Urteil des BPatG vom 04.10.2001

BPatG (wiedereinsetzung in den vorigen stand, frist, vertreter, scheck, wiedereinsetzung, beschwerde, zahlung, tag, antrag, beschwerdefrist)

BUNDESPATENTGERICHT
25 W (pat) 201/01
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die angemeldete Marke 300 47 029.0
hier: Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 4. Oktober 2001 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Kliems
sowie der Richter Brandt und Engels
BPatG 152
10.99
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beschlossen:
1. Der Antrag der Anmelderin auf Wiedereinsetzung in die versäumte
Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerde gilt als nicht eingelegt.
G r ü n d e
I.
Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- Markenamts hat mit Be-
schluß vom 15. März 2001 die Markenanmeldung 300 47 029 "Naturarzt" zurück-
gewiesen. Der Beschluß ist dem Verfahrensbevollmächtigten der Anmelderin aus-
weislich des Empfangsbekenntnisses am 31. März 2001 zugestellt worden.
Mit Telefax vom 30. April 2001 hat der rechtsanwaltliche Vertreter der Anmelderin
gegen diesen Beschluß Beschwerde eingelegt und darauf hingewiesen, daß "heu-
te die für die Beschwerde zu zahlende Gebühr in Höhe von 345,-- DM per Scheck
an die vorbezeichnete Dienststelle gesandt worden" sei. Der Scheck ist am
2. Mai 2001 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen.
Mit dem Vertreter der Anmelderin am 27. Juli 2001 zugestellten Bescheid des
Bundespatentgerichts vom 19. Juli 2001 wurde mitgeteilt, daß der Scheck erst
nach Ablauf der gesetzlichen Frist von einem Monat eingegangen und die Be-
schwerdegebühr nach den gesetzlichen Vorschriften somit verspätet entrichtet sei,
weshalb die Beschwerde als nicht eingelegt gelte.
Mit Eingabe vom 21. August 2001 hat der Vertreter der Anmelderin ausgeführt,
daß ihm von einer Mitarbeiterin der Dienststelle Jena des DPMA in einem gegen
16.15 Uhr vor Absendung des die Beschwerdeeinlegung enthaltenen Telefaxes
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am 30. April 2001 geführten Telefongesprächs erklärt worden sei, die Beschwer-
defrist sei mit Eingang des Telefaxes gewahrt, gleichzeitig solle jedoch der Scheck
auf den Weg gebracht werden.
Mit Bescheid des BPatG vom 23. August 2001 ist dem Vertreter der Anmelderin
mitgeteilt worden, daß es auch unter Berücksichtigung der Eingabe vom 21. Au-
gust 2001 bei den Feststellungen im Bescheid vom 19. Juli 2001 verbleiben müs-
se.
Mit einem am 28. September 2001 beim BPatG eingegangenen Schriftsatz ihres
Vertreters vom 26. September 2001 hat die Anmelderin die Wiedereinsetzung in
den vorherigen Stand beantragt und zur Glaubhaftmachung der Wiedereinset-
zungsgründe auf die Eingabe vom 21. August 2001 verwiesen sowie eine inhalt-
lich entsprechende eidesstattliche Versicherung des anwaltlichen Vertreters vom
26. September 2001 vorgelegt.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr
ist statthaft hat aber jedenfalls in der Sache Erfolg keinen Erfolg (§ 91 MarkenG).
Der erst am 2. Mai 2001 und damit nach Ablauf der am 30. April 2001 endenden
einmonatigen Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr (§ 66 Abs 5 MarkenG)
beim DPMA eingegangene Scheck stellt keine rechtzeitige und wirksame Gebüh-
renzahlung dar.
Es spricht schon einiges dafür, daß der Antrag auf Wiedereinsetzung schon des-
halb zurückzuweisen ist, weil er nicht innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall
des Hindernisses (§ 91 Abs 2 MarkenG) gestellt worden ist. Wenn man davon
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ausgeht, daß der Vertreter der Anmelderin durch den ihm am 27. Juli 2001 zuge-
stellten Bescheid des BPatG von der nicht rechtzeitig bewirkten Zahlung der Be-
schwerdegebühr durch den am 2. Mai 2001 eingereichten Scheck Kenntnis er-
langt hat, wäre der erst am 28. September 2001 und damit einen Tag nach Ablauf
der genannten zweimonatigen Frist beim BPatG gestellte Antrag verspätet. Diese
Frage kann jedoch letztlich dahingestellt bleiben.
Die Anmelderin hat jedenfalls nicht hinreichend dargetan und glaubhaft gemacht,
daß sie ohne Verschulden gehindert war, die Beschwerdegebühr innerhalb der
Monatsfrist des § 66 Abs 5 in Verbindung mit Abs 2 MarkenG zu entrichten (§ 91
Abs 1 Satz 1 und Abs 3 Satz 2 MarkenG). Dabei muß sie sich das Verschulden ih-
res rechtsanwaltlichen Vertreters in entsprechender Anwendung von § 85 Abs 2
ZPO in Verbindung mit § 82 Abs 1 Satz 1 MarkenG zurechnen lassen muß. Den
an die Sorgfaltspflicht von Anwälten grundsätzlich zu stellenden strengen Anforde-
rungen (vgl Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 91 Rdn 12) ist hier unter kei-
nen Umständen genügt.
In der dem angefochtenen Beschluß des DPMA vom 15. März 2001 beigefügten
Rechtsmittelbelehrung wird ausdrücklich und unmißverständlich darauf hingewie-
sen, daß die Beschwerde als nicht eingelegt gilt, wenn innerhalb der Beschwerde-
frist nicht (auch) die Beschwerdegebühr entrichtet wird. Weiterhin ist den auf der
Rückseite der Rechtsmittelbelehrung abgedruckten Zahlungshinweisen ebenso
eindeutig zu entnehmen, daß gemäß § 3 der Verordnung über die Zahlung der
Gebühren des Deutschen Patent- und Markenamtes und des Bundespatentge-
richts (PatGebZV) als Einzahlungstag bei der Übersendung von Schecks der Tag
des Eingangs des Schecks als Einzahlungstag gilt. Unter diesen Umständen
konnte und durfte der anwaltliche Vertreter der Anmelderin ohne eine vorwerfbare
Verletzung seiner Sorgfaltspflicht - hier die genaue Beachtung der in der Rechts-
mittelbelehrung und den Zahlungshinweisen enthaltenen Angaben - nicht davon
ausgehen, daß durch die bloße Absendung des Schecks am 30. April 2001, also
am letzten Tag der Beschwerdefrist, eine rechtzeitige Zahlung der Beschwerdege-
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bühr bewirken würde. Im übrigen hätten etwa doch bestehende Zweifel, für die al-
lerdings im Hinblick auf die eindeutigen Hinweise kein Grund erkennbar ist, an-
hand der einschlägigen Vorschriften ausgeräumt werden können.
Soweit sich der anwaltliche Vertreter der Anmelderin zur Begründung seines Wie-
dereinsetzungsantrags auf eine unrichtige telefonische Auskunft des DPMA beruft,
rechtfertigt dies nicht die Annahme eines entschuldbaren und auch bei zumutbarer
Sorgfalt unvermeidbaren Rechtsirrtums. Selbst wenn man, was dem entsprechen-
den Vorbringen des Vertreters jedoch nicht ohne weiteres zu entnehmen ist, von
einer - dann unrichtigen - Auskunft in dem Sinne ausgeht, daß die Beschwerdefrist
allein durch den fristgerechten Eingang des Beschwerdefaxes gewahrt sei, durfte
er berechtigterweise dieser mündlichen Auskunft nicht in höherem Maße vertrauen
als den genannten und mit der Auskunft nicht in Einklang stehenden ausdrückli-
chen und klaren Angaben in der Rechtsmittelbelehrung und den Zahlungshinwei-
sen. Denn Anhaltspunkte, die begründete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollstän-
digkeit der dort enthaltenen schriftlichen Ausführungen, zT unter Zitierung der ein-
schlägigen Rechtsvorschriften, gerechtfertigt erscheinen ließen, sind weder er-
sichtlich noch behauptet. Bei dennoch aufkommenden Zweifeln an der zutreffen-
den Rechtslage ist der Rechtsanwalt dagegen verpflichtet, so zu handeln, daß die
Parteiinteressen auf jeden Fall gewahrt sind (vgl Baumbach/Lauterbach/Al-
bers/Hartmann, ZPO, 59. Aufl, § 233 Rdn 120), was hier durch die Wahl anderer,
in der PatGebZV vorgesehener und auch in den Zahlungshinweisen genannter
Möglichkeiten zur rechtzeitigen Gebührenentrichtung noch am letzten Tag der
Frist (zB durch Abbuchungsauftrag oder Bareinzahlung), tatsächlich möglich ge-
wesen wäre. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, daß bei einer
Ausnutzung der Frist bis zum letzten Tag wegen des damit Risikos der Fristver-
säumung von einer erhöhten Sorgfaltspflicht auszugehen ist (vgl Schulte, Patent-
gesetz, 6. Aufl, § 123 Rdn 132 mwN).
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Nach alledem war der Antrag auf Wiedereinsetzung zurückzuweisen mit der Fol-
ge, daß die Beschwerde als nicht erhoben gilt.
Kliems Engels Brandt