Urteil des BPatG vom 09.12.2003

BPatG (www, internet, marke, eintragung, wirkung, bezug, angabe, definition, unterscheidungskraft, verkehr)

BPatG 154
6.70
BUNDESPATENTGERICHT
24 W (pat) 80/03
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 302 24 813.7
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 9. Dezember 2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dr. Ströbele sowie des Richters Guth und der Richterin Kirschneck
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e
I.
Die zur Eintragung in das Register angemeldete Wortmarke
CURL DEFINING
ist durch Beschluß der mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzten Mar-
kenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. November
2002 teilweise, und zwar für die Waren
„Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer“,
wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft und als beschreibende freihaltebe-
dürftige Angabe gemäß §§ 8 Abs 2 Nr 1 und 2, 37 Abs 1 MarkenG zurückgewie-
sen worden. Zur Begründung ist ausgeführt, daß es sich bei der angemeldeten
Marke um eine Kombination aus den englischen Worten „curl“ (= „Locke“) und
dem Gerundium „devining“ des Verbs „to define“ mit der Bedeutung „Definition, Fi-
xierung“ handle. Im Bereich der Kosmetik, in dem generell die englische Sprache
im weiten Umfang zur Beschreibung der Waren eingesetzt werde, lasse sich auch
die beschreibende Verwendung der englischen Begriffe „curl“ und „defining“ bele-
gen. Die angemeldete Wortkombination füge sich somit auf dem Gebiet der Haar-
kosmetik in die Reihe verständlicher Wortkombinationen ein und weise für die
Kunden unmittelbar auf die besondere Art und Wirkung der betreffenden Waren
hin, nämlich auf ihre Eignung, der Haarlocke Halt zu geben, sie zu definieren. Dies
treffe nicht nur für „Haarwässer“ zu, sondern auch für „Mittel zur Körper- und
Schönheitspflege“, unter die sich Haarpflegemittel subsumieren ließen. Der Marke
fehle daher für die betreffenden Waren die erforderliche Unterscheidungskraft.
Außerdem sei insoweit ein Freihaltebedürfnis der Wettbewerber zu bejahen, mit
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der angemeldeten Wortfolge ohne Behinderung durch Markenrechte Dritter auf die
Art und Wirkungsweise ihrer Produkte hinweisen zu können.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Nach ihrer Ansicht stehen
der Eintragung der angemeldeten Marke nicht die Versagungsgründe des § 8
Abs 2 Nr 1 und 2 Markengesetzt entgegen. „CURL DEFINING“ sei eine in dieser
Zusammensetzung sprachunübliche, lexikalisch nicht nachweisbare fremdspra-
chige Begriffsbildung, deren Bedeutung „Locke definierend“ sich dem Durch-
schnittsverkehr nicht ohne zusätzliche Denkvorgänge erschließe und die bezüglich
der von der Zurückweisung betroffenen Waren keine konkrete sachliche Informa-
tion über deren Beschaffenheit, Bestimmung oder sonstige Merkmale enthalte. Die
Fantasiebezeichnung „CURL DEFINING“ gewährleiste daher die notwendige indi-
vidualisierende, für den Verkehr erkennbare Unterscheidbarkeit und sei auch nicht
wegen eines Freihaltebedürfnisses der Mitbewerber vom Markenregisterschutz
ausgeschlossen.
Die Anmelderin beantragt,
den angefochtenen Beschluß aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Auch nach Auffassung
des Senats stehen der Eintragung der angemeldeten Marke für die beschwerde-
gegenständlichen Waren die absoluten Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und
2 MarkenG entgegen.
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Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind solche Marken dem Registerschutz nicht zu-
gänglich, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Be-
zeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale
der Waren und Dienstleistungen dienen können. Die Regelung verbietet die Ver-
sagung der Eintragung auch dann, wenn die fragliche Benutzung als Sachangabe
noch nicht zu beobachten ist, eine solche Verwendung aber jederzeit in Zukunft
erfolgen kann (vgl ua EuGH GRUR 1999, 723, 726 „Chiemsee“; BGH GRUR
2000, 882, 883 „Bücher für eine bessere Welt“). Die Markenstelle hat die ange-
meldete Marke in bezug auf die von der Zurückweisung betroffenen Waren zu-
treffend als eine in diesem Sinn beschreibende freihaltebedürftige Angabe beur-
teilt.
Ausgehend von der Bedeutung des Wortes „curl“ (engl = „(Haar-) Locke“; vgl
PONS, Großwörterbuch für Experten und Universität, Engl-Dt, 2001, S 183) und
der Substantivform des Gerundiums „defining“ (engl von (to) define = „das Definie-
ren, Festlegen, Fixieren“; vgl PONS, aaO, S 197) erschließt sich der Begriffsgehalt
der englischen Wortkombination „CURL DEFINING“ nächstliegend iSv „(das)
Locken Festlegen, Fixieren“. Auch wenn als solche lexikalisch nicht nachweisbar,
ist die Wortzusammenstellung dabei vollkommen sprachüblich, entsprechend ver-
gleichbarer englischer Begriffe, wie „hair cutting“ (= „das Haarschneiden“) oder
„hair dressing“ (= „das (Haar-) Frisieren“, vgl PONS, aaO, S 364 unter „hair“) ge-
bildet.
In dieser Bedeutung bezeichnet die Wortzusammensetzung unmittelbar und un-
mißverständlich „das Festlegen, Fixieren, Haltgeben von (Haar-) Locken“ als Ei-
genschaft bzw bestimmungsgemäße Wirkung der betreffenden Waren. Worauf die
Markenstelle in diesem Zusammenhang zutreffend hingewiesen und mit einschlä-
gigen Fundstellen aus dem Internet belegt hat, gibt es im Bereich der Haarpflege
und -kosmetik, dem die von der Zurückweisung betroffenen Waren sämtlich ange-
hören können, spezielle Produkte, die dem Haar bzw den Haarlocken Halt geben,
sie fixieren (vgl in der Anl zum angef Beschluß die Internet-Ausdrucke www.kms-
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haircare.de/Empfehlung/empfehlung.html: „...Bedarf an Struktur und elastischem
Halt – Hair Play Configure Creme, Defining pomade, Modling Paste, …“;
www.kadus.de/produkte/styling/slalom.asp: „Slalom Solidify, Defining Wax, strong,
100 ml: Modelierwachs – alkoholfrei. Für starken Halt und natürlichen Glanz. Zum
Modellieren von Locken, Akzentuieren einzelner Strähnen.“; vgl hierzu auch die
der Anmelderin vom Senat übermittelten Internet-Ausdrucke
www.physique.com/pl/0801_shampoo.asp: „…Curl Defining Collection Curl Defi-
ning Shampoo: The Physique Curl Defining Shampoo begins the curl defining pro-
cess aligning the irregular air spaces between the hair strands. It works with the
natural curve of your hair to create defined curls that last for hours. ….For maxi-
mum curl definition, use Physique Scrunching Foam or Curl Creating Gel ….”;
www.personalcarepolymers.com: “TWISTET CURL DEFINING FOAM HCI 21A
DESCRIPTION Beautiful, well-defined curls, that look great all day, are possible
with Twisted Curl Defining Foam. The inclusion of DynamX sets the curls in place,
without making them feel stiff and unnatural, and gives them long-lasting defini-
tion.”)
Weiterhin ist davon auszugehen, daß ein beachtlicher Teil der angesprochenen
inländischen Verkehrskreise die englische Wortkombination „CURL DEFINING“ in
ihrer dargelegten glatt warenbeschreibenden Bedeutung ohne weiteres verstehen
wird. Da, worauf in dem angefochtenen Beschluß zu Recht hingewiesen wurde,
gerade auf dem Kosmetiksektor der Einsatz englischer Ausdrücke zur Produktbe-
schreibung weit verbreitet ist, kann insoweit im allgemeinen eine gewisse Ver-
trautheit der interessierten Verkehrskreise mit englischsprachigen Warenbeschrei-
bungen und ein entsprechendes Grundverständnis von, wie hier, aus einfachen
Wörtern bestehenden englischen Sachangaben angenommen werden. Hinzu
kommt vorliegend, daß, wie von der Markenstelle anhand von Internet-Fundstellen
belegt, die beiden Wörter „curl“ und „defining“ im inländischen Geschäftsverkehr
sowohl einzeln als auch in der konkret angemeldeten Kombination zur
Bezeichnung einschlägiger kosmetischer Produkte tatsächlich verwendet werden
(vgl hierzu außer den og deutschsprachigen Internet-Ausdrucken auch die der
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Anmelderin vom Senat übermittelten Internet-Seiten
www.offlinestore.de/rossmann: „...Produkt Informationen: Energizing Mousse, curl
defining für extra Locken...“; www.hairandnail.at: „ ...Weiteres erwarten wir noch
ein weiteres Produkt „Defining-Pomade“ dieser Linie, ...“). Dies läßt darauf
schließen, daß relevante Teile des inländischen Käuferpublikums in der Lage sind,
die Bedeutung der beiden englischen Wörter ebenso wie die des daraus zusam-
mengesetzten Begriffs „curl defining“ problemlos zu erfassen.
Demnach kann die angemeldete Wortkombination im inländischen Geschäftsver-
kehr zur Beschreibung der Bestimmung bzw Wirkung der beschwerdegegen-
ständlichen Waren dienen und ist bereits von daher wegen des insoweit beste-
henden Freihalteinteresses der Mitbewerber von der Eintragung in das Register
ausgeschlossen.
Darüber hinaus läßt sich ein eindeutig beschreibender Gebrauch der angemelde-
ten Wortkombination „curl defining“ in englischsprachigen Internet-Seiten in bezug
auf Haarmittel feststellen (vgl hierzu die og Internet-Ausdrucke
www.physique.com/pl/0801_shampoo.asp und www.personalcarepolymers.com
sowie die weiteren der Anmelderin vom Senat übermittelten Internet-Seiten
www.drugstore.com: “…Thermasilk Curl Defining Shampoo, For Naturally Curly Or
Wavy Hair...“; www.pantene.com: „hydrating curls Curl Defining Mousse Fluffy?
No way. This powerful mousse is designed to give you true styling power for curls.
…Curl Defining Scrunching Gel Curl Defining Scrunching Gel puts the power in
your hands to turn an unruly head of curls around. …”). Aufgrund des Gebrauchs
der Begriffskombination „curl defining“ als einschlägige Sachangabe in Ländern
des englischen Sprachraums kann die angemeldete Marke außerdem zur be-
schreibenden fremdsprachigen Produktkennzeichnung im Im- und Exportverkehr
dienen und stellt deshalb unter diesem Gesichtspunkt ebenfalls eine im Sinn des
§8 Abs 2 Nr 2 MarkenG zugunsten der Mitbewerber freihaltebedürftige Angabe
dar.
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Da sich nach den obigen Ausführungen überwiegenden Teilen des angesproche-
nen inländischen Käuferpublikums die dargelegte, in bezug auf die beanspruchten
beschwerdegegenständlichen Waren glatt beschreibende Bedeutung der eng-
lischsprachigen Wortkombination „CURL DEFINING“ direkt und ohne weitere
analysierende Überlegungen erschließt, der Verkehr sie demnach lediglich als
eine für die fraglichen Produkte im Vordergrund stehende, auf ihre bestimmungs-
gemäße Wirkung hinweisende Sachangabe auffassen wird, fehlt der angemelde-
ten Marke weiterhin auch jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1
MarkenG (vgl ua BGH GRUR 2001, 1153 „anti KALK“; BlPMZ 2001, 321 „markt-
frisch“; MarkenR 2003, 148, 149 „Winnetou“).
Ströbele Guth
Kirschneck
Bb