Urteil des BPatG vom 25.02.2010

BPatG (pflege, unterscheidungskraft, beschreibende angabe, eugh, marke, verkehr, bezeichnung, kreis, bezug, www)

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
29 W (pat) 46/10
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 306 40 201.7
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 25. Februar 2010 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin
Grabrucker, des Richters Dr. Kortbein und der Richterin Kortge
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beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA)
hat durch Beschlüsse vom 12. Juni 2008 und 15. Dezember 2008, von denen
letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, das am 28. Juni 2006 zur Eintra-
gung als Marke in das beim DPMA geführte Register angemeldete Wortzeichen
Pflegeatlas
teilweise, nämlich für die folgenden Dienstleistungen:
Klasse 35:
Werbung, Dienstleistungen einer Werbeagentur,
Herausgabe von Werbetexten, Verbreitung von
Werbeanzeigen, Verfassen von Werbetexten, Ver-
kaufsförderung, Vermietung von Werbeflächen,
Vermietung von Werbeflächen auch im Internet,
Werbung im Internet für Dritte, Online Werbung in
einem Computernetzwerk, Präsentation von Firmen
im Internet und anderen Medien;
Klasse 41:
Ausbildung, kulturelle Aktivitäten, Seminare, Vor-
träge;
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gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG wegen fehlender Unterschei-
dungskraft und Bestehens eines Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen. Sie hat
ausgeführt, dass das aus dem Begriff "Atlas" für Überblick, Zusammenstellung im
Sinne eines Leitfadens, Sammlung, Synopse oder Übersicht sowie dem vorange-
stellten Wort Pflege für das Sorgen, Bemühen um Kranke und Gebrechliche, um
sie in einen möglichst guten (gesundheitlichen) Zustand zu bringen oder darin zu
erhalten, zusammengesetzte sowie sprachüblich und grammatikalisch korrekt ge-
bildete Zeichen im konkreten Bezug zu den beanspruchten Dienstleistungen von
den angesprochenen Verkehrskreisen als ein beschreibender Sachhinweis auf ei-
nen durch sie vermittelten Überblick zum Thema Pflege, nicht aber als Hinweis auf
ein bestimmtes Unternehmen verstanden werde. So könnten die angemeldeten
Werbedienstleistungen mittels einer Übersicht über Pflegeeinrichtungen etwa in
der Form angeboten werden, dass gleichzeitig mit der Aufnahme dieser Einrich-
tungen und Dienstleistungen Dritter in den Atlas auch Werbung für diese gemacht
werde, zumal auch eine zusätzliche Schaltung von Anzeigen möglich sei und die
Dienste eines "Pflegeatlas" auch online bereitgestellt werden könnten. Hinsichtlich
der Dienstleistungen Ausbildung, kulturelle Aktivitäten und (Veranstaltung und
Durchführung von) Seminaren und Vorträgen entnehme der Verkehr dem Begriff
"Pflegeatlas" nur die unmittelbar beschreibende Angabe, dass durch sie ein Über-
blick im Pflegebereich verschafft werde. Die Bezeichnung "Pflegeatlas" als Wort-
neuschöpfung werde mit dieser ihr innewohnenden Bedeutung bereits im Verkehr
verwendet, wie eine Internetrecherche gezeigt habe. Es gebe ferner dem Verkehr
bekannte, vergleichbar gebildete Begriffe wie "Autoatlas, Bilderatlas, Geschichts-
atlas, Gezeitenatlas" etc. Das Freihaltebedürfnis folge daraus, dass die Bezeich-
nung "Pflegeatlas" zur Bezeichnung der Art, des Gegenstandes, der Bestimmung
sowie des Inhalts und der Thematik der angemeldeten Diernstleistungen dienen
könne und daher auch Dritten eine entsprechend beschreibende Verwendung un-
eingeschränkt zur Verfügung stehen müsse. Dass die Wortmarke 304 65 392
"Pflegekompass" für vergleichbare Leistungen am 24. Juni 2005 eingetragen wor-
den sei, sei aus ihrer Sicht problematisch und könne keinen Eintragungsanspruch
begründen. Andernfalls würde dies zu einer ständigen Fehlerwiederholung führen.
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Auch die Schutzfähigkeit der Wortzusammenstellungen "Pflegemobil" und "PFLE-
GE HEUTE" seien vom Bundespatentgericht nicht als schutzfähig erachtet worden
(25 W (pat) 225/01 - Pflegemobil; 29 W (pat) 247/01 - PFLEGE HEUTE).
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß be-
antragt,
die beiden Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes
vom 12. Juni 2008 und 15. Dezember 2008 in dem Umfang aufzu-
heben, in dem die Anmeldung zurückgewiesen wurde, und die an-
gemeldete Marke in vollem Umfang einzutragen.
Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass es sich bei der angemeldeten Gesamt-
bezeichnung um ein Kunstwort handele, dass weder im deutschen noch im
internationalen Sprachraum gebräuchlich sei. Es gebe keinen Anhaltspunkt dafür,
dass die beanspruchten Werbedienstleistungen sowie Ausbildung, kulturelle Akti-
vitäten, Seminare und Vorträge mittels eines Pflegeatlanten erbracht würden, sie
könnten auch persönlich erbracht werden. Die Nutzung des Begriffs "Pflegeatlas"
im Internet für andere und/oder verwandte Zwecke sei erst nach der Markenan-
meldung erfolgt. Das angemeldete Zeichen beziehe sich nicht auf ein einzelnes
Ereignis oder allein auf ein Kompendium für Pflegeleistungen. Es könne sich auch
auf wissenschaftliche Aufarbeitungen zur Pflege, auf Pflegedienstleistungen, auf
ein Verzeichnis von Pflegedienstleistern oder Einrichtungen oder auf eine Art Stra-
ßenkarte bzw. Atlas beziehen, der die Lage von Plegedienstleistern oder Pflege-
einrichtungen wiedergebe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
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II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens "Pflegeatlas" als Marke gemäß
§§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG steht hinsichtlich der beschwerdegegenständlichen
Dienstleistungen das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungs-
kraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat der ange-
meldeten Bezeichnung insoweit zu Recht die Eintragung versagt.
Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke
innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufge-
fasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von
einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder
Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet. Denn
die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekenn-
zeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR
2006, 233, 235 Rdnr. 45 - Standbeutel; 229, 230 Rdnr. 27 - BioID; GRUR 2008,
608, 611 Rdnr. 66 - EUROHYPO; BGH GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 18 - FUSS-
BALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2008, 710 Rdnr. 12 -
VISAGE; GRUR 2009, 949 Rdnr. 10 - My World). Da allein das Fehlen jeglicher
Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger
Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft ge-
nügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. - FUSSBALL WM
2006; GRUR 2008, 1093 Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis; GRUR 2009, 949 f.
Rdnr. 10 - My World). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist
die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahr-
nehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerk-
samen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder
Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2004, 943, 944 Rdnr. 24 - SAT 2;
GRUR 2006, 411, 412 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; BGH a. a. O. - FUSS-
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BALL WM 2006). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke
verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so
aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungs-
weise zu unterziehen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - Henkel;
BGH MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; GRUR
2001, 1151, 1152 - marktfrisch). Ausgehend hiervon besitzen Wortmarken dann
keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise ledig-
lich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl.
u. a. EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 - Postkantoor; BGH a. a. O. - markt-
frisch; GRUR 2001, 1153 - anti KALK; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR
2006, 850, 854 Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2009, 952, 953 Rdnr. 10 -
DeutschlandCard) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen
der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa
wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien -
stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl.
u. a. BGH GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten; BGH GRUR
2003, 1050, 1051 - Cityservice; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Darüber hinaus
besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Um-
stände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar
nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu
diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe er-
schöpfen (BGH a. a. O. 855 Rdnr. 28 f. - FUSSBALL WM 2006). Ob das Merkmal
des engen beschreibenden Bezuges vorliegt, hängt davon ab, ob das Publikum
den beschreibenden Begriffsinhalt ohne weiteres und ohne Unklarheiten erfasst
und deshalb in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für die individuelle
betriebliche Herkunft der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen sieht (BGH
a. a. O. 854 Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006). Dabei gilt, dass je bekannter der
beschreibende Begriffsgehalt für die Waren oder Dienstleistung ist, desto eher
wird er auch nur als solcher erfasst, wenn er im Zusammenhang mit der Kenn-
zeichnung der Ware oder Dienstleistung in Erscheinung tritt (BPatG GRUR 2007,
58, 60 - BuchPartner). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es
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bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend
verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in
einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleis-
tungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2003, 58, 59 Rdnr. 21 - Companyline;
GRUR 2004, 146, 147 f. Rdnr. 32 - DOUBLEMINT; GRUR 2004, 674, 678
Rdnr. 97 - Postkantoor; GRUR 2004, 680, 681 Rdnr. 38 - BIOMILD); dies gilt auch
für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die
nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind, sofern das Ge-
samtzeichen nicht infolge einer ungewöhnlichen Veränderung - etwa syntaktischer
oder semantischer Art - hinreichend weit von der bloßen Zusammenfügung ihrer
schutzunfähigen Bestandteile abweicht (EuGH a. a. O. Rdnr. 98 - Postkantoor;
a. a. O. Rdnr. 39 f. - BIOMILD; a. a. O. Rdnr. 28 - SAT 2; a. a. O. Rdnr. 29 - BioID;
MarkenR 2007, 204, 209 Rdnr. 77 f. - CELLTECH).
Nach diesen Grundsätzen fehlt dem angemeldeten Wortzeichen "Pflegeatlas" für
die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft.
Denn es stellt zumindest einen engen beschreibenden Bezug zu den vorgenann-
ten Dienstleistungen her, weshalb der Verkehr in der Bezeichnung kein Unter-
scheidungsmittel für die individuelle betriebliche Herkunft dieser Dienstleistungen
sehen wird.
Die angemeldete Marke setzt sich aus den beiden allgemein bekannten deutschen
Begriffen "Pflege" und "Atlas" zusammen.
Das Wort "Pflege" bedeutet "sorgende Obhut", z. B. für ein Kind, Behandlung mit
den erforderlichen Maßnahmen zur Erhaltung eines guten Zustands, z. B. der
Gesundheit oder einer Grünanlage, oder Mühe um die Förderung oder Erhaltung
von etwas Geistigem, z. B. von Kunst und Wissenschaft (Duden - Deutsches
Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]). Die beteiligten Verkehrskreise ver-
stehen den Begriff "Pflege" jedoch in erster Linie als Hinweis auf die Alten- und
Krankenpflege. Denn wenn es sich um eine andere Art von Pflege handelt, wird
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dies üblicherweise durch ergänzende Zusätze zum Ausdruck gebracht, wie z. B.
Tierpflege, Möbelpflege, Pflege der Mundart etc. (BPatG 29 W (pat) 247/01 -
PFLEGE HEUTE).
Das Wort "Atlas" bedeutet "Sammlung gleichartig bearbeiteter geografischer
Karten oder Bildtafeln aus einem Wissensgebiet in Buchform", bezeichnet den
ersten Halswirbel, ein schweres Gewebe mit hochglänzender Oberfläche in be-
sonderer Webart oder es ist der Name für einen der Titanen in der griechischen
Mythologie oder eines Gebirges in Norwestafrika (Duden - Deutsches Univer-
salwörterbuch, a. a. O.; Duden - Das Fremdwörterbuch, 9. Aufl. 2007 [CD-ROM]).
In der Verbindung der beiden Begriffe "Pflege" und "Atlas" ist für den Begriff Atlas
allerdings ausschließlich die Bedeutung "Sammlung" sinnvoll. Diese Bedeutung
einer Zusammenstellung im Sinne eines Leitfadens, eines Überblicks oder einer
Übersicht haben auch die vergleichbar gebildeten Begriffe wie "Autoatlas, Bilder-
atlas, Geschichtsatlas, Gezeitenatlas, Handatlas, Literaturatlas, Online-Atlas, Pla-
nungsatlas und Sprachatlas" (Rückläufiges Wörterbuch der deutschen Sprache,
2005, S. 978, Anlage A 8 zum Erstbescheid, Bl. 32 d. Anmeldeakte). Die ange-
sprochenen Verkehrskreise werden die verfahrensgegenständliche Wortverbin-
dung "Pflegeatlas" daher als Hinweis auf eine übersichtliche Zusammenstellung
von Informationen zum Thema Alten- und Krankenpflege auffassen, wozu auch
die Angabe von Pflegeeinrichtungen und -dienstleistern sowie sonstiger für die
Pflege relevanter Informationen gehört, zumal wie die von der Markenstelle durch-
geführte Internetrecherche, auf die Bezug genommen wird, gezeigt hat, diese
Wortverbindung in der Bedeutung einer Übersicht über das Pflegeangebot für
ältere Menschen bereits seit 1996 (FOCUS Magazin Nr. 9 vom 26. Februar 1996,
Anlage A 6 zum Erstbescheid des DPMA, Bl. 29 f. d. Anmeldeakte; Deutscher
Heim- und Pflege-Atlas von Alfred Zarbock, 1996) verwendet wird.
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Ob die Verbindung beider Begriffe allgemein gebräuchlich ist oder gar lexikalisch
belegt ist, es sich also, wie die Beschwerdeführerin meint, um ein Kunstwort han-
delt, spielt dabei nach der bereits oben genannten Rechtsprechung des Europä-
ischen Gerichtshofs keine Rolle. Es entspricht bekanntlich menschlichen Grund-
fähigkeiten, auch neuen Wortverbindungen, die aus gebräuchlichen Wörtern ge-
bildet sind, einen Sinngehalt zuzuordnen, der sich an der Bedeutung der Einzel-
wörter orientiert (BGH WRP 2002, 982, 984 - FRÜHSTÜCKS-DRINK I; BPatG
27 W (pat) 155/09 - SCHULKOMPASS). Es ist daher naheliegend, dass die inlän-
dische Bevölkerung das Anmeldezeichen in Bezug auf die beschwerdegegen-
ständlichen Dienstleistungen nur als Leitfaden im Altenpflegebereich versteht.
Denn es ist üblich, Ausbildung, kulturelle Aktivitäten, Seminare und Vorträge nach
dem Inhalt der angebotenen Informationen zu bezeichnen. Sie können sich daher
thematisch mit einem Überblick über das Pflegeangebot für Senioren oder mit ver-
schiedenen Pflegeatlanten befassen, die inzwischen von einigen Gemeinden und
Gemeindeverbänden wie dem Hochsauerlandkreis (
de/bs/Gesundheit-Soziales/Pflege-atlas), dem Märkischen Kreis (
scher-kreis.de/ge-sundheit_jugend_soziales/pflege-beratung/pflegeatlas),
dem
Kreis Soest , der
Stadt Kiel-online.de/news/print/2238067) und dem Rhein-Neckar-Kreis
(www.rhein-neckar-kreis.de) herausgegeben werden.
Auch die angemeldeten Werbedienstleistungen können sich auf die Branche der
Pflegeeinrichtungen und -dienstleister einschließlich der entsprechenden Informa-
tionsdienste in Form von Pflegeatlanten beziehen.
Da daher sämtliche beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen im Zusam-
menhang mit einem Leitfaden für oder über Altenpflege einschließlich einer Zu-
sammenstellung der Pflegedienste und -einrichtungen stehen können und der Be-
griff eines Pflegeatlanten in diesem Bereich inzwischen einen gewissen Bekannt-
heitsgrad erreicht hat, wie die Internetrecherche gezeigt hat, wird der überaus
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größte Teil des angesprochenen Publikums das Anmeldezeichen nur als schlich-
ten Hinweis auf diese sachliche Eignung der gekennzeichneten Dienstleistungen
verstehen. Da die Gesamtbezeichnung keine ungewöhnliche Veränderung auf-
weist, sondern sich sprach- und regelgerecht in die deutsche Wortbildungssyste-
matik einpasst, wird ihm auch nicht der Gedanke kommen, dass statt dessen auf
die Herkunft dieser Dienstleistungen aus einem ganz bestimmten Unternehmen
hingewiesen werden soll. Damit ist das Wortzeichen aber nicht geeignet, die
Hauptfunktion einer Marke zu erfüllen.
Die Voreintragung der Wortmarke 304 65 392 "Pflegekompass" für vergleichbare
Leistungen am 24. Juni 2005 ändert nichts an der fehlenden Schutzfähigkeit des
vorliegend zu beurteilenden Anmeldezeichens. Zwar kann eine uneinheitliche Ent-
scheidungspraxis des DPMA, die dazu führt, dass in einer nicht unerheblichen
Zahl von Fällen wesentlich gleiche Sachverhalte ohne nachvollziehbaren Grund
ungleich behandelt worden sind, grundsätzlich eine Verletzung des allgemeinen
Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 GG darstellen. Dies setzt aber voraus, dass
sich die bisherige Amtspraxis als willkürlich herausstellt und nicht erkennen lässt,
welche der vorangegangenen Entscheidungen rechtmäßig und welche rechtswi-
drig waren (BPatG 29 W (pat) 43/04 - juris Tz. 15 - print 24). Allein aus einer oder
wenigen vorangegangenen Entscheidungen lässt sich jedoch noch nicht der Vor-
wurf einer willkürlichen Ungleichbehandlung ableiten, zumal es sich um rechtswi-
drig vorgenommene Eintragungen handeln kann, was die Markenstelle im vor-
liegenden Fall sogar bereits angedeutet hat. Niemand kann sich auf eine feh-
lerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische
Entscheidung zu erlangen (EuGH GRUR 2009, 667, 668 Rdnr. 18 - Volks.Handy,
Volks.Camcorder, Volks.Kredit und SCHWABENPOST). Für die erforderliche Be-
reinigung des Markenregisters sieht das Gesetz das Löschungsverfahren vor, das
von jedermann eingeleitet werden kann.
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Ein Anlass, die von der Beschwerdeführerin angeregte Rechtsbeschwerde zuzu-
lassen, besteht nicht, weil es an einer klärungsbedürftigen Rechtsfrage fehlt.
Vorsitzende Richterin Grabrucker
ist aufgrund krankheitsbedingter
Abwesenheit gehindert zu unter-
schreiben.
Dr. Kortbein
Dr. Kortbein
Kortge
Hu