Urteil des BPatG vom 26.05.2000

BPatG: beschreibende angabe, unterscheidungskraft, freihaltebedürfnis, verkehr, englisch, form, begriff, wörterbuch, eigenschaft, entstehung

BUNDESPATENTGERICHT
33 W (pat) 7/00
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(Aktenzeichen)
An Verkündungs Statt
zugestellt am
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 397 37 605.7
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 26. Mai 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Winkler, der Richterin Dr. Schermer und der Richterin Pagenberg
BPatG 154
6.70
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beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
Beim Deutschen Patentamt ist die Bezeichnung
QUICK-SET
für die Waren
01: Chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke;
Zuschlagstoffe für Baustoffe, insbesondere Bindemittel; Haftmittel
und Baukleber;
19: Baumaterialien (nicht aus Metall); Putze, Armierungs- und
Spachtelmassen
zur Eintragung als Wortmarke angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 1 hat die angemeldete Marke gemäß § 8 Abs 2 Nr 1
und 2 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige und freihaltungsbedürftige be-
schreibende Angabe zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die
Bezeichnung setze sich aus Begriffen der englischen Sprache zusammen, die von
den angesprochenen Verkehrskreisen in beachtlichem Umfang ohne weiteres als
beschreibende Gesamtaussage im Sinne von „schnell(ab)binden, schnell erhär-
ten“ verstanden würde. Die Bedeutung von „set“ als Satz oder Serie sei für Waren,
die üblicherweise nicht im Set angeboten würden, aber fernliegend.
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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem Antrag,
die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.
Zur Begründung trägt sie vor, daß die beanspruchten Waren im Gegensatz zu der
von der Markenstelle geäußerten Auffassung in großem Umfang in Form von Sets
bzw Systembestandteilen angeboten werden. Sie ist der Ansicht, daß sich daraus
eine Vielfalt möglicher Bedeutungen der angemeldeten Bezeichnung im Zusam-
menhang mit den Waren der Anmeldung ergäben, was für die Schutzfähigkeit der
angemeldeten Marke spreche. Für ein aktuelles oder ein künftiges Freihaltebe-
dürfnis fehle es an Belegen über eine tatsächliche beschreibende Verwendung.
Die einmalige Aufnahme der angemeldeten Marke in ein Wörterbuch sei hierfür
nicht ausreichend. Auch habe der Begriff QUICK im Deutschen nicht die Bedeu-
tung von „schnell oder rasch“, sondern von „munter, lebhaft oder flink“. Schließlich
weist die Anmelderin auf § 23 MarkenG sowie auf zahlreiche ähnliche gebildete
Voreintragungen hin.
Im Beschwerdeverfahren hat die Anmelderin das Warenverzeichnis hilfsweise wie
folgt eingeschränkt:
„Chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke; Baumaterialien
(nicht aus Metall); sämtliche vorgenannte Waren als solche, die
bei der Bearbeitung nicht abbinden oder erstarren“.
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II
Die Beschwerde ist unbegründet. Der angemeldeten Marke stehen die Eintra-
gungshindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegen, weil ihr für die
beanspruchten Waren jegliche Unterscheidungskraft fehlt und sie insoweit eine
freihaltungsbedürftige beschreibende Angabe darstellt. Sie entbehrt auch jeglicher
Unterscheidungskraft für die Waren des hilfsweise eingeschränkten Waren-
verzeichnisses.
Die angemeldete Bezeichnung besteht aus den Wörtern QUICK und SET, die Teil
der deutschen Sprache sind und in sprachüblicher Weise aneinandergereiht sind.
In Verbindung mit den beanspruchten Waren ergibt die Kombination der Wörter
einen Gesamtbegriff mit dem Sinngehalt von „Schnellset, Schnellsatz, Schnellein-
heit“.
Zwar trifft es zu, daß der Begriff „quick“ im Deutschen in Wortverbindungen wie
„quicklebendig, quickfidel“ die Bedeutung von „munter, lebhaft, erquickt, flink“ hat,
wenn damit Eigenschaften von Personen bezeichnet werden. Wird das Wort aber
nach heutigem Sprachgebrauch als Adjektiv im Zusammenhang mit Dingen
sachbezogen verwendet (zB Quick Scan, Quickprint, Quick-Fill), so hat es die
Bedeutung von „schnell“, die dem Verkehr aus bekannten Begriffen wie
„Quicktest“ oder „Quickstep“ geläufig ist. Das Wort „Set“ hat Eingang in die deut-
sche Sprache in erster Linie als Bezeichnung für einen Satz zusammengehören-
der, oft gleichartiger Dinge (DUDEN Band 5, 5. Aufl, 1990, S714) gefunden. Die
angesprochenen Verkehrskreise, zu denen Fachleute, aber auch interessierte und
informierte Heimwerker zählen, entnehmen der Bezeichnung „QUICK SET“ in
Verbindung mit den beanspruchten chemischen Erzeugnissen, Zuschlagmitteln,
Bauklebern und sonstigen Baumaterialien ohne weiteres Nachdenken den
beschreibenden Hinweis, daß es sich bei dem „Schnellset“ um einen Satz aufein-
ander abgestimmter Teile handelt, die eine schnelle Zusammenstellung, Mi-
schung, Handhabung oder Verarbeitung der gewünschten Einheit ermöglichen.
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Die Verwendung der beanspruchten Waren in von Form von Sets oder System-
bestandteilen hat die Anmelderin selbst hervorgehoben. Damit steht für den in-
ländischen Verkehr ein rein beschreibender Bezug zu den Waren der Anmeldung
im Vordergrund, so daß er die angemeldete Bezeichnung nicht als betriebliches
Unterscheidungsmerkmal, sondern als beschreibenden Hinweis auf Eigenschaften
der angebotenen Waren auffaßt. Der angemeldeten Bezeichnung fehlt daher für
die beanspruchten Waren jegliche Unterscheidungskraft.
Daß der Bestandteil „SET“ der angemeldeten Marke als Substantiv im Englischen
darüber hinaus die Bedeutung von „Erstarrung, Aushärtung, Abbinden etc“ hat (vgl
Wenske Wörterbuch Chemie, Englisch/Deutsch, S 1229), führt entgegen der
Ansicht der Anmelderin nicht zu einer schutzbegründenden Mehrdeutigkeit der
angemeldeten Bezeichnung, da für den inländischen Verkehr, und zwar auch,
soweit Fachleute wie einfache Bauhandwerker angesprochen sind, die deutsche
Bedeutung von „Schnellset“ im Vordergrund steht.
Auch das Eintragungshindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG kann nicht verneint
werden. Die angemeldete Bezeichnung stellt eine englischsprachige beschrei-
bende Angabe im Sinne von „Schnellabbinden, schnelles Aushärten“ dar, die wie
die zahllosen vergleichbaren englischen Fachbegriffe mit „quick-“ zB quick-setting
mortar = schnellbindender Mörtel, quick dip = Schnellbeize etc (vgl Wenske aaO,
S 1099) gebildet ist und für die ein Freihaltebedürfnis besteht. Das schnelle Er-
härten kann eine für die beanspruchten Waren objektiv bedeutsame Eigenschaft
beschreiben. Zwar ist Englisch auf dem Gebiet der chemischen Erzeugnisse, aber
nicht der Baumaterialien schlechthin als Fachsprache anzusehen. Im Zuge des
vergrößerten Marktes innerhalb der Europäischen Union und der Tatsache, daß
Englisch die wichtigste Verkehrssprache darstellt, muß es im Interesse der Allge-
meinheit Mitbewerbern unbenommen sein, wesentliche Wareneigenschaften beim
Absatz ihrer Waren für den fachkundigen Abnehmer auch -
wie hier
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schlagwortartig in englischer Sprache hervorzuheben, ohne durch Zeichenrechte
Dritter daran gehindert zu werden. Anders als die Frage der Unterscheidungskraft,
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die sich ausschließlich nach der Auffassung der beteiligten Verkehrskreise bemißt,
ist für das Freihaltebedürfnis an einer beschreibenden Angabe lediglich das
berechtigte Interesse der Mitbewerber maßgeblich (vgl Althammer/Ströbele
MarkenG 5. Aufl, § 8 Rdn 17).
Der Hinweis der Anmelderin auf § 23 MarkenG greift nicht durch. Die Bestimmun-
gen des § 8 Abs 2 Nr 2 und des § 23 MarkenG haben einen jeweils unterschiedli-
chen Regelungsgehalt. Während § 23 MarkenG die freie Verwendung beschrei-
bender Angaben durch Dritte sichern soll, hat § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG den
Schutzzweck, die Entstehung formaler Verbietungsrechte an beschreibenden An-
gaben von vornherein durch deren Ausschluß von der Eintragung als Marke zu
verhindern, wenn die angemeldete Marke ausschließlich aus der beschreibenden
Angabe besteht und keine anderen schutzfähigen Bestandteile aufweist (vgl Alt-
hammer/Ströbele aaO § 8 Rdn 54).
2.
Soweit die Anmelderin die Eintragung der angemeldeten Bezeichnung für
die Waren des hilfsweise eingeschränkten Warenverzeichnisses begehrt, betrifft
der Ausschluß der „bei der Bearbeitung“ nicht abbindenden oder erstarrenden
Waren nur die beschreibende Aussage der englischen Fachbezeichnung „quick
set“ im Sinne von „Schnellabbinden“. Selbst wenn die Fassung der Einschränkung
ausreichen sollte, um das Freihaltebedürfnis insoweit möglicherweise entfallen zu
lassen, bleibt das absolute Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG davon
unberührt. Das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft besteht
nach wie vor, da für die Auffassung des inländischen Verkehrs die beschreibende
Bedeutung von „QUICK-SET“ als „Schnellset“ im Sinne eines Schnellsatzes
zusammengehöriger Gegenstände bzw Systembestandteile auch in Bezug auf die
chemischen Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke und Baumaterialien der einge-
schränkten Fassung des Warenverzeichnisses im Vordergrund steht.
Die von der Anmelderin angegebenen eingetragenen Marken vermochten an der
rechtlichen Beurteilung der angemeldeten Bezeichnung „QUICK SET“ als schutz-
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unfähig nichts zu ändern, da die Frage der Schutzfähigkeit der angemeldeten
Marke nicht anhand eingetragener Drittzeichen zu beurteilen ist (vgl BPatGE 13,
113, 116 - men’s club“; BGH GRUR 1998, 420, 421 - K-Süd). Im übrigen ent-
spricht die angemeldete Bezeichnung eher Bezeichnungen wie „Quick Scan“,
„Quick-Fill“, „Quickprint“ und „Quick-Lock“, denen die Eintragung versagt worden
ist (30 W (pat) 85/97; 24 W (pat) 174/97; 27 W (pat) 33/80, 32 W (pat) 98/99), weil
der Verkehr sie als eindeutige Sachbezeichnungen auffaßt, während dies bei den
Bezeichnungen „Quick dam“ (33 W (pat) 262/98), „Quickfix“ (25 W (pat) 377/89)
und „quickplan“ (33 W (pat)138/98) nicht in gleicher Weise als ersichtlich oder als
sprachgerecht angenommen worden ist.
Winkler Dr.
Schermer
Pagenberg
Cl