Urteil des BPatG vom 14.05.2009

BPatG: stand der technik, patentanspruch, einspruch, form, bohrung, zahnprothese, ingenieur, zustand, kontrolle, patentfähigkeit

BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
21 W (pat) 340/05
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
14. Mai 2009
B E S C H L U S S
In der Einspruchssache
gegen das Patent 10 2004 016 199
der
- 2 -
hat der 21. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf-
grund der mündlichen Verhandlung vom 14. Mai 2009 unter Mitwirkung des Vorsit-
zenden
Richters
Dipl.-Phys. Dr. Winterfeldt
sowie
der
Richter
Kätker,
Dipl.-Ing. Bernhart und Dipl.-Phys. Dr. Müller
beschlossen:
Das Patent DE 10 2004 016 199 wird mit folgenden Unterlagen
beschränkt aufrechterhalten:
Bezeichnung: Zahnersatzmodellplatte
Patentansprüche 1 bis 13, überreicht in der mündlichen Verhand-
lung vom 14. Mai 2009
Beschreibung, Seiten 2 bis 15, überreicht in der mündlichen Ver-
handlung vom 14. Mai 2009
2 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 4, gemäß Patentschrift.
G r ü n d e
I
Auf die am 1. April 2004 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Pa-
tentanmeldung ist das Patent DE 10 2004 016 199 (Streitpatent) mit der Bezeich-
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nung „Zahnersatzmodellplatte“ erteilt worden. Die Veröffentlichung der Patentertei-
lung ist am 11. August 2005 erfolgt.
Gegen das Patent ist mit Schriftsatz vom 10. November 2005, eingegangen beim
DPMA als Fax am selben Tag und in Reinschrift am 11. November 2005, Ein-
spruch erhoben worden.
Im Prüfungsverfahren sind die Entgegenhaltungen
D1:
D2:
D3:
D4:
D5:
D6:
D7:
D8:
in Betracht gezogen worden.
Die Einsprechende hat noch die Druckschriften
D9:
Girrbach Dental GmbH, für Arcon Typen AS, AT, AV und
D10:
der Girrbach Dental GmbH, Deckblatt und S. 48
in das Verfahren eingeführt.
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Zur Begründung ihres Einspruchs verweist die Einsprechende insbesondere auf
D2
tend.
Die, wie schriftlich angekündigt, zur mündlichen Verhandlung nicht erschienene
Einsprechende beantragt schriftlich
den vollständigen Widerruf des Patents.
Die Patentinhaberinnen beantragen,
das Patent mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten
Unterlagen (Beschreibung Seiten 2 bis 15, Ansprüche 1 bis 13),
im Übrigen (Zeichnungen, Figuren 1 bis 4) gemäß der Patent-
schrift beschränkt aufrechtzuerhalten.
Der mit Gliederungspunkten versehene, ansonsten wörtlich wiedergegebene gel-
tende Patentanspruch 1 lautet:
M1
Zahnersatzmodellplatte (1) für die Herstellung einer Zahnersatzprothese,
M2
mit einer Aufbauoberfläche (2) zum Aufbau und Tragen der Zahnersatz-
prothese und
M3
einer Artikulatorfixierungsoberfläche (3) zum Anordnen der Zahnersatzmo-
dellplatte (1) in einem Artikulator,
M4
wobei auf der Artikulatorfixierungsoberfläche (3) mindestens eine Fixie-
rungsschraube (4) mit einem Schraubengewinde in die Zahnersatzmo-
dellplatte (1) eingeschraubt ist,
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M5
wobei die Fixierungsschraube (4) einen Schraubenkopf (5) aufweist und
M6
der Schraubenkopf (5) durch einen Distanzhalter (6) derart von dem
Schraubengewinde abgesetzt ist, dass der Schraubenkopf (5) zur ankerarti-
gen Befestigung eines anzugipsenden Gipszwischenkörpers an der Artiku-
latorfixierungsoberfläche (3) von der Artikulatorfixierungsoberfläche (3) be-
abstandet positioniert ist,
M7
wobei die Zahnersatzmodellplatte (1) zweiteilig aus einer die Aufbauoberflä-
che (2) aufweisenden Primärplatte (10) und einer die Artikulatorfixierungs-
oberfläche (3) aufweisenden Sekundärplatte (11) ausgebildet ist,
M8
wobei Primär- und Sekundärplatte zueinander komplementäre Positionier-
einrichtungen (13) aufweisen und
M9
wobei Befestigungsmittel (20, 21) vorhanden sind, die eine lösbare Befesti-
gung der Primärplatte (10) an der Sekundärplatte (11) ermöglichen und
M10
wobei die Befestigungsmittel mindestens einen Magnet (20) und ein von
dem Magnet (20) anziehbares Gegenstück (21) umfassen und
M11
die Fixierungsschraube (4) die Sekundärplatte (11) durchdringt,
M12
wobei das Gegenstück (21) und/oder der Magnet (20) eine Bohrung mit
einem Schraubenmuttergewinde aufweisen und
M13
und die Fixierungsschraube (4) in das Schraubenmuttergewinde, bevorzugt
des Magneten (20), zu dessen Befestigung eingeschraubt ist.
Hinsichtlich des Wortlauts der darauf rückbezogenen, geltenden Unteransprüche 2
bis 13 wird auf den Akteninhalt verwiesen.
- 6 -
II
1. Da die Einspruchsfrist im vorliegenden Verfahren nach dem 1. Januar 2002 zu
laufen begonnen hat und der Einspruch vor dem 1. Juli 2006 eingelegt worden ist,
ist das Bundespatentgericht für die Entscheidung gemäß § 147 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
PatG in der bis einschließlich 30. Juni 2006 gültigen Fassung weiterhin zuständig
(vgl. BGH GRUR 2007, 862 ff. - Informationsübermittlungsverfahren II; BPatG
GRUR 2007, 449 f. - Rundsteckverbinder).
2. Der form- und fristgerecht erhobene Einspruch ist zulässig, denn die Einspre-
chende hat sich im Einspruchsschriftsatz anhand des druckschriftlichen Standes
der Technik mit allen Merkmalen des Gegenstandes gemäß dem erteilten Patent-
anspruch 1 auseinandergesetzt.
Zwar hat die Einsprechende in der Merkmalsanalyse auf Seite 3 ihres Einspruchs-
schriftsatzes vom 10. November 2005 den erteilten Patentanspruch 1 nicht wort-
wörtlich sondern mit eigenen Worten wiedergegeben, wobei sie, wie auch die Pa-
tentinhaberin in ihrem Schriftsatz vom 8. Mai 2006 auf Seite 2 zutreffend bemän-
M4
M6
spruchte ankerartige Befestigung. Diese Merkmale wurden jedoch auf den Sei-
ten 4 und 5 des Einspruchsschriftsatzes abgehandelt und in Beziehung zum ge-
nannten Stand der Technik gesetzt.
3. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung erweist sich der Einspruch in-
soweit als begründet, als das Patent in beschränktem Umfang aufrechterhalten
wird.
Das Streitpatent betrifft eine Zahnersatzmodellplatte für die Herstellung einer
Zahnersatzprothese, mit einer Aufbauoberfläche zum Aufbauen und Tragen der
- 7 -
Zahnersatzprothese und einer Artikulatorfixierungsoberfläche zum Anordnen der
Zahnersatzmodellplatte in einem Artikulator (Absatz [0001] der Patentschrift).
Aufgabe der Erfindung ist es, eine Zahnersatzmodellplatte bereitzustellen, bei der
eine dauerbelastbare Befestigung der Zahnersatzmodellplatte an einem Gipszwi-
schenkörper gewährleistet sein soll (Absatz [0011]).
Dadurch, dass der Schraubenkopf durch den Distanzhalterhalter im eingeschraub-
ten Zustand der Fixierungsschraube von der Artikulatorfixierungsoberfläche beab-
standet ist, stehen der Schraubenkopf und der Distanzhalter aus der Artikulatorfi-
xierungsoberfläche heraus. Dadurch wird eine ankerartige Befestigungsmöglich-
keit für einen anzugipsenden Gipszwischenkörper bereit gestellt. Der seitlich über
den Distanzhalter herausragende Schraubenkopf führt zu einer festen Veranke-
rung der Zahnersatzmodellplatte im Gipszwischenkörper. Ein unbeabsichtigtes
Ablösen der Zahnersatzmodellplatte vom Gipszwischenkörper wird dadurch zuver-
lässig vermieden. Die Zahnersatzmodellplatte sitzt dadurch fester im Artikulator
(Absatz [0014]).
Der geltende Patentanspruch 1 geht auf die erteilten Patentansprüche 1, 5, 14 und
15 zurück. Die geltenden Unteransprüche 2 bis 13 gehen auf die erteilten Unteran-
sprüche 2 bis 4, 6 bis 13 und 16 zurück. Der erteilte Patentanspruch 1 wiederum
geht auf den ursprünglichen Patentanspruch 1 und die ursprüngliche Beschrei-
bung Seite 5, dritter Absatz, zurück. Die erteilten Unteransprüche 2 bis 16 sind die
ursprünglichen Unteransprüche 2 bis 16.
Die geltenden Patentansprüche 1 bis 13 sind demnach zulässig und erweitern
auch den Schutzbereich des Streitpatents nicht.
4. Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 ist gegenüber dem im Ver-
fahren befindlichen Stand der Technik unbestritten neu, denn keine der entgegen-
gehaltenen Druckschriften offenbart eine Zahnersatzmodellplatte für die Herstel-
- 8 -
lung einer Zahnersatzprothese mit allen Merkmalen des Gegenstandes des gel-
tenden Patentanspruchs 1.
Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 beruht auch auf einer erfinderi-
schen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns, einem mit der Entwicklung von Den-
talgeräten befassten berufserfahrenen Ingenieur der Fachrichtung Medizintechnik.
Aus dem Stand der Technik ist keine Zahnersatzmodellplatte für die Herstellung
einer Zahnprothese bekannt, bei der eine Fixierungsschraube mit einem Schrau-
benkopf vorgesehen ist, der durch einen Distanzhalter derart von dem Schrauben-
kopf abgesetzt ist, dass der Schraubenkopf zur ankerartigen Befestigung eines
anzugipsenden Gipszwischenkörpers an der Artikulatorfixierungsoberfläche von
M5
M6
M13
schiedlichen Funktionen für eine Fixierungsschraube ist für den Fachmann auch
nicht nahegelegt, da dieser für einen möglichst einfachen und übersichtlichen Auf-
bau der Zahnersatzmodellplatte, falls überhaupt, für jede Funktion eine separate
Schraube vorsehen würde.
D2
der (vgl. die Figuren 1A und 1B mit Beschreibung und den Patentanspruch 1) eine
Zahnersatzmodellplatte (Primärplatte 10 und Sekundärplatte 20) für die Herstel-
M1
bauoberfläche (Primärplatte 10) zum Aufbau und Tragen der Zahnersatzprothe-
M2
Anordnen der Zahnersatzmodellplatte (10, 20) in einem Artikulator (Artikulatorplat-
M3
M6
modellplatte zweiteilig aus einer die Aufbauoberfläche aufweisenden Primärplatte
(Primärplatte 10) und einer die Artikulatorfixierungsoberfläche aufweisende Sekun-
- 9 -
M7
platte zueinander komplementäre (vgl. die Figuren 1A und 1B sowie die Figuren 3
und 4 BZ 12, 14, 22, 24, und Seite 6, 4. Absatz, Positioniererhebung 14, Positio-
M8
gungsmittel (vgl. Seite 7, 2. Absatz, Befestigungsmittel in Form eines Magneten)
vorhanden sind, die eine lösbare Befestigung der Primärplatte (10) an der Sekun-
M9
nen Magnet (Magnet) und ein von dem Magnet anziehbares Gegenstück (zwangs-
M10
Schraubengewinde (vgl. Figur 4 sowie Seite 7, 2. Absatz, ein Magnet ist durch die
Bohrung 26A einschraubbar) die Sekundärplatte (20) durchdringt (Teilmerkmale
M11
M12
M13
Dabei wird der Magnet mit seinem Gewinde direkt in die Sekundärplatte einge-
schraubt und es ist keine separate Fixierungsschraube zur Befestigung des
Magneten vorgesehen, die die Sekundärplatte durchdringt, wie in den Merkma-
M11
sprucht ist, und auch nicht notwendig. Außerdem ist auf der Artikulatorfixierungs-
oberfläche auch keine Fixierungsschraube mit einem Schraubengewinde in die
Zahnersatzmodellplatte eingeschraubt, die einen Schraubenkopf aufweist, der
durch einen Distanzhalter derart von dem Schraubengewinde abgesetzt ist, dass
der Schraubenkopf zur ankerartigen Befestigung eines anzugipsenden Gipszwi-
schenkörpers an der Artikulatorfixierungsoberfläche von der Artikulatorfixierungs-
M4
Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 beansprucht ist; der Gipszwischen-
körper (Gipssockel 20) ist vielmehr direkt ohne weitere Fixierungsmittel an der Ar-
tikulatorfixierungsoberfläche angegipst (vgl. die Figur 1). Es sind auch keine Hin-
weise vorhanden, dass eine zusätzliche Fixierung des Gipszwischenkörpers not-
wendig wäre.
- 10 -
Somit ist weder eine Fixierungsschraube für den Magneten noch eine Fixierungs-
D2
gelegt und schon gar keine Fixierungsschraube, die beide Fixierungsfunktionen
gleichzeitig übernehmen würde.
D9
Zahnersatzmodellplatte (Teller) für die Herstellung einer Zahnprothese bekannt
M1
M2
M3
Artikulatorfixierungsoberfläche (vgl. Figur „Schema Eingipsmutter“) mindestens
eine Fixierungsschraube mit einem Schraubengewinde (mit Hilfe einer Eingips-
M4
M5
Eingipsmutter durch einen Distanzhalter derart von dem Schraubengewinde abge-
setzt ist, dass die Eingipsmutter zur ankerartigen Befestigung eines anzugipsen-
den Gipszwischenkörpers (Gips) an der Artikulatorfixierungsoberfläche (Teller)
M6
auf „Schraubenkopf“).
Es wird statt einem Schraubenkopf somit eine Eingipsmutter zur ankerartigen Be-
festigung eines anzugipsenden Gipszwischenkörpers an der Artikulatorfixierungs-
oberfläche verwendet. Außerdem wird als Alternative zur fixen Befestigung mit ei-
ner Eingipsmutter noch eine Befestigung als Splitcast mit Hilfe eines Magneten er-
wähnt (vgl. Figur „Schema Splitmutter“ und Figur links „SPLITCAST-Kontrolle“)
M10
Eine gleichzeitige Verwendung einer Fixierungsschraube zur ankerartigen Befesti-
gung eines anzugipsenden Zwischenkörpers und eines Magneten ist jedoch auch
D9
- 11 -
Aus der Druckschrift D7 (vgl. die Figur 1 mit Beschreibung) ist eine Zahnersatzmo-
dellplatte (Reliefplatte 18) für die Herstellung einer Zahnersatzprothese (Kiefermo-
M1
M2
rungsoberfläche (Artikulatorarm 12 mit Innenseite 26 und Außenseite 32) zum An-
ordnen der Zahnersatzmodellplatte (Reliefplatte 18) in einem Artikulator (Artikula-
M3
eine Fixierungsschraube (Befestigungsschraube 22) mit einem Schraubengewinde
in die Zahnersatzmodellplatte (vgl. die Figur 4 mit Beschreibung, mittige Gewinde-
M4
schraube (vgl. die Figuren 1 und 8 mit Beschreibung, Befestigungsschraube 22)
M5
benkopf (66) durch einen Distanzhalter (vgl. die Figuren 1 und 8) derart von dem
Schraubengewinde abgesetzt ist, dass der Schraubenkopf von der Artikulatorfixie-
M6
Es ist jedoch kein anzugipsender Gipszwischenkörper vorhanden und somit wird
der Schraubenkopf auch nicht zur ankerartigen Befestigung eines ankerartigen
Gipszwischenkörpers verwendet und eine derartige Verwendung auch nicht nahe-
M6
beansprucht ist. Außerdem ist auch kein Befestigungsmittel in Form eines Magne-
ten und somit auch keine Fixierungsschraube für einen Magneten vorhanden und
M10
stand des geltenden Patentanspruchs 1 beansprucht ist. Somit ist auch keine Fi-
xierungsschraube bekannt oder dem Fachmann nahegelegt, die gleichzeitig so-
wohl als ankerartige Befestigung für einen anzugipsenden Zwischenkörper wie
auch als Befestigung für einen Magneten dient.
Die weiterhin im Verfahren befindlichen Druckschriften liegen weiter ab und kön-
nen die Patentfähigkeit des Gegenstandes des geltenden Patentanspruchs 1 auch
nicht in Frage stellen.
- 12 -
5. Der geltende Patentanspruch 1 hat somit Bestand.
Damit haben auch die geltenden Unteransprüche 2 bis 13 Bestand.
Dr. Winterfeldt
Kätker
Bernhart
Dr. Müller
Ko