Urteil des BPatG vom 18.03.2003
BPatG: unterscheidungskraft, veranstaltung, verkehr, werbeslogan, musik, anpreisung, rückzahlung, originalität, besuch, patent
BUNDESPATENTGERICHT
33 W (pat) 8/03
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 300 52 805.1
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 18. März 2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Winkler,
des Richters Baumgärtner und der Richterin Dr. Hock
BPatG 152
10.99
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beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 17. Juli 2000 die Wortmarke
Das Festival der Sinne
für folgende Waren und Dienstleistungen (präzisiert mit Schriftsatz vom
5. Dezember 2001) zur Eintragung in das Register angemeldet worden:
„Druckereierzeugnisse, insbesondere Zeitschriften (16); Veranstal-
tung von Ausstellungen und Messen zu wirtschaftlichen- und Wer-
bezwecken
(35), sowie für kulturelle und Unterhaltungs-
zwecke (41).“
Die Markenstelle für Klasse
35 hat die Anmeldung mit Beschluß vom
19. November 2002 gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Be-
gründung wurde ausgeführt, daß die maßgeblichen Verbraucherkreise die ange-
meldete Bezeichnung als werbewirksame Anpreisung einer festlichen Veranstal-
tung oder eines Festspieles bewerteten, das sich an alle Sinne der Menschen
wende. In den Abnehmerkreisen seien Veranstaltungen bekannt, die die Gefühle
und/oder Sinne der Menschen ansprächen. Hinsichtlich der Druckereierzeugnisse
umschreibe die Bezeichnung, daß in den Publikationen Berichte, Darstellungen
und Bilder enthalten seien, die den Leser bezüglich seiner fünf Sinne ansprächen.
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Für die Dienstleistungen „Veranstaltung von Ausstellungen und Messen“ gelte
dies ebenso.
Gegen diese Entscheidung des Patentamts haben die Anmelder Beschwerde ein-
gelegt. Sie beantragen sinngemäß,
den angefochtenen Beschluß aufzuheben sowie die Rückzahlung
der Beschwerdegebühr anzuordnen.
Sie tragen vor, daß der Beschluß mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur
Schutzfähigkeit von Wortfolgen nicht vereinbar sei. Das angemeldete Zeichen sei
sprachregelwidrig gebildet. Die Aussage, dass die Sinne Festspiele veranstalte-
ten, mache keinen Sinn; dass sich die Veranstaltungen als Festspiele für die
Sinne darstellten, werde nicht gesagt. Ein klarer Bedeutungsgehalt lasse sich dem
Zeichen daher nicht zuordnen. Dies gelte insbesondere für die hier beanspruchten
Waren und Dienstleistungen. Allein der Nachweis des Begriffes im Internet könne
zur Frage der Schutzfähigkeit nichts aussagen. Der Umstand, dass sich Dritte an
den Erfolg der Anmelder angehängt hätten, und nun ihrerseits eigene Veranstal-
tungen als „Festival der Sinne“ bezeichnet hätten, spräche nicht gegen die mar-
kenrechtliche Schutzfähigkeit. Es verhalte sich im Gegenteil so, dass diese Dritten
den Gesamtbegriff kennzeichnend verwenden würden.
Der Senat hat die Anmelder mit Zwischenbescheid vom 5. März 2003 unter Über-
sendung von Ermittlungsunterlagen auf Bedenken hinsichtlich der Erfolgsaussich-
ten der Beschwerde hingewiesen.
Im Übrigen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
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II
1. Die Beschwerde ist nicht begründet. Die angemeldete Marke ist von der
Eintragung ausgeschlossen, weil es ihr im Hinblick auf die beanspruchten Waren
und Dienstleistungen an der erforderlichen Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs 2
Nr 1 MarkenG). Die Markenstelle des Patentamts hat die Anmeldung daher zu
Recht gemäß § 37 Abs 1 MarkenG zurückgewiesen.
Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft als der einer Marke innewohnenden
konkreten Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke
erfaßten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen
anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden, ist grundsätzlich ein großzügiger
Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht
aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (stRspr vgl BGH WRP 2001, 1082
- marktfrisch; GRUR 2002, 540 - OMEPRAZOK). Dies gilt insbesondere deshalb,
weil der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt,
wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise un-
terzieht.
Es dürfen dabei keine unterschiedlichen Anforderungen an die Unterscheidungs-
kraft von Werbeslogans gegenüber anderen Wortmarken gestellt werden (BGH
MarkenR 2000, 48 - Radio von hier; MarkenR 2000, 50 - Partner with the Best;
GRUR 2000, 720, 721 - Unter uns). Dem Werbeslogan wird der Verkehr zwar
häufig eine beschreibende Werbeaussage entnehmen; dies schließt aber eine
Identifizierungsfunktion nicht von vornherein aus. Deshalb ist in jedem Fall zu
prüfen, ob der Werbeslogan einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt
hat, oder ob er zumindest noch eine gewisse Unterscheidungskraft ausweist.
Während bei Werbeslogans, die lediglich beschreibende Angaben oder Anprei-
sungen und Werbeaussagen allgemeiner Art enthalten, von mangelnder Unter-
scheidungskraft auszugehen ist, können dagegen Kürze, eine gewisse Originalität
und Prägnanz einer Wortfolge sowie eine Mehrdeutigkeit oder Interpretationsbe-
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dürftigkeit der Werbeaussage, Indizien für die hinreichende Unterscheidungskraft
bieten.
Die von den Anmeldern beanspruchte sprachüblich gebildete Wortfolge rückt für
die angesprochenen Verkehrskreise, hier das allgemeine Publikum, die angemel-
deten Waren und Dienstleistungen und ein damit verbundenes Wertversprechen
in den Vordergrund. Den potentiellen Kunden der Beschwerdeführer wird vermit-
telt, dass der Besuch der angemeldeten Veranstaltungen von Ausstellungen und
Messen die Gefühle oder Sinne der Menschen positiv beeinflußt. So werden im-
mer häufiger Veranstaltungen angeboten, die mehrere Sinne gleichzeitig anregen
sollen, so beispielsweise Abendessen mit Musik und einem Unterhaltungspro-
gramm. Ähnliche Programmgestaltungen können auch Gegenstand von Ausstel-
lungen und Messen sein. Hinsichtlich der Waren der Klasse 16, nämlich der
Druckereierzeugnisse bringt das angemeldete Zeichen ebenfalls zum Ausdruck,
daß diese Druckwerke den Leser in seinen fünf Sinnen ansprechen. Insoweit hat
die Markenstelle zutreffend darauf verwiesen, dass Druckereierzeugnisse ange-
boten werden, die neben visuellen Reizen durch Musikclips die auditive und durch
Tastobjekte die taktile Wahrnehmung ansprechen.
Auch aus der den Anmeldern übersandten Internetrecherche des Senats ergibt
sich, dass die Wortfolge „Das Festival der Sinne“ gerade zur werblichen Anprei-
sung verschiedener Veranstaltungen und nicht etwa kennzeichnend häufig ver-
wendet wird. So wird beispielsweise unter www.culinart.de eine kulinarische Ver-
anstaltungsreihe als „Festival der Sinne“ angepriesen. Eine Benefix-Veranstaltung
für Muskelkranke wirbt unter www.abc-online.org für ein „Festival der Sinne“ mit
Kinderbühnen, Musik, Leckereien oder Ponyreiten. Das „Festival der Sinne“ der
Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin Brandenburg e.V.
(www.foel.de/bioerleb) soll die vielfältigen Elemente des Ökologischen Landbaus
mit Informations- und Diskussionsareal, Erlebnis, Gastronomie, Entspannung in
der BioOase sowie mit einem Biolust-Garten zeigen.
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Nicht entscheidungserheblich ist in diesem Zusammenhang ob die Anmelder als
erste ihre Veranstaltungsreihe als „Festival der Sinne“ bezeichnet haben. Der
entscheidungserhebliche Zeitpunkt für die Frage des Vorliegens der Unterschei-
dungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist nicht der Anmeldezeitpunkt, son-
dern der Zeitpunkt der Eintragung.
2. Einen Grund zur Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 71 Abs 3
MarkenG vermag das Gericht nicht zu erkennen. Die Zurückzahlung wird grund-
sätzlich nur aus Billigkeitsgründen angeordnet, dh in Fällen, in denen es aufgrund
der besonderen Umstände unbillig wäre, die Beschwerdegebühr einzubehalten.
Derartige Gründe haben die Anmelder nicht vorgetragen.
Winkler Baumgärtner Dr.
Hock
Cl