwechslungen teilweise bejaht und die teilweise
Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke angeordnet, nämlich für die
Waren: „Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmit-
tel; Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheits-
pflege, Haarwässer; Zahnputzmittel; pharmazeutische und veterinärmedizinische
Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; Sanitärprodukte für medi-
zinische Zwecke; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost;
Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche
Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungi-
zide, Herbizide“. Im Übrigen ist der Widerspruch wegen fehlender Warenähnlich-
keit zurückgewiesen worden. Auf die Erinnerung der Inhaberin der angegriffenen
Marke ist der Erstbeschluss aufgehoben worden, soweit darin die Löschung der
angegriffenen Marke angeordnet worden ist und der Widerspruch auch insoweit
zurückgewiesen worden. Zur Begründung ist im Wesentlichen darauf Bezug
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genommen, dass angesichts deutlicher Markenunterschiede sowie des Begriffs-
gehalts der Widerspruchsmarke als weiblicher Vorname keine Verwechslungsge-
fahr bestehe.
Die Widersprechende hat Beschwerde eingelegt. Sie hält mit näheren Ausführun-
gen insbesondere angesichts weitreichender Übereinstimmungen in der Konso-
nantenfolge die Gefahr von Verwechslungen für gegeben.
Die Widersprechende beantragt sinngemäß,
unter Aufhebung des Erinnerungsbeschlusses die angegriffene
Marke im Register zu löschen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält mit näheren Ausführungen angesichts erheblicher klanglicher und begriff-
licher Unterschiede Verwechslungsgefahr für ausgeschlossen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist nicht begründet. Es besteht
nach Auffassung des Senats keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1
Nr. 2 MarkenG.
Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr hat nach der Rechtsprechung des
Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs unter Beachtung aller
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Umstände des Einzelfalls zu erfolgen. Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit
die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von
den Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kenn-
zeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall
zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impli-
ziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen
den genannten Faktoren, so dass ein geringer Grad der Ähnlichkeit der Waren
durch einen hohen Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden kann
und umgekehrt (ständige Rechtsprechung z. B. EuGH GRUR 2006, 237, 238
Nr. 18 f. - PICASSO; BGH WRP 2006, 92, 93 Nr. 12 - coccodrillo).
Der Senat geht mangels anderweitiger Anhaltspunkte von einer durchschnittlichen
Kennzeichnungskraft und damit von einem normalen Schutzumfang der Wider-
spruchsmarke insgesamt aus.
Für die Beurteilung der Warenähnlichkeit ist auf Seiten der Widerspruchsmarke
die Registerlage maßgeblich. Die Marken können sich im Umfang der maßgeb-
lichen Waren der Klassen 3 und 5 nach der Fassung der Warenverzeichnisse weit
überwiegend auf identischen, im Übrigen auf ähnlichen Produkten begegnen,
wobei es der Festlegung des Grades der Ähnlichkeit im Einzelnen letztlich nicht
bedarf. Denn auch unter Zugrundelegung strenger Anforderungen an den Marken-
abstand insgesamt besteht keine Verwechslungsgefahr.
Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Ähnlichkeit der
Marken ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen (vgl.
EuGH GRUR Int. 2004, 843, 845 Nr.
29 -
MATRATZEN; BGH a.
a.
O.
- coccodrillo, Nr. 17).
Im Klangbild stimmen die Vergleichsmarken zwar in der Silbenzahl, der Endsilbe
„-ta“ und der Konsonantenfolge „L-l-t“ überein. Dem stehen jedoch erhebliche
Unterschiede in den allgemein stärker beachteten Anfangsilben „La-/Lo-“, den
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Mittelsilben „-let-/-li“ sowie der Vokalfolge „-a-e-a/-o-i-a“ gegenüber. Hierbei ist zu-
nächst zu beachten, dass Vokalen regelmäßig eine größere Bedeutung für das
Klangbild zufällt, so dass insoweit bestehende Unterschiede sich in aller Regel
nachhaltiger auf das Klangbild auswirken als Abweichungen im Konsonantenge-
füge (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 9 Rdn. 130). Weiter hat die
angegriffene Marke durch die Verdoppelung des Konsonanten „t“ im Anschluss an
den Vokal „e“ in der zweiten und dritten Silbe „-letta“ einen markanten und harten
Klang gegenüber dem an dieser Stelle hell und fließend klingenden „-lita“ der Wi-
derspruchsmarke. Dies zusammen bewirkt eine deutlich wahrnehmbare klangliche
Abweichung im Gesamtklangbild beider Marken und reicht aus, um eine klangliche
Verwechslungsgefahr im markenrechtlich relevanten Umfang auszuschließen.
Bei einem schriftbildlichen Markenvergleich sind die Annäherungen ebenfalls nicht
so ausgeprägt, dass eine Verwechslungsgefahr zu bejahen wäre. Im Vordergrund
steht dabei die drucktechnische Schreibweise, da eine handschriftliche Wieder-
gabe wegen der weitgehend maschinellen Bearbeitung z. B. von Bestellungen und
angesichts des wachsenden EDV-Einsatzes im täglichen Geschäftsverkehr immer
mehr an Bedeutung verliert (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O. § 9 Rdn. 145). Unter
diesen Voraussetzungen weisen beide Marken ihrem Gesamteindruck nach
aufgrund der abweichenden Vokale „a-o“ bzw. „e-i“ sowie der Verdoppelung des
Konsonanten „t“ in der jüngeren Marke noch einen hinreichenden Abstand auf, zu-
mal das Schriftbild der Marken erfahrungsgemäß besser eine ruhige oder auch
wiederholte Wahrnehmung der Bezeichnung gestattet als das schnell verklingen-
de Wort (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O. § 9 Rdnr. 143).
In begrifflicher Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass der auch aus der Romanli-
teratur allgemein bekannte weibliche Vorname „Lolita“ der Widerspruchsmarke
eine Unterscheidungshilfe bietet.
Eine Verwechslungsgefahr, auch aus anderen Gründen, scheidet nach alledem
aus.
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Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bietet der Streitfall keinen An-
lass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
gez.
Unterschriften