Urteil des BPatG vom 14.04.2003
BPatG: verkehr, unterscheidungskraft, englisch, begriff, verfassung, halle, sport, form, park, kirche
BPatG 152
10.99
BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 207/03
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
…
betreffend die angemeldete Marke 302 25 688.1
hat der 27.
Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
30. März 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Schermer sowie die Richter
Dr. van Raden und Schwarz
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beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
Die Anmelderin hat die Bezeichnung
FITNESS GALLERY
als Wortmarke für „Klasse 18: Rucksäcke; Klasse 25: Sportbekleidung; Klasse 28:
Turn- und Sportartikel; Klasse 41: Betrieb eines Fitness Studios; Betrieb von
Sportanlagen“ zur Eintragung in das Register angemeldet.
Die Markenstelle für Klasse 18 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit
Beschluss vom 14. April 2003 die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungs-
kraft und Bestehens eines Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen. Die aus den
Wörtern „FITNESS“ für „Eignung, Tauglichkeit; gute körperliche Verfassung, Leis-
tungsfähigkeit“ und „GALLERY“ als gebräuchliche Bezeichnung der Verkaufsstätte
von Waren und des Erbringungsortes von Dienstleistungen sprachüblich gebildete
Wortzusammenstellung „FITNESS GALLERY“ werde der Verkehr nur als Hinweis
auf Waren und Dienstleistungen verstehen, die ein vielfältiges Angebot rund um
die körperliche Verfassung bzw. Leistungsfähigkeit böten oder sich damit beschäf-
tigten. In diesem Sinne werde die Wortfolge auch bereits gebraucht, wie Fund-
stellen im Internet belegten. Damit weise die Anmeldemarke aber nur unmittelbar
auf die Art, den Zweck oder das Anwendungsgebiet der beanspruchten Waren
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und Dienstleistungen hin und sei daher freihaltebedürftig und nicht unterschei-
dungskräftig.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Die
angemeldete Wortfolge gehöre weder im englischsprachigen Raum noch in
Deutschland zum allgemeinen Sprachgebrauch und sei auch lexikalisch nicht
nachweisbar. Soweit die Markenstelle auf Internet-Fundstellen hingewiesen habe,
handele es sich bei diesen um Nachahmungen der von der Anmelderin einge-
führten Wortkombination. Darüber hinaus werde der Bestandteil „GALLERY“ von
den überwiegenden Teilen des Verkehrs nicht verstanden, jedenfalls nicht mit
„Galerie“ übersetzt. Ungeachtet dessen sei „GALLERY“ auch ein sehr schillernder
Begriff mit einer Vielzahl an Bedeutungen, wie zum Beispiel „langgestreckter
Raum in alten Schlössern zum Aufhängen von Gemälden, vor allem für Festlich-
keiten benutzt werde“, „balkonartiger Umgang“, „nach einer Seite offener Halbtun-
nel beim Bahnbau“, „glasgedeckte Passage mit Läden“, „oberster Rang beim The-
ater“ sowie vor allem „Kunstsammlungen oder Kunsthandlungen“, wobei wohl
nach allgemeinem Verständnis die letzten Bedeutungen im Vordergrund stünden.
Wegen der Vieldeutigkeit des Bestandteils „GALLERY“ vermittle die Anmelde-
marke insgesamt keine klare Aussage. Sie könne als eine Zusammenstellung von
Fotos mit Fitness-Motiven, eine Ausstellung zum Thema Sport oder Fitness, eine
Kunstausstellung mit Skulpturen rund um das Thema Körperkultur, ein Fitness-
programm in einer Kunstgalerie, Sportprogramm in einer Einkaufspassage, eine
Einkaufspassage nur für Sportzubehör oder ähnliches verstanden werden. Kei-
neswegs stelle sie ein Synonym zu Begriffen wie „Fitness-Studio“ oder „Fitness-
Center“ dar. Wegen dieser Mehrdeutigkeit und Originalität der angemeldeten Be-
zeichnung, die allenfalls Assoziationen wecke, aber die beanspruchten Waren und
Dienstleistungen nicht glatt beschreibe, könne ihr die erforderliche Unterschei-
dungskraft nicht abgesprochen werden oder an ihr ein Freihaltebedürfnis festge-
stellt werden, denn es sei nicht ersichtlich, dass Mitbewerber gerade auf die an-
gemeldete Wortkombination angewiesen seien, da es ganz verschiedenartige
weitere Wortkombinationen gebe.
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II
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet, weil der Eintragung der Anmelde-
marke jedenfalls das absolute Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG
entgegensteht.
Der angemeldeten Wortkombination „FITNESS GALLERY“ kommt auch bei der
gebotenen großzügigen Beurteilung der Unterscheidungskraft (vgl. BGH GRUR
2000, 720 – Unter Uns; 2001, 735 – Test it.; 2001, 1153 – antiKALK) nicht die
Eignung eines individuellen betrieblichen Unterscheidungsmittels zu, weil sie von
den angesprochenen Verkehrskreisen nur als gattungsmäßige Bezeichnung eines
Geschäfts aufgefasst wird, in dem die beanspruchten Waren verkauft bzw. die
Dienstleistungen erbracht werden.
Das in der Anmeldemarke enthaltene Wort „FITNESS“ bezeichnet sowohl im Eng-
lischen als auch im Deutschen eine gute körperliche Verfassung, die durch ein
planmäßiges sportliches Training erworben wird (vgl. MURET-SANDERS, Lan-
genscheidts Großwörterbuch Englisch, Teil I Englisch-Deutsch, 2001, S. 438;
DUDEN, Deutsches Universalwörterbuch, 4. Aufl., S. 548). Auch das weitere eng-
lische Wort „GALLERY“ wird der inländische Verkehr nicht anders als das deut-
sche Wort „Galerie“ verstehen, da beide Worte gleichermaßen auf das aus dem
Italienischen stammende Wort „Galleria“ mit der Grundbedeutung „langer ge-
deckter (Säulen-)Gang“ zurückgehen (vgl. DUDEN, a.a.O., S. 593; MURET-
SANDERS, a.a.O., S. 474). Zwar trifft es zu, dass sowohl englisch- als auch
deutschsprachige Lexika für dieses Wort verschiedene Bedeutungen aufzeigen;
danach wird es zur Bezeichnung eines langen Gangs in einer Kirche oder in ei-
nem Schloss o.ä., der an der Innenhofseite um das Obergeschoss führt, eines
balkonartigen Umgangs, eines mehrere Räume verbindenden Ganges, einer Em-
pore in einer Kirche oder im Theater, einer Kunsthandlung, eines mit Schiess-
scharten versehenen bedeckten Ganges in einer Befestigungsanlage, eines Ori-
entteppichs in Form eines Läufers, des um das Heck eines Schiffes laufenden
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Rundganges oder einer glasbedeckten Passage mit Läden gebraucht (vgl.
DUDEN, a.a.O.; MURET-SANDERS; a.a.O.). Es handelt sich hierbei aber nicht
um unterschiedliche Sinngehalte, sondern um die Übertragung der ursprünglichen
Bedeutung „langer (Säulen-) Gang“ auf verschiedene räumliche Gegebenheiten;
allen diesen Umschreibungen liegt somit je nach dem Zusammenhang, in dem der
Begriff „Galerie“ gebraucht wird, die Vorstellung eines langgestreckten Ganges
oder Raumes zugrunde. So werden beispielsweise Einkaufzentren, in denen sich
zahlreiche Einzelgeschäfte in einer überdachten Passage aneinanderreihen, übli-
cherweise als Einkaufsgalerie bezeichnet, wie bereits die Markenstelle ausgeführt
hat und die Anmelderin nicht bestreitet. Das Wort „Galerie“ wird aber auch für Ein-
zelgeschäfte verwendet, die galerieartig gestaltet sind, so dass der Käufer an den
wie Ausstellungsobjekte präsentierten Waren vorbeiflanieren kann. Der Ansicht
der Anmelderin, gerade die Kombination des zum Bereich des Sports gehörenden
Ausdrucks „FITNESS“ mit dem die Vorstellung von Kunst und edlem Ambiente
hevorrufenden Worts „GALLERY“ ergebe einen eigentümlichen Kontrast, vermag
der Senat nicht zu folgen. Die Form der Galerie hat sich schon so weitgehend als
modernes Verkaufskonzept eingebürgert, dass der Verkehr die Bezeichnung
„FITNESS GALLERY“ in der Regel ebenso wenig als eigentümlich empfindet wie
die vergleichbaren Ausdrücke Fitness-Center, Fitness-Land, Fitness-Welt bzw.
-World, Fitness-Markt bzw. -Market udgl. Er sieht darin nur einen Hinweis auf Ge-
schäfte mit einem umfassenden Warenangebot rund um die körperliche Fitness,
wie Fitnessgeräte, Gymnastik- und Sportkleidung, Sporttaschen und sonstige Zu-
behörartikel für den Fitness-Sport, wobei der Begriff Galerie bzw. englisch „Gal-
lery“ die spezifische Gestaltung des Geschäfts und der Präsentation der Waren
zum Ausdruck bringt.
Nichts anderes gilt hinsichtlich der Dienstleistungen „Betrieb eines Fitness-Stu-
dios; Betrieb von Sportanlagen“. Gerade bei Fitness-Studios, also Einrichtungen,
in denen der Kunde an bereit gestellten Geräten trainieren kann, ist die Anordnung
der Geräte in einer Reihe nacheinander wie in einer Galerie üblich, wobei zum Teil
sogar große Glasfenster Außenstehenden den (anspornenden) Blick auf die an
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den Geräten tätigen Personen ermöglichen. Dementsprechend gibt es nach den
Ermittlungen der Markenstelle bereits eine Reihe von Fitness-Studios, die auf die
Art ihres Betriebs mit der beschreibenden Angabe Fitness-Galerie oder -Gallery
hinweisen. So wird z.B. als Mittelpunkt der Fitness Gallery des Savoy-Hotels der
herrliche Swimming-Pool angepriesen. Ein Hotel in St. Moritz wirbt für ein Gesund-
heitszentrum mit angeschlossener Fitnessgalerie und in Esslingen bildet eine Fit-
ness Gallery Bestandteil eines Freizeit- und Erlebniscenters. Die Behauptung der
Anmelderin, hier werde die von ihr eingeführte Wortkombination lediglich nachge-
ahmt, ist weder nachprüfbar noch ändert sie etwas an der von der Markenstelle
belegten tatsächlichen beschreibenden Verwendung von Fitness Gallery. Der Ver-
kehr begegnet bei Betrieben, die Dienstleistungen im Bereich Fitness erbringen,
Etablissementbezeichnungen wie den von der Anmelderin selbst aufgeführten
Ausdrücken Fitness-Studio, -Center, -Club, -Park, -Parcours, -Treff oder -Halle so
häufig, dass er hierin kein betriebliches Unterscheidungsmittel sieht, sondern nur
eine Sachangabe über eine Betriebsform, wobei mit den einzelnen Begriffen wie
Parcours, Halle, Treff, Park, Club und schließlich auch Galerie bzw. Gallery ohne
weiteres verständlich zum Ausdruck gebracht wird, welche räumliche und geräte-
mäßige Ausstattung die angesprochenen Verkehrskreise bei der Inanspruch-
nahme der Dienstleistungen erwarten können.
Was die von der Anmelderin genannten weiteren Interpretationen der Bezeich-
nung „FITNESS GALLERY“ im Sinne einer Ausstellung zum Thema Fitness, einer
Galerie mit Skulpturen zum Thema Körperkultur oder des Fitnessprogramms einer
Einkaufspassage betrifft, sind diese zwar abstrakt betrachtet möglich. Da eine
Marke vom Verkehr aber grundsätzlich in Verbindung mit den konkret bean-
spruchten Waren und Dienstleistungen gesehen und beurteilt wird, steht für ihn
aus den oben erwähnten Gründen die Vorstellung einer bloßen beschreibenden
Etablissementbezeichnung im Vordergrund (vgl auch BPatG GRUR 2003, 1051 –
rheumaworld; ferner die Zurückweisungen 27 W (pat) 64/01 – KLEIDERMARKT
und 30 W (pat) 98/02 – SOLARWORLD AG; sämtliche vorgenannten Entschei-
dungen veröffentlicht auf der PAVIS CD-ROM).
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Da die Eintragung der angemeldeten Marke somit schon das Schutzhindernis der
mangelnden Unterscheidungskraft entgegensteht, kann dahingestellt bleiben, ob
sie zumindest hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen auch unter das
Eintragungsverbot des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG fällt, wofür die Ausführungen des
Bundesgerichtshofs in der „HOUSE OF BLUES“-Entscheidung sprechen könnten
(GRUR 1999, 988, 989).
Da die Markenstelle der Anmeldemarke daher zu Recht die Eintragung versagt
hat, war die hiergegen gerichtete Beschwerde der Anmelderin zurückzuweisen.
Dr. Schermer
Dr. van Raden
Schwarz
Na