Urteil des BPatG vom 26.10.2005
BPatG: kennzeichnungskraft, verwechslungsgefahr, begriff, käse, joghurt, butter, zucker, unternehmen, kakao, tee
BUNDESPATENTGERICHT
33 W (pat) 141/05
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
…
BPatG 152
08.05
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betreffend die Marke 302 55 097
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 23. Oktober 2007 unter Mitwirkung der Richterin Dr. Hock als Vor-
sitzende und der Richter Bender und Kätker
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Be-
schluss der Markenstelle für Klasse 1 des Deutschen Patent-
und Markenamts vom 26. Oktober 2005 teilweise aufgehoben
und die Löschung der angegriffenen Marke für folgende Wa-
ren angeordnet:
Milch, Milchprodukte, Käse, Butter, Joghurt, essbare Fette;
andere alkoholfreie Getränke, Fruchtgetränke, Fruchtsäfte.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
Gegen die Eintragung der Wortmarke 302 55 097
ESSENSO
für
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Klasse 1:
Chemikalien und chemische Erzeugnisse für gewerbliche und wis-
senschaftliche Zwecke, Mittel zum Frischhalten und Haltbarma-
chen von Nahrungs- und Genussmitteln; chemische Zusätze für
die Erdölindustrie; chemische Zusatzstoffe für Lebensmittel und
Tiernahrung; chemische Zusätze für Aromen und aromatische
Geschmacksstoffe und Würzessenzen; chemische Erzeugnisse
für die Herstellung von Duftstoffen; chemische Erzeugnisse für die
Herstellung von Sonnenschutzmitteln und Sonnenblocker; natürli-
che Öle; Antioxidationsmittel; Stabilisatoren, Gummiharze;
Klasse 3:
Parfümeriewaren, ätherische Öle, verarbeitete natürliche Harze
zur Verwendung als Riech- und Geschmacksstoff, Riech- und
Duftstoffe, soweit in Klasse 3 enthalten; Waschmittel; Seifen; Mit-
tel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel;
Klasse 29:
Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; konserviertes, getrocknetes und
gekochtes Fleisch und Gemüse; Fruchtsaucen; Eier, Milch, Milch-
produkte, Käse, Butter, Joghurt; essbare Öle und Fette;
Klasse 30:
Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Kaffee-Ersatzmittel; Honig, Melasse-
sirup; Salz; Senf; Essig, Saucen (Würzmittel); Gewürze; Ge-
schmacksstoffe, soweit in Klasse 30 enthalten; nichtsynthetische
und synthetische Aromasubstanzen zur Verwendung bei der Her-
stellung von Tabakerzeugnissen und Tabakaromen sowie von
Zahn- und Mundpflegeartikeln, soweit in Klasse 30 enthalten;
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Klasse 32:
Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere
alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und
andere Präparate für die Zubereitung von Getränken;
Klasse 33:
alkoholische Getränke (ausgenommen Biere);
Klasse 42:
wissenschaftliche und industrielle Forschung und Entwicklung von
Riech- und Geschmacksstoffen, Dienstleistungen eines chemi-
schen Labors
ist Widerspruch erhoben worden aus der IR-Marke 711 423
ESSENSIS
Klasse 5:
Ferments lactiques à usage pharmaceutique et lactose;
Klasse 29:
Lait, laits en poudre, laits gélifiés aromatisés et laits battus; produ-
its laitiers, à savoir desserts lactés, yaourts, yaourts à boire,
mousses, crèmes, crèmes dessert, fromage blanc, fromages faits
en faisselle, fromages frais vendus sous forme pâteuse ou liquide,
nature ou aromatisés; boissons composées majoritairement de lait
ou de produits laitiers, boissons composées majoritairement de
ferments lactiques, boissons lactées comprenant des fruits; pro-
duits laitiers fermentés nature ou aromatises;
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Klasse 30:
Glaces alimentaires, glaces composées totalement ou partielle-
ment de yaourt, yaourts glacés (glaces alimentaires);
Klasse 32:
Boissons non alcoolisées composées minoritairement de produits
laitiers, boissons non alcoolisées composées minoritairement de
ferments lactiques.
Mit Beschluss vom 26. Oktober 2005 hat die Markenstelle für Klasse 1 des Deut-
schen Patent- und Markenamts den Widerspruch zurückgewiesen. Nach ihrer
Auffassung besteht zwischen den Marken keine Gefahr von Verwechslungen.
Mangels anderweitiger Anhaltspunkte sei von einer durchschnittlichen Kennzeich-
nungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Teilweise, etwa bei Milchpro-
dukten, alkoholfreien Getränken, Fruchtgetränken und Fruchtsäften, liege eine
Warenidentität vor. Den danach erhöhten Anforderungen an den Abstand der
Marken genüge die angegriffene Marke jedoch. Die klanglich identischen Anfänge
der Marken fielen weniger ins Gewicht, da sich die Wortanfänge vom Begriff "Es-
senz" ableiteten, der wegen seiner Bedeutung als "das Wesentliche (konzentrierte
Lösung bei Speisen)" stark beschreibend sei. Das Publikum richte seine Aufmerk-
samkeit auf die deutlich unterschiedlichen Wortendungen. So hebe sich das
dunkle "o" am Wortende der jüngeren Marke deutlich vom helleren "i" der Wider-
spruchsmarke ab. Auch verhindere der charakteristische Zischlaut "s" am Schluss
der Widerspruchsmarke Verwechslungen. Schriftbildlich unterschieden sich die
Marken durch die "figürlichen Unterschiede" zwischen den Endbuchstaben "O"
und "IS" unabhängig von ihrer Schreibweise deutlich voneinander. Somit halte die
jüngere Marke einen ausreichenden Abstand zur Widerspruchsmarke ein.
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Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.
Zur Begründung führt sie aus, dass die Markenstelle zwar im Ansatz zutreffend
von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, bei der
es sich um ein Kunstwort handele, ausgegangen sei, entgegen der Auffassung der
Markenstelle werde der Wortanfang der Widerspruchsmarke vom Verkehr jedoch
nicht als beschreibender Hinweis auf den Begriff "Essenz" aufgefasst. Die Wider-
spruchsmarke sei nicht für Essenzen eingetragen, insbesondere nicht für die in
der internationalen Klassifikation enthaltenen Warenbegriffe "alkoholische Essen-
zen" (Klasse 33), "ätherische Essenzen" (Klasse 33), "Essenzen für die Zuberei-
tung von Getränken" (Klasse 32) und "Essenzen für Nahrungszwecke, ausge-
nommen …" (Klasse 29). Der Durchschnittsverbraucher habe daher keinen An-
lass, die Widerspruchsmarke - wie dies die Markenstelle getan habe - zu zerglie-
dern. Allenfalls bei der jüngeren Marke "ESSENSO", die u. a. für "Würzessenzen,
nicht synthetische und synthetische Aromasubstanzen" eingetragen sei, möge
dies anders zu beurteilen sein. Die Widerspruchsmarke sei für ihre Waren jeden-
falls originell und als reine Phantasieangabe von mindestens durchschnittlicher
Kennzeichnungskraft.
Die Marken kämen sich verwechselbar nahe. In schriftbildlicher Hinsicht stimmten
sie in sechs von sieben Buchstaben identisch überein und unterschieden sich nur
in den Endungen "-O" bzw. "-IS". Dabei könne das "O" jedoch wegen der Rundun-
gen leicht als "S" angesehen werden und umgekehrt. In klanglicher Hinsicht führt
die Widersprechende aus, dass die Marken beiderseits dreisilbig seien, wobei sie
am Wortanfang betont würden. Sie unterschieden sich nur in der letzten Silbe. Die
eher undeutlich ausgesprochenen Wortendungen würden jedoch weniger beach-
tet. Demgegenüber seien die Wortanfänge identisch. Zudem verfügten die Marken
über den gleichen Sprechrhythmus. Sofern die Annahme der Markenstelle zutref-
fen würde, wonach die Marken vom Begriff "Essenz" abgeleitet seien, würde diese
- für die Widerspruchsmarke unschädliche - begriffliche Annäherung ebenfalls zu
einer Verwechslungsgefahr beitragen. Die angegriffene Marke sei damit, so
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schließt die Widersprechende wörtlich ihre Beschwerdebegründung, "teilweise,
nämlich für die Waren der Klassen 29, 30 und 32 im Markenregister zu löschen".
Die Widersprechende beantragt damit sinngemäß,
den angefochtenen Beschluss teilweise, nämlich hinsichtlich der
Waren der Klassen 29, 30 und 32 der angegriffenen Marke aufzu-
heben und insoweit die Löschung der jüngeren Marke anzuord-
nen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat sich auf die ihr zugestellte Beschwerde
und Beschwerdebegründung nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II
1. Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist teilweise begründet. Zu-
nächst ist festzustellen, dass der ursprünglich gegen "alle identischen und/oder
ähnlichen Waren der angegriffenen Marke" gerichtete Widerspruch (Wider-
spruchserklärung vom 1. März 2004) mit der oben zitierten Schlussbemerkung in
der Beschwerdebegründung vom 1. Dezember 2005 auf die Waren der Klas-
sen 29, 30 und 32 der angegriffenen Marke beschränkt worden ist.
Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Öffentlichkeit glauben könnte, dass die
betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder ge-
gebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen.
Das Vorliegen von Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Um-
stände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist hinsichtlich der Ähnlich-
keit der betreffenden Marken im Bild, Klang oder in der Bedeutung auf den Ge-
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samteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die
sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für
die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend
darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder
Dienstleistungen wirkt. Der Durchschnittsverbraucher nimmt eine Marke regelmä-
ßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten (vgl.
EuGH Mitt. 2006, 512 - LIFE/THOMSON m. w. N.).
a) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist als normal einzustufen.
Insbesondere ergeben sich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die
Widerspruchsmarke unter dem Gesichtspunkt der Abwandlung des Begriffs "Es-
senz" über einen eingeschränkten Schutzbereich oder eine allgemein von Haus
aus geschwächte Kennzeichnungskraft verfügt. Die Widerspruchsmarke ist für
Milchprodukte eingetragen, und zwar nahezu ausschließlich für Fertigprodukte. Es
ist nicht erkennbar, welches Merkmal solcher Produkte durch den Begriff "Essenz"
in Alleinstellung ohne weiteres Nachdenken beschrieben werden könnte. Zudem
ist dieser Begriff angesichts der deutlichen Abwandlung "ESSENSIS" in der Wi-
derspruchsmarke nur noch als begrifflicher Anklang enthalten.
b) Die sich gegenüberstehenden Waren liegen, soweit sie auf Seiten der
angegriffenen Marke noch streitgegenständlich sind, teilweise im Identitäts- und
Ähnlichkeitsbereich. Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren und Dienst-
leistungen sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des
Bundesgerichtshofs alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Ver-
hältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Fak-
toren gehören insbesondere deren Art, Verwendungszweck und Nutzung sowie
ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren
oder Dienstleistungen (EuGH GRUR Int. 1998, 875, 876 f. - Canon; GRUR Int.
1999, 734 - Lloyds/Loint´s; BGH GRUR 1999, 731 - Canon II; WRP 1998, 747,
749 - GARIBALDI; WRP 2000, 1152,1153 - PAPPAGALLO; WRP 2001, 694, 695
- EVIAN/REVIAN). Auch die maßgeblichen wirtschaftlichen Zusammenhänge, wie
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Herstellungsstätten und Vertriebswege, stoffliche Beschaffenheit und Zweckbe-
stimmung oder Verwendungsweise sind relevante Gesichtspunkte.
Die für die jüngere Marke in der Klasse 29 eingetragenen Waren "Milch, Milchpro-
dukte, Käse, Butter, Joghurt, essbare Fette" sind von den für die Widerspruchs-
marke eingetragenen Waren "lait, produits laitiers, à savoir desserts lactés,
yaourts, …; fromages faits en faisselle, fromages frais …" identisch, teilidentisch
oder zumindest hochgradig ähnlich, da es sich beiderseits um Milchprodukte han-
delt.
Auch die in Klasse 32 für die jüngere Marke weiter eingetragenen Waren "… an-
dere alkoholfreie Getränke, Fruchtgetränke, Fruchtsäfte" sind mit den für die Wi-
derspruchsmarke geschützten Waren "boissons non alcoolisées composées
minoritairement de produits laitiers, boissons non alcoolisées composées minori-
tairement de ferments lactiques" identisch bzw. teilidentisch, da sich die beidersei-
tigen Warenbezeichnungen im Bereich der Milchmischgetränke begrifflich gegen-
seitig überschneiden.
c) Die Marken sind jedenfalls in klanglicher Hinsicht noch mittelgradig ähnlich.
Sie entsprechen sich in ihrer Silbengliederung (jeweils drei Silben) und der identi-
schen Betonung auf der jeweils zweiten Silbe (vgl. z. B. "Essenz", "Crescendo")
bei gleichem Sprechrhythmus der Wörter. Die Wortanfänge sind (sogar bis hin zur
Wortmitte) identisch. Allerdings besteht in der Vokalfolge (E-E-O gegenüber E-E-I)
trotz Übereinstimmung am Anfang insofern ein beachtlicher Unterschied, als die
Abweichung zwischen dem dunklen "O" und dem hellen "I" nicht überhört werden
kann. Nimmt man den weiteren (für sich genommen allerdings relativ unwesentli-
chen) Unterschied in dem stimmlosen Schluss-"S" der Widerspruchsmarke hinzu,
so ist insgesamt eine noch mittlere klangliche Ähnlichkeit festzustellen.
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Gleiches gilt für die schriftbildliche Ähnlichkeit der Marken. Die Übereinstimmung
der Marken in sechs von sieben bzw. acht Buchstaben bei nicht mehr kurzen Mar-
kenwörtern hat ein beachtliches, für eine Ähnlichkeit sprechendes Gewicht und
schließt bereits für sich genommen eine Verneinung jeglicher schriftbildlichen
Ähnlichkeit aus. Dabei besteht eine für den schriftbildlichen Gesamtcharakter
wichtige Übereinstimmung auch darin, dass in beiden Marken ein auffälliges Dop-
pel-"S" vorhanden ist, das beiderseits symmetrisch jeweils durch ein "E" einge-
rahmt wird. Zwar können auch hier die Unterschiede in den Zeichenendungen ("O"
gegenüber "S" bzw. "IS") nicht übersehen werden, wobei dem Schlusselement im
schriftbildlichen Vergleich eine relativ gewichtige Bedeutung zukommt (vgl. Strö-
bele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 9, Rdn. 143), es besteht jedoch insgesamt
noch eine mittelgradige Ähnlichkeit.
In begrifflicher Hinsicht besteht keine Ähnlichkeit. Selbst wenn in beiden Marken
der Begriffsinhalt "Essenz" anklingt, so handelt es sich bei den Marken um fanta-
sievolle und vor allem deutliche Abwandlungen zu diesem Ausgangsbegriff. Un-
abhängig von der Frage, ob und inwieweit der Begriffsinhalt "Essenz" für die eine
oder andere Marke einen eher beschreibenden oder umgekehrt fantasievollen
Gehalt aufweist, so sind jedenfalls die am jeweiligen Wortende befindlichen Ab-
wandlungen ("-SO" bzw. "-SIS") deutlich unterschiedlich und schaffen einen un-
übersehbaren Abstand zum Ausgangsbegriff. Angesichts der strengen Anforde-
rung an die Feststellung einer begrifflichen Ähnlichkeit, die das Vorhandensein
von Synonymen oder nahezu synonymen Wörtern voraussetzt (vgl. Strö-
bele/Hacker, a. a. O., Rdn. 146 ff.), kann eine begriffliche Ähnlichkeit damit nicht
bejaht werden.
d) Bei einer Gesamtwürdigung der zueinander in Wechselwirkung stehenden
Faktoren besteht für die oben unter b) genannten Waren der angegriffenen Marke,
bei denen eine Identität oder zumindest hochgradige Ähnlichkeit zu Waren der
Gegenmarke vorliegt, also bei Milch, Milchprodukten, Käse, Butter, Joghurt,
essbaren Fetten und anderen alkoholfreie Getränken, Fruchtgetränken, Frucht-
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säften eine rechtlich beachtliche Gefahr von Verwechslungen. Insofern war der
Beschwerde teilweise stattzugeben und die angegriffene Marke teilweise zu lö-
schen.
2. Im Übrigen ist der Widerspruch und damit die Beschwerde unbegründet, da
für die übrigen streitgegenständlichen Waren der Klassen 29, 30 und 32 der jün-
geren Marke keine Verwechslungsgefahr festgestellt werden kann.
Für diese Waren besteht keine, allenfalls aber eine nur äußerst geringe Ähnlich-
keit zu den für die Widersprechenden geschützten Waren. Für die Widerspruchs-
marke sind im Wesentlichen Molkerei- und Milchprodukte bzw. Produkte der
milchverarbeitenden Industrie eingetragen. Es ist offensichtlich, dass Nahrungs-
mittel, wie Fleisch in jeder Form, Fisch, Geflügel und Wild, Fruchtsaucen sowie
essbare Öle, ebenso wie Genussmittel und Zutaten wie Kaffee, Tee, Kakao,
Zucker, Geschmacksstoffe und Aromasubstanzen schon nach der Art ihrer Her-
stellung bzw. Gewinnung und nach der Art der sie produzierenden Betriebe völlig
unterschiedlich sind. Gleiches gilt für die stoffliche Beschaffenheit bzw. Konsistenz
der beiderseitigen Produkte. Dass es sich beiderseits um Nahrungs- und Ge-
nussmittel im weitesten Sinne handelt und die beiderseitigen Waren weitgehend
über dieselben Verkaufsgeschäfte gehandelt werden (heute zumeist Supermärkte)
kann angesichts des schon seit Jahrzehnten zu beobachtenden Trends zum Ver-
trieb völlig unterschiedlicher Nahrungsmittel und Fertigspeisen in Supermärkten
mit einem umfassenden Nahrungsmittelangebot keine auch nur geringe Ähnlich-
keit begründen. Gleiches gilt inzwischen selbst für die Ware "Eier" (für die jüngere
Marke in der Klasse 29 eingetragen), die früher zusammen mit Milchprodukten
entweder direkt beim Bauern oder häufig in Milchläden verkauft wurde. Auch in-
soweit hat die industrialisierte bzw. spezialisierte Herstellung und das Angebot in
umfassenden Supermarktsortimenten etwaige, in früheren Zeiten noch bestehen-
den Anhaltspunkte für eine zumindest geringe Ähnlichkeit verwischt (vgl. a. Stop-
pel/Richter, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 13. Aufl., S. 79).
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Auch die weiter noch streitgegenständlichen Waren "Biere; Mineralwässer und
kohlensäurehaltige Wässer; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von
Getränken" weisen mit den Waren der Widersprechenden, insbesondere deren
milchhaltigen Getränken allenfalls geringe wirtschaftliche Berührungspunkte auf.
Biere, Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer weisen traditionell keine
Milchanteile auf und würden dadurch auch ihren Charakter und spezifischen Ge-
schmack verlieren. Dies gilt schon aus Gründen der Haltbarkeit auch für Sirupe
und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken. Insoweit liegt keine, al-
lenfalls aber nur eine sehr geringe Ähnlichkeit der Waren vor.
Dann aber reicht die festgestellte mittelgradige Ähnlichkeit der Marken in klangli-
cher und schriftbildlicher Hinsicht nicht aus, um bei normaler Kennzeichnungskraft
der Widerspruchsmarke insoweit noch eine rechtlich beachtliche Gefahr von Ver-
wechslungen zu begründen. Daher war die Beschwerde im Übrigen zurückzuwei-
sen.
Dr. Hock
Bender
Kätker
Cl