Urteil des BPatG vom 13.01.2009

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BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
17 W (pat) 302/05
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
13. Januar 2009
B E S C H L U S S
In der Einspruchssache
betreffend das Patent 100 38 526
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hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 13. Januar 2009 unter Mitwirkung des
Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Fritsch sowie des Richters Dipl.-Ing. Prasch
und der Richterinnen Eder und Dipl.-Phys. Dr. Thum-Rung
beschlossen:
Das deutsche Patent 100 38 526 wird widerrufen.
G r ü n d e :
I.
Auf die am 8. August 2000 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegan-
gene Anmeldung 100 38 526.5-42 wurde am 2. April 2004 durch Beschluss der
Prüfungsstelle für Klasse G02B das Patent unter der Bezeichnung
„Verfahren und Anordnung zur Erfassung des wellenlängenabhän-
gigen Verhaltens einer beleuchteten Probe“
erteilt. Veröffentlichungstag der Patenterteilung ist der 2. September 2004.
Gegen das Patent ist am 30. November 2004 Einspruch erhoben worden. Die Ein-
sprechende stützt ihren Einspruch auf Druckschriften und macht hinsichtlich des
Gegenstands des Streitpatents unzulässige Erweiterung, mangelnde Neuheit und
mangelnde erfinderische Tätigkeit geltend.
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Die Einsprechende beantragt,
das angegriffene Patent in vollem Umfang zu widerrufen.
Die Patentinhaberin beantragt,
das Patent beschränkt aufrecht zu erhalten
gemäß Hauptantrag mit Patentansprüchen 1 bis 3, überreicht in
der mündlichen Verhandlung, noch anzupassender Beschreibung,
im Übrigen wie erteilt,
gemäß Hilfsanträgen 1 bis 4 jeweils mit Patentansprüchen 1 bis 2,
gemäß Hilfsanträgen 5 bis 7 jeweils mit Patentanspruch 1,
wobei sämtliche Hilfsanträge in der mündlichen Verhandlung über-
reicht wurden, im Übrigen jeweils wie Hauptantrag.
Von der Einsprechenden sind unter Anderem folgende Druckschriften genannt
worden:
D1:
US 6 038 023
D16: DE 198 29 981 A1.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag 4 lautet:
„1.
Verfahren zur Laserscanmikroskopie, bei dem eine spektrale Zerle-
gung des Detektionslichtes in Spektralkomponenten und eine Detektion
von Spektralbändern des zerlegten Lichts in Detektionskanälen erfolgt,
dadurch gekennzeichnet, dass die Detektionskanäle zu beliebig wählba-
ren Detektionsbändern summiert und der weiteren Auswertung zugeführt
werden.“
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Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 und 5 lautet:
„1.
Verfahren zur Laserscanmikroskopie, bei dem eine spektrale Zerle-
gung des Detektionslichtes in Spektralkomponenten und eine Detektion
von Spektralbändern des zerlegten Lichts in Detektionskanälen erfolgt und
zur Bildgebung ein Scanvorgang durchgeführt wird,
dadurch gekennzeichnet, dass die Detektionskanäle zu beliebig wählba-
ren Detektionsbändern summiert und der weiteren Auswertung zugeführt
werden, wobei während des Scanvorgangs eine Umgruppierung der
Detektionsbänder erfolgt.“
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 und 6 lautet:
„1.
Verfahren zur Laserscanmikroskopie, bei dem eine spektrale Zerle-
gung des Detektionslichtes in Spektralkomponenten und eine Detektion
von Spektralbändern des zerlegten Lichts in Detektionskanälen erfolgt und
zur Bildgebung ein Scanvorgang durchgeführt wird, wobei während des
Scanvorgangs zwischen verschiedenen Regionen einer Probe ein Wech-
sel einer Bestrahlungswellenlänge und/oder -intensität erfolgt,
dadurch gekennzeichnet, dass die Detektionskanäle zu beliebig wählba-
ren Detektionsbändern summiert und der weiteren Auswertung zugeführt
werden, wobei zwischen den verschiedenen Regionen eine Umgruppie-
rung der Detektionsbänder erfolgt, und dass nach nur einem Scanvorgang
die verschiedenen Regionen in einem Bild dargestellt werden.“
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 und 7 lautet:
„1.
Verfahren zur Laserscanmikroskopie, bei dem eine spektrale Zerle-
gung des Detektionslichtes in Spektralkomponenten und eine Detektion
von Spektralbändern des zerlegten Lichts in Detektionskanälen erfolgt und
zur Bildgebung ein Scanvorgang durchgeführt wird, wobei während des
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Scanvorgangs zwischen verschiedenen Regionen einer Probe ein Wech-
sel einer Bestrahlungswellenlänge und/oder -intensität erfolgt,
dadurch gekennzeichnet, dass die Detektionskanäle zu beliebig wählba-
ren Detektionsbändern elektronisch summiert und der weiteren Auswer-
tung zugeführt werden, wobei zwischen den verschiedenen Regionen eine
Umgruppierung der Detektionsbänder erfolgt, und dass nach nur einem
Scanvorgang die verschiedenen Regionen in einem Bild dargestellt wer-
den.“
Dem Patentgegenstand sollen gemäß Patentschrift Seite 4 Abs. [0027] als Auf-
gabe neue schnellere Methoden zur Detektion zugrunde liegen. Diese Methoden
sollen in bildgebenden wie in analytischen Mikroskopiersystemen eingesetzt wer-
den können.
Zu den Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Der rechtzeitig eingegangene Einspruch ist auch im Übrigen zulässig. Er führt zum
Widerruf des Patents.
1.
Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Laserscanmikroskopie.
Das Verfahren gemäß Anspruch 1 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 4 weist nach
einer möglichen Gliederung und unter Weglassen der Bezugszeichen folgende
Merkmale auf:
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a) Verfahren zur Laserscanmikroskopie,
b) bei dem eine spektrale Zerlegung des Detektionslichtes in Spektral-
komponenten und
c)
eine Detektion von Spektralbändern des zerlegten Lichts in Detekti-
onskanälen erfolgt,
dadurch gekennzeichnet,
d) dass die Detektionskanäle zu beliebig wählbaren Detektionsbändern
summiert und
e) der weiteren Auswertung zugeführt werden.
Gemäß dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 und 5 ist zusätzlich vorgesehen, dass
f)
zur Bildgebung ein Scanvorgang durchgeführt wird,
g) wobei während des Scanvorgangs eine Umgruppierung der Detekti-
onsbänder erfolgt.
Gemäß dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 und 6 ist zusätzlich zu den Merkma-
len a) bis f) vorgesehen, dass
h) während des Scanvorgangs zwischen verschiedenen Regionen einer
Probe ein Wechsel einer Bestrahlungswellenlänge und/oder -intensität
erfolgt, und
i)
zwischen den verschiedenen Regionen eine Umgruppierung der
Detektionsbänder erfolgt, und
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k)
nach nur einem Scanvorgang die verschiedenen Regionen in einem
Bild dargestellt werden.
Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 und 7 unterscheidet sich vom Anspruch 1 nach
Hilfsantrag 2 dadurch, dass Merkmal d) ersetzt ist durch
dd) dass die Detektionskanäle zu beliebig wählbaren Detektionsbändern
summiert [werden].
Als Fachmann ist hier ein Physiker mit Kenntnissen in der Optik und Erfahrung in
der Entwicklung von Geräten und Verfahren zur spektralen Vermessung von Pro-
ben, insbesondere von Fluoreszenzmikroskopen und entsprechenden Verfahren
anzusehen, der auch mit Detektoren und Detektionsschaltungen zur Aufnahme
und Auswertung optischer Frequenzspektren vertraut ist.
2.
Die Gegenstände des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag und gemäß den
Hilfsanträgen 1 bis 7 beruhen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Die Druckschrift D1 betrifft Sensoren für Detektion und Spektroskopie. Gemäß
Sp. 1 Abs. 2 werden elektromagnetische Strahlungsdetektoren und Spektrometer
zur Messung der emittierten Strahlung von Proben eingesetzt, wobei die Proben
durch eine erste Strahlung zur Emission angeregt werden; dieses Prinzip wird
unter anderem i. V. m. Laserscanning angewandt. Als Nachteil bisher verwendeter
Verfahren wird in Sp. 1 Z. 30 bis 34 angegeben, dass diese relativ langsam und
damit zur Auswertung schnell variierender spektraler Information schlecht geeig-
net sind. Gemäß Sp. 2 vorle. Abs. wird (üblicherweise) mit optischen Spektrome-
tern die spektrale Verteilung von Strahlung bestimmt, während mit optischen
Detektoren spektrale Eingangssignale („optical input“) erfasst und aufsummiert
(„total intensity“) werden, die beispielsweise mehrere Spektralbänder verschiede-
ner Breite umfassen; es könne vorteilhaft sein, die spektrale Auflösung eines
Spektrometers mit der Empfindlichkeit eines Detektors zu kombinieren. Beispiels-
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weise sei oft die gesamte Fluoreszenzstrahlung mit Ausnahme des die Anre-
gungslaserlinie umgebenden Bereichs interessant, vgl. Fig. 2.
D1 beschreibt als Neuerung Detektoren und Spektrometer zur Messung und Aus-
wertung spektral zerlegten Lichts (vgl. hierzu das in Fig. 4 dargestellte Spektrome-
ter mit Anregungslichtquelle 41, beleuchteter Probe 49, Prisma 43 zur spektralen
Zerlegung des Emissionslichts und Detektorarray 44, dessen einzelne Elemente
einzelnen Spektralbändern des zerlegten Lichts zugeordnet sind - Merkmale b und
c), in denen Sensoren (CMOS-Sensoren) verwendet werden, die eine beliebige
Auswahl der Detektorelemente (Detektionskanäle) erlauben und ein Summensi-
gnal der ausgewählten Detektionsbänder liefern können, wobei die Summation
selbstverständlich elektronisch erfolgt - Merkmale d und dd, vgl. Sp. 3 vorle. Abs.
insbesondere Z. 50 bis 52 „The photons from any set of spectral bands can be
collected and read out as one signal“. Das Auslesen der Signale und die Auswahl
der Spektralbänder kann aufgrund der verwendeten Hardware schnell (in Echtzeit)
erfolgen, vgl. Fig. 6 und 7 mit Beschreibung sowie Sp. 3 Z. 29 bis 31 und Sp. 4
Z. 24 bis 30 „optical band selection requires minimal hardware for realtime readout
of selected information only … The selection can be changed simply by writing
new control information into the control register, in real time“.
Die Druckschrift D16 zeigt ein Verfahren zur konfokalen Laserscanmikroskopie,
wobei aus dem beim Abtasten einer Probe gemessenen reflektierten und/oder
emittierten Licht ein Bild der abgetasteten Ebene generiert wird, vgl. in der Zusam-
menfassung den ersten Absatz - Merkmale a, f. Während des Scanprozesses kön-
nen unterschiedliche Orte einer Probe mit Licht unterschiedlicher spektraler
Zusammensetzung und/oder unterschiedlicher Intensität beaufschlagt werden, vgl.
die Zusammenfassung Abs. 2 und 3 (vgl. das in der Streitpatentschrift S. 5
Kap. [0035] als bekannt erwähnte Multitracking-Verfahren) - Merkmal h. Es kön-
nen mit Fluoreszenzfarbstoffen behandelte Proben (Multifluoreszenzpräparate,
vgl. Sp. 3 le. Abs.) abgetastet werden. Durch die mögliche schnelle Änderung des
Anregungslichts während des Scannens können Informationen über dynamische
Prozesse gewonnen werden, etwa beim Photobleichen, vgl. Sp. 4 drittletzter
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Absatz. Das von der Probe emittierte Fluoreszenzlicht wird über Emissionsfilter 27
und dichroitische Strahlteiler 25 spektral in mehrere Detektionskanäle (entspre-
chend zugeordneten Spektralbändern) aufgeteilt und dort in Detektoren (Photo-
multiplier 23) gemessen (d. h. im zugeordneten Spektralband summiert), vgl.
Fig. 1 i. V. m. Sp. 6 vorle. Absatz - Merkmale b, c.
Wie oben erwähnt, sind dem Fachmann Detektoren und Detektionsschaltungen
zur Aufnahme und Auswertung optischer Frequenzspektren bekannt. Er kennt
somit auch die in D1 beschriebene Detektionsanordnung mit spektraler Zerlegung
des Detektionslichts auf Detektionskanäle, wobei die Detektionskanäle (über eine
spezielle Hardware) zu beliebig wählbaren und schnell änderbaren Detektionsbän-
dern elektronisch summiert werden - Merkmale b, c, d, dd, was insbesondere für
die Fluoreszenzmessung bei schnell variierender spektraler Information interes-
sant ist. Da diese auch in Verbindung mit Laserscanning einsetzbare Detektions-
anordnung Vorteile hinsichtlich Geschwindigkeit und Flexibilität bietet, liegt es für
den Fachmann nahe, sie in verschiedenen mit Fluoreszenzanregung durch Laser-
scanning arbeitenden Geräten und Verfahren zur Fluoreszenzmessung einzuset-
zen, auch in entsprechenden Laserscanmikroskopen bzw. in Verfahren zur Laser-
scanmikroskopie - Merkmal a. Um die genannten Vorteile möglichst umfassend
nutzen zu können, bietet es sich für den Fachmann an, ein solches auf der Detek-
tionsseite schnell und flexibel variierbares Laserscanmikroskop auch auf der Anre-
gungsseite möglichst schnell und flexibel änderbar auszugestalten, etwa durch
eine Anregungsanordnung, wie sie im aus D16 bekannten Mikroskop eingesetzt
wird, die eine flexible und schnelle Änderung der spektralen Zusammensetzung
und/oder der Intensität des Anregungslichts während des Scanvorgangs erlaubt;
dadurch ist eine dynamisch variable Probenabtastung und spektrale Auswertung
möglich. In einem solchen Mikroskop und Verfahren kann also während des Scan-
nens (im schnellen zeitlichen Wechsel) zwischen verschiedenen Regionen der
Probe die Anregungsstrahlung und entsprechend der jeweils zugehörige spektrale
Detektionsbereich geändert werden (Umgruppierung der Detektionsbänder)
- Merkmale g, h, i. Wie in der Laserscanmikroskopie üblich, sind die vom Detektor
- 10 -
erzeugten Signale einer weiteren Auswertung zuführbar - Merkmal e. Selbstver-
ständlich können nach nur einem solchen Scanvorgang die verschiedenen Regi-
onen der Probe in einem Bild dargestellt werden – Merkmale f, k.
Somit konnte der Fachmann ausgehend vom aus D1 Bekannten unter Zuhilfe-
nahme seines Fachwissens und der Anregungen aus D16 zum Verfahren gemäß
dem geltenden Anspruch 1 nach Hauptantrag und ebenso zu den Verfahren
gemäß dem jeweiligen Anspruch 1 nach den Hilfsanträgen 1 bis 7 gelangen, ohne
erfinderisch tätig werden zu müssen.
3.
Der Anspruch 1 nach Hauptantrag und ebenso der jeweilige Anspruch 1
nach den Hilfsanträgen 1 bis 7 haben somit keinen Bestand.
Mit dem Anspruch 1 nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen 1 bis 3 fallen
auch die jeweiligen, auf diese Ansprüche rückbezogenen Unteransprüche.
Bei dieser Sachlage war das Patent zu widerrufen.
Dr. Fritsch
Eder
Prasch
Dr. Thum-Rung
Fa